Kapitel 13
HARRY
„Sie gehen nicht ran!". Seit einer halben Stunde hämmerte Mr Horan auf dem Telefon herum, hielt es sich zwischendurch wieder ans Ohr, nur um anschließend lauthals zu fluchen. Unruhig tigerte er im Telefonraum herum und hielt somit alle von ihrer Arbeit ab. Niall glaubte immer, sein Vater interessiere sich immer ausschließlich für die Mission und den Erfolg (und ehrlich gesagt konnte ich ihm das nicht mal verübeln, immerhin benahm sich sein Dad die meiste Zeit auch so), aber gerade im Augenblick sah es genau nach dem Gegenteil aus: Er hatte seine Arbeit stehen und liegengelassen, um sich ans Telefon zu hängen, falls sich einer seiner Söhne oder Liam melden sollten. Fehlanzeige. Ich hatte ein nagendes, komisches Gefühl bei der Sache ... irgendwas war da faul. Mr Horan dachte offenbar dasselbe, denn er griff nach seinen Autoschlüsseln, die er zuvor in die Ecke gedonnert hatte und wollte gerade mit den Worten „Ich seh mal nach" zur Tür raus, da läutete Eds Telefon, der gleich darauf rief: „Chef, der Polizeipräsident!".
Mr Horan warf verzweifelt die Arme in die Luft. „Wieso kann das nicht einmal jemand anders machen?". Wie ein stinkwütender Blitz rauschte er an mir vorbei und riss Ed, der sich schnell aus der Schusslinie manövrierte, so hastig das Telefon aus der Hand, dass er beinahe die gesamte Station am Kabel vom Tisch gezogen hätte. Bevor er sich meldete hielt er mit einer Hand die Muschel zu (auch wenn's sowieso schon egal war, dieses Chaos konnte dem Präsidenten nicht entgangen sein) und trug mir auf: „Harry, fahr doch bitte hin und sieh nach, ob alles in Ordnung ist". Ich nickte schlicht und drückte mich erleichtert, dem Durcheinander hier entkommen zu können, durch die Tür. Ein paar Besucher des Kaufhauses, die sahen, wie ich aus der Notausgangtür kam, warfen mir neugierige Blicke zu, stellten aber zum Glück keine lästigen Fragen, sodass ich ohne Zeitverschwendung zu meinem Moped gelangen und losfahren konnte.
Als ich dort angekommen den Motor abstellte, verstärkte sich das ungute Gefühl, obwohl ich nirgendwo Anzeichen für einen Überfall entdecken oder gar Schüsse und Schreie hören konnte. Womöglich hatten sie nur ihre Handys auf stumm, der Akku des Telefons war leer oder Sonstiges. Trotzdem ging ich schnellen Schrittes zur Haustür hinauf und drückte lange auf die Klingel, die so laut durch die Räumlichkeiten schrillte, dass es vielleicht auch noch die Nachbarn vernehmen konnten. Ich wartete eine Weile, doch es machte niemand auf. Stirnrunzelnd klingelte ich ein zweites Mal, doch als sich auch da keinerlei Lebenszeichen zeigten, fischte ich die Nadel, die ich für solche Fälle immer mit mir herumtrug, aus der Hosentasche und stocherte damit im Schloss herum, bis es leise KLACK machte und die Tür aufsprang. Zum Glück hatten Niall und ich das genau an dieser Tür oft genug geübt, sodass sie nun kein Hindernis für mich darstellte und ich hoffentlich von den Nachbarn unbemerkt ins Haus gelangen konnte. Bevor mir in den Sinn kommen konnte, dass ja gegebenenfalls noch Einbrecher anwesend waren, hatte ich schon Nialls Namen durch die Wohnung gebrüllt. Am liebsten hätte ich mir die Zunge abgebissen und hechtete instinktiv auf die Kellertreppe zu, um dort Schutz zu suchen, doch nichts rührte sich. Entschlossen kaute ich auf der Unterlippe herum. Okay. Gerade wollte ich ganz der mutige Bulle mit erhobener Waffe durchs ganze Haus stürmen, da ertönte hinter mir ein lautes Klappern. Entsetzt fuhr ich herum und wedelte automatisch mit der Pistole herum, da bemerkte ich, dass die normalerweise immer geschlossenen Kellertür sperrangelweit offenstand. Misstrauisch tastete ich mich ohne hinzusehen die Stufen hinunter. Das war seltsam. „Hallo?". Atemlos trat ich durch die Tür und machte mich auf alles mögliche gefasst – jedoch nicht auf ein Paar Beine, das unter einem bodenlangen Handtuch hervorragte. Ich brauchte einen Moment um zu begreifen, um wen es sich handelte. „Greg?!". Ohne länger nachzudenken stürzte ich auf ihn zu. „Gott, Greg, was ist passiert?".
Stöhnend drehte sich dieser auf den Rücken und rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht; aus seiner Nase rann Blut. „H-Harry? Ich ...". Mit einem Ruck saß er plötzlich senkrecht da, die Augen so weit aufgerissen, dass die roten Äderchen hervortraten. „Scheiße! Harry, ruf meinen Vater an. SOFORT! Sag ihnen, sie haben ihn erwischt!".
Mein Kopf schwirrte. „Wer hat wen erwischt?".
„MACH EINFACH!".
Während ich durch mein Handy aufs Freizeichen lauschte, folgte ich Greg quer durch den ganzen Raum, bis wir bei ein paar Stapeln Getränkekästen angekommen waren, neben denen etwas ... jemand ... lag. Holy Shit! Ich konnte einen entsetzten Aufschrei nicht unterdrücken. „Liam!". Er saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt da, der Kopf auf die Brust gesunken. Aus einer Wunde an seinem Hinterkopf tropfte Blut seinen Nacken hinab und färbte sein hellblaues Hemd am Kragen rot. Kurzerhand drückte ich Greg mein Handy in die Hand und ging neben meinem Freund in die Hocke, um ihm sanft die Wange zu tätscheln. „Li, kannst du mich hören? Liam!". Nichts. Dafür schien nun Mr Horan letztendlich rangegangen zu sein, denn Greg hatte in heller Aufregung zu reden begonnen, und das nicht gerade langsam. Ich verstand nur einzelne Wortfetzen und das aufgebrachte Gebrüll meines Chefs durch den kleinen Hörer, doch es war klar, dass irgendetwas mit Niall sein musste. Beunruhigt ließ ich meinen Blick zwischen Liam und Greg hin und her wandern. Noch immer brannte mir die Frage auf dem Herzen, was genau hier abgelaufen war, doch ich wollte nicht herumdrängen.
Als ich neben mir ein leises Stöhen vernahm, wäre ich vor Erleichterung beinahe zusammengebrochen. „Liam, dem Himmel sei Dank!". Ich half ihm, sich weiter aufzusetzen, bevor er womöglich die Wand hinabglitt und sich den Kopf am Boden ein zweites Mal aufschlug. Bevor er oder ich irgendetwas sagen konnten, beendete Greg das Gespräch mit einem Fluch und schien sich krampfhaft zurückhalten zu müssen, das – mein – Handy nicht gegen die Wand krachen zu lassen.
„Greg?", fragte ich vorsichtig. „Was ist los?".
Er richtete seinen müden Blick auf mich und wischte sich halbherzig mit einem Taschentuch das Blut aus dem Gesicht. „Er hat Niall erwischt. Wir wussten, dass er es auf ihn abgesehen hatte, aber wir haben es nicht geschafft, ihn zu beschützen". Zum ersten mal seit ich ihn kannte, klang seine Stimme so kläglich, dass ich befürchtete, er könnte jeden Moment in Tränen ausbrechen, und er schlug verzweifelt die Hände vors Gesicht. „Er hat ihn mit genommen! Er hat meinen kleinen Bruder mitgenommen und ich konnte nichts dagegen tun!". Etwas hilflos klopfte ich ihm beruhigend auf die Schulter – immerhin hatte ich keine nähere Verbindung zu ihm; er war eben in dieser Organisation und er war Nialls Bruder, aber da hörte es auch schon wieder auf. Außerdem hatte ich nach wie vor keinen Plan worum es geht. Sie hatten ... Niall entführt? Wieso zum Henker sollten sie interessiert sein an Niall? Besorgt wandte ich mich wieder Liam zu, der es tatsächlich geschafft hatte, sich auf die Füße zu stemmen, und murmelte: „Wenn ich nicht darauf bestanden hätte, allein loszumarschieren, wäre das vielleicht nicht passiert".
„Seh ich auch so!", fauchte Greg, dessen Kräfte plötzlich zurückgekehrt zu sein schienen. „Wie oft habe ich euch schon gesagt, KEINE verDAMMTEN Alleingänge!".
Liam ließ den Kopf hängen. Normalerweise war er der Vernünftige, der andere vor Dummheiten bewahrte, doch jetzt selbst heruntergeputzt zu werden, war eine völlig neue Erfahrung für ihn. Und wenn dann Mr Horan erst aufkreuzte ... ich sag nur OHA.
Nialls Eltern standen keine fünf Minuten später in der Tür. Maura schien geweint zu haben, denn ihre Augen waren rot und verquollen, während Bobbys Gesicht vor Wut oder Verzweiflung hochrot angelaufen war. Zu meiner Überraschung fiel keiner von ihnen über den ohnehin schon in sich zusammengesunkenen Liam her, sodass er und Greg ohne größere Unterbrechungen berichten konnten.
„Ich war gerade mal ein paar Schritte drin!", versuchte sich Liam trotzdem zu rechtfertigen. „Irgendjemand muss hinter mir gelauert haben". Mittlerweile hatten wir die Wunde gesäubert und ihm einen Kühlbeutel gegeben, den er sich dankbar auf den schmerzenden Kopf drückte. „Wann seid ihr dann heruntergekommen?".
Greg schüttelte ratlos den Kopf. „Es kann nicht lange nach dir gewesen sein. Vielleicht zwei Minuten? Ich wollte Niall dazu bringen, hier oben zu warten, aber ihr kennt ja ihn und seinen Dickschädel". Ein trauriges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Zuerst sah es ganz so aus, als ob wirklich niemand da wäre, als auf einmal Tomlinson aufgetaucht ist. Gott, und ich hab mich noch gewundert, warum er sich so lange Zeit nimmt, mit uns zu labern!". Ein zweites mal vergrub das Gesicht in den Händen. „Irgendwann muss sich Malik von hinten an uns herangeschlichen haben, denn er hat sich wie aus dem Nichts plötzlich mit einem Tuch voller Chlorophorm auf Niall gestürzt. Ich wollte ihm natürlich helfen, aber die beiden hatten ihren Grund, warum sie zu zweit gekommen waren. Niall hat es irgendwie geschafft, sich zu befreien und hat sich wie ein kleines Raubtier auf Tomlinson gestürzt". Bei der Erinnerung lächelte er. „Ich hätte nie gedacht, dass er so kämpfen kann, wenn ich so an die Trainingsstunden zurückdenke. Eine Chance hatten wir trotzdem nicht. Irgendwann muss Tomlinson ihn am Kopf getroffen haben. Und ich konnte rein gar nichts machen. Gar nichts. Nur zusehen, wie Malik ihn mitgenommen hat".
Da herrschte zuerst bedrücktes Schweigen. Bei der Vorstellung, sie könnten Niall etwas antun, zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Ich meine ... es war einfach Niall. Wer ihm etwas antun könnte, der hatte kein Herz.
Mr Horan richtete sich auf, zog sein Hemd zurecht und sah alle der Reihe nach entschlossen finster an. „Jetzt ist das Schlimmste passiert, was einem Team widerfahren kann. Wir richten jetzt alle Kräfte darauf, Niall zu finden und ihn zu befreien". Seine Stimme zitterte leicht. „In absehbarer Zeit wird vermutlich sowieso eine Forderung kommen, aber wir müssen ENDLICH dieses verdammte Hauptquartier finden!".
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Chaos, würde ich sagen :D Leute ich bin euch sooo dankbar für die ganzen Votes und Kommis! Als ich diese Geschichte geschrieben habe, hab ich mir gedacht: "Ok, liest ohnehin niemand, sch*eißegal, ob sie gut ist oder nicht", aber da ich jetzt auf die Kapitel fast 30 Votes bekomme, werde ich vermutlich den Schluss umschreiben müssen, weil mir der einfach gewaltig misslungen ist und ich nicht will, dass diese Story ein enttäuschendes Ende findet :D Oh Mann, lange Rede, kurzer Sinn - DANKEEEEEE! LOVE YOU ALL!!! <3
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