14. Auszeit
Ich schreckte auf. Verdammt, was träumte ich jetzt schon wieder? Erst meine vielen Albträume und jetzt so etwas. Ich wusste mittlerweile nicht, mehr wann ich das letzte Mal normal geschlafen, geschweige denn etwas Schönes geträumt hatte. Ich verdrängte den Wunsch darüber, etwas über den Unbekannten zu träumen. So ein Unsinn. Ich schüttelte meinen Kopf und dabei flogen meine Haare wie wild durch die Luft. Schnell alle unnötigen Gedanken verdrängen. Umso weniger ich denke, umso weniger muss ich mir Sorgen machen. Muss ich mir Sorgen machen? Waren meine Träume eine Sicht in meine Zukunft? Das kann nicht sein. So etwas war niemals möglich. Keiner glaubte an sowas. Ich erst recht nicht. Ich ließ mich zurück ins Kissen fallen und zog nochmal die Decke über meinen Kopf. Meine Gedanken hörten nicht auf, wie wild durch die Gegend zu summen. War ich etwas Besonderes? Quatsch. Ich war eine durchschnittliche Frau, mit den üblichen Problemen. Ja okay, ich hatte viel erlebt aber davor war doch alles harmonisch gewesen. Oder nicht? Ich hatte nie Probleme Anschluss zu finden, ich hatte immer einen Job und eine stabile Familie. Naja, zumindest war das Verhältnis zu meiner Mom halbwegs stabil. Himmel! Ich musste aufhören alles kaputt zu denken. Ich war sonst sehr entspannt, in jeder Gefühlslage und ich war kein Kopfmensch. Nur machten mir gewisse Dinge mehr Gedanken als sie sollten. Es waren schon fast Sorgen.
Ich riss mir die Decke von meinem Gesicht und pustete meine Haare aus dem Gesicht, die an meiner Nase gekitzelt hatten. Wie konnte ich nur mit offenen Haaren einschlafen. Wenn ich jetzt aufstehen würde, würde mir im Spiegel eine Vogelscheuche entgegen blicken. Ich beschloss mich heute zu entspannen und etwas faul zu sein. Ich hatte eine lange Nacht hinter mir, zwar mit genug Schlaf aber wenn ich heute wirklich meinen ersten richtigen Arbeitstag hatte, wollte ich entspannt und ausgeruht an die Sache gehen. Auch wenn ich mich hier gut fühlte, hieß das nicht, dass hier alles weiterhin so perfekt ablaufen würde.
Für ein Frühstück war es schon zu spät. Ich könnte ein bisschen frische Luft gut vertragen. Also schwang ich motiviert meine Beine über die Bettkante und stolperte dann doch eher ins Bad, als das ich lief. Ich wusch mein Gesicht mit kaltem Wasser ab und sah mich genauer an. Doch keine Vogelscheuche. Ich wickelte meine Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen und schlüpfte in eine frische Jeans. Nachdem ich mir auch einen Pulli angezogen hatte, schnappte ich mir etwas Geld aus meiner Tasche und steckte dieses in meine Hosentasche. Ich brauchte Essen und vielleicht würde ich auch neue Kleidung finden. Ich musste jetzt nicht mein Geld aus dem Fenster werfen aber ich brauchte mehr Wechselkleidung wenn ich jetzt auch wieder arbeiten würde. Gerade in einem Club konnte ich nicht jeden zweiten Tag das Selbe anziehen. Ich glaube was das angeht, ist Lexy ziemlich perfektionistisch. Woher ich das weiß? Alleine, dass ihr Büro genauso strahlte wie ihre weißen Zähne sagte alles. Sie war ein ordnungsliebender Mensch genau wie Ruby. Hier war alles unfassbar sauber und ich hatte noch nicht eine Zimmerdame über den Flur huschen sehen. Ich schloss die Tür hinter mir und machte mich auf den Weg nach draußen. Die Rezeption fand ich leer vor. Hmm, vielleicht war Ruby gerade mit etwas anderem beschäftigt. Die frische kalte Luft stieß mir entgegen und ich streckte mein Gesicht gen Himmel. Die Sonne versuchte sich einen Weg durch die Wolken zu kämpfen, doch es gelang ihr nur schwer. Es war ziemlich bewölkt am Himmel. Ich fröstelte etwas und sah skeptisch in den Himmel. Bestimmt würde es später noch regnen. Ich lief die wieder belebte Fußgängerzone entlang und sah mich nach etwas Essbarem um. Ich war ziemlich unkompliziert was Essen angeht. Hauptsache es schmeckte gut und war nichts Ekliges. Ich hasste Meeresfrüchte wie Muscheln und all das. Nein danke. Dann doch lieber einen Burger. Ich erkannte in der Ferne einen kleinen Stand mit chinesischen Nudeln und entschied mich dazu, mir eine Nudelbox zu holen. Ja, ich musste mich eigentlich wieder gesünder ernähren und ja, joggen würde mir auch wieder gut tun. Aber alles mit der Zeit. Einen Schritt nach dem anderen. Jetzt jedenfalls ging ich beschwingt mit dem Ruf nach Essen in meinem Kopf auf den kleinen Stand zu und sah dahinter eine kleinere Frau die mich freundlich anlächelte. "Nudelbox oder Reisbox mit oder ohne Fleisch?" fragte sie mich schnell. Ich entschied mich spontan um und nahm ein Reisbox. Wenigstens etwas gesünder als Nudeln. Ich bezahlte und hielt die heiße Box in meinen Händen. Wie am Tag zuvor aß ich und lief gleichzeitig weiter, um meine Umgebung zu erkunden.
