002 | Louis
Louis' P.o.V
Ich schaute den beiden hinterher, als sie das Zimmer verließen.
Harry war also sein Name. Vorsichtig strich ich über meine Schulter. Die Stelle wo das Mal war glühte immer noch. Bei mir würde es allerdings noch was dauern bis auch die Bisspuren verblassten. Meine Heilung war nicht so schnell wie bei den anderen. Obwohl die regenerativen Fähigkeiten von Wölfen bemerkenswert waren, hatte ich nicht so viel davon.
Das Alleinsein in der unbekannten Umgebung machte mir Angst. Ich stand mit zittrigen Beinen auf und zischte als ein Schmerz mein Bein hochzog. Meinen Knöchel hatte ich vollkommen vergessen. Langsam humpelnd schaffte ich es zur Zimmertür und machte diese auf. Vor mir erstreckte sich ein schwach erleuchteter Flur.
Leise ging ich in den Flur hinein und hielt nach etwas Ausschau was nach einem Ausgang aussah. Ein paar Minuten später fand ich eine Treppe und seufze. Zaghaft nahm ich die erste Stufe und jaulte auf. Mein Knöchel fing noch schlimmer an zu pulsieren. Sauer biss ich mir auf die Lippe. Warum war ich immer so schwach?
Ich sackte zusammen und lehnte mich an das Treppengeländer. Ich schloss kurz meine Augen und atmete tief durch. War das jetzt mein Leben? Von einem Alpha entführt und verletzt zurückgelassen? Das ich mich früher oder später an einen Alpha binde war mir bewusst. Nur hatte ich noch nie wirklich darüber nachgedacht. Und jetzt saß ich hier. Mit dem Symbol auf meiner Schulter gekennzeichnet auf einer Treppe in irgendeinem Haus irgendwo im Nirgendwo.
"Mama, guck mal." Ich öffnete meine Augen und erblickte ein kleines Mädchen, welches an der ersten Treppenstufe stand und mit ihren kleinen Händen auf mich zeigte.
Ich versuchte aufzustehen. Alleine gelang es mir jedoch nicht. Auf einmal trat eine Frau zu dem Mädchen und hob sie hoch. "Was hast du gesagt Ella?" Nun blickte auch die Frau zu mir hoch. Sie kam die Treppenstufen hinauf und schaute mich mit einem fragenden Blick an. Ihr Blick viel auf meine Schulter und auf meinen verletzen Knöchel. Geschockt hielt sich die Hand vor den Mund.
"Oh mein Gott", murmelte sie leise und setzte das kleine Mädchen ab. "Ella hol mir doch mal meine rote Tasche." Das Mädchen rannte in Richtung eines Zimmers.
"Sag mir bitte nicht, dass mein Bruder für das hier verantwortlich ist."
"Ich weiß es nicht", antworte ich wahrheitsgemäß und drückte mich näher an das Geländer.
Seufzend band sie sich ihre Haare hoch und hielt mir ihre Hände hin. "Komm, ich versorge erstmal den Biss und deinen Knöchel."
Zögerlich nahm ich ihre Hände und zog mich hoch. Sie schlang einen Arm um meine Hüfte und begleitete mich langsam in das Zimmer, aus dem ich kam.
Ella saß bereits stolz auf dem Bett mit einer Tasche. "Spielen Krankenschwester?", kicherte sie.
"Ja, so ungefähr."
Die Frau signalisierte mir, dass ich mich neben Ella ansetzen sollte. Humpelnd überbrückte ich die letzten Meter und nahm neben dem Mädchen platz.
"Ich bin Gemma und das ist meine Tochter Ella. Ich war bis gerade noch auf Patrouille und hatte nur von dem Beta meines Bruder mitbekommen, dass er was angestellt hat. Und ich schätze du bist derjenige um den es geht." Sie schaute mich mitleidig an.
"I-Ich möchte nach Hause", meine Stimme zitterte leicht. Ich wollte zu meiner Mutter und zu meinen Schwestern. Ich wollte sogar lieber zu Dan als hier zu bleiben.
"Tut mir leid, aber ich darf nicht über den Kopf meines Bruders hinweg Entscheidungen treffen. Das steht mir nicht zu. Er ist der Alpha." Sie griff zur Tasche und holte Desinfektionsmittel und Tücher hervor.
Ich schluckte leicht. "Wie bin ich hierher gekommen? Ich bin bei mir in meinem Bett eingeschlafen und hier aufgewacht."
Sie stoppte mit der Versorgung der Wunde und blickte mir in die Augen. "Ich weiß es nicht. Allerdings trifft mein Bruder gerne triebgesteuerte Entscheidungen. Manchmal hat er sich einfach nicht im Griff." Und das sollte mir als Erklärung genügen?
"Arry hat ihn getragen", gluckste die Kleine und machte es mit ihrem Kuscheltier nach. "Mama und Papa nicht da."
Gemma schüttelte den Kopf und seufze, erwiderte darauf jedoch nichts und schmierte mir noch eine Salbe auf meine Schulter.
"Das Symbol glüht ja noch. Das heißt du bist noch gar nicht so lange hier und Harry hat dich alleingelassen?" Man merkte das sie langsam sauer wurde und knurrte. "Geht eine Bindung ein und lässt dich hier verletzt zurück. Ich fasse es nicht."
Ich nickte kaum merklich. Ich war mit der momentanen Situation total überfordert und Tränen bildeten sich und kullerten über meine Wange.
Ella lehnte sich an meine Seite. "Nicht weinen." Ihre Unterlippe bebte und ihre Augen wurden glasig.
Gemma hockte sich hin und strich mir meine Haare aus der Stirn und hob meinen Kopf leicht an. Ein leichtes Lächeln zierten ihre Lippen. "Genau, du brauchst nicht weinen. Es wird alles wieder gut. Ich werde mit Harry sprechen und wir finden eine Lösung. Du bist nicht der Erste, welcher hier plötzlich auftaucht. Wir werden eine Lösung finden. Gemeinsam."
Sie widmete sich meinem Knöchel und verband ihn dann mit einem Stützverband und richtete sich wieder auf. "Ella hol doch bitte mal Oma und Opa. Es ist zwar schon sehr spät, aber sie sollten herkommen." Die Kleine sprang euphorisch vom Bett und rannte hinaus. Gemma nahm ihren Platz neben mir ein.
"Ich bleibe erstmal bei dir."
Sie wollte gerade noch etwas sagen, als die Tür aufgerissen wurde. Ein älter Mann gefolgt von einer älteren Frau betraten das Schlafzimmer.
Der ältere Mann war ein Alpha, seine Aura strahlte eine enorme Stärke aus. Unruhig rutschte ich auf dem Bett hin und her und machte mich klein. Er schüchterte mich ein. Ich war auch schließlich der schwächste im Raum.
"Ich bin Robin und das ist meine Frau Anne. Wir gehören zu den Stammesältesten." Er blickte nun zu Gemma und erwartete anscheinend eine Erklärung.
"Harry hat ihn gekennzeichnet und allein gelassen. Er saß weinend und verletzt auf der Treppe."
Die Älteste, deren Name anscheinen Anne war, schnappte nach Luft und wurde sauer. "So hab ich meinen Sohn nicht erzogen. Wo steckt dieser Rüpel?"
"Jane gebärt gerade. Vermutlich ist er noch dort. Hätte ich das hier gewusst -er fuchtelte im Raum herum- hätte ich Liam nicht aufgetragen harry zu holen. Lös ihn doch bitte ab Gemma und sag er soll hierher kommen."
Gemma nickte leicht und drückte zum Abschied meine Hand. "Mach dir keine Sorgen." Sie erhob sich und lief los.
Robin nahm auf den Sessel platz und seufzte. "Er hat so lange gesucht und nun behandelt er seinen Gefährten so. Ich bin enttäuscht."
Anne strich ihm beruhigend über die Schulter. "Es wird sich alles klären." Sie schaute zu mir hinüber und kam auf mich zu. Sie zog einen Stuhl mit sich und setzte sich mit etwas Abstand vor mir hin. "Woher kommst du den mein Junge?"
Ich schluckte und atmete durch. "I-Ich wohne mit meiner Familie im Grenzgebiet. In einem alten Bauernhaus. In der Nähe vom See." Ich spielte mit meinen Händen und schaute eingeschüchtert auf. "Wir gehörten zum Rudel von Mason, aber wir sind ausgetreten. Den Grund kenne ich nicht." Meine Stimme brach ab und Tränen bildeten sich wieder. Ich war viel zu nah am Wasser gebaut und die Situation überforderte mich maßlos.
"Es wird alles gut mein Junge." Anne legte ihre Hand auf mein Knie und strich vorsichtig drüber. "Du brauchst keine Tränen zu vergiessen. Masons Rudel sagst du?" Sie begann nachzudenken und wendete sich an Robin.
"Männliche Omegas sind selten. Vermutlich wollten seine Eltern ihn einfach nur schützen. Ich bin in meinem Leben auch erst einem begegnet. Und ich bin schon lange hier auf der Erde."
Ich sollte etwas Besonderes sein? Warum haben meine Eltern nie darüber geredet?
Erneut öffnete sich die Tür, ich brauchte nicht hinzusehen um zu wissen wer dort stand. Durch seine pure Anwesenheit begann mein Herz schneller zu schlagen. Ich war machtlos ausgeliefert. Mein Körper gehorchte mir nicht sondern unterlag dem Bund.
Dem Bund der ewigen Liebe.
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1313 Wörter 01/05/2020
Dieses Kapitel widme ich Bromances123
Danke für deine lieben Worte : ) xx
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