Der Krallen Ziel
„Aber ich hab da-" „Das ist mir egal was du da hast, du bekommst von mir Geld, also wird das auch erledigt." Mit diesen Worten hebt die Lady ein Blatt Papier hoch und liest es demonstrativ, um diese Diskussion beenden zu können. Vanja will doch nur ihren Geburtstag feiern können, muss aber wohl darauf verzichten. Der Monat ist lang und genau dieser eine Tag, der wird ihr genommen. Aber gut, ist ja nicht das erste Mal, dass sie an ihrem Geburtstag lange arbeiten müsste. „Und wenn du schon dabei bist, kannst du Alucard sicherlich zeigen was du mit Ghulen anstellen kannst", fügt sie noch hinzu, wobei die Sommersprossenträgerin die Lippen zusammenpresst, aber dennoch nickt. „Das wars, danke. Du kannst gehen. Du kannst Alucard für morgen bescheid geben, dann muss ich das nicht tun. Das Arschloch hat wieder zu viel in die Luft gejagt." Ach deswegen ist sie so schlecht gelaunt, er hat schon wieder Mist gebaut. „Ich denke dass er noch schlafen wird, Lady Integra. Ihn aufzuwecken wird nichts bringen", erwidert sie vorsichtig und bekommt die eiskalten, blauen Augen ab, die ihr einen kalten Schauer hinunterlaufen lassen. „I-Ich wollte es nur gesagt haben! Aber ich gehe schon in den Keller!" Mit einem falschen, breiten Grinsen geht sie aus dem Büro und schließt hinter sich die Tür, atmet tief durch und das Grinsen verschwindet. Die Frau ist anstrengend, wenn sie sauer ist. Ein letzter Blick zu dem nun wieder geschlossenen Büro, bevor sie auf ihr Handy sieht. Sie wird die anderen wohl wirklich vertrösten müssen, besonders weil es in der Nacht laufen soll und sie eigentlich genau am Abend feiern wollte.
Es sind einige Monate vergangen, seitdem sie die anderen das letzte Mal gesehen hatte und wenn sonst niemand anderes den eigenen Geburtstag groß feiert, wird sie es tun um sie zusammenzutrommeln. Kati und Maxim haben sich von ihren Drachen lossagen können und fliegen allein nach London, Malvina bringt, wie beim letzten Mal, Dennis, Inara und Noyan. Sie muss nur schauen wie das mit Bhan läuft, aber der wird einfach mitfliegen und nur Solideo fehlt erneut, wobei sie ihn öfters einmal besuchen wenn es die Zeit zulässt. Dann können sie gleich bei Iskariot ein wenig bleiben, dort ein paar Dinge lernen und die Bibliothek unsicher machen und selbst Bhan wurde bei den Kindern im Waisenhaus nun angenommen. Oder zumindest akzeptiert man ihn. Vorsichtig geht Vanja die Treppen runter, die Lichter sind nicht an sobald Alucard schläft und angeblich soll es für ihn eh die Zeit sein um aufzuwachen, da ist sie mal gespannt. In den letzten Wochen ist seine Arbeitszeit so unterschiedlich, dass sie nichts planen konnten und das findet die junge Frau ein wenig schade. Aber was soll man machen? Immerhin ist das, streng genommen, sein einziger Lebensinhalt. Oder sollte es das sein. Mit dem Lichtkegel der Handytaschenlampe, Alucard hat immer noch kein Deckenlicht installiert und will es auch nicht, leuchtet sie herum und sucht nach dem Sarg. Den hat er nicht immer in der einen Ecke stehen, sondern schiebt ihn sich von links nach rechts, so wie es ihm beliebt! Und dank ihr hat er ein bisschen mehr hier unten, als seinen Sarg, ein kleines Bücherregal und seinen Thron. Ein Fernseher mit gemütlicher Couch davor, mehr Bücherregale, ein wirklich ansehnliches Weinregal und ein Bett, sollte Vanja bei ihm übernachten wollen. Ah, da hinten ist er. Das Handy legt sie mit dem Display nach unten auf den Boden und schiebt sich die Ärmel hoch, bevor sie den immer noch sehr schweren Sargdeckel öffnet und den Umriss des schlafenden Urvampirs erkennt.
