Kapitel |7|
Chichi's Sicht.
-Parallel zu Hakkai's Ablauf
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"WAS IST HIER LOS?"
In blinder Wut kam die Küchenhilfe herein, konnte kaum fassen, was sich vor ihren Augen abspielte. Mit ihren dicken Wurstfingern griff sie sich in die fettigen Haare, knirschte mit den Zähnen und betrachtete das Chaos. Überall war Mehl auf dem Boden verteilt, der Teig für die Waffeln, die es als Nachtisch zum Mittagessen geben sollte, war schon längst nicht mehr in der Rührschüssel, sondern über die ganze Kücheninsel verschmiert. Auch Küchenutensilien waren nicht mehr an ihrem rechtmäßigen Platz, genauso wenig wie die Eier, die im Karton sein sollten, stattdessen aber die Wand dekorierten. Entsetzung war in ihrem Gesicht zu sehen, kein Wunder angesichts dessen, was sich vor ihr abspielte. Sie sammelte sich wieder und begann, nach dem Übeltäter zu suchen, der dieses Fiasko verursacht hatte. Es dauerte nicht lange, bis sie jemanden sah, der ganz lässig mit überkreuzten Beinen auf einem Stuhl vor der Abstellkammer saß. Und zwar mich.....
"Kamamoto... Das hätte ich mir auch denken können, bei ihnen" Mit ihren stielaugen auf mich gerichtet, brummte sie mich an, was mich nur nervend die Augen rollen lässt.
"Sie werden es mir eh nicht glauben, aber mit dem Chaos hier habe ich nichts zu tun" Mein abfälliger Tonfall kam bei ihr überhaupt nicht gut an, ihr Gesicht wurde so rot, dass ich fast glauben konnte, Rauch aus ihren Ohren aufsteigen zu sehen. Hinter mir polterte die Tür zum Abstellraum, kein Wunder, schließlich hatte ich die Verursacher kurzerhand dort eingesperrt.
"Hilfe.... Lass uns hier raus!" Kam es gedämpft hinter mir, während ich mit dem Stuhl hin und her wippte, um sie noch nervöser zu machen.
"Haben sie jemanden da eingesperrt?!"
"Vielleicht?" Empört stürmte sie auf mich zu, zeigte mir, dass ich gefälligst aufstehen sollte, was ich dann auch tat. Der Spaß hielt sowieso nicht lange an, da mir ihre schrillen Stimmen schon in den Ohren schmerzte. Nachdem ich aufgestanden war, schob ich den Stuhl zur Seite und stellte mich direkt hinter der etwas fülligeren Küchenhilfe, meine Arme dabei vor der Brust verschränkt. Sie öffnete die Tür, aus der gleich die drei Gesichtskretschen kamen. Eine tuntiger als die andere, alle drei mit wasserstoffblond gefärbtem Haar, extrem langen Fingernägeln, damit man schön beim Popeln bis zum Hirn kam, Wimpern so voluminös, dass jeder Augenaufschlag einem Windstoß ins Gesicht klatschte und Lippen übertrieben rot übermalt, dass man bei einer Clownphobie direkt vor Panikattacken tot umfallen würde.
"Zum Glück haben sie uns gefunden! Sie ist total verrückt, sie hat hier alles verwüstet und uns anschließend einfach darin eingesperrt!" Jetzt gaben sie sich auch noch als Opfer, obwohl sie genauso gut wie ich wussten, dass sie für die gesamte Situation verantwortlich waren. Sie zeigten mit ihren perfekt manikürten Fingern auf mich, was mich nur dazu brachte, genervt die Augen zu verdrehen und laut zu schnaufen.
"Können sie mir erklären, was das hier zu bedeuten hat, Kamamoto? ?"
"Tzz... Wozu? Sie glauben mir doch sowieso nich" Von da an schaltete ich auf stur, widmete mich der Tür und wusste im Voraus schon, dass es am Ende für mich sowieso heißen würde, dass ich ins Büro der Heimleiterin muss. So war es schließlich schon immer. Und siehe da, ich hatte recht... Die Küchenkraft wollte mich gerade am Arm packen und nach oben ziehen, was ich jedoch vermied, indem ich kurz zurückwich und sie ins Leere griff. Natürlich besänftigte das sie nicht gerade, aber sie unternahm keinen weiteren Versuch. Schließlich weiß ja jeder, dass ich mich nicht einfach anfassen lasse und hartnäckig bin. So bin ich eben.
