Kapitel |18|
"Hi Chichi... Du auch hier?"
Klang das, was ich gerade sagte, gut? Meine Mundwinkel zuckten nervös nach oben, während ich die schwarzhaarige anstarrte, die weiterhin perplex dastehte und keinen Ton von sich gab. Die Stille zwischen uns war geradezu unerträglich, kaum auszuhalten, und auch die kleinen Mädchen blickten uns ratlos an.
Meine Hand war weiterhin zur Begrüßung erhoben, während ich versuchte, meinen Mund zu öffnen, um die unangenehme Stille zu durchbrechen. Leider brachte ich nur ein nervöses Ächzen hervor, und auch meine Muskeln fühlten sich plötzlich am ganzen Körper angespannt an.
So ein Mist, wieso musste mein Körper ausgerechnet jetzt wieder streiken?
Chichi war die erste von uns beiden, die sich wieder ein kriegte und ihre übliche, gleichgültige Fassade aufsetzte.
"Kommt Mädels, wir sind fertig für heute. Schnappt euch eure Schuhe!"
Sie ergriff sanft die Hände der beiden, führte sie aus dem Dojo und setzte sich mit ihnen gemeinsam an den Platz, an dem die Schuhe aufbewahrt wurden, um sich diese wieder anzuziehen. Während dieses gesamten Vorgangs schenkte sie mir keinen einzigen Blick und ignorierte meine Anwesenheit. Ein beklemmendes Gefühl wuchs in meinem Brustkorb, als ich sie dabei beobachtete, wie sie an mir vorbeiging, mit den beiden Mädchen an ihrer Seite.
Ich musste jetzt etwas tun. So stur, wie sie nun mal war, würde sie, ohne ein Wort mit mir gewechselt zu haben, einfach verschwinden. Das hieß also, meine Blockade zu überwinden und auf sie zuzugehen.
Mit schnellen Schritten ging ich den Dreien hinterher, und während ich sie einholte, stellte ich mich direkt vor ihnen.
"Warte! Chichi können wir bitte kurz reden?"
Sie neigte den Kopf zur Seite, wollte mich nicht ansehen und ging an mir vorbei, während sie die Mädchen mit sich zog.
*Was ein harter Brocken!* Dachte ich mir nur, als ich ihr erneut den Weg versperrte und meine Arme weit ausbreitete.
Von ihren Lippen kam nur ein genervtes Zischen, und auch die beiden Mädels sahen mich ein wenig fragwürdig an.
Ich bemerkte die Blicke der beiden Kleinen und kniete mich daraufhin zu ihnen herunter, um auf Augenhöhe mit ihnen zu sein. Sie bräuchten ja nicht unbedingt, unser Gespräch mitzubekommen, daher wollte ich sie um einen Gefallen bitten.
"Mana, Luna? Könnt ihr beiden uns eben alleine lassen und im Haus auf uns warten? Ema hat bestimmt für euch beiden, was leckeres gekocht!"
Ihre Augen leuchteten, schließlich wussten alle über Emas Kochkünste Bescheid. Um sich jedoch zu vergewissern, dass es in Ordnung war, blickten sie nochmals zu Chichi, um auf ein Zustimmung zu warten.
Chichi rümpfte, kurz die Nase und gab dann ein raues "Geht" von sich. Daraufhin lächelten die beiden sie an und rannten zügig in das Haus der Sanos.
Jetzt befanden wir uns beide allein im Garten, schauten uns an und verharrten erneut in stille. Schließlich ergriff ich das Wort und kratzte mir nervös am Nacken.
"Tut mir leid, wenn ich dich hier ein wenig überrumpelt habe. Aber ich wollte gerne wissen, wieso du mich ignorierst seit Tagen?"
Ohne erkennbaren Grund antwortete sie mir nicht, was mich erstaunte. Es war normalerweise nicht ihr Stil, sich zurückzuhalten und ihre Gedanken für sich zu behalten. Schließlich war sie in der Regel Taff genug, um allen Herausforderungen offen entgegenzutreten und die Stirn zu bieten. Warum war sie in diesem Moment jedoch anders?