Ihr Blick wird sanft, der Kerl hat ihr so einiges beigebracht und sie könnte ihm nicht dankbarer sein. Unter anderem den Fakt, dass der schlechte Sex definitiv nicht daran lag weil sie pummelig ist. Sie wusste nicht, dass man seine Unsicherheiten bei ihm so schnell verlieren kann, er liebt ja alles an ihr und das wiederum liebt sie an ihm. Er akzeptiert sie wie sie ist und fängt nicht ansatzweise an sie zu ändern. Vorsichtig setzt sie sich an den Sargrand und legt Alucard eine Hand auf die Brust, bis sie etwas bemerkt und ihre Mundwinkel hochgehen. „Du bist ja schon wach...", flüstert sie leise und sieht, wie sich die roten Augen ein wenig öffnen, auch bei ihm ist ein Schmunzeln zu sehen. „Ich wollte aufstehen als du oben aufgemacht hast und ich hatte keine Lust auf die Lady. Aber als ich dich gespürt habe, dachte ich mir dass ich mal dabei sein will wenn du mich aufweckst. Geistig." Er setzt sich auf und schnaubt leise. „Bin ich so auffällig, wenn ich wach bin?" Vanja lehnt sich nach vorn und gibt ihm einen schnellen Kuss, bevor sie sich wieder aufrichtet. „Du reagierst anders, wenn du schläfst und ich bin da." Berührt sie ihn und er schläft, zuckt er immer, das tut er nie wenn er wach ist. „Aber ich hab eine Nachricht von der Lady, deswegen störe ich deine Ruhe. Morgen Abend sollst du mich zu einem Ghulnest bringen, damit du live miterleben kannst wie die Ghule auf mich reagieren." Eine seiner Augenbrauen gehen hoch. „Morgen hast du Geburtstag, wir hatten morgen Nachmittag was geplant und am Abend kommen die anderen und bleiben für eine Woche!" Vanja zuckt unsicher lächelnd mit den Schultern. „Sie ist immer noch sauer wegen dem was du hochgejagt hast und unterbricht mich ständig."
Der Urvampir mustert sie für ein paar Augenblicke nachdenklich, bevor seine Mundwinkel hochgehen. „Ich hätte eine Idee. Offiziell können wir es ja so laufen lassen, inoffiziell werden wir heute Abend irgendwo Ghule aufspüren, du zeigst mir was du meinst und morgen Abend, wenn die anderen dann ankommen und du deinen Geburtstag feierst, mache ich mich an die Arbeit." Im nächsten Moment hat er ihre Arme um sich liegen, wobei er so frech ist und sie komplett auf sich zieht. „Ich bin mir sicher dass du an jedem anderen Tag gerne arbeiten würdest, aber nicht morgen. Entspann dich, lass dich überraschen was morgen Nachmittag angeht und freu dich auf morgen Abend." Sie drückt ihn noch einmal an sich und lehnt sich breit grinsend nach hinten. „Du bist der beste, Alu!" Leise lachend gibt er ihr einen Kuss auf die Stirn, er hat schnell herausgefunden dass sie das überraschend gern hat. „Für dich tue ich alles, Sonnenschein." Damit hebt er sie hoch und steht selbst auf, bevor er aus dem Sarg steigt und sie daneben hinstellt. „Aber um morgen frei zu haben, müssen wir heute Arbeiten. Lass mich Baskerville losschicken um uns Ghule in der Nähe zu finden und dann geht's los. Wo hast du eigentlich Bhan gelassen?" Vanja räuspert sich ein wenig und gestikuliert mit den Händen herum. „Also... er und Malvina haben... irgendein Jubiläum wegen ihrer Beziehung? Und du weißt wie die beiden sind, wenn sie zusammen sind. Zwar tut mir Dennis leid weil er keine direkte Ablenkung hat und Bhan zu Malvina geflogen ist, aber... was soll man sagen? Er war dran mit dem Fliegen." Der Urvampir schnaubt leise, das hat er komplett vergessen. Jetzt wo sie es sagt, kommt ihm in die Erinnerung getröpfelt, dass Bhan da etwas erwähnt hatte. „Kann sein dass ich es vergessen hab", brummt er leise und Vanja nickt. „Ich hoffe wenigstens nicht heute Abend. Also... in ein paar Stunden."
