51. Alleingänge
Seit dem Frühstück mit Mason's Eltern, waren ein paar Wochen vergangen. Ich hatte mich mittlerweile eingelebt und auch mal Lexy im Club besucht. Ich hatte ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt aber vielleicht wäre ich dafür irgendwann bereit. Sie hatte sich so schon genug Sorgen um mich gemacht. Wir hatten ausgemacht, dass ich in einer Woche wieder bei ihr vorbei schauen würde. Ich wollte nämlich unbedingt wieder arbeiten. Mason sah das zwar anders aber ich hatte immer noch einen freien Willen. Wir waren beide dickköpfig und ließen uns unsere Meinung nicht ausreden und das war auch gut so aber die Arbeit im LITE würde ich mir nicht nehmen lassen.
Laut Mason müsste ich nie wieder arbeiten aber ich war schon immer ein Arbeitstier gewesen. Ich konnte nicht den ganzen Tag auf der Couch liegen und nichts tun, es musste sich immer etwas bewegen in meinem Leben. All das hatte jetzt verstärkt auch mit meiner Entführung zu tun. Wenn ich nur kurz anfing nachzudenken, setzt schon eine Panikattacke ein. Bis jetzt war Mason immer in der Nähe gewesen aber auch er musste sich um sein Rudel kümmern.
Bei meiner Mom hatte ich mich auch kurz gemeldet, doch die war so auf Wolke sieben, dass ihr gar nicht aufgefallen war, dass ich mich mehrere Wochen nicht gemeldet hatte. Naja, wie dem auch sei. Sie war erwachsen und hatte ihr eigenes Leben, es sollte mich also nicht wundern.
Die nächste Sache war die, dass wir immer noch keine Spur von Revon finden konnten und ich wurde deshalb immer unruhiger. Es kratzte regelrecht in mir. Ich wollte all meine Qualen an ihn weitergeben und ich konnte erst wirklich ganz zur Ruhe kommen, wenn er nicht mehr lebte.
Mason wich mir zwar eigentlich nicht von der Seite aber immer wenn doch, war er sicher, dass jemand für mich da war. Dann erst machte er sich an die Arbeit. Er verkroch sich dann mit Dante in sein Büro und kam erst Stunden später heraus. Er wollte mir nicht alle Informationen weitergeben, da er zu besorgt war. Er hatte Angst, dass ich endgültig zusammen brechen könnte und ich wusste, dass wenn er mich erst später gefunden hätte, genau das passiert wäre.
Ich wäre dann nur noch eine gebrochene, leere Hülle gewesen und weil ich eben klar im Kopf war, drängte und bettelte ich Mason umso an. Ich wollte unbedingt bei der Suche helfen aber er wimmelte mich immer ab. Sogar bei Dante hatte ich mein Glück versucht aber auch bei ihm hatte ich keine Chance.
Ich biss auf Granit!
Es war schön, dass sich alle darum kümmerten aber ich wollte nicht nutzlos dabei zusehen. Ich konnte Nachts schon gar nicht mehr einschlafen, da ich das Gefühl hatte, dass Mason einfach wenn ich schlief, verschwand und die Drecksarbeit ohne mich erledigte.
Sogar sein Rudel war an der Suche beteiligt. In gewisser Weise fühlte ich mich ausgeschlossen. Mason stellte mich zwar nach und nach allen vor und sie nahmen mich glücklich auf aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass ich dadurch teilweise vom Wesentlichen abgelenkt wurde. Mason wusste genau, wie er mit mir umgehen musste. Er nutzte meinen Schwachpunkt.
Dieser Schwachpunkt war Er!
Er musste mir nur etwas Honig um den Mund schmieren und schon ließ ich mir von ihm alles gefallen. Es klappte nicht immer aber wenn es klappte, sah ich den Triumph in seinen Augen. Ich fühlte mich dann ausgetrickst und auch das wusste er. Wenn so etwas passierte, sprang Dante oder jemand anderes für ihn ein. Seine Mutter stand sogar letztes Mal auf einmal neben mir und zog mich stürmisch mit sich.
