47. Gerettet
Mason
„KAYLA!!" schrie ich noch und sah mit verzweifeltem Blick in Kayla's Augen, welche sich langsam schlossen.
Fuck!
Schnell lief ich mit Kayla in meinen Armen zurück zu Dante. Mein Herz schlug schnell, durch das Adrenalin in meinem Körper aber äußerlich wirkte ich ruhig. Niemand durfte jetzt irgendeine Art von Schwäche an mir erkennen. Ich musste jetzt stark sein.
Stark sein für Kayla!
Ich hab diesen widerlichen Wolf zwar getötet aber war zu langsam und unvorsichtig. Ich hab impulsiv gehandelt und deswegen hat er es geschafft, Kayla zu verletzen. Es musste einfach ein Ende nehmen. Wenn wir erst einmal in Sicherheit waren, dann würde ich sie nie wieder aus den Augen lassen. Jeden Schmerz in ihr würde ich auslöschen und durch gute Gefühle und Gedanken ersetzen. Sie war zu lange hier eingesperrt gewesen. Ich wusste zwar, dass ich sie gerade in meinen Armen hielt aber sie musste es auch noch überleben.
Sie war schwer verletzt!
Wenn sie das schaffte, sie musste es schaffen, dann wusste ich immer noch nicht, wie es innerlich bei ihr aussah. Ich hatte nicht ansatzweise eine Vorstellung davon, was mit ihr gemacht wurde. Wie oft wurde sie gefoltert? Hatte sie überhaupt etwas zu Essen bekommen?
Ihr Erscheinungsbild sagte eher Nein!
Sie war immer noch wunderschön aber in ihren Gesichtszügen konnte ich sehen, dass etwas in ihr gebrochen war. Sie war blass und abgemagert. Hatte ich sie noch rechtzeitig gefunden? Ich konnte froh sein, dass sie mich nach all den Strapazen noch erkannt hatte. Ich habe es in ihren Augen gesehen. Sie war so erleichtert gewesen.
Jetzt mussten wir erstmal hier weg!
„Dante! Lass uns von hier verschwinden!" brüllte ich und joggte den langen und kalten Gang entlang. Gerade als ich nochmal nach ihm rufen wollte, wurde eine Tür, welche ich vorhin nicht wirklich bemerkt hatte, links von mir aufgestoßen und Dante trat heraus. Verwundert blieb ich stehen und musterte sein "Paket" auf der Schulter. Dante hatte einen unbekannter Mann über der Schulter und hielt ihn an seinen Füßen fest. Sein Kopf war unter einem Leinensack versteckt und deshalb nicht erkennbar. Er war bewusstlos und ich konnte mir denken, dass er nicht zu den Guten gehörte.
Hatte er auch Kayla gequält?
Automatisch trieb der Gedanke daran meinen Puls in die Höhe.
„Wir reden später!" meinte er schnell, nachdem er einen besorgten Blick auf Kayla geworfen hatte. Eifersucht quoll in mir auf und ich ermahnte meinen Wolf innerlich. Dante war kein Fremder, sondern mein Beta! Er machte sich nur Sorgen um die zukünftige Luna.
Wir stiegen beide die morschen Treppen durch die Bodenluke nach oben und sahen uns um. Es drohte keine Gefahr und die Luft schien rein zu sein aber ich wusste, dass die Sache noch nicht vorbei war. Der Alpha, der Kayla gebissen und entführt hatte, war noch am Leben und hier war er nicht aufzufinden. Einen Handlanger hatte ich zwar getötet und Dante hatte scheinbar den anderen lahmgelegt und mitgenommen aber "ER" stand noch auf der Liste. Ich wusste, wieso ihn Dante mitnahm. Er wollte auch endlich Antworten auf unsere unzähligen und unbeantworteten Fragen.
In der Ferne hörten wir ein Hupen und ich schnaufte erleichtert aus. Auf mein Rudel war immer Verlass! Ich sah Dante ungeduldig an und nickte ihm zu. Zügig verließen wir das alte Haus und ließen es hinter uns. Wir hatten Spuren hinterlassen aber ich hoffte, dass wir sie jetzt auf dem Rückweg ausreichend verwischen konnten.
Dante ließ den bewusstlosen Mann rücksichtslos auf den matschigen Boden fallen und beugte sich dann zu dem kaputten Zaun, um das Loch von vorhin noch größer zu machen. Er schleifte den Mann hindurch und streckte mir dann von der anderen Seite des Zauns auffordernd die Hände entgegen.
Er wollte wohl, dass ich ihm Kayla überreichte.
Meine Augen leuchteten auf und ich sah Dante mit feurigen Augen an. Mein Alpha kratzte innerlich an den Wänden und wollte herauskommen, um Kayla zu beschützen. Ich musste mich zusammen reißen, damit ich jetzt die Kontrolle behielt.
