"Oh Gott, Julian, ich bin so nervös, was, wenn sie nein sagt?", frage ich meinen besten Freund, während wir uns vor dem Spiel aufwärmen. "Wird sie nicht, Kai. Elif liebt dich und sie wird ja sagen.", antwortet der Blonde ruhig. "Aber was, wenn sie noch nicht so eine verpflichtende Bindung eingehen will? Wir sind immerhin erst 23!", frage ich weiter, wobei ich fast schon jammere. Das scheint Julian zu reichen, er greift mich an den Schultern und dreht mich so, dass er und ich uns ansehen. "Kai. Ihr habt ein Kind miteinander und du machst dir Sorgen, dass sie keine Verpflichtungen haben will? Bist du ein bisschen dumm? Ein Kind mit jemandem zu haben bringt mehr Verpflichtungen mit sich als alles andere auf dieser Welt und verbunden seid ihr dadurch auch für immer, ob ihr wollt oder nicht.", sagt er laut und bestimmt. Das ist tatsächlich so, vor etwas mehr als einem Jahr ist unsere Tochter Nele zur Welt gekommen. Meine kleine Prinzessin. Und Julian hat recht, durch sie sind wir sowieso schon für immer verbunden. Unsere Hochzeit wäre nur die Kirsche auf der Torte.

Deutlich entspannter beende ich das Aufwärmen und kurz darauf beginnt auch schon das Spiel. Deutschland gegen Spanien. Kein einfaches Spiel, aber Hansis Plan für die Verteidigung geht komplett auf und so gibt es kein Durchkommen für die Spanier. Für uns leider auch nicht. Bis Marco nach vorne durchläuft und einen sensationellen Pass auf Julian spielt, welcher einige Gegner austanzt und dann genau in dem Moment, in dem er schießen will, von einem der Verteidiger umgehauen wird. Ein lauter Aufschrei geht durchs Stadion und der Pfiff des Schiedsrichters ertönt sofort. Elfmeter für uns. Für uns alle ist klar, dass Julian als Gefoulter und unser aktuell bester Torschütze schießen soll, doch mein bester Freund hat andere Pläne.

"Tu's für Elif und Nele.", sagt er, während er mir den Ball in die Hand drückt. Ich nehme den Ball, lege ihn auf den Elfmeterpunkt und gehe dann einige Schritte rückwärts. Der Schiedsrichter pfeift, ich laufe an und Nagel dann den Ball rechts in den Winkel. Lauter Jubel erfüllt das gesamte Stadion, während ich zum Jubeln Richtung Eckfahne sprinte. Gemeinsam mit meinen Teamkameraden feiere ich einen Moment, dann begeben wir uns zurück auf unsere Positionen, wobei ich vorher noch einmal schnell mit meinen Händen ein Herz forme, welches ich in Richtung meiner Freundin und unserer Tochter zeige. Ich sehe Elif glühend lächeln und sie wirft mir einen Luftkuss zu, welcher mich regelrecht beflügelt und auch den Rest des Spiels Bestleistung zeigen lässt. So bereite ich noch zwei der drei weiteren Tore vor und am Ende besiegen wir die Spanier klar mit 4:1. Sobald das Spiel rum ist, laufe ich zur Ersatzbank, wo mir Hansi die Schatulle mit dem Ring gibt und mir lächelnd viel Glück wünscht. Ich bedanke mich und gehe dann auf Elif und Nele zu.

"Du warst großartig, Kai!", ruft Elif, bevor sie mich liebevoll küsst. Eine Welle puren Glücks durchflutet mich, während unsere Lippen sich synchron bewegen, ich unterbreche unseren Kuss jedoch recht schnell, um auch Nele etwas Aufmerksamkeit zu geben. Außerdem muss sie eh gleich zu Julian, damit Elif und ich unsere Hände frei haben.

Ich nehme meine Tochter aus Elif's Armen und knuddle sie einen Moment lang, wobei sie vergnügt quietscht und lacht. Und das word nur noch lauter, als ich sie aan Julian, welcher übrigens ihr Patenonkel und ihr absoluter Liebling ist, weitergebe. Der Blonde zwinkert mir zu und entfernt sich etwas mit Nele, wobei er alles tut, um sie zum Lachen zu bringen, was natürlich gelingt. Währenddessen hebe ich Elif über die Werbebande und umarme und küsse sie noch einmal kurz, bevor ich einen Schritt zurück trete und mich räuspere.

