19. Kimi Raïkkonnen x Daniel Ricciardo
A/N: Ich war noch nie so stolz auf einen OS wie den, der war hell of schwer zu schreiben, also gebt ihm BITTE eine Chance, auch wenn das Pair vielleicht komisch ist, aber die Idee passte so gut dazu.
P.S. der OS basiert auf dem Lied Still von Jupiter Jones.
Daniel Ricciardo x Kimi Raïkkonnen
Das war eine Geschichte von Liebe und Stille.
Von Liebe und Stille und noch mehr...
Aber beginnen wir am Anfang.
„Weißt du, wenn du redest, wäre die Stimmung hier deutlich entspannter!", meinte Daniel irgendwo auch bittend, weil er die erdrückende Stille nicht mehr aushielt, die den kleinen Innenraum des Autos zusammendrückte und jegliche Luft zum Atmen entzog. Daniel würde das Fenster öffnen, aber draußen fegte ein starker Wind, der Straßenrand glitzerte im hohen Schnee und als Fan der Sonne, würde Daniel die Kälte gerne meiden. Das ihm das in Finnland eher misslingen würde, war ihm auch bewusst, aber die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt. Sie starb zwar, aber das (ein kurzer Blick auf das Navigationsgerät), erst in zwei Stunden.
„Thema?", fragte Kimi kurz und bündig, wie man ihn kannte. Warum alle Satzteile verwenden, wenn Daniel ihn auch so verstehen konnte? Warum unnötig Energie verschwenden? Kimi hatte es nie verstanden. Er hatte es schon bei seinen Analysen in der Schule nicht verstanden. Warum sollte er denn Seite um Seite beschreiben, was der Text aussagen sollte, wenn man es auch in einem Satz gebündelt festhalten konnte? Sinnlos, auch wenn seine Lehrerin immer anderer Meinung gewesen war.
„Keine Ahnung? Formel 1? Eishockey? Oder... keine Ahnung...", Daniel log, denn eine bestimmte Frage brannte ihm schon seit fast einem Monat auf der Zunge. Um genau zu sein seit dem Tag, an dem Kimi ihn wie aus dem Nichts gefragt hatte, ob er den Winter bei ihm in Finnland verbringen wollte. Er hatte die Auswirkungen seiner Antwort noch gar nicht richtig verstanden, als er genickt hatte. Zumal er auch völlig benommen von dem Gespräch gewesen war.
Er hatte bis dato nicht gewusst, welche Art von Beziehung Kimi und ihn verband und um ehrlich zu sein, wusste er das bis heute nicht. Er wusste jetzt einfach, dass sie scheinbar eine Beziehung der Art „den Winter zusammen verbringen" führten. Warum? Genau das war die Frage, die Daniel schon nächtelang wachhielt und ihm ein nervöses Kribbeln im Bauch verursachte, weil er nicht wusste, auf was er sich einstellen sollte. Zwei Wochen mit Kimi irgendwo im Nirgendwo in Finnland. Das konnte alles werden.
°°°
„Schweigst du eigentlich immer so viel oder redest du mit anderen Menschen mehr?", Daniel wusste, dass es durchaus möglich war, dass Kimi ihn schon jetzt als äußerst nervenaustreibend empfand, aber inzwischen sollte jeder wissen, wie gerne Daniel redete und immerhin war es Kimi selbst gewesen, der ihn zu sich eingeladen hatte, also musste er Daniels aktive Mundwerk miteingeplant haben. Wenn nicht? Selbst schuld. Daniel hielt das Schweigen nicht mehr aus, er hatte er nur gerade so die vergangenen vier Stunden ausgehalten, die sie durch Finnland geirrt waren und wenn er sagte geirrt dann meinte er das auch genau so, denn sie waren ein gefühltes Duzend mal an der selben kleinen Kirche vorbeigefahren und Daniel bezweifelte doch stark, dass das die Intention Kimis war.
„Bitte sag doch irgendetwas!", lachte er verzweifelt und sah zu Kimi herüber, nur um zu bemerken, dass dieser ihn intensiv musterte. So intensiv, dass er das Gefühl hatte, als würde Kimi ihm direkt in die tiefsten Stellen seiner Seele schauen, die Teile sehen, die eigentlich nicht für die Außenwelt bestimmt waren. Und das war unangenehm. Wie lange starrte er ihn schon an?
„Ich rede auch. Aber ich rede nicht, wenn ich nichts zu sagen habe!", erklärte Kimi dann mit monotoner Stimmenlage. Sollte Daniel das als Beleidigung nehmen? Das konnte er unmöglich so stehen lassen.
„Also hast du mir nichts zu sagen? Warum hast du mich denn hier eingeladen?"
„Weil ich doch nicht zwingend die ganze Zeit mit dir reden muss, um Zeit mit dir zu verbringen?"
Daniel sah das anders.
„Man macht viele schöne Sachen, ohne Worte zu verwenden!"
„Nenn mir eine!", forderte Daniel sofort, dachte in dem Moment noch, dass Kimi ihm keine Sache finden könnte, die Daniel ohne Widerspruch hinnahm, aber Kimis erster Vorschlag war schone in Punkt für ihn selbst.
„Küssen"
War das Flirten der Art Kimi Räikkönen?
„Und es gibt viele Sachen, die man mit Worten tut. Streiten zum Beispiel."
Die beiden sahen sich an. In Stille. Stillschweigend, dass alle Uhren schwiegen und die Zeit zum Erliegen kam.
°°°
„Du machst mich nervös, wenn du mich ständig so anstarrst ohne was zu sagen!", meinte Daniel eines Morgens beim Frühstück, als Kimis Starren ihn wieder einmal daran hinderte vernünftig sein Essen zu genießen. Stattdessen schob er sich nervös auf dem Stuhl hin und her und wippte mit seinen Zehen in den dicken Wollsocken.
„Das ist gut", war Kimis Antwort mit einem Schmunzeln, an das sich Daniel mittlerweile gewöhnt hatte. Kimi war gar nicht so emotionslos, wie Daniel immer gedacht hatte. Eigentlich war er sogar voller Emotionen, aber seine Emotionen waren stiller, als die anderer. Sein Lachen war ein Lächeln. Still. Aber es war dennoch da und das ständig. In Summe lächelte Kimi sogar Öfter, als ein anderer Lachen und Lächeln zusammengefasst tat.
„Ich mag's, wenn du nervös bist. Das ist süß"
Und das war mit Sicherheit Flirten der Art Kimi Räikkönen!
Und wieder sahen sie sich stillschweigend an. Seine Augen wogen Daniel in eine friedliche Welt. Friedlich und Still. Friedlich Still.
Und es gab hierfür kein Wort, was jemals das Gefühl beschreiben konnte, was er gerade fühlte, als Kimi ihn mit seinem Blick festhielt, umhüllte, einnahm.
°°°
Daniel konnte nicht leugnen, dass er Gefallen an der Stille fand. Und er wusste, dass jeder seiner Freunde laut loslachen würde, würde er das sagen. Daniel und Stille? Das waren Gegensätze. Wie Tag und Nacht. Wie Himmel und Hölle. Wie laut und leise. Wie Kimi und Daniel. Oder doch nicht?
Stille machte vieles einfacher. Zum Beispiel musste man nicht erst nach den richtigen Worten kramen, warum er gerade Kimis Hand halten wollte, als sie durch den tiefen Schnee im Wald stapften. Oder Kimi musste sich nicht begründen, warum er Daniel auf einmal zu sich zog, dass dieser eine stolpernde Pirouette drehte, bevor er gegen Kimi fiel, nur um von diesem geküsst zu werden. Stille war schön, weil niemand von ihnen versuchen musste zu beschreiben, wie sich der Kuss anfühlte, wo jedes Wort doch unzureichend wäre, um das Gefühl zu beschreiben, als ihre Lippen aufeinandertrafen, als das Prickeln auf ihren Lippen erwachte, wie Cola auf der Zunge. Weil niemand erklären musste, dass dieser Kuss sich irgendwie wie nach Hause kommen anfühlte und dann wiederum auch wie erkunden einer neuen Insel. Wie Gewohnheit und etwas außergewöhnlich Neues. Und es war so still, dass jeder von ihnen wusste, dass hier war für immer. Für immer und ein Leben.
„Du bist so still!", meinte Max und sprach dabei selbst leiser, als sonst.
Daniel hatte seine Arme um seine Beine gelegt, diese eng an seinen Körper gepresst, erlaubte es der Stille ihn zu berühren, ihn einzunehmen, ihn fortzutragen. Er konnte nur grob abschätzen, wo Max geradestand, denn er hatte seine Augen geschlossen.
„Daniel?", wisperte Max leise und besorgt und Daniel wusste warum. Man neigte dazu stille Menschen als traurige Menschen zu sehen, als gezeichnete Menschen. Daniel hatte es selbst lange auch getan. Und auch wenn das hier eine Stille der Trauer war, so war sie auch eine Stille der Liebe. Sie gingen Hand in Hand.
„Kannst du bitte was sagen?", fuhr Max fort und ein dünnes Lächeln zeichnete sich auf Daniels Lippen ab Wie oft er Kimi darum gebeten hatte? Worte, nur ein paar winzige Worte hatte er hören wollen, weil Stille sein größter Feind gewesen war. Dabei war sie kein Monster. Stille war ein Freund, ein treuer Begleiter, der Gesprächigste Begleiter. Sie sagte mehr, als Worte es jemals könnten. All die Nächte, die sie schweigend nebeneinander gelegen hatten. Sie hatten mehr gesagt, als all die Abende die sie mit Wein auf der Couch geredet hatten. Daniel legte seinen Kopf seitlich auf seine Knie, sog die frische Abendluft ein.
„Sag etwas, du bist einfach so still!", wiederholte sich Max. Daniel seufzte leise, leise, wie er mittlerweile immer war, weil er die Stille nicht unnötig stören wollte.
„Ich bin so still und ihr seid so laut", hauchte er. Langsam klappte er seine Augenlider auf und erblickte Max, der auf der letzten Stufe der Treppe zur Veranda stand und ihn nicht zu verstehen schien.
„Es ist okay, wenn du das nicht verstehst. Man muss es nicht verstehen. Du musst nur akzeptieren, dass die Stille jetzt ein Freund von mir geworden ist!"
Daniel hatte schon so viel gehört. Er hatte so viel Sinnloses gehört. Er hatte so viel Falsches gehört. Aber nichts konnte begründen, warum er nachts nicht schlafen konnte. Kimi war der Grund, dass Daniel an die Decke starrte, sich in Stille wog und doch genau wegen ihr auch nicht schlafen. Die warmen Lichter der Lichterketten funkelten von den Wänden seines Fahrerzimmers. Wenn man seine Zeit nicht mit dem Benutzen unnötiger Worte verschwendete, hatte man Zeit für andere Dinge. Andere Dinge, wie sein Zimmer zu dekorieren mit warmen Lichtern. Warme Lichter, die Daniel dringend brauchte, denn ihm war ständig kalt. Ihm war bei den Frühlingstemperaturen Saudi Arabiens kalt, obwohl er in Finnlands Dezember noch geschwitzt hatte. Denn das hier war keine Kälte von Minusgraden. Das war eine Kälte, die aus dem inneren kam. Eine Stille, die aus dem Herzen kam.
Die Blätter lagen chaotisch auf seinem Sofa verstreut. Sie waren von Noten und Takten übersät, von Worten, Worten, die Daniel nicht aussprechen wollte, sondern lieber in Stille aufschrieb.
Die Stille wurde grob von Michael unterbrochen, der in sein Zimmer kam, die Tür zu einem unerträglichen Knatschen brachte, dass Daniel nur sein Gesicht verzerrte. Er hasste Geräusche. Sie waren eine Bedrohung für die Stille. Aber Michael schien das nicht zu sehen, nicht zu verstehen. Niemand schien dies zu tun. Sie waren Freunde der Geräusche, Freunde des Lauten und vergaßen dabei vollkommen, wie wundervoll die Stille war.
„Was schreibst du da die ganze Zeit?", fragte er neugierig, als müsste Daniel alles begründen, was er tat. Als müsste er zu jeder Handlung einen Satz sagen können. Er wusste nicht, was er tat. Schreiben? Musizieren? Innerlich weinen? Alles passte irgendwie und irgendwie auch nicht.
„Vermissen?", las Michael die Überschrift eines Blattes vor, dass er sich vor die Nase hielt und die ersten Zeilen studierte. Schweigend sah Daniel zu ihm hoch, erlaubte es ihm mit Worten die Stille zu zerstören, auch wenn er sie schon jetzt vermisste.
„Wen vermisst du denn? Um wen geht es denn?"
Und darauf hatte Daniel eine Antwort. Doch die Antwort würde noch mehr Fragen aufwerfen, die Daniel dann mit lauten Worten beantworten müsste, weiter die Stille stören müsste. Aber jetzt umrankten ihn auch schon die lauten Fragen. Also konnte er auch gut eine Antwort geben und einen Funken darauf verwenden, dass man ihm erlauben würde wieder die Stille zu genießen. Aber nur einen Funken Hoffnung. Die restlichen Funken musste er sich aufsparen, um auf etwas anderes zu hoffen.
„Kimi"
„Kimi?"
Und dazu schwieg Daniel, weil jetzt Schweigen wirklich auch eine Antwort war.
„Habt... habt ihr was mit einander?"
Etwas? Ein weiterer Beweis dafür, wie ungenügend Worte doch waren. Sie hatten nicht etwas miteinander. Sie hatten alles miteinander. Alles und noch mehr und für dieses mehr gab es kein Wort, dass ihm gerecht werden würde. Aber das würde Michael nicht verstehen, also beschränkte Daniel das was Kimi und er hatten, gehabt hatten auf dieses ungenügende Etwas mit einem Nicken.
„Und warum vermisst du ihn dann? Oder eher, warum besuchst du ihn nicht einfach, wenn du ihn so sehr vermisst?"
Alles war so laut. So laut, auch noch Stunden nach dem Aufschlag, als es galt das alles zu verstehen. So unfassbar laut. Alle redeten auf ihn ein. Die Ärzte, die Krankenschwester. Dabei war alles, was Daniel wollte Stille. Und die suchte er sich, indem er seine Handballen auf seine Ohren presste, die Geräuschkulisse ausgrenzte, die ihn bedrängte. Er wippte auf dem Plastikstuhl hin und her, presste seine Augen zusammen und versuchte zu verstehen, wie jemand so leichtsinnig, so egoistisch sein konnte sich betrunken hinter das Steuer zu setzen. Aber er konnte es nicht verstehen und keine Erklärung aus leeren Worten würde ihm das jemals verständlich machen. Man konnte Denken was man wollte, so viel Denken, wie man wollte, aber alles was man dachte, würde einem nichts als Leere bringen, denn man würde es nie verstehen.
Daniel würde Stunden auf den Stuhl wippen, bis die der, von den Krankenschwestern gerufene, Psychiater aus dem fünften Stock des finnischen Krankenhauses kam und Daniel auf einen Kaffee einlud und Daniel nahm diese Einladung an, weil er wusste, dass niemand sein Verlangen nach Stille in einem so schrecklich lauten Krankenhause verstehen würde und auch, weil die Stille um ihn herum, so unfassbar leer war, weil niemand Stille so gut füllen konnte, wie Kimi. Aber dieser war gerade nicht da und Daniel wusste nicht, ob er es jemals wieder sein würde.
Denn als Daniel und der Psychiater sich beim Kaffee anschwiegen, war das nicht dieselbe friedliche Stille, die Daniel schützend umgab, wenn er mit Kimi war. Als er schweigend gegenüber von dem grauhaarigen, alten Manne im Arztkittel saß, war es nur eine Stille, die jetzt in Daniels Seele wohnte, anstatt Kimi.
„Warum hast du nichts gesagt?"
„Michael hat mir erzählt, dass du wohl was mit Kimi hattest? Warum hast du nichts gesagt? Warum hast du nicht gesagt, was passiert ist?"
„Es tut mir so schrecklich leid!"
„Gott, dir muss es ja schrecklich gehen"
Daniel hatte so viel gehört, dass er das Gefühl hatte, als würde sein Kopf mit den ganzen an ihn gerichteten Worten nicht fertig werden. Er hatte sich in der Winterpause so sehr an die Stille gewöhnt, sie so sehr zu lieben gelernt, dass er nicht in der Lage war so viele Worte zu verarbeiten. Und jetzt lag er wieder hier, zwischen all den Papieren von seinen Liedern vom Vermissen. Michael hatte gesagt, dass es gut war, dass Daniel aufschrieb, wie er sich fühlte, aber auch wenn er tausend Lieder vom Vermissen schrieb, hieß das noch nicht, dass er verstand, warum dieses Gefühl für immer blieb.
Und jetzt war es so still, obwohl er Kimi mit jedem Tag vermisste. Es war so still und Daniel hatte das Gefühl, als ob er laut sein müsste, als ob er weinen müsste, um der Welt zu beweisen, dass er Kimi wirklich vermisste, dass sie nicht nur so ein kleiner Flirt in der Winterpause waren, der in einem schrecklichen Unfall geendet war. Daniel hatte das Gefühl, als ob jeder von ihm erwartete, dass er weinte, dass er schrie, aber er konnte nicht.
„Er hat es mir gesagt!", Sebastian saß eines Tages Ende März in Saudi-Arabien neben Daniel, der gedankenversunken Löcher in die Luft starrte. Aber Sebastians Worte waren eine der wenigen Worte, die Daniels Neugier weckten, dass er sogar aus seinen Gedanken auftauchte und fragend zu ihm blickte. Er war noch in der Lage zu kommunizieren. Er mochte es nur nicht. Denn Stille war das einzige, das ihn momentan mit Kimi verband.
„Dass er sich wohl in dich verliebt hat!", fuhr Sebastian fort, der als einziger nicht fand, dass Daniels Reif für eine Therapie war, die Michael und Max gestern noch für Daniel hatten planen wollen. Sebastian war der Einzige, der zu verstehen schien, dass die Stille, das Schweigen Daniels Flucht aus der Realität war in eine Welt, die er noch mit Kimi teilte.
„Und er hat mir auch etwas von euren gemeinsamen Monaten in Finnland erzählt!", setzte Sebastian fort und erinnerte sich an den genauen Wortlaut Kimis mit dem er seine Beziehung zu Daniel beschrieben hatte: ich finde einfach keine Worte dazu, wie immer, aber ich habe das Gefühl, dass es für den Richtigen auch einfach nicht die richtigen Worte gibt. Es ist nicht nur Liebe, es ist mehr, so viel mehr und ich will das nicht mit irgendeinem Wort kleiner reden, als es ist.
„Ich... ich vermisse ihn", wisperte Daniel mit zittriger Stimme, als hätte er das Sprechen verlernt.
„Ich weiß!", versicherte ihm Sebastian.
„Ich vermisse ihn mehr, als das Wort vermissen jemals aussagen könnte und ich habe Angst, dass ich ihn für immer vermissen muss. Eigentlich habe ich mehr Angst, als das Wort Angst jemals aussagen könnte!", murmelte Daniel und seine Augen füllten sich mit Tränen, die er aber nicht weinen konnte. Alles tat weh. Jede Zelle seines Körpers schmerzte, brannte, litt.
„Vergiss nicht, dass er nicht tot ist!"
„Ich weiß", hauchte Daniel.
Künstliches Koma war ihm aber zu nah am Tod. Das Schweigen dieses Kimis war nicht das Schweigen, dass Daniel so liebte. Und deswegen schaffte er es nicht einmal Kimi zu besuchen. Er hatte zweimal einige Stunden an dessen Bett gesetzt, aber das Krankenhaus war so unfassbar laut und Kimi so fälschlich still, dass Daniel es einfach nicht schaffte neben ihm zu sitzen und er hasste sich dafür.
°°°
„Durchlassen, Durchlassen!", drängelte sich Daniel an den Menschen im Krankenhausgang durch. Es war lustig, dass er sich in so wenigen Monaten von Kimi angewöhnt hatte nur die wichtigsten Satzbestandteile zu verwenden, damit man den Inhalt verstand. Warum brauchte man denn auch ein Subjekt? Vor allen Dingen jetzt, wo für Daniel nur eine Sache zählte. So schnell wie möglich in Kimis Zimmer zu gelangen. Er hatte alles in Monaco stehen und liegen gelassen, als ihn der Anruf von Kimis Mutter erreicht hatte, dass dieser aufgewacht war. Und jetzt zählte für Daniel nur noch die Wahrheit hinter den Worten zu überprüfen und da konnte er auf ein Subjekt verzichten.
Als er bei Kimis Tür angekommen war, hielt er an und atmete tief durch, ehe er langsam die Tür aufschob und seinen Kopf hindurchsteckte. Er überblickte den großen Raum, fand die ältere Dame, die Kimis Mutter war, auf einem Stuhl am Rand mit einen halb fertig gehäkelten Pullover auf dem Schoss.
„Du kannst rein!", die tiefe Stimme von Matti Räikkönen, Kimis Vater, ließ Daniel zusammenfahren. Er hatte Kimis Eltern in Februar kennengelernt, weil ihre Blicke festgestellt hatten, dass es das einzig richtige war. Daniel wurde von Matti in den Raum geschoben, sodass er gezwungenermaßen in Richtung von Kimis Bett schauen musste, aber zum Glück war dieser wirklich wach, wie Daniel feststellte, als er seine aufgeschlagenen Augen sah. Er sah noch mitgenommen aus, wie er dalag, aber er war wach und das war alles, was zählte.
„Er ist noch schwach", meinte Kimis Mutter, die Daniel erst jetzt bemerkte. Sie legte den Pullover zur Seite, stand auf und trat zu Daniel.
„Tut mir leid, dass ich nicht so oft da war", sagte Daniel sofort, der jetzt wieder in der Lage war Worte zu benutzen, weil er sich nicht mehr an die Stille klammern musste, um Kimi nahe zu sein, wenn er sich einfach nah zu ihm setzen konnte.
„Alles gut, Schatz", lächelte Paula und zog Daniel zur Begrüßung in eine innige Umarmung.
„Du kannst dich zu ihm setzen, aber rechne nicht damit, dass er was sagt. Er redet sowieso wenig und jetzt haben ihm die Ärzte sogar gesagt, dass er nicht unnötig viel Kraft zum Reden aufbringen muss, da kriegst du vermutlich nichts aus ihm raus!", ließ sie ihn wissen und ging dabei davon aus, als ob Schweigen ein Problem für Daniel wäre, wo er doch nicht mehr als ihre Augen brauchte, um zu kommunizieren.
„Wir lassen euch alleine", fügte Paula hinzu und verschwand dann mit ihrem Ehemann aus dem Krankenzimmer. Daniel trat an das Bett heran und suchte sofort mit seiner Hand die von Kimi. Sie war warm, als sich ihre Fingerspitzen berührten und das altbekannte Kribbeln in Daniels ganzen Körper auslösten. Er sah zu Kimi, der ihm müde entgegensah, aber mit einem Lächeln und in dem Moment hatte das Gefühl, das Kimis ruhiger Blick Daniels tiefen Fall in dem er sich seit dem Unfall befand, endgültig auffing.
Er hob die Decke, die über Kimis Körper lag und legte sich vorsichtig neben ihm, kuschelte sich an ihn und legte seine Hand bewusst über das Herz des Finnen, nur, um sicherzugehen, dass es auch wirklich wahr war. Kimi drehte nach einiger Zeit sein Gesicht zu Daniel. Eigentlich hatte er ihn ansehen wollen, mit seinen Blicken noch irgendetwas sagen wollen, aber Daniel hatte seine Augen geschlossen und war gleich eingeschlafen, weil er seit Monaten keine Nacht durchgeschlafen hatte. Kimi nahm das hin und legte stattdessen einfach seine Lippen auf Daniels Stirn.
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„Du darfst nicht fliegen, wie schwer ist das denn zu verstehen?", meckerte Daniel aufgebracht, als sie den Truck verließen, den sie sich für die Woche in Melbourne gemietet hatten.
„Sie haben gesagt, dass es nicht empfehlenswert ist!", widersprach ihn Kimi und warf dabei die Autotür zu.
„Das ist das Selbe!", knurrte Daniel: „Du bleibst für die nächsten zwei Wochen bei meinen Eltern. Du fliegst keinesfalls jetzt noch mit uns zurück!"
Kimi verdrehte seine Augen und fragte sich, wann Daniel so diktatorisch geworden war. Sie diskutierten auf dem ganzen Weg vom Parkplatz zum Paddockgelände darüber, dass Kimi eigentlich noch nicht fliegen durfte, bis Sebastian sie unterbrach.
„So gesprächig, was ist geschehen? Hat der Unfall einen Schalter bei dir umgelegt?", fragte er lachend, als er die beiden ungewöhnlich gesprächig vorfand.
„Nein!", stellte Daniel klar: „Wir schweigen die schönen Momente aus. Die unschönen Sachen diskutieren wir aus, da kriegt er keine schöne Stille!"
„Ah", nickte Sebastian, auch wenn er es nur halb verstanden hatte, was auch gut so war. Solange Kimi und Daniel verstanden, was sie hatten, reichte es. Außenstehende mussten das nicht tun.
„Du bleibst die zwei Wochen bei meinen Eltern!", stellte Daniel klar und hielt an einer Kreuzung, wo sich ihre Wege auf Café, wo Kimi den Tag verbringen würde, und Garage, wo die Arbeit auf Daniel wartete, trennen würde.
„Ich kenne deine Eltern doch nicht einmal!"
„Du lernst sie heute kennen und an deiner Stelle würde ich dein Bestes geben, dass du dich gut mit ihnen stellst, denn sonst werden die zwei sehr anstrengenden Wochen für dich!"
„Du bist so ein Diktator geworden!"
„Ja, oder?", lachte Daniel: „Gewöhn dich dran!"
°°°
Es war Sonntag nach einem für Daniel gelungenem Rennen auf dem Paddockgelände stand in einer Gruppe bestehend aus Max, Lewis, Checo und Lando, die sich über das Rennen austauschten. Daniel war für ein paar sporadische Worte zu haben, verweilte den Großteil des Gespräches aber in Stille. Immer wieder wurden ihm skeptische Blicke zugeworfen, an die er sich aber schon gewöhnt hatte. Es würde seine Zeit dauern, bis jeder verstand, dass Daniel nicht mehr das Plappermaul von früher war. Aber nur, weil er nicht mehr 24/7 am Reden war, hieß es nicht, dass er weniger er selbst, trauriger oder ein schlechterer Mensch war. Im Gegenteil, er hatte das Gefühl, als sei er ein besserer Mensch, weil er jetzt Raum geschaffen hatte, um seinen Mitmenschen als Zuhörer zu dienen und damit half er den meisten mehr, als wenn er selbst die ganze Zeit redete. Er versuchte noch einen Ausgleich zu finden, weil er wusste, dass die meisten es bevorzugten, dass er mehr sprach, als er es momentan tat. Das war jetzt also eine Aufgabe, der nicht nur Kimi unterlag. Reden lernen.
Wie gerufen kam der Finne des Weges aus dem Café in dem er das Rennen geschaut hatte. Er grüßte Daniel mit einem leichten Klaps auf dem Hintern und stellte sich dann zu ihm. Daniel grüßte ihn mit einem warmen Blick und der Rest der Gruppe sah prüfend zwischen ihnen hin und her.
„Erzählt ihr auch mal, wie das zwischen euch passiert ist?", wunderte sich Checo. Daniel lachte und lehnte sich dabei gegen Kimi. Er legte seine Hände auf dessen Schulterspitze und platzierte seinen Kopf auf dieser.
„Was sollen wir denn darüber erzählen?", murmelte er.
„Alles!"
„Das sind so viele Worte!", stöhnte Kimi und stützte seinen Kopf auf dem von Daniel. Die Gruppe um sie herum lachte. Max vor allen Dingen hielt Daniel in seinem Blick und versicherte sich wieder einmal, dass der Australier wohl wirklich glücklich aussah, etwas, woran Max gezweifelt hatte, selbst als Daniel ihm vor einer Woche versichert hatte, dass er das war. Es war leicht zu glauben, dass Stille schlecht war und Max war noch dabei zu verstehen, dass Stille für Daniel längst kein Feind oder kein Mittel zur Leidverdrängung waren, sondern wohl wirklich ein Mittel, um glücklich zu sein. Es war komisch, weil es so der Gegensatz zu dem früheren Daniel war und Max musste sich wirklich daran noch gewöhnen, aber so lange Daniel wirklich glücklich war, war er bereit dies zu tun.
„Eure Hochzeit will ich sehen. Gibt es da dann überhaupt Musik?", witzelte Lando.
„Wow, wer redet von Hochzeit?", lachte Daniel, bemerkte dabei aber nicht, wie Kimi zu ihm sah und den andere mit seinem Blick verriet, dass er daran schon längst eines Gedankens verschwendet hatte. Er liebte Daniel und er liebte die Stille, die sie teilten. Er liebte Daniel dafür, dass er verstand, wie man die Stille mit ihm teilte und das er sich bereit erklärt hatte, zu lernen, zu verstehen, dass man auch in Stille schöne Momente kreieren konnte. Nur das leise Lachen hatte Daniel noch nicht gelernt. Aber das war auch gut so, denn Daniels Lachen war Kimis liebste Stillestörung.
A/N:
So yeah i hope you like the os
Ich hab wirklich noch nie so viel beim Schreiben eines OS nachgedacht. Ich hab den in einem Durch seit 3 Stunden geschrieben und damit auch genossen, dass ich heute frei hatte. Das Pair hatte ich schon was länger im Kopf und das Lied auch und irgendwie wollte ich es aufs Papier bringen, aber das war dann relativ kompliziert, weil ich halt die ganze Zeit Worte für einen OS finden musste, der ja darum geht, dass Worte eben nicht genug sind. Außerdem wollte ich dieses Switchen zwischen früher und jetzt und Daniels „Wandlung" irgendwie plausibel erscheinen lassen. Ist es mir gelungen? Es würde mich echt interessieren.
P.S. der OS ist im Adventskalender und Os Buch gepostet, weil der in beides passt und ich wegen ihm nicht geschafft habe noch einen separaten Advents-OS zu schreiben
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