Die roten Augen gehen zu der Sommersprossenträgerin, dann auf die Seite und wieder zu ihr. Ihr Blick wird vorwurfsvoll und sie zieht diese kleine Schnute die er abgrundtief hasst, weil er sich dann immer so extrem schlecht fühlt. „Du hast es vergessen. Das Treffen mit meiner Familie? Meine Mutter freut sich schon die ganze Zeit drauf, sie mag dich voll." Oh verdammt, da war ja auch noch was! Alucard leckt sich über die Lippen und nickt. „Also gut, kleine Planänderung. Wir haben noch ein wenig Zeit in der die Lady glaubt ich müsste aufwachen. Wir sollten los um die Ghule zu finden und dann-" „So sehr ich es hasse jemanden zu unterbrechen und es tut mir wirklich leid, Alucard... es ist halb fünf. Es ist noch nicht dunkel, es ist erst nachmittags." Jetzt sind sicherlich noch keine Ghule unterwegs. „Und wann müssen wir noch einmal bei deinen Eltern sein?" Die junge Frau seufzt. „In einer Stunde zum gemeinsamen Abendessen. Und bitte... BITTE lass meine Tante in Ruhe, ja? Letztes Mal standest du SO kurz davor ihr was anzutun!" Der Schwarzhaarige mustert sie und verschränkt die Arme. „Sie meinte dass du nicht einen Pence als Stripper machen könntest so wie du aussiehst, nachdem dein Onkel gemeint hat du bist einer, weil du so viel Freizeit und gleichzeitig so viel Geld hast UND du hast einen Sugardaddy wegen dem Haus." Zwar spürt sie die Hitze auf ihren Wangen, lehnt sich aber leicht an Alucard ran. „Nun ja... das mit dem Sugardaddy..." Der Urvampir sieht entgeistert zu ihr runter. „Sag das nie wieder. Ich bin dein Partner, nicht dein Sugardaddy. Die haben weniger Rechte als ich. Ich verwöhne nur gern", erwidert er und fängt an zu schmunzeln, als sie seine Hand nimmt und sie drückt. Sie ist immer noch ziemlich unschuldig und naiv, aber es hat sich ein wenig gebessert. Auch wenn sie immer noch lachend in die Gefahr reinläuft, sie weiß jetzt zumindest dass sie da ist.
„Meinst du ich hab die Chance dich in dem Kleid zu sehen dass wir letztens gekauft haben?" Vanja nickt leicht. „Das war sogar geplant, aber wenn du es vergessen hast, dann hast du auch vergessen es der Lady zu sagen, stimmts?" Darauf erwidert Alucard nichts, sie weiß ganz genau wie recht sie mit der Annahme hat. Doch nach kurzem Überlegen winkt er ab. „Neuer Plan, ich bin gleich wieder da." Damit verschwindet er und taucht bei der Lady auf. „Bin zwar wach, aber nicht anwesend. Hab ein Familientreffen in einer Stunde, in Ernstfällen am besten eine SMS, wunderschönen restlichen Tag!" Integra schafft es nicht einmal eine Beleidigung rauszubringen, da ist der Schwarzhaarige schon wieder weg. „Familien...treff? Die sind doch alle - Oder?" Hat Alucard noch lebende Familie? Ihr Blick geht zum Kalender, es wäre nichts besonderes eingetragen! Nur hat Vanja morgen Geburtstag und – Vanja hat morgen Geburtstag? Integra legt sich eine Hand an die Schläfe, kein Wunder dass sie morgen den Auftrag nicht entgegennehmen wollte. Ohne zu zögern holt sie ihr Handy raus und wählt ihre Nummer, sie dürfte nämlich mit Bhan eigentlich schon auf dem Weg zurück sein. Überrascht zieht sie die Augenbrauen hoch, als genau diese mit Alucard aus dem Schatten auftaucht und die Lippen aufeinander presst, abwartend was man nun zu sagen hat. Denn vorher war sie auch sehr unzugänglich.
„Den Auftrag morgen kannst du vergessen, wir verschieben das einfach, so wichtig ist das-" „HARPYIE!", brüllt Alucard im nächsten Moment und sprintet nach vorn. Fensterglas splittert, während Alucard die Krallen abbekommt die für Integra bestimmt gewesen wären. Die Wunden schließen sich abrupt wieder, wobei die Pistolen sofort gezogen und abgefeuert werden. Die Harpyie weicht den Kugeln problemlos aus und steuert direkt auf Alucard zu, wird aber auf die Seite gerissen und findet sich kreischend zwischen den Kiefern Baskervilles wieder. Lange kann der sie leider auch nicht halten, bevor sie sich freikämpft und abhebt. „Meister! Was ist-" „Kümmere dich um die Lady und Vanja, bring sie an einen sicheren Ort!" Er wird nicht zulassen dass diesen dreien etwas passiert, das sind die wichtigsten Personen in seinem Leben und er würde es sich nicht verziehen können, wenn ihnen auch nur ein Haar gekrümmt wird. Ein Jaulen hallt durch den Raum, Baskerville wird im nächsten Moment gegen die Wand gerammt und die Krallen der Harpyie pressen sich immer weiter in den nur teils nebligen Körper. „Alucard, kommst du damit klar?" Integra will wissen welche Versiegelung sie brechen müsste, das Ding scheint ja nicht allzu gemütlich zu sein was den Kampf angeht. „Habt Ihr denn gar kein Vertrauen in mich, Lady Integra?", erwidert er mit einem amüsierten Grinsen und behält die Harpyie weiterhin im Blick, während Baskerville in seine Nebelgestalt übergeht und zwischen den Krallen der Harpyie hindurch auf den Boden fällt. Dort kann er sich noch abfangen, wobei die Harpyie ein frustriertes Kreischen hören lässt und ein wenig nach oben fliegt, die Situation so besser überblicken kann.