Sie schob mich regelrecht zur Haustür hinaus und steckte mich wie ein kleines Kind in das Auto. Das Ende der Geschichte war, dass wir stundenlang in der Stadt shoppen waren. Mir rauchte danach so der Kopf, dass ich nur noch müde ins Bett fiel und zwischen Tüten von Klamotten einschlief. Als ich aufwachte, waren die Tüten verräumt und Mason lag mit mir im Bett. Er wisperte mir zuckersüße Worte ins Ohr und ich schlief weiter.
Schon wieder wurde ich abgelenkt!
Doch heute war ein neuer Tag und ich musste mich anstrengen. Ich würde keine Ablenkung jeglicher Art zulassen. Ich würde aufmerksam sein und aufpassen. Schließlich war ich kein Mensch mehr. Ich hatte alles mögliche ertragen, da musste ich doch auch die einfachen Dinge bewältigen. Mason und Ich hatten einen schönen Tag im Wald verbracht. Ich hatte mich endlich getraut und mich verwandelt. Es fühlte sich ganz anders an. Ich fühlte mich anders. Mason meinte, dass hatte mit unserer Gefährtenverbindung zu tun. Er hatte mir davor schon alles zu dem Thema erzählt und ich hatte jeden einzelnen Fetzen an Informationen aufgesaugt. Da ich mich jetzt auch mehr im Haus bewegte, hatte ich die „Bücherei" entdeckt. Sie war wundervoll. Die Regale gingen bis zur Decke und es waren unendlich viele Bücher. Hier fand ich auch einige Bücher zum Thema. Ich hatte endlich das Gefühl alles zu verstehen.
Ich hatte mich nach dem Ausflug geduscht und ging jetzt müde mit ein paar Sandwiches ins Wohnzimmer. Jetzt wollte ich doch einmal faul sein und „Nichts" tun. Ich stellte das Essen auf den Tisch, schnappte mir die Wolldecke von der Sofalehne und wickelte mich darin ein. Danach griff ich nach der Fernbedienung, um den großen Fernseher anzuschalten. Ich ließ mich auf die Couch fallen und scrollte durch die vielseitige Auswahl. Ich blieb bei einem Film hängen und kuschelte mich tief in die Kissen.
Mason war im Gegensatz zu mir, direkt nach dem Ausflug ins Büro gegangen. Ich wusste, was er schon wieder dort drinnen trieb und ja, es machte mich in gewisser Weise sauer. Fast schon wahnsinnig. Ich tigerte eigentlich immer um ihn herum aber er ließ sein gut sitzendes Pokerface nicht fallen und wimmelte mich ab. Doch heute war ich wirklich zu erschöpft um mich weiter aufzuregen. Ich würde jetzt einfach versuchen zu entspannen.
Ich genoss mein Essen und schaute weiterhin den Film. Die Zeit verging und ich merkte, wie meine Augenlider immer wieder nach unten fielen. Ich verlor schließlich den Kampf und schlief auf der Couch ein. Die Hintergrundgeräusche wiegten mich sozusagen weiter in einen tiefen Schlaf. Ich bekam es nicht mal mit, dass Mason das Wohnzimmer betrat und mich vorsichtig nach oben ins Schlafzimmer trug. Ich schlief einfach seelenruhig weiter.
Als ich das nächste Mal aufwachte, lag ich komischerweise allein im Bett. Sofort ergriff mich ein komisches Bauchgefühl. Mir wurde regelrecht schlecht und ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Mason ließ mich nie alleine schlafen. Auch wenn er länger arbeitete und ich manchmal alleine ins Bett ging, wachte ich immer mit ihm zusammen auf. Durch unser Gefährtenband spürte ich eine seltsame Unruhe und ich wusste direkt, dass diese vom Mason kam. Ich war schließlich gerade erst aufgewacht. Von mir konnte sie also nicht kommen.