Den Gang gingen wir entlang, vorbei am Essenssaal und den Lernräumen, in Richtung des Korridors, wo sich der Eingang befindet und auch die Treppe, die zur ersten Etage führt, inklusive des Büros. Altmodische Tapeten zierten die Wände, mit alten Ölgemälden vom japanischen Samurai-Ordens, Kunst für die einen, für mich jedoch Schmiererei. Der Boden quietschte bei jedem Schritt, da der Laminat wahrscheinlich schon vor langer Zeit erneuert wurde, 1950? Was weiß ich... Während wir gingen, kamen vereinzelt oder in Grüppchen einige meiner, ich sag mal Mitbewohnerinnen an uns vorbei. Herabwürdigend schauten sie mich an, tuschelten nebenbei und vermieden es, mir in die Augen zu sehen. Mir war klar, dass sie mich hier alle nicht mochten, aber das interessierte mich kaum.
Wo ich mich überhaupt befinde? In einem Mädchenheim, das seit Jahren mein Zuhause ist, auch wenn ich es nicht unbedingt so nennen würde. Mit nur sieben Jahren kam ich ins Heim, zunächst in Osaka und später hier in Tokyo. An beiden Orten hatte ich Schwierigkeiten, Anschluss zu finden, was hauptsächlich auf meine verschlossene Art zurückzuführen war. Ich gebe zu, dass ich kein einfacher Mensch bin und mir bewusst war, dass ich auf manche arrogant und seltsam wirken konnte.
So war ich und so bleibe ich.
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Im Zimmer der Heimleiterin Frau Hinamori saß ich direkt vor ihrem Bürotisch, während sie dahinter verweilte und ihre Ellbogen auf dem Tisch hatte, ihre Hände ineinander verschränkt und ihre Stirn daran anlehnte. Die dicke Furie stand hinter mir und knirschte mit den Zähnen, schaute auf mich herab, sichtlich wütend über mein respektloses und desinteressiertes Verhalten ihr gegenüber.Sie erzählte der Leiterin, was gerade vor sich ging, allerdings war dies nur die halbe Wahrheit. Da ich jedoch hartnäckig war und die ganze Wahrheit noch nicht preisgab, konnte ich verstehen, dass es auf den ersten Blick schwer zu glauben war, dass es nicht meine Schuld gewesen wäre.
Mit einer einfachen Handbewegung zeigte sie der molligen, dass sie das Büro verlassen sollte. Diese tat dies dann auch und verabschiedete sich von mir mit einem bösen Funkeln, bevor sie die Tür hinter sich schloss und hinausging.
"Also Fräulein Kamamoto" Mit ihren Zeige und Mittelfingern rieb sie sich in kreisenden Bewegungen die Stirn, während sie mit der anderen Hand ihre Brille etwas nach unten richtete und mich mit ihren kastanienbraunen Augen musterte.
"Woran lag es diesmal, dass sie sich nicht unter Kontrolle hatten? ?" Fügte sie zu letzt hinzu und holte dabei einen Ordner raus, wahrscheinlich meinen Ordner.
Zugegeben, vor ihr hatte ich schon ein wenig Respekt. Sie war eine kluge, anspruchsvolle und imposante Frau, immer perfekt gekleidet mit einer glatt gebügelten Bluse und einer roten Krawatte. Ihre braunen Haare trug sie zu einem akkuraten Dutt. Ihre Ausstrahlung und Power blieben nicht unbemerkt, wie sollte es auch anders sein? Immerhin trägt sie eine große Last auf ihren Schultern, da sie die Verantwortung hat, ein Zuhause mit mehreren pubertierenden Mädchen zu führen.
"Also... Die drei und ich hatten Küchendienst, dann war ich für ein paar Minuten auf der Toilette und bevor ich wieder in die Küche ging, hörte ich, wie sie etwas gegen mich planten und dann... nun ja, habe ich die Kakbratzen auf frischer Tat erwischt, wie sie alles verwüstet haben" Erklärte ich der älteren, während sie ihre Brille mit einem Tuch säuberte und mich dabei ungläubig anschaute.
"Du willst mir also sagen, dass sie das gemacht haben, um dir einen Streich zu spielen?"
"Jo" Auf meine kurze Antwort hin, räusperte sie sich nur, drückte die Brille wieder auf ihre Nase und öffnete den Ordner.
"Und anstatt das Problem zu melden, hast du es wieder auf deine eigene Art und Weise gelöst. Das ist typisch für dich...... Du weißt was das ist?" Sie zeigte auf den gefüllten Ordner, der vor ihr lag, verziert mit einer dicken Schnörkelschrift mit meinem Namen. Stark betont las sie meinen Namen vor, als sie ihn bereits öffnete und die vielen Zettel mit Anmerkungen zu meinem Verhalten ihr entgegen sprangen.
"Chichi Kamamoto.....
-21. Januar steckten sie einer Mitbewohnerin den Kopf in die Toilette und spülten dabei ab.
-04. Februar fesselten sie ihre Zimmernachbarin mit zerrissenen Bettlaken am Stuhl fest und steckten ihr eine Socke in den Mund.
-16. März hängten sie 5 Mitbewohnerinnen mit einem Bügel an der drehbaren Wäscheleine im Garten auf und spielten mit ihnen Karussell.
-02. April zwangen sie zwei Mädchen sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen und sprühten sie mit dem Gartenschlauch ab, und das EISKALT" Bevor sie noch mehr Dinge aufzählte, unterbrach ich sie und gab noch meinen Senf dazu.
"Oh bitte, meinen Sie das ernst, Frau Hinamori... Wollen Sie jetzt alle Dinge aufzählen, die ich verbrochen habe? Sie wissen ganz genau, dass diese Tussen ständig versuchen, mir eins auszuwischen, und ich lasse so etwas einfach nicht auf mir sitzen.... " Ich verdrehte die Augen angesichts aller Anschuldigungen und drückte mit meiner Zunge von innen gegen meine Wange.
"Aber doch nicht jedes Mal! Ein Mädchen hat ihnen nur Kaugummi ins Haar gesteckt und sie haben ihren Kopf ins Klo gesteckt und die Spülung zehn Mal betätigt!" Ihre Hände lagen auf dem Zettel vom Januar, den Blick fassungslos auf mich gerichtet. Ihre Augen schienen förmlich in meinem Gesicht zu verharren, als ob sie mir nicht glauben konnte, was ich gerade gesagt hatte.
"Nur!?..Ich musste mir auch 10 mal die Haare waschen wegen ihrem Streich, sie hatte Glück das ich ihr nicht die Nase...." Den Satz konnte ich nicht zu Ende bringen, da sie mit ihren Händen heftig auf den Bürotisch schlug, dabei aufstand und sich zu mir herüber beugte.
"Kamamoto das ist keine Rechtfertigung für Ihre Taten! Sie sind mit 13 Jahren ins Mädchenheim zu uns gekommen und haben davor in Osaka in einem Waisenhaus gelebt, selbst dort waren Sie verhaltensauffällig! Sogar von der Schule erhalten wir täglich Anrufe, dass Sie dort gegenüber männlichen Mitschülern Gewalt anwenden, und das nur bei Kleinigkeiten!" Nachdem sie ihre Brille wieder abgenommen hatte, setzte sie sich wieder in ihren Stuhl und begann, das Glas ihres Gestells erneut zu polieren. Diese Tätigkeit schien sie zu beruhigen, denn sie seufzte sichtlich schwer. Mich wurde auch das Gefühl nicht los, dass es bei dieser Moralpredigt nicht bleiben würde....
"Ich habe mit den anderen Leitern darüber gesprochen... Es ist erst April und sie haben bereits viele solcher Aktionen durchgeführt... Deshalb wenn so etwas noch einmal passieren sollte, egal ob hier, in der Schule oder woanders, dann müssen wir sie in ein Erziehungsinternat stecken, in Nagasaki, wo ganz andere Regeln herrschen" Ich biss meine Unterlippe fest zwischen meine Zähne, während ich meine Arme vor der Brust verschränkte. Die Worte, die aus ihrem Mund kamen, gefielen mir überhaupt nicht. Die Drohung in ihrer Stimme brachte mich bereits jetzt zur Weißglut und am liebsten hätte ich ihr den Ordner aus der Hand gerissen und aus dem Fenster geworfen. Doch trotz meiner aufkommenden Wut entschied ich mich, ruhig zu bleiben.