"Also Elif... Erstmal danke, dass du heute hier her gekommen bist, ich weiß wie müde du bist und wie anstrengend sowas mit Nele ist, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du gekommen bist. Wenn du da bist, bin ich einfach besser. Das Tor und die Vorlagen heute waren für euch beide. Jetzt aber mal zum Wichtigen. Ich liebe dich, Elif. Von ganzem Herzen. Als wir uns damals auf Julians Geburtstagsparty das erste Mal gesehen haben, habe ich doch zwar direkt gemocht, aber das Thema Beziehung war für mich damals überhaupt nicht im Raum. Ich war frisch getrennt und hatte mir geschworen, nie wieder eine Frau an mich ran zu lassen. Hat ja gut geklappt, keine drei Monate später konnte ich doch meins nennen. Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, aber irgendwie hast du dich langsam in mein Herz geschlichen und seit dem nimmst du es immer mehr ein. Mit jedem Urlaub, jedem Tag, jeder Sekunde, jeder Erinnerung, die wir zusammen machen oder gemacht haben, nimmst du mehr Platz dort ein. Du hast es nach und nach komplett an dich gerissen. Letztes Jahr musstest du zwar wieder etwas Platz machen, aber für Nele tust du das sicherlich gerne. Und ich hoffe, dass du in zwei oder drei Jahren noch ein weiteres Stück meines Herzens weitergeben musst, wenn wir unser zweites Wunder bekommen. Das wäre ein Traum von mir. Nicht nur wäre, es ist ein Traum von mir. Mein Leben mit dir zu verbringen, Nele ein Geschwisterchen zu schenken und irgendwann mit den beiden und unseren Enkelkindern an einem schönen Ort auf unserer Terrasse zu sitzen ist mein Traum. Ich will nichts anderes als dich, für immer. Elif, willst du meine Frau werden?", sage ich, wobei ich beim letzten Satz aufs Knie gehe und die Schatulle mit dem Ring öffne.

Überrascht und überwältigt sieht Elif mich einen Moment an, dann nickt sie und ruft: "Ja, ja, natürlich! Ja, natürlich will ich dich heiraten, Kai!" Glücklich grinse ich, während ich wieder aufstehe und unter lautem Jubel von den Fans, meinen Teamkameraden und den Spaniern meiner Verlobten ihren Ring anstecke, dann ziehe ich sie an mich ran und wir küssen uns stürmisch, so richtig wie im Film.

Nach einer gefühlten Ewigkeit lösen wir uns von einander und Elif flüstert: "Ich liebe dich.", was ich erwidere, bevor ich sie erneut küsse. Doch auch dieser Kuss word schnell unterbrochen, als Nele direkt neben uns laut "Mama!" ruft. Lachend lösen wir uns voneinander und Elif nimmt Nele wieder, während ich von Julian in eine herzliche Umarmung gezogen werde und er mir Glückwünsche ins Ohr flüstert.

Epilog: ein Jahr später

"Oh Gott, Julian, ich bin so nervös!", sage ich, genau wie vor einem Jahr. Nur die Situation ist anders. Heute ist kein Fußballspiel, sondern meine und Elifs Hochzeit. "Mensch Kai, sie hat vor einem Jahr ja gesagt, sie liebt doch und du liebst sie, da kann nichts mehr schief gehen.", meckert mein bester Freund fast schon, während er mir ein letztes Mal meine Krawatte zurecht rückt. Dann sieht er mir in die Augen und sagt: "Alles wird gut gehen. Gleich seid ihr Mann und Frau." Ich nicke, die Nervosität bleibt aber. Julian muss mich in den darauffolgenden Minuten auf dem Weg zum Standesamt und, während wir dort auf meine Braut warten, sogar davon abhalten, an meinen Nägeln zu knabbern.

Um 10:02 Uhr, ich sitze mit all unseren Gästen schon im Standesamt, murmle ich: "Julian, sie ist schon zwei Minuten zu spät. Bestimmt will sie doch nicht." Der Blonde verdreht nur seine Augen, zieht mich mit einer Hand auf die Füße und sagt dann: "Kai, dass ist Bullshit. Außerdem habe ich sie gerade durchs Fenster gesehen. Also hör jetzt auf zu heulen und schau dir Elif an.", während er mich zur Tür dreht, dann geht er zu seinem Stuhl an der Seite zurück und stellt sich dahin, denn als die Tür sich öffnet, stehen sowieso alle auf. Ein letztes Mal blicke ich nervös zu meinem besten Freund, dann widme ich mich meiner wunderschönen Braut, die von ihren Eltern und Nele begleitet den Mittelgang entlang auf mich zu läuft.