Noch völlig verschlafen setzte ich mich im Bett auf und schaute mich um. Mason's Bettseite sah unbenutzt aus und die Übelkeit verstärkte sich. Irgendetwas lief hier falsch. Ich sah zum Fenster und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass es noch dunkel draußen war. Ich hatte also den Film nur kurz angesehen, dann hatte mich der Schlaf auch schon übermannt. Die Uhr auf dem Nachttisch zeigte drei Uhr an und ich rieb mir über meine verschlafenen Augen.
Wo war Mason?
Ich beschloss, ihn zu suchen. Ich warf die warme Decke achtlos beiseite und stand auf. Kurz streckte ich mich und lief dann aus dem Zimmer. Ich tapste die Treppen nach unten und war verwundert über das hell erleuchtete Treppenhaus. Zu dieser Zeit brannte es nie aber zu dieser Zeit lag Mason auch normalerweise mit mir im Bett.
War Mason wirklich wach geblieben?
Unten angekommen schaute ich mich erst einmal um. Das Bauchgefühl ließ mich nicht los und ich ging erstmal ins Wohnzimmer. Hier war Mason allerdings nicht aufzufinden. Ich drehte mich um und fand auch die Küche leer vor. Jetzt konnte es nur noch sein, dass Mason im Büro war.
War er dort eingeschlafen?
Das war Mason noch nie passiert.
Langsam lief ich den breiten Gang entlang und achtete auf jede Kleinigkeit. Irgendwie war es mir zu leise im Haus. Ich kam vor der großen Bürotür an und blieb stehen. Ich lauschte aber konnte keine Stimme hören. Sonst hatte ich öfter versucht zu lauschen, war aber meist gleich erwischt worden. Ich hatte nur vereinzelte Wörter hören können aus denen ich mir keinen Zusammenhang bilden konnte.
Jetzt dagegen hielt mich niemand auf aber ich hörte keine Stimmen. Nicht mal Dante's. Das eklige Gefühl in meiner Brust hielt weiterhin an und ich beschloss es kurz und schmerzlos zu machen. Ich ahnte irgendwie, dass er nicht im Büro war, noch bevor ich die Tür aufstieß. Das ich allerdings seine Mutter im Büro vorfand, hätte ich nicht gedacht. Sie saß auf Mason's Platz und sah mir ruhig in die Augen.
Zu ruhig.
„Wo ist er?" fragte ich ohne jegliche Begrüßung.
Ich wollte, dass sie mir sagte, dass er gleich zur Tür hineinspazieren würde. Ich wollte, dass das seltsame Gefühl mich endlich losließ. Seine Lippen würden mir einfach einen federleichten Kuss auf den Nacken drücken, dann ging es zurück in Richtung Schafzimmer und wir könnten endlich zusammen einschlafen. Mein Herz klopfte nervös in meiner Brust, als ich sie weiter erwartungsvoll musterte.
„Komm her, Liebes", sagte sie sanft und stand auf, um auf mich zuzugehen.
Ohne es zu wollen, sammelten sich Tränen in meinen Augen. Er hatte mich also, wie ich dachte allein gelassen, um sich auf die Suche nach Revon zu machen. Ilya musste es nicht einmal aussprechen. Ich konnte es in ihren Augen sehen, als sie auf mich zukam. Liebevoll nahm sie mich in ihre Arme und drückte mich fest an sich. Ihre kleinen Hände streichelten beruhigend über meinen Rücken, als die ersten Tränen über meine Wangen liefen.
„Er ist ohne mich losgezogen", stellte ich schluchzend fest und schniefte laut an ihrer Schulter.
„Ja aber er wird wieder kommen" sagte sie zuversichtlich und drückte mich nochmals an sich.
Ich wollte ihr glauben aber irgendwie zerbrach gerade meine Welt, bei dem Gedanken daran, dass er sich Revon ohne mich stellte!
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