Als Marco den Ball auf Jadon spielt und er gemeinsam mit Thorgan und Erling aufs Tor zuläuft, stoppe ich meine Aufwärmübungen einen Moment lang, um zu zu sehen. Und diese Entscheidung war goldrichtig. Jadon sprintet immer weiter und spielt den Ball dann auf Erling. Mein Freund rutscht zwar etwas weg, trifft den Ball aber trotzdem ziemlich gut und schießt ihn in die Mitte des Tores. Das 4:1. Jetzt ist uns der Titel wirklich sicher und Erlings zwei Tore haben dazu sehr stark beigetragen. Während die anderen Ersatzspieler und ich jubelnd zu den anderen rennen, glüht der Stolz in mir. Mein Freund ist einfach nur fantastisch. Leider kann ich ihn das jetzt gerade nicht sagen, weil so viele andere Spieler sich auch auf ihn geworfen haben. Nachher habe ich aber auf jeden Fall noch die Möglichkeit, ihm zu gratulieren und ihm zu sagen wie stolz ich bin. Wir verlassen den Platz wieder, nur wenige Minuten später betrete ich ihn allerdings wieder, als Edin mich für Erling einwechselt. "Ich bin so stolz auf dich!", flüstere ich, als wir abklatschen. Erling lächelt mich glücklich an und zwinkert mir kurz zu. Mir wird bei diesem Anblick ganz warm ums Herz. Er ist einfach so wunderschön.
In den wenigen Minuten, die ich auf dem Platz stehe, passiert nichts mehr und so gewonnen wir 4:1. Somit sind wir jetzt DFB-Pokalsieger. Ich kann es kaum glauben. Mein erster Titel. Und ich habe ihn zusammen mit der Liebe meines Lebens gewonnen. Das ist einfach nur unglaublich. Ich renne zu Erling und springe in seine Arme. Der Norweger legt seine Arme um mich und lachend fallen wir auf den Rasen. Einen Moment lang sehen wir uns in die Augen. Oh Mann, ich würde ihn gerade zu gern küssen. Das würde allerdings auch unser coming out bedeuten und ich möchte das nicht run, ohne Erling vorher gefragt zu haben. Deshalb belasse ich es bei einer innigen Umarmung, bevor ich mich von ihm runterrolle, sodass wir beide in den dunklen Himmel gucken können. Nach einigen Sekunden drehe ich mich ihm jedoch wieder zu. "Ich bin wirklich unfassbar stolz auf dich, Erling. Du bist einfach nur fantastisch. Und genauso fantastisch ist es, diesen Titel mit dir zusammen zu gewinnen. Ich liebe dich.", flüstere ich, während ich ihm kurz über seine Wange streiche. Er lächelt mich liebevoll and und antwortet dann: "Und ich bin total stolz auf dich, kjære. Ich liebe dich auch, Gio." Meine Augen füllen sich mit Tränen und erneut verspüre ich das Bedürfnis, ihn zu küssen. Dass das nicht möglich ist, löst ein dumpfes Gefühl in meiner Magengegend aus. Ich hasse diese Heimlichtuerei einfach so sehr.
Glücklicherweise landen im nächsten Moment Jude, Reinier und Jadon auf uns drauf, sodass ich keine Zeit mehr habe, niedergeschlagen zu sein. Das sollte ich jetzt eh nicht sein, immerhin haben wir gerade einen Titel gewonnen.
Einige Minuten lang feiern wir alle auf dem Rasen, dann werden wir gebeten, uns für die Zeremonie aufzustellen. Wir alle sind zu glücklich, um still zu stehen, und so tänzeln wir alle mehr oder weniger auf der Stelle. Zuerst werden die Schiedsrichter geehrt, dann sind die Leipziger an der Reihe. Sie bleiben nicht lange auf der Bühne, was verständlich ist, immerhin haben sie es gerade erneut verpasst, den ersten Titel der Vereinsgeschichte zu holen. Nun sind wir endlich dran. Lukasz, die Legende, betritt die Bühne als Erster. Für ihn und für Schmelle, dessen Trikot der Pole trägt, freut mich der Titelgewinn besonders. Nach und nach folgen wir ihm. Nur Marco bleibt unten stehen, um endlich die Trophäe in Empfang zu nehmen. Er trägt sie zu uns, stellt sich mittig und ganz vorne hin und reckt den Pokal dann in den Berliner Nachthimmel. Jetzt gibt es kein Halten mehr und wir alle jubeln laut und feiern, während der Pokal immer weiter gereicht wird, sodass jeder ihn einmal halten kann. Am liebsten würde ich ihn natürlich mit Erling in die Luft Strecken, wir stehen allerdings zu weit von einander entfernt. Immerhin steht mein bester Kumpel Jude neben mir und ich kann den Moment mit ihm teilen.