Ich presste meine Lippe noch fester zusammen und begann nervös auf meinen Armen herum zu tippen. Frau Hinamori bemerkte meine Wut, schenkte ihr jedoch keine Beachtung, da sie wusste, dass ich ihr gegenüber nicht respektlos sein würde. Sie stand auf und räumte meine Akte zu den anderen ins Regal, wobei meine aufgrund ihrer Fülle heraus stach. Wieder in ihrem eleganten Ledersessel lehnte sie sich leicht zurück und verschränkte die Finger ineinander.
"Haben wir uns verstanden? Dieses Jahr will ich nichts schlimmes von ihnen hören... Sonst Internat" Sagte sie in einem strengen Ton zu mir und behielt den Blickkontakt, dem ich nicht auswich und daraufhin ihr zu nickte.
"So, haben wir das geklärt. Das heißt aber nicht, dass du heute keine Strafe bekommst, Kamamoto..hmm..lassen sie mich überle...." Die Tür wurde plötzlich mit Schwung aufgerissen, als die Leiterin noch einen letzten Satz anbringen wollte.
Bevor ich mich umdrehte, ahnte ich bereits, wer mir in dieser misslichen Lage den Arsch retten wollte. Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich mich langsam der Tür zuwandte. Und da, als ich in die Türöffnung blickte, trafen mich die braunen Augen meiner rothaarigen Freundin.
"HALLÖLLEEEEE....was hat die Alte nun wieder angerichtet?" Mit einem freudigen Sprung kam sie auf uns zu und strahlte ihre positive Energie im Raum aus, als wäre alles in bester Ordnung und als ginge es gerade nicht um etwas ernstes.
"Daisi Kobayashi, wieso wundert es mich nicht das sie hier her kommen?"
Die ältere Frau hielt sich fest den Kopf und sah abwechselnd zu uns herüber. Anscheinend hatte sie sich schon daran gewöhnt, dass Daisi jedes Mal hereinstürmte, wenn ich mal wieder Probleme machte und sie dann versuchte, mich aus der misslichen Lage zu retten.
"Frau Hinamori, egal was sie getan hat, ich werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass sie ihre gerechte Strafe bekommt" Sagte sie, während sie mit dem Zeigefinger auf sich selbst zeigte.
"Aha.... Und was schwebt ihnen vor?"
Auf die Frage hin grübelte die Rothaarige erstmal, bevor sie doch einen Einfall hatte und mich dabei schelmisch angrinste.
"Chichi muss die ganze Woche meinen Toilettendienst machen!"
"WAS? DAS KÖNNT IHR VE...." Daisi hielt mir weiterhin den Mund zu und beruhigte mich schnell, bevor die Leiterin mich mit einer noch schlimmeren Aufgabe konfrontierte und ich völlig aus der Haut fuhr. Frau Hinamori schloss die Augen, seufzte dann und gab nur ein tiefes Brummen von sich als Zustimmung zur Bestrafung. Mit einer Handgeste zeigte sie uns, dass wir den Raum verlassen durften, was wir natürlich dann auch taten. Die Rothaarige bedankte sich tausendfach und verbeugte sich mehrmals, diese Schleimerin... Ich spürte nur noch, wie sie meine Hand nahm und mich mit Schwung in Richtung erste Etage zog, wo sich auf der anderen Seite des Hauses unsere Zimmer befanden.
Es war bereits Abend, als wir uns in ihrem Zimmer aufhielten und nicht wirklich etwas mit dem Tag anzufangen wussten. Wahrscheinlich hätte ich sowieso nicht nach draußen gehen dürfen, nachdem es aufgrund des Vorfalls in der Küche Ärger gab. Die Rothaarige lag auf dem Bauch in ihrem Bett, die Füße in die Luft gestreckt, und las Manga, während sie mit ihren großen Kopfhörern Musik hörte. Ich hingegen saß wie ein nasser Sack auf ihrem Stuhl und hatte meine Füße auf ihrem Schreibtisch liegen.
Ich schaute kurz in ihre Richtung, war dankbar für dieses Energiebündel und musste daraufhin schmunzeln. Sie war die Einzige in meinem Leben, der ich alles anvertrauen konnte, auf die ich sogar hörte und für die ich alles geben würde. Das beruht natürlich auf Gegenseitigkeit. Während sie mich bei vielen meiner Wutausbrüche zurückhielt und mich nicht ins Verderben stürzen ließ, beschütze ich sie und das sogar mit meinem Leben, wenn es sein müsste. Gemeinsam sind wir als kleine Kinder in Osaka aufgewachsen und hatten das Glück, zusammen nach Tokyo ziehen zu können, ohne getrennt zu werden. Dies hätte ich wahrscheinlich nicht gut verkraftet, wenn wir uns dabei aus den Augen verloren hätten. Als ich sie beobachtete, bemerkte sie es und schon ihre Kopfhörer vom Ohr weg, um mich breit lächelnd anzusehen.
"Na Bock aufs Dach zu klettern?" Ich zuckte nur mit den Schultern, als sie mich fragte. Sofort stand sie auf, zog ihre Jacke an und ich folgte ihrem Beispiel.
Langsam begaben wir uns wieder in die erste Etage, wo wir am Ende des Flurs die Balkontür öffneten, die als Raucherzone für die Aufseher diente. Auf dem Balkon kletterten wir auf die Brüstung und mit vorsichtigen, aber geschickten Bewegungen gelangten wir auf das Dach. Oben angekommen setzten wir uns hin, ich holte mein Kippenetui aus der Jackentasche und reichte ihr eine Zigarette, bevor wir sie abwechselnd anzündeten.
"Chichi?"
"Ja?"
"Ich habe vor dem Büro alles mitgehört... über das Internat und so"
Sie zog kräftig an ihrer Zigarette, Besorgnis zeichnete sich in ihrem Gesicht ab, als sie den Rauch wieder ausblies.
"Mach dir keine Kopf, sie bringen mich nirgendwo hin" Auch ich ließ die Zigarette einmal glühen, während ich zum Nachthimmel hochschaute und nichts von meiner eigenen Sorge darüber, von hier wegzuziehen, zeigen ließ.
"Hoffentlich... Ich möchte gar nicht daran denken, dich auch noch zu verlieren" Diese Worte verursachten bei mir eine Gänsehaut, schließlich kannte ich ihre bewegende Vergangenheit. Damals, als wir noch klein waren, erzählte sie mir von der tragischen Geschichte ihres Vaters, der bei einem Motorradunfall ums Leben kam, und von ihrer Mutter, die sich nie wirklich für sie interessierte. Dadurch musste sie schon früh lernen, was es bedeutet, alleine zu sein. genau wie ich.
"Ich werde nicht gehen, versprochen, und jetzt zieht nicht so eine Lippe"
Ich lächelte und tätschelte grob mit meiner Hand über ihren Kopf, während ich gleichzeitig meinen Zigarettenstummel vom Dach schnippte. Ein wenig erleichtert atmete sie auf, als sie es auch gleich tat und ihren Stummel hinterherschmiss, bitte schön, Mutter Natur. Meine Arme verschränkte ich hinter meinem Kopf, legte mich auf die kalten Dachziegel, die einen angenehmen Schauer hinterließen, und entspannt dabei meine Lider schloss.
"Ach, fast hätte ich es vergessen, ich habe noch eine kleine Überraschung für dich" Ein Auge öffnete ich und schielte zu ihr hinüber. Ich erkannte, wie sich ein amüsantes Lächeln auf ihrem Gesicht verbreitete.
"Der Mechaniker für das Auto kommt erst nächste Woche, und da ich dich kenne und weiß, dass du niemals mit dem Zug oder dem Bus fahren würdest, wäre das für dich ein Grund, nicht zur Schule zu gehen. Deshalb habe ich eine nette Mitfahrgelegenheit für dich organisiert" fügte sie hinzu. Daraufhin begann es in meinem Kopf zu rattern, und ich hatte keinen blassen Schimmer, wovon sie sprach. Ein penetranter Ton kam von ihrem Handy. Sie nahm den Anruf entgegen und sprach mit jemandem, wobei sie so knapp wie möglich antwortete, um sicherzustellen, dass ich ihr Gespräch nicht belauschte. Anschließend legte sie gleich auf.
