Kapitel 14
NIALL
„Nein". Trotzig lehnte ich mich zurück und verschränkte die Arme. „Niemals. Macht euren Scheiß selbst".
Genervt stöhnte Zayn auf und sah aus, als ob er am liebsten den Tisch zu Kleinholz verarbeitet hätte. „Es ist doch nur ein kleiner Brief, damit sie an der Handschrift erkennen, dass du wirklich hier bist. Außerdem wirkt es ernster als ein Computerausdruck".
Fast hätte ich gelacht. Da saß ich hier, entführt, irgendwo im Nirgendwo und sträubte mich dagegen, einen lächerlichen Drohbrief an meinen Vater zu verfassen. Unter anderen Umständen hätte ich es nach einer Weile vermutlich doch gemacht (angesichts der Tatsache, vielleicht ermordet zu werden), aber da Zayn Malik eher darauf aus war, mich über meine Person auszuquetschen, kam er mir nicht besonders bedrohlich vor. Ich hatte noch nie einen so seltsamen Schwerverbrecher getroffen, vor allem nicht DIESEN Schwerverbrecher – der gefürchtetste, der gerissenste, blablaba – der angeblich aber noch nie jemanden getötet hatte. Ob ich es ihm glaubte? Tja, irgendwie ja schon. Sonst hätte er schon lange das Messer gepackt, das wie ein normales Stück Dekoration auf dem Tisch lag, und hätte meine Hand am Holz festgenagelt oder mich zu Papierschnipsel verarbeitet. Aber irgendwie hatte ich das komische Gefühl, dass ich ihn schon ewig kannte und wir uns jetzt wie zwei Kumpel wegen irgendetwas stritten, während ich eigentlich ja Angst vor ihm haben sollte. Tja, größter Pustekuchen ever.
In diesem Moment flog die Tür auf und ein bulliger, dunkelhaariger Typ platzte herein. „Boss, sie haben einige von uns verfolgt und wissen nun, dass unser Quartier irgendwo hier in der Gegend sein muss, was ...". Sein gehetzter Blick fiel auf mich und er verstummte. „Boss? Ist das nicht der kleine Horan?".
Zayn stand auf und stellte sich zu meiner Überraschung beinahe beschützend vor mich – zumindest wirkte es auf mich so. Vielleicht wollte er auch sein Lieblingsopfer verteidigen? Keine Ahnung. „Ganz recht, Adam. Und ihr werdet die Finger von ihm lassen, kapiert?", knurrte er so tief in seiner Kehle, dass der Typ namens Adam zusammenzuckte und ein paar Schritte zurückwich. „Darf ich kurz ein Wort mit dir sprechen, Boss?".
Zayn warf mir einen kurzen Blick zu und nickte dann seufzend. „Von mir aus".
Kaum waren sie aus der Tür, hechtete ich auf den Luftschacht zu, den ich schon die ganze Zeit über heimlich im Visier gehabt hatte. Von unten sah es schon mal gut aus: Ein normales Fenster mit normalen Fenstergriffen und normaler Glasscheibe. Eilig riss ich es auf und streckte meinen Kopf ins Innere des Schachtes. Sofort hob sich meine Laune. Ungefähr zweieinhalb Meter – das wäre machbar, wenn ich einen Hocker oder Sonstiges darunterstellte. Das Gitter ganz oben sah ganz so aus, als ob man es einfach von seinem Platz heben und hinausklettern konnte.
Als urplötzlich die Tür wieder aufflog klappte ich entsetzt die Fensterflügel wieder zu und war schon überzeugt davon, dass er nun herumbrüllte und veranlasste, einen Panzer über das Gitter zu stellen, doch zu meinem Glück kam er rückwärts zur Tür rein, während er mit jemandem sprach. Wie der Blitz drückte ich mich mit pochendem Herzen auf meinen Platz zurück und hoffte, dass ich einen nicht allzu verdächtigen Eindruck machte. Keine Sekunde zu früh, denn nun fauchte Zayn seinen Gegenüber ein letztes mal gereizt an und schlug nachdrücklich die Tür zu. „So ein Arschloch". Er drehte sich zu mir um, einen komischen Ausdruck im Gesicht. „Vor denen wirst du dich in acht nehmen müssen".
„Warum zum Teufel bin ich dir so wichtig?".
Ausweichend zuckte er die Schultern. „Ist halt so". Schweigen. Dann: „Und jetzt schreib doch endlich diesen blöden Brief!".
„Vergiss es".
Unvermittelt sprang er auf und beugte sich weit über den Tisch, bis seine Nase nur noch Zentimeter von meinem Gesicht entfernt war. „Ich versuche nur, freundlich zu sein", flüsterte er. Sein warmer Atem strich sanft über meine Wange und ließ mich unwillkürlich erschauern. „Da könntest du dich ruhig mal ein wenig kooperativer geben".
„Wer hat hier wen gekidnappt?", gab ich zurück, wenn auch etwas atemlos. Seine Nähe machte mich unweigerlich nervös – plötzlich verspürte ich das Bedürfnis, ihn an der Wange zu berühren, sein perfekt gestyltes, dunkles Haar zu verwuscheln ... NIALL! WTF!
Er stützte sich gelassen auf die Ellbogen und dachte gar nicht daran, sich zurückzuziehen, stattdessen kam er mir noch näher, falls das überhaupt möglich war. „Weißt du, Niall ...". Täuschte ich mich, oder klang das leicht verführerisch? „Eigentlich wollte ich mir ja den nächstbesten Horan-Sohn schnappen, wäre ja egal gewesen welcher. Aber dann ... sah ich dich". Er legte eine kunstvolle Pause ein.
Okay, das war echt seltsam. Meine Hände, die ich unter dem Tisch vor Nervosität ineinander verknotete, zitterten in einem unerwarteten Adrenalinschub. „W-was?". Mein Blick flog zwischen seinen braunen Augen, die mich unverwandt fixierten, hin und her, während mein Herz Tango zu tanzen schien. Und im nächsten Moment fühlte ich etwas Warmes, Weiches auf meinen Lippen. Ich brauchte eine Weile, bis ich kapierte, dass es seine Lippen waren. Holy Shit, er küsste mich! Zayn. Malik. Küsste. Mich. Und ... es fühlte sich ... wunderbar an; Wärme durchfuhr jede Zelle meines Körpers. Seine Lippen waren unglaublich sanft, weich und noch etwas zögerlich, doch als ich den Kuss nach zwei Sekunden wie automatisch erwiderte, schien er mutiger und fordernder zu werden. Mit einem Satz war er über den Tisch geklettert, sodass er nun direkt vor mir stand, mich zu ihm hochzog und mich ein zweites mal für einen Kuss beanspruchte. Wie von alleine fanden meine Arme ihren Weg um seinen Nacken, um ihn noch näher zu mir herunterzuziehen, während er seine eigenen um meine Hüfte schlang, bis zwischen uns gerade noch ein Blatt Papier Platz gehabt hätte. Ich spürte, wie sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen, als ob er schon sein ganzes Leben lang auf diesen Augenblick gehofft hätte. Am liebsten hätte ich ihn nie wieder losgelassen. Richtig kennengelernt hatte ich ihn immerhin erst heute – und schon knutschten wir herum; wo er gerade noch der Kriminelle gewesen war, den ich unbedingt dingfest machen wollte ... MOMENT.
Er war noch immer ein Krimineller!
Obwohl mein Herz frustriert aufschrie, riss ich mich urplötzlich geschockt von ihm los und stolperte rückwärts, wobei ich mich mit einem Fuß im Stuhl verhedderte und samt dem Möbelstück unsanft am Boden landete. Zayn (seht ihr? Ich nenne ihn sogar schon die ganze Zeit beim Vornamen) entfuhr ein entsetztes Keuchen und streckte beide Arme nach mir aus, zögerte jedoch im letzten Moment und zog sie langsam wieder zurück, woraufhin sein Gesicht so tiefrot anlief, dass man es sogar bei seiner dunkleren Haut erkennen konnte. „Niall, es-es tut mir leid, ich ...", stotterte er, während ich mich am Tisch hochzog und es nicht wagte, ihn anzusehen. Ich wusste, wie tief ich ihn mit meinem Rückzug verletzt hatte. Aber ich wusste auch, dass ich nichts mit meinem größten Feind anfangen durfte, und wenn ich ihn noch so sympathisch und absolut heiß fand. Was für ein Sinneswandel! Vor zwei Tagen hätte ich ihn am liebsten noch erschossen ...
Eine ungeschickte Stille entstand. Zayn suchte verzweifelt nach Worten, obwohl ich wusste, dass er keine finden würde – er trug keine Schuld. Ich hätte es mir überlegen sollen, bevor ich so voller Leidenschaft zurückgeküsst hatte. „Zayn ...", setzte ich schließlich an; das Schuldbewusstsein fraß sich regelrecht in meine Seele. Doch er schüttelte nur den Kopf, drehte sich mit einem Ruck herum und stürmte zur Tür hinaus, die er dann mit einem lauten Knall zukrachen ließ und den Schlüssel herumdrehte. Sofort hing ich an der Klinke und rüttelte daran wie ein Irrer. „Zayn! Mach auf! Lass uns reden!".
„Du bist immerhin noch unsere Geisel", kam es erstickt zurück.
„Ach ja? Das hat gerade eben noch irgendwie anders ausgesehen!". Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass er kurz vorm Weinen war, oder es vielleicht sogar schon tat, aber ich konnte meine verdammte vorlaute Zunge einfach nicht zügeln. „Jetzt mach diese scheiß Tür auf!". Wieso kam ich mir nur gerade vor wie in einem kitschigen Märchendrama? Scheißegal! Ich hämmerte mit beiden Händen an das dunkle Holz; die dumpfen Schläge schienen mir durch Mark und Bein zu gehen. „Zayn!". Er antwortete nicht mehr. Ich hätte mich ohrfeigen könnten. Dafür, dass ich ihm nicht widerstehen konnte. Dafür, dass ich ihm Hoffnungen gemacht hatte. Und dafür, dass ich mich höchstwahrscheinlich in meinen Erzfeind verliebt hatte.
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SORRY für das späte Update! :( Und ein DANKE an MrsMxsic , die mich glücklicherweise daran erinnert hat, da ich es ansonsten ... äh ... *räusper* glatt vergessen hätte :D (UND IHRE NIAM-FF IST EINFACH TOLL! Nur so nebenbei haha xD)
Und tadaaaaaa! Erster Ziall-Kuss ... war sehr früh, ich weiß ... ich wollte die Story eigentlich überhaupt nicht hochladen, deshalb ist sie an manchen Stellen etwas misslungen xD
Lasst mir doch ein kleines Vote und einen Kommi da, davon lebe ich schon fast xD
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