„Mason, wir müssen ihr helfen! Schnell!" sagte Dante und streckte immer noch die Arme nach ihr aus. Sein Blick war respektvoll. Schnell schüttelte ich mich, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
Jetzt zählte Kayla und nicht Ich!
Vorsichtig beugte ich mich also zu ihm hinunter, damit ich Kayla in seine Arme legen konnte. Er hielt sie gut fest und stand mit ihr auf. Sobald er einen Schritt vom Zaun zurück trat, stieg auch ich hindurch. Auffordernd hielt ich wieder meine Arme auf, damit ich Kayla wieder nehmen konnte. Dante überreichte sie mir sanft und kurz ließ ich meine Nase durch ihr Haar streifen.
Ich hatte sie so unglaublich vermisst.
„Weiter gehts" flüsterte ich bestimmend und Dante hob wieder den Mann auf seine Schulter. Behutsam lief ich weiter durch den düsteren Wald und vernahm Dante's angestrengtes Schnaufen hinter mir. Ansonsten war es mucksmäuschenstill um uns herum.
In der Ferne erkannte ich schon die geparkten Autos und beschleunigte meine Schritte. Kayla musste endlich medizinisch versorgt werden. Am Auto angekommen, wurden wir bereits erwartet. Alle sahen erleichtert aus aber auch unruhig. Unruhig, wegen Kayla. Ihr Zustand war mehr als kritisch. Ihre Wunde blutete zwar nicht mehr so stark, wie unten im Keller aber sie hatte trotzdem massiv viel Blut verloren. Ihr Gesicht war kreidebleich und ihre Lippen waren von der Kälte ganz blau.
Mit Vorsicht stieg ich ins Auto ein und ließ mich mit Kayla in den Ledersitz sinken. Die Türe wurde hinter mir energisch geschlossen und gleich darauf stieg auch Dante vorne ins Auto ein. Er legte mir schnell eine Decke auf den Rücksitz und startete dann laut den Motor. Sanft legte ich die Decke über Kayla's Beine und versuchte ihr mit meinem Körper Wärme zu spenden. Dante schaltete sogleich die Sitzheizung ein und trat das Gaspedal durch. Mit quietschenden Reifen fuhr er los.
Ich wurde durch die schnelle Beschleunigung in den Sitz gedrückt und hielt Kayla mit Bedacht fest. Ich wollte ihr nicht noch mehr Schmerzen bereiten, indem ich sie mit meinen Armen zerquetschte.
„Wir müssen schnell zurück", knurrte ich durch meine zusammengebissenen Zähne und ließ Kayla nicht aus den Augen. Trotz meiner Körperwärme und die des Autos war ihre Haut eiskalt. Sie war stark unterkühlt. Ich hörte ihr Herz leise und langsam in ihrer Brust schlagen.
Dante erhöhte die Geschwindigkeit und der Wald rauschte nur so an uns vorbei. Im Rückspiegel erkannte ich, dass das Rudel uns erfolgreich mit den anderen Autos folgte. Die Zeit verging unendlich langsam und nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir endlich bei meinem Haus an.
Unser Zuhause, wenn alles gut ging!
Bremsend kam Dante vor dem Haus zum stehen und sprang aus dem Auto, um mir die Tür zu öffnen. Wir wurden bereits erwartet. Von meinen Eltern.
Xavier und Ilya
Ich stieg aus und lief schnell an ihnen vorbei, damit ich Kayla ins Krankenzimmer bringen konnte. Letztes Mal war sie im Gästezimmer untergebracht worden aber da ich nach ihrer Entführung nicht wusste, in welchem Zustand sie war, hatte ich ein Krankenzimmer einrichten lassen.
Jetzt war ich mehr als froh darüber!
Meine Eltern folgten mir schweigend. Ich wusste, dass ihnen alle möglichen Fragen auf der Zunge brannten aber diese waren jetzt nicht wichtig.
„Was ist genau mit ihr passiert?!" fragte meine Mutter panisch und strich Kayla fürsorglich über die Stirn, nachdem ich sie aufs Bett gelegt hatte.
„Zu viel", knurrte ich und riss ihr das verschmutzte Oberteil vom Körper. Ihre Wunde musste jetzt dringend versorgt werden. Ohne ein Wort über meine Aussage zu verlieren, trat mein Vater ruhig zu mir ans Bett. Er kannte sich mit Verletzungen aller Art aus.
„Schatz leg ihr eine Infusion", wies mein Vater meine Mutter an und inspizierte die Wunde genauer. Er hielt schon ein sauberes Tuch in den Händen um die Wunde zu reinigen.
„Mason, nimm jetzt ihre Hand, dass wird gleich sehr schmerzhaft für sie", meinte er und und zog einen sauberen Faden durch die chirurgische Nadel.
Kayla war zwar bewusstlos aber sie würde die Schmerzen spüren. Ich wusste es einfach. Sie war allerdings schon viel zu schwach, wir konnten sie jetzt nicht mit Schmerzmitteln voll pumpen und betäuben. Das würde ihre Heilung nur bremsen.