Einige Minuten lang wandert der Pokal con Spieler zu Spieler während wir feiern, dann kehren wir auf den Rasen zurück. Hier machen wir viele Fotos. Nach einer gefühlten Ewigkeit betreten wir dann endlich die Kabine. Die Mitarbeiter unseres Vereins haben schon alles vorbereitet, einige Kästen Bier und ein Kasten Limonade für die Nichttrinker stehen bereit. Wir alle schnappen uns Getränke und Jason macht laute Musik an. Erling, der mittlerweile oberkörperfrei ist, stellt sich neben mich und umarmt mich dann. Er zieht mich ganz nah an sich und ich sauge zufrieden seinen Geruch ein. Erling bemerkt das und lacht leise, bevor er flüstert: "Sicher dass du meinen Schweiß einatmen willst?" Ich grinse ihn and und antworte genau so leise: "Ja. Riecht nach dir. Lieber deinen Schweiß als nichts von dir." Erling lacht erneut kurz auf und drückt mich noch einmal fest an sich. Ich löse mich langsam von ihm, weil einige Spieler filmen und die Länge unserer Umarmung sonst sehr auffällig wäre. Trotzdem versetzt auch das mir wieder einen Stich im Herzen. Ich würde diesen Sieg so gerne feiern, ohne mich die ganze Zeit zurück halten zu müssen.
Ich schnappe mir ein Bier und nehme immer mal wieder kleine Schlucke. Dazwischen gröle ich, wie alle anderen auch, die Songs mit. Dann beginnt plötzlich ein ganz besonderer Song. Someone like you von Adele. Erlings und mein Song. Bei uns war es im Grunde Liebe auf den ersten Blick, bis wir allerdings so wirklich geredet haben, hat es Wochen gedauert. Unsere ersten Unterhaltungen waren sehr schüchtern. Bis er mich das erste Mal zum Training mitgenommen hat. Wir haben damals schweigend im Auto gesessen und Radio gehört, doch dann kam dieser Song und wir beide haben plötzlich mitgesungen. Das hat irgendwie das Eis gebrochen und nur wenige Tage später sind wir zusammen gekommen. Seitdem ist das unser Song. Dass er jetzt, ausgerechnet jetzt, wo wir unsere Liebe verstecken müssen, läuft, macht mich wirklich fertig. Trotzdem drehe ich mich wieder meinem Freund zu. Er tut das gleiche und als ich ihm in sie Augen sehe, sehe ich darin eine Mischung aus Verwirrung, Liebe und Bedauern. Auch wenn ich weiß, dass fast alle Teamkameraden Filmen, ziehe ich ihn erneut in meine Arme. Noch immer blicken wir uns in die Augen. "Du weißt gar nicht, wie gerne ich dich gerade küssen würde.", flüstere ich bedauernd. Erling lächelt mich bloß and und antwortet dann: "Dann tu's doch." Ich starre ihn einen Moment lang fragen an, als er jedoch noch einmal zusätzlich leicht nickt, fasse ich meinen Mut zusammen und lege endlich, nach Stunden, meine Lippen wieder auf seine. Sie sind warm und weich und der Kuss ist ganz zärtlich. Trotzdem ist er total intensiv und glücklich drücke ich mich noch näher and Erling. Er legt seine muskulösen Arme ganz eng um mich und ich fahre mit einer Hand immer wieder durch seine langen Haare. Als die Mannschaft uns bemerkt und laut zu jubeln beginnt, lächel ich leicht in den Kuss, ohne mich jedoch zu sehr ablenken zu lassen. Ich genieße einfach die Lippen meines Freundes.
Als wir unsere Lippen ganz langsam wieder trennen, flüstert Erling: "Wow. Das war unglaublich, Gio. Ich liebe dich. Und das sollen jetzt ruhig alle wissen." Ich lächle ihn einfach nur breit an und verbinde unsere Lippen anschließend erneut. Auch wenn es nicht ganz einfach werden wird, bin ich gerade unglaublich glücklich, dass die Heimlichtuerei endlich ein Ende hat und ich allen zeigen kann, wie sehr ich Erling liebe.