"Wer war das?"
"Takemichi" antwortete sie.
"Michi wer?" fragte ich verdutzt.
Ich richtete mich wieder auf, zog eine Augenbraue hoch und ein großes Fragezeichen war deutlich in meinem Gesicht abzulesen.
"Dein Ernst jetzt? Takemichi aus meiner Klasse, Mann. Ach, ist ja auch egal... Er hat auf jeden Fall gerade deinen persönlichen Chauffeur angerufen, damit er sich auf den Weg hierher macht"
"Takemichi? Chauffeur? Auf den Weg machen? Was zum... Ich verstehe nur Bahnhof, Daisi" Fragend schaute ich in ihre braunen Augen, die ein fieses Funkeln in sich trugen, und sie so gleich aufstand.
"Du bist wirklich schwer von Begriff, der Riese, der dich am Freitag nach Hause brachte. Die Blaubeere von der Feier, Mann. Take und er sind doch in derselben Gang, also habe ich Takemichi beauftragt, ihn hierher zu lotsen"
"Meinst du Hakkaiiiii? Du spinnst ja wohl, das kannst du vergessen, dass ich mich jeden Tag von ihm abholen lasse! Ey, wo willst du hin?" Die Rothaarige hörte mir gar nicht mehr zu und sprang wieder vom Balkon herunter. Ich sprang im Eiltempo hinter ihr her und versperrte ihr den Weg zur Balkontür, indem ich meine Arme vor ihr ausstreckte.
"Zu spät, er ist schon auf dem Weg und was ist schon dabei, er bringt dich doch nur zur Schule...hmm oder lässt dich seine Anwesenheit nervö.."
"Klappe, er interessiert mich überhaupt nicht! Baaah!" Vor Scham glühten meine Wangen heiß auf, während sie ihren Kopf zur Seite neigte und ihre Hände langsam zu meinem Gesicht führte, dann zu meinen Ohren und kräftig nach außen zog.
"AUAAAA!"
"Stell dich nicht so an, tu es wenigstens für mich, okay?" Ich schlug ihre Hände von meinen Ohren weg, verkrampfte dabei meinen Kiefer und biss mir wieder einmal auf die Lippen vor Wut.
"Hör mir jetzt gut zu, ich werde es nur einmal sagen! Ich werde nicht mit ihm fahren. Niemals, egal was passiert ich werde nicht mit ihm fahren Kapiert?"
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"Blöde Zicke"
Ich saß jetzt draußen auf der Treppe des Eingangs, verärgert und beleidigt wie ein kleines Kind. Eigentlich wollte ich Hakkai nicht hierher bringen und ihm fragen, ob er mich jeden Morgen zur Schule fahren könnte. Doch Daisi hatte mich überredet und sie wusste genau, dass ich früher oder später nachgeben würde. Zum Glück war sie die einzige Person, bei der ich das tat. Mit jemand anderem hätte ich schon lange meine Geduld verloren und ihn vom Dach gestoßen. Ein sieger Lächeln zierte ihr Gesicht, neben mir schaukelte sie von links nach rechts, während sie mir dabei lästig ins Ohr summte und schon mehrere Minuten vergangen waren, als wir auf ihn warteten.
Das Motorgeheule wurde langsam hörbar, sein Motorrad auf jeden Fall. Das Geräusch, das seine Maschine macht, hatte sich bereits in mein Gedächtnis eingebrannt, obwohl ich bisher erst einmal mit ihm damit gefahren war. Seltsam, dass ich mich genau daran erinnere. Als das Motorrad vor unserem Haus zum Stehen kam, stieg Hakkai ab und blickte in unsere Richtung. Er blieb jedoch an derselben Stelle stehen und ich bemerkte, wie meine nervende Zicke sich aufrichtete und auf ihn zugehen wollte, was ich dann ihr auch gleich tat. Wir traten vor ihn und ich bemerkte sofort, dass er diesmal nicht so steif wirkte wie beim letzten Mal. Stattdessen schien er, meiner Meinung etwas selbstbewusster zu sein, wenn auch nur ein klein wenig. Seine Augen ruhten auf der Rothaarigen, die bereits den ersten Schritt machte, ihm die Hand entgegen streckte und ihm mit einem breiten Lächeln begegnete.
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