Ich nahm also ihre zierliche Hand in meine blutverschmierten Hände und hielt sie fest. Meine Mutter richtete das Licht so aus, dass mein Vater genau sehen konnte, wo er die Nadel ansetzen musste. Er wusste genau, was er tun musste.
Fokussiert setzte er den ersten Stich und Kayla erwachte zum Leben.
„Nein, nein, nein! Tut mir das nicht an!" wisperte sie panisch und ich sah, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat. Schmerzhaft verzog sich ihr Gesicht und mein Herz zerriss beinah bei diesem Anblick. Konzentriert machte mein Vater weiter und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Ich flüsterte währenddessen Kayla beruhigende Worte ins Ohr.
„Du bist jetzt in Sicherheit. Keiner wird dir je wieder wehtun, dass verspreche ich dir!" hauchte ich in ihr Ohr und lehnte meine Stirn sanft gegen ihren kleinen Kopf. Sie sah so zerbrechlich aus.
„Gleich geschafft", sprach mein Vater und verschloss präzise die großflächige Wunde mit ein paar letzten Stichen. Die Wunde würde gut heilen aber eine sichtbare Narbe würde Kayla dennoch bleiben. Ich liebte sie, egal wie sehr ihr Körper verwundet war.
Sie war meine wunderschöne Gefährtin!
„Jetzt musst du ihr viel Zeit geben. Ihr Körper muss sich erholen und ich weiß, dass in ihrem Körper noch Gift fließt", erklärte er mir und ich runzelte die Stirn.
„Die Vergiftung war vor ein paar Wochen", stellte ich mit einem mulmigen Gefühl im Bauch fest. Ich hatte meinen Eltern vor Kurzem alles erzählt.
„Dann wurde sie wohl immer wieder mit Gift zum schweigen gebracht", murmelte meine Mutter und blickte betroffen über Kayla's lädierte Gestalt.
Geschockt schaute ich zu ebenfalls wieder zu ihr und wurde sogleich mit einer Welle der Erkenntnis überschwappt.
Es war also noch schlimmer als ich dachte!
„Ich werde alle umbringen" grollte ich unheilvoll und streichelte immer wieder über ihren Handrücken. Es beruhigte nicht nur mich, sondern auch den Wolf in mir.
„Alles zu seiner Zeit, jetzt muss sie gesund werden", sagte meine Mutter und trat um das Bett herum. An meiner Seite angekommen, legte sie mütterlich ihre Hand auf meinen Rücken.
„Sie ist stark, sie wird es schaffen", flüsterte sie und lief zu meinem Vater zurück, nachdem sie beruhigend über meinen Rücken gestreichelt hatte. Dieser nahm sie bei der Hand und zog sie aus dem Raum, um mich mit Kayla allein zu lassen.
Kraftlos ließ ich meinen Kopf auf die Kante der Matratze sinken um durchzuatmen. Sie ist stark und wird es schaffen aber wie wird sie sein, wenn sie aufwacht?
Müde schloss ich meine Augen. Ich streichelte sie und spürte nach und nach die Erschöpfung in meinen Knochen. Ich lauschte ihrem Herzschlag und war froh, dass sie wieder hier war.
Ich war froh, dass sie lebte.
Kurz nachdem meine Eltern gegangen waren, klopfte es leise an der Tür. Ich setzte mich auf und sah, wie Dante herein kam und vor dem Bett stehen blieb.
„Du hast sie wieder" sagte er erleichtert und sah mich aus zuversichtlichen Augen an.
„Ja, nur wie wird sie sein, wenn sie aufwacht?" fragte ich Dante leise.
Er ließ seinen Blick über sie wandern und schaute mir anschließend wieder ins Gesicht. Man sah ihm an, dass auch ihn die ganze Sache mitnahm.
„Unterschätze niemals deine Gefährtin", meinte er schließlich und überraschte mich damit. „Sie hat ein unlöschbares Feuer in sich", meinte er.
"Mehr muss ich dazu wohl nicht sagen?" fragte er gleich darauf und sah mir fest in die Augen.
„Das stimmt", murmelte ich.
Aus diesem Grund war Dante mein Beta. Er gab mir die nötige Zuversicht für die Zukunft. Ich brauchte diese Versicherung von ihm, sonst würde ich es nicht schaffen. Ohne ihn und ohne mein Rudel hätte ich sie nicht gefunden. Sie musste nur noch aufwachen.
„Sie spürt, dass du für sie da bist und das wird ihr helfen" versicherte er mir und verließ dann leise das Zimmer.
Jetzt etwas hoffnungsvoller durch Dante's Aussage ließ ich meinen Kopf wieder an dem Bettrand sinken, um etwas Energie zu sammeln. Ich hielt Kayla's Hand fest umschlossen und würde sie nie wieder los lassen.
Ich würde ihr ab jetzt nicht mehr von der Seite weichen!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro