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1 - Schule und andere Gefahren

Der kleine mechanische Wecker, den Pablo mir geschenkt hatte, brummte leise unter meinem Kopfkissen. Ich zog mich schnell an und ging zur Toilette. Das Waschprogramm würde ich - wie jeden Morgen - bei Pablo abziehen. Anders würde ich die Wohnung nicht verlassen können. Pablos Mom hatte mir nach meinen ersten blutigen Striemen auf den Armen und meinem ersten Veilchen eine Plastikkiste mit Waschzeug und Handtüchern ins Bad gestellt. Die Handtücher wurden stillschweigend und regelmäßig gewechselt, und ich durfte mich einmal pro Monat in der angelaufenen Duschtasse gründlich waschen.

Pablo hatte mir auf seinem Wandregal eine Ecke reserviert, wo ich meine Schulsachen aufbewahren konnte. Schulbücher gab es keine. Das hätte bei Damiano zu viel Aufmerksamkeit erzeugt, denn nichts durfte auch nur ansatzweise bei Dam den Eindruck erwecken, dass ich zur Schule ging. Pablo konnte mich nicht zur Schule begleiten. Ich wollte nicht mit ihm gesehen werden, weil ich einfach um seine Sicherheit und die seiner Mom besorgt war. Damiano hatte seine Augen und Spitzel überall.

Leise ging ich in mein Wohnloch zurück und kletterte aus dem Fenster. Ohne zu viel Geräusche zu machen, kletterte ich die Feuerleiter aus dem fünften Stock hinunter auf die Seitenstraße. Ich kannte mittlerweile jedes knarzende Trittbrett und wusste genau, an welcher Stelle ich eins überspringen musste. Die Leiter mündete am seitlichen Teil des Hauses und so blieb ich unbemerkt. Ich rannte über die East 96th die zwei Blocks bis zu Pablos Haus. Auch hier rannte ich vorbei und schlug vier Häuser weiter einen Haken, um über die Hinterhöfe zurück zu Pablos Haus zu gelangen.

Lucia Cristobal öffnete mir die hintere Tür, die direkt in ihre Küche führte. „Mason, madre de dios, was hat er dir wieder angetan?", schimpfte Lucia und untersuchte sofort meine geschwollene Nase. „Gebrochen ist nichts, aber irgendwann schlägt er dich noch tot. Kaum ist die eine Wunde verheilt, fügt er dir neue zu. Wie soll das nur enden?". Ohne Worte drückte sie mich auf einen ihrer bunten Küchenstühle.

Lucias Küche war einer der schönsten Orte, die ich kannte. Alle Möbel waren bunt durcheinander gewürfelt. Teils geschenkt von Freunden und Kollegen und teils mit der Wohnung übernommen. So kam es, dass keiner der Küchenstühle zum anderen passte. Sie achtete akribisch darauf, dass es sauber in ihren vier Wänden war. Das Haus war alt und es zog an allen Ecken. Es gab einige Winter, in denen Pablo und Lucia zu ihrer Schwester ziehen mussten, weil sie in ihrer Wohnung erfroren wären. Das war dann auch meine düsterste Jahreszeit, da Pablo und Lucia nicht für mich da sein konnten. Ich besaß kein Handy, mit dem ich mich irgendjemandem hätte mitteilen können, und so war ich dann völlig auf mich selbst gestellt.

Aber bis zur dunklen Jahreszeit war noch viel Zeit. Wir hatten April und der Winter war erst einmal zu Ende. Lucia setzte mir eine Scheibe Toast mit ganz wenig Marmelade vor und um mir etwas Trost zu geben, auch ein halbes Glas Milch. Ich nahm ihre Hand und bedankte mich stumm. Die Menschen in East-Harlem waren teilweise bettelarm und kämpften mit ihren wenigen Mitteln darum, ihre vier Wände halten zu können. Obdachlos zu werden, ist in New York kein Zuckerschlecken. Lucia arbeitete drei Stunden pro Tag in einer Wäscherei. Mehr Job gab es in Harlem nicht für sie. Pablo arbeitete zwei Stunden am Nachmittag an einer Tankstelle, fegte den Laden und räumte Regale ein. So kamen die beiden kläglich über die Runden.

East-Harlem ist ein Stadtteil im Bezirk Manhattan in New York. Die Menschen hier sind Latinos, Hispanics und Afroamerikaner. Drogenhandel, Diebstahl und Prostitution werden hier großgeschrieben und auch vor körperlicher Gewalt bis zum einen oder anderen Mord wird hier nicht zurückgeschreckt. Kein guter Ort für achtjährige Jungen. Ich trank meine Milch aus und ging ins Bad. Lucia weckte Pablo gerade, also beeilte ich mich mit meiner Wäsche.

Ich zog mich aus und holte mein Waschzeug aus der Plastikkiste. Nachdem ich fertig und wieder angezogen war, schaute mir mein Gesicht aus einem fast blinden Spiegel entgegen. Die Nase war fast dunkelblau angeschwollen und meine blauen Augen darüber schauten trotzig und wütend. Meine dicken, dunkelblonden Haare, die mir bis zum Kinn reichten, outeten mich als jemanden, der nicht die gleichen Wurzeln hatte wie die Menschen in diesem Viertel. Ich war hier der Gringo. Aber sie waren auch gefährlich, sodass ich sie zum Zopf auf den Kopf band und ständig eine Kapuze oder eine Basecap benutzte, um sie darunter zu verstecken.

Meine Kleidung war stark reparaturbedürftig und nicht wirklich sauber. Aber jeden in der Schule, der deshalb irgendeinen Spruch machte, starrte ich gnadenlos zu Boden und Pablo drohte dem ein oder anderen sogar Prügel an, obwohl er einen ganzen Kopf kleiner war als ich. Als Lucia mir einmal einen Hoodie von ihrem Neffen mitbrachte, der daraus herausgewachsen war, machte Damian zu Hause gleich Terror. „Wenn du nicht für mich Beute abziehst, dann auch nicht für dich!". Damit schmiss er den Hoodie in die Badewanne und hielt sein Feuerzeug dran. Ich hatte ihm erzählt, dass ich das Teil einem Jungen abgenommen hätte. Zu erzählen, dass es mir von Lucia geschenkt wurde, war für Lucia viel zu gefährlich.

Bei diesen Gedanken zog sich mein Innerstes zusammen, aber Tränen gab es keine. Das war mein Alltag.. Mein Leben, und ich hatte längst aufgehört zu weinen. Das brachte mir auch nur Prügel ein.

Nach der Schule jobbte ich für zwei Stunden im Laden einer alten Dame, Señora Montoya. Meinen Lohn bekam ich täglich und gab sofort nach Feierabend das meiste für mein Essen aus. Ich hoffte, dass Señora Montoya lange gesund und ihr Laden erhalten bliebe. Den Job brauchte ich zum Überleben.

Ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als Pablo kurz an die Tür klopfte und eintrat. „Hey Amigo. Hast du dich genug bewundert? Du siehst echt schlimm aus. Mom hat mich vorgewarnt. Das gibt auf jeden Fall Fragen in der Schule", sagte mein bester Freund und drückte meine Schulter. Ich antwortete nicht. Seit einem Jahr sprach ich nur das Nötigste und das auch nur mit Pablo.. wenn es nötig war. Pablo verstand mich auch ohne Worte.

Später machten wir uns auf den Weg. Pablo ging vorne raus und ich durch die Hintertür.. über getrennte Wege trafen wir uns dann am Eingang der Schule. Jeder Schüler musste hier erst durch einen Metalldetektor gehen, um Waffen in der Schule auszuschließen. Niemand kam an diesem Gerät vorbei, aber auf anderen Wegen gerieten trotzdem Waffen in die Schule. Meist in den höheren Klassen. Als mein Lehrer, Mister Jennings mich sah, nahm er mich gleich zur Seite.

„Mason, sagst du mir, was passiert ist, oder schweigst du dich wieder aus?". Ich schaute ihn trotzig an und zog meine Schultern hoch. „Bitte, Mason. Jeder hier will dir helfen. Warum sprichst du nicht mit uns?". Ich sah zu Boden und Mister Jennings zog mich hinter sich her in das Zimmer der Schulschwester. Miss Gomez betrachtete meine Nase und empfahl mir direkt ins Haus der Schwestern zu gehen. „Du kannst den Unterricht anschließend noch aufnehmen", meinte Mister Jennings und schubste mich Richtung Ausgang.

Ich schaute mich am Eingang der Schule gründlich um und nachdem ich kein bekanntes Gesicht aus Dams Dunstkreis ausmachen konnte, lief ich zum Haus der Schwestern. Die Schwestern der Mutter Theresa waren immer da, wo man sie brauchte. Auf der Straße bei den Obdachlosen und bei den Kindern und Jugendlichen, wenn sie sich helfen lassen wollten. Nicht jeder wollte Hilfe annehmen, weil der ganze Rattenschwanz, den solche Hilfsangebote nach sich zogen, einfach zu lang war. Man kam zu Hause in Erklärungsnot und niemand glaubte, dass man als das Opfer nicht zur Polizei gegangen war. Man konnte auch die Schwestern nur schwer davon überzeugen, dass die Polizei nur noch mehr Probleme für die Opfer bringen würde.

Ich lief die Stufen zum Haus in der East 127th hoch und öffnete die Tür. Eine Schwester in weißem Gewand mit blauen Streifen kam mir entgegen. Sie nahm mein Gesicht in die Hände und führte mich wortlos zu einem Zimmer am Ende der Station. Ich war leider nicht zum ersten Mal hier und wusste, dass hier ein Arzt pro Bono arbeitete. An drei Tagen für drei Stunden am Vormittag behandelte er die Ärmsten des Viertels und auch oft Obdachlose.

Doc Hammond betrachtete mein Gesicht und sagte „Ich frage erst gar nicht, wie das passiert ist, Mason. Du sagst es mir ja sowieso nicht". Er tastete meine Nase ab, gab eine schmerzstillende und entzündungshemmende Salbe darauf und bedeckte das Ganze mit einem großen, quadratischen Pflaster. „Gebrochen ist sie nicht, aber von dem Bluterguss wirst du noch lange etwas haben. Es wird in den nächsten zwei Tagen noch schlimmer werden.. sich bis auf das linke Auge ausdehnen.. aber dann geht die Schwellung langsam zurück. Hast du Eis genommen?". Ich nickte stumm. „Komm bitte in den nächsten zwei Tagen zum Erneuern der Salbe und für ein neues Pflaster!"

Ich drückte die Hand des Docs und verschwand so schnell, wie ich gekommen war. Wieder zurück in meiner Klasse klemmte ich mich auf meinen Platz neben Pablo, der sein Buch sofort in die Mitte legte, damit ich es mir mit ihm teilen konnte - denn natürlich besaß ich keine eigenen Bücher. Die wären nur so geendet, wie der Hoodie von Lucia. Meine Anwesenheitszeiten in der Schule wiesen einige Lücken auf. Manchmal war ich einfach nicht in der Lage, zur Schule zu gelangen. Entweder lief mir unerwartet zu der frühen Stunde einer von Dams Kumpel über den Weg, der mich hätte verraten können, oder ich war noch schlimmer verletzt als heute.

Nach dem Unterricht trennten wir uns für jeweils zwei Stunden Job und trafen uns anschließend in Lucias Küche, um Hausaufgaben zu machen. Meine Schulsachen legte ich wieder in Pablos Regal und schlich mich dann durch die Hintertüre aus dem Haus. Ich ging die Treppe in unserem Hausflur hoch und bemerkte, dass unsere Wohnungstüre offen stand.. und es war still. Viel zu still. Vorsichtig öffnete ich die Tür weiter und ging in die Küche. Hier fand ich meine Mutter. Blutüberströmt, mit entblößtem Unterkörper, Blutergüssen überall und einer Spritze im linken Arm..

Und ich schrie.. schrie um mein Leben, denn plötzlich stand Damiano in der Tür.

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