Eigentlich wollte ich es nicht sofort ansprechen, aber ich war mir sicher, dass es daran lag.
"Ist es wegen dem.... Kuss?"
Ihre Gesichtsmuskeln zuckten auf meine Frage hin, und ihre Augen kreuzten sich kurz mit meinen, als sie wieder fluchtartig die Biege machen wollte, indem sie erneut an mir vorbeiging.
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Chichi's Sichtweise.
*Verfluchte Scheiße, was will der denn von mir?*
Ich wollte einfach in Ruhe mit den Zwergen trainieren, als plötzlich Schlumpfkopf wie aus dem Nichts erschien! Ich könnte behaupten, in mir brodelte es, aber das war nicht der Fall. Mein Bauch fühlte sich merkwürdig und ungewohnt kribbelig an, während sich in meine Brust eine Wärme ausbreitete, als ich ihn sah.
Und jetzt sprach er auch noch dieses Thema an! Nein, darauf kann ich verzichten! Ich wollte dieses Gefühlszeug nicht!
"Wieso gehst du denn? Lass uns noch wenigstens vernünftig darüber reden!"
Er sprintete mir hinterher, und auch wenn es nicht meine Art war, rannte ich zur Terrasse, die zur Küche der Sanos führte.
Ich wollte nicht darüber sprechen, schon gar nicht über... unseren Kuss. Warum bestand er so darauf und ließ es nicht einfach dabei? Es wurde mir alles zu viel, ich konnte damit nicht umgehen. Nur noch ein paar Schritte, dann würde ich die Tür erreichen, die Zwerge schnappen und einfach weglaufen. *Weglaufen?* Normalerweise laufe ich vor nichts davon. Was war denn nur los mit mir?"
Für einen kurzen Moment fühlte ich mich in Sicherheit, als ich den Türknauf berührte. Doch plötzlich wurde ich von der Stelle weggerissen und gegen die Wand gedrückt. Da ich lediglich ein Top mit dünnen Trägern trug, kneifte ich für einen Augenblick die Augen zusammen, da die kalte Wand mir einen Schauer über den Rücken jagte. Als ich meine Augen wieder öffnete, erblickte ich Hakkai, der vor mir stand und eine Hand neben meinem Gesicht platzierte.
Er betrachtete mich mit einem traurigen Ausdruck und sah mir tief in die Augen. Seine blauen Iriden versenkten sich in meinen, was mir zusätzliche Gänsehaut bescherte.
"Ich habe dich noch nie vor etwas wegrennen sehen, wieso bist du aufeinmal so? Können wir nicht einfach kurz darüber reden?"
In seiner Stimme schwang ein Hauch von Angst, als könnte er etwas verlieren.
Ich schwieg weiterhin. Mein Herz schlug außergewöhnlich schnell, während ich die Wärme seines Körpers spürte, die sich sanft zu mir herüber bewegte. Meine Atmung beschleunigte sich, was meine Brust in ein deutliches Auf und Ab versetzte. Ich befürchtete, den Verstand zu verlieren, wenn wir in diesem Zustand verweilten.
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Hakkai's Sichtweise
Sie schwieg weiterhin, jedoch vermied sie im Gegensatz zu vorher nicht meinen Blick. Ihre grauen Augen, die ich über alles liebte, hielten den meinen fest. Hätte ich nicht noch einen Funken Verstand, würde ich jetzt impulsiv über sie herfallen und sie mit Küssen überhäufen. Doch wahrscheinlich würde sie mich dann Kaputt schlagen. Ich hielt inne und beobachtete ihre Reaktion und Körperhaltung genauer. Sie rührte sich auch nicht, möglicherweise war sie in eine Art Starre?
Ich beschloss was, etwas was sie auch bei mir tun würde, wenn ich wieder in meiner Blockade gefangen wäre. Meine freie Hand erhob ich und führte sie zu ihrer Stirn, als ich sie dann mit einem Schnippser wieder in die Realität holte.
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Chichi's Sichtweise
Ich zuckte zusammen, als er gegen meine Stirn schnippte und kneifte kurz die Augen zusammen. Zu meinem Erstaunen waren meine normalerweise guten Reflexe jetzt völlig im Eimer, und das nur wegen diesem Schlumpfkopf. So etwas passierte mir normalerweise nicht!
Ein leichter Ärger überkam mich, und ich wollte mich nicht auch noch in die Ecke drängen lassen. Als ich meine Hand hob, um zu schlagen, wurde ich jedoch gehindert, denn er reagierte erneut schneller und hielt sie gegen die Wand fest.
"Was...? Lass meine Hand los, Schlumpfkopf. Sonst verprügel ich dich, windelweich!"
Mit der anderen wollte ich gerade zum Schlag ansetzen, aber auch da hinderte er mich, indem er sie ebenfalls festhielt und seine Beine leicht gegen meine drückte, sodass ich nicht treten konnte. Er dachte strategisch mit! Seine letzten Gehirnzelle, waren also doch noch für etwas gut!
Mir blieb also nur noch eine gehörige Kopfnuss übrig, um ihn ins Nirvana zu schicken, aber auch das ließ er nicht zu, als ich spürte, wie er seine Stirn gegen meine legte und wir so uns extrem nahe waren.
"Von mir aus, schlag mich bewusstlos aber bitte sprich mit mir zuerst!"
Er stockte kurz.
"Wieso ignorierst du meine Anrufe und Nachrichten? Ist es wirklich wegen dem, was am Abend passiert ist? Wenn es meine Schuld ist, dass du so bist, dann lass es mich bitte wissen. Ich wollte dich mit dem Kuss nicht überrumpeln. Ich dachte, weil du ihn erwidert hast, wäre es in Ordnung für dich. Du sollst doch nicht falsch über mich denken. Es ist nur...."
*Oh nein*
Ich würde niemals um etwas bitten, aber gerade jetzt flehte ich förmlich darum, dass diese drei Wörter seinen Mund nicht verließen.
"Chichi....ich li...."
Mit aller Kraft befreite ich eine Hand und hielt ihm dann den Mund zu. Seine Augen weiteten sich, als ich das tat, und blickten mich fragend an. Und nur mit schweren Herzen gelang es mir, dass auszusprechen, was ich sagen wollte, auch wenn alles in mir sich dagegen sträubte und sich nicht richtig anfühlte.
"Ich kann das nicht Hakkai...."
Sagte ich heißer, ja fast schon stumm.
Er riss seine Augen weit auf, sie schienen leicht zu vibrieren. Ich spürte nur seinen schweren Atem gegen meine Hand, der sich so drückend anfühlte, als ob alles in ihm zerbrechen wollte und dagegen hauchte. Ich spürte, wie er sich sacken ließ und sich etwas Schweres in ihm aufbaute. Auch als ich seitlich sah, wie seine Hand auf der Mauer zu einer Faust ballte, als ob er dagegen schlagen wollte, um sie zu zerschlagen.
Seine Augen schlossen sich fest, und als er sie wieder öffnete, erkannte ich den Schmerz, der in ihnen lag. Er entfernte sich von meiner Stirn, nahm meine Hand sanft von seinem Gesicht und hauchte mir unerwartet einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.
"Ich hab's verstanden, dann gehe ich jetzt...."
Als ob er in Einzelteile zerbrach, so zittrig war seine Stimme. Nicht mal sein übliches Lächeln zierte sein Gesicht; stattdessen war es leer und ohne Emotionen. Mein Inneres wollte etwas sagen, aber ich blieb stur und beobachtete nur, wie er fortging, ohne sich einmal umzudrehen. Wieso achtete ich überhaupt darauf? Ich wollte doch gar nicht auf dieses Gefühl eingehen, aber ich fühlte mich so verdammt schlecht. Wie mich dieses Gefühl anpisste, aber so war es besser! Ich war nicht dafür geeignet und konnte damit nicht umgehen. Letztendlich verlor man, wenn man sich zu sehr aneinander bindet und von Gefühlen leiten lässt. Ich bevorzugte es, kalt und emotionslos zu sein, da ich so Schmerzen vermeide. Am Ende stand man sowieso allein da, das war doch immer so, besonders bei mir.
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Hakkai's Sichtweise
"Das tut mir leid Hakkai" Sprach meine Schwester zu mir, während sie sanft über meinen Kopf strich, der auf ihrem Schoß lag.
Ein schwerer Seufzer entglitt meiner Kehle, während mein Blick ausdruckslos zur Decke gerichtet war.
"Das muss dir nicht leid tun. Ich hätte es von Anfang an Wissen müssen, dass ich keine Chance bei ihr habe"
Meine Schwester schwieg daraufhin und strich mit ihren kühlen, jedoch tröstlichen Fingern sanft über meinen Kopf, während sie mir Zeit ließ, um zur Ruhe zu kommen. Ehrlich gesagt hatte ich sowieso wenig Lust, zu reden. Ich wollte einfach ins Bett gehen, um diesem beschissenen Tag zu entfliehen. Dabei war mir bewusst, dass die kommenden Tage ebenso aussehen würden, wenn nicht sogar noch schlimmer. Ich konnte dieses Gefühl nicht einmal richtig einordnen, eine Mischung aus Trauer, Wut und zunehmender Enttäuschung, die in mir wuchs und mich belagert.
"Auch wenn du das jetzt nicht hören willst, aber ich glaube, dass Chichi nicht wirklich weiß, was Gefühle sind, also ich meine diese Art von Gefühlen."
Während Yuzuha sprach, zeichnete sie kleine Kreise auf meiner Stirn.
"Was ich damit sagen will ist, dass ich nicht glaube, dass du ihr völlig egal bist. Eher denke ich, dass diese Gefühle für sie neu sein könnten und sie damit überfordert ist. Sie lebt doch in einem Heim, ist auffällig im Verhalten und sehr ausdruckslos. Vielleicht hat sie früher schlechte Erfahrungen gemacht und kann deshalb mit so etwas nicht umgehen."
Was sollte mir ihre Zusammenfassung über Chichi jetzt sagen? Dass ich warten soll, bis ich alt und grau bin, bis sie endlich weiß, was Liebe bedeutet? Oder am besten, wenn ich bereits unter der Erde liege? Wenn sie überhaupt Liebe für mich empfandt, was ich immer mehr bezweifle.
"Du hast jetzt nicht so Lust drüber zu reden oder?" Fragte mich Yuzuha, leicht lächelnd. Ich schüttelte den Kopf, da ich weder die Kraft noch die Motivation dazu hatte.
Sie nickte daraufhin.
"Ok kann ich nachvollziehen"
Eine kurze Pause legte sie ein, während sie anscheinend, über was nachdachte.
"Weißt du, was mir einfällt? Du, Taiju und ich haben schon lange nichts mehr miteinander unternommen. Hast du Lust, dass wir morgen Nachmittag etwas machen? Das würde dich auch ein wenig ablenken."
Kritisch verengte ich die Augen und zuckte leicht mit den Schultern. Ob ich darauf Lust hätte? Ich weiß ja nicht...
"Ich würde eh ein Nein, nicht akzeptieren! Ich bespreche das morgen früh mit Taiju und dann schauen wir mal, was wir machen ok?"
Belanglos kniff sie mir in die Wange, was mich leicht, genervt zum knurren brachte. Ob es mich tatsächlich ablenkte, ließ sich schwer sagen und war eigentlich auch unwichtig. Selbst wenn der Nachmittag mich vorübergehend auf andere Gedanken brachte, würde zu Hause alles wieder gleich sein und das Gefühlschaos zurückkehren. Aber gut, ablehnen nützte nichts, und vielleicht war es doch eine gute Idee.
Ich würde dennoch gerne Wissen, wie Chichi über alles dachte. Warum war sie so? Und fühlte sie sich genauso gebrochen wie ich?
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