Ich war schon ein ganzes Stück gelaufen und hatte die leere Box im Müll entsorgt als ich vor einem Kleidungsgeschäft stehen blieb. Ich begnügte mich erst einmal mit dem Schaufenster und konnte erkennen das es viele Sachen in Schwarz gab. Genau richtig für mich. An den Preisschildern konnte ich erkennen, dass nicht alles teuer war, sondern das auch preiswertere Dinge zu kaufen waren. Basic aber gut. Ich öffnete die Tür und es klingelte. Ich erkannte, dass über mir kleine Glöckchen aneinander schlugen und einen angenehmen Ton hinterließen. Ich schaute nach links und rechts und ging weitere Schritte nach vorne. Ich konnte ein paar Frauen in der Ecke erkennen, die sich unterhielten und sich durch die Kleiderstangen arbeiteten. Alleine, dass ich hier herumlief und stöberte ließ mich entspannen. Ich war ewig nicht shoppen gewesen. Ich brauchte das auch nicht jede Woche aber ab und zu war es schon ganz nett. Ich hatte nicht umsonst erst aussortiert.
Etwas weiter hinten im Geschäft wurde ich fündig. Ich hatte ein paar Kleidungsstücke über meinem Arm und hatte ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Von einem Kleid, über eine neue Hose in Lederoptik und ein paar Tops, die auch für den Club geeignet waren fand ich auch High Heels. Ich weiß, ich brauchte nicht wirklich welche, doch zu dem Kleid würden sie einfach so gut aussehen. Vielleicht tanzte ich auch mal wieder vor der Theke und nicht nur ein bisschen hinter der Bar, wenn ich Cocktails und Drinks mischte. Ich wollte nicht übertreiben, deswegen ging ich auf die Kasse zu und stand einer schwarzhaarigen Frau gegenüber. Sie hatte ihre Haare zu einem Bob geschnitten und ihre Augen waren auffällig mit blauem Lidschatten geschminkt, was komischerweise gut zu ihren blauen Augen passte. Seit wann schaute ich Menschen so genau in die Augen? "Na, wie ich sehe warst du fündig", sagte sie und nahm alles entgegen um es ein zu scannen. "Ja, zufälligerweise schon", meinte ich und kramte schon mal das Geld hervor. "Die Schuhe zu dem Kleid oder der Hose?" fragte sie mich neugierig. Ich schmunzelte. "Möglicherweise sogar für beides". Sie lachte auf. "Klingt gut, ich wünsch dir viel Spaß beim tragen!" sagte sie und nahm das Geld entgegen. Als sie alles in Tüten gepackt hatte, verabschiedete ich mich und verließ das Geschäft. Ich atmete glücklich aus und lief mit beschwingten Schritten die Straße zurück. Ein Blick in den Himmel verriet mir, dass das Wetter schlechter geworden war. Dunklere Wolken waren zu sehen und ich hörte ein Gewitter. Hoffentlich würde ich trocken zurück kommen. Ich war nicht aus Zucker aber sobald es regnete und meine Haare nass wurden, sah ich aus wie ein begossener Pudel. Ich musste später arbeiten und meine Haare würde niemals bis dahin ohne die Hilfe eines Föhns trocknen. Meine Haare waren so oder so schon wieder reif zum schneiden und ich musste sie nicht unendlich strapazieren.
Ich kam endlich an und sah freudig, dass Ruby hinter der Theke war. Sie sortierte gerade Papier und legte die Zimmerschlüssel an die richtigen Stellen. Meine vollen Tüten mit neuer Kleidung stellte ich vor meine Füße. Sie hatte mich komischerweise noch nicht kommen sehen, da sie sehr konzentriert war. "Ich hab den Job bekommen!" schrie ich schon fast und Ruby riss erschrocken die Augen auf. Sie hielt sich ihre Hand an die Brust, wie als würde sie es dadurch schaffen ihr Herz zu beruhigen. Ich schaute sie entschuldigend an. "Kind, erschrick doch keine alte Frau!" sagte sie aber lachte schon wieder. "Du bist doch keine alte Frau", sagte ich und grinste noch mehr. "Ich freu mich sehr für dich! Lexy hat es mir schon erzählt, du hast einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen", sagte sie. Hoffentlich einen guten Eindruck, dachte ich. Wie als hätte ich meine Gedanken laut ausgesprochen, antwortete sie gleich darauf: "Natürlich einen Guten!!" Ein Stein fiel mir vom Herz. "Ich weiß gar nicht wie ich euch beiden danken kann", sagte ich zurückhaltend. Ich hatte nur einen Schlafplatz gesucht und mir fiel alles andere in die Hände. "Gerne", sagte sie und erkannte die Grübchen in ihren Wangen. "Ich mach mich schon bald wieder auf den Weg", sagte ich und zeigte ihr dabei meine vollen Einkaufstaschen. Ihre Augen strahlten und sie beugte sich neugierig zu mir um besser hineinschauen zu können. "Alles nur Schwarz", meinte sie ungläubig. "Ich trag auch nur schwarz" sagte ich vergnügt. "Fast wie Lexy, ihr könnet Schwestern sein". Was für ein Kompliment. "Na dann husch, husch, mach dich fertig!" hetzte sie mich schon weiter. Ich schreckte durch ihre kraftvolle Stimme auf und machte mich auf den Weg.
Prüfend sah ich an mir herunter und warf einen Blick auf mein Outfit. Ich trug meine neuen High Heels und stellte besorgniserregend fest, wie hoch diese waren. Sie waren erstaunlich angenehm zu tragen und drückten mir nicht die Zehen ab. Ich war zwar schon länger nicht mehr auf hohen Schuhen gelaufen aber ich würde das hinbekommen. Ich stand schließlich nur hinter der Bar und es war bestimmt nicht schlecht, größer zu sein. Vielleicht war ich dann mehr auf Augenhöhe mit Tate und fühlte mich nicht mehr ganz wie ein Zwerg. Ich trug meine neue hautenge Lederhose und dazu eine Art Korsage mit Trägern. Sie hatte einen schönen bestickten Stoff und ich staunte immer noch über dessen Preis. Es war nicht zu tief ausgeschnitten, saß aber gut und betonte meine nicht zu große Oberweite. Meine Augen schminkte ich im Bad und verschmierte dabei etwas den Lidschatten. Es sah verrucht und dunkel aus, was gut zum Club und meiner Kleidung passen würde. Meine Augen leuchteten durch durch meine geschminkten Lider und ich trug sorgfältig Mascara auf. Meine Haare hatte ich glatt gebürstet und streng zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, allerdings nur so fest, dass ich keine Kopfschmerzen bekommen würde. Ich musste zugeben, dass ich echt heiß aussah. Nicht zu übertrieben auffällig aber genau richtig für die heutige Nacht. Mein ganzer Körper kribbelte aufgeregt bei dem Gedanken an die Arbeit. Gute Musik, einen sympathischen Kollegen und einfach arbeiten. Obwohl ich erst erst seit Kurzem hier war sah ich schon erholter aus. Meine Haare glänzten im Licht der Deckenbeleuchtung und ich hatte keine Augenringe mehr durch den Schlafmangel. Meine Träume hatte ich immer noch aber damit konnte ich leben. Das würde erstmal nicht aufhören. Gedankenversunken gingen mir die Worte der Frau aus meinen Träumen durch den Kopf.
Was sollte laut ihr schon passiert sein?
Wer war sie?
Wieso wusste sie so gut über mich und mein zukünftiges Leben Bescheid?
Warum was ich die Besondere?
Nach einem flüchtigen Blick aus dem Fenster meines Zimmers erkannte ich, dass es draußen bereits dämmerte. Lexy hatte mir zwar nicht gesagt, wann ich kommen sollte aber da sie mit mir den Vertrag noch besprechen wollte, beschloss ich bald zu fahren. Ich war gerne pünktlich und lieber früher vor Ort als zu spät. Ich atmete tief ein und aus um mein aufgeregtes Herz, welches schnell in meiner Brust schlug zu beruhigen. Ich habe mich schon viel zu lange nicht mehr auf das Arbeiten gefreut. Ja, dass klingt komisch aber ich war gerne beschäftigt und mixte ausgefallene Drinks für andere. Enthusiastisch verließ ich mein Zimmer um mich mich auf den Weg ins "LITE".
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