Vanja presst erst die Kiefer aufeinander, bevor sie ihre Hand hebt. „Hey! Was auch immer es ist, wir können es sicherlich klären, oder nicht?" Seras starrt sie perplex an, öffnet die Tür des Büros und zieht Vanja hinter sich nach draußen während die Lady voran läuft, wobei das offensichtlich nicht gern gesehen wird. Alucard spürt die Krallen in seinem Gesicht und an seiner Schulter, als er sich zwischen die Harpyie und die Tür bringt, sodass Seras die beiden in einen sicheren Raum führen kann. Mit was er nicht gerechnet hatte, ist die plötzliche Schnelligkeit mit der die zweite Harpyie durch das offene Fenster und über ihn hinweg schießt. Holz splittert, als sie durch die Bürotür kracht und sich nicht einmal erholen muss, um die Verfolgung der anderen drei aufzunehmen. Alucard kann sich von der einen nicht losreißen und verschwindet im Schatten, nutzt diesen Vorteil um hinter den fliehenden Frauen aufzutauchen und der überraschten Harpyie zwei Treffer zu verpassen. Kreischend, durch die abrupt aufgetretenen Schmerzen, trudelt diese in der Luft und knallt unsanft auf dem Boden auf. Doch bevor Alucard sie beenden könnte, hört er schon das frustrierte Kreischen der zweiten Harpyie, die er eigentlich zurückgelassen hatte. Wie ein Geschoss kommt sie auf ihn zu und zwar kann er noch einmal den Abzug drücken, doch die am Boden liegende Harpyie schafft es zumindest sich herumzurollen, bevor die erste schon wieder angreift.
„GENUG!"
Die angreifende Harpyie kracht gegen einen leicht durchsichtigen Schutzschild direkt vor Alucard, der die roten Augen weit aufgerissen hat und nachdenken muss, wer in der Lage ist so einen mächtigen Schutzschild zu kreieren. Sein Blick geht zur Seite, bevor er sich schon fast entspannen kann. „Ihr habt hier nichts in der Welt der Lebenden zu suchen", zischt Hades und öffnet ein Portal. Verzweifelt versuchen die Harpyien sich dagegen zu wehren, doch der sie einziehende Sog ist zu stark und sie kehren in den Tartaros zurück. Erleichtert seufzend lässt Hades die Schultern sinken und sieht zu Alucard. „Die beiden haben mir noch gefehlt. Es wird schlimmer, die Löcher in meinem Reich werden häufiger und immer mehr wissen davon bescheid. Es wird gefährlich für diese Welt, wenn es-" „HADES!" Der Herr der Unterwelt wird von einem Ruck von hinten unterbrochen, gerade noch so kann er mit den Armen rudern um nicht nach vorn zu kippen und er dreht sich um. „Wer wagt es – Oh, hallo Vanja!" Er fängt leicht an zu schmunzeln und legt ihr eine Hand auf den Kopf. „Du bist blasser als sonst, geht's dir gut?" Die junge Frau lässt ihn wieder los und lächelt. „Ach was... wir leben ja noch!" Ein Räuspern lässt die beiden zur Seite sehen, während Vanja breit grinst. „Lady Integra? Seras? Das ist Hades! Herr der Unterwelt von den Griechen. Super netter Kerl! Hades? Das sind Lady Integra und Seras, von denen hab ich dir beim letzten Kaffee erzählt!" Denn er hat sein Versprechen eingehalten und war wirklich zu Besuch da, wenn auch nur für ungefähr eine Stunde, dann musste er wieder zurück weil es ein Problem gab. Hades neigt den Kopf als Begrüßung und sieht dann aber wieder zu Vanja. „Hast du noch Charons Umhang?" Schon fast empört legt sie sich eine Hand auf die Brust. „Natürlich! Das ist ein wertvolles Geschenk!" Nickend nimmt er seine Hand von ihrem Kopf und schnaubt. „Du wirst ihn brauchen, irgendeine Energie scheint Löcher in mein Reich zu reißen und zwar zumeist in deine Welt."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro