Kapitel 11
Kapitel 11
Julian
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Klar wie Kloßbrühe. Einfach nur klar, wie verdammte Kloßbrühe, dass mein Hintern die ganze Zeit die Bank wärmen durfte. 90 Minuten lang. Natürlich plus die Nachspielzeiten. Ist doch toll, oder? Natürlich, ist es das nicht! Ich hab mir die ganze Misere selbst zuzuschreiben, weil ich einfach nicht klar denken kann, weil ich ein Gespräch mit Spatzke mied.
So oder so haben wir gegen Manchester United verloren. Eine Klatsche 1:5, rausgeflogen aus dem Halbfinale der CL. Noch ein Titel, den wir erfolgreich verschissen haben.
Während die anderen sich den Spott, der circa 2.000 mitgereisten BVB-Fans geben, bin ich in die Katakomben und in die Gästekabine getürmt. Gepolter. Gefluche. Dinge fliegen durch die Gegend. Der fast zwei Meter große Hähne Erling, schießt den Plastikmülleimer an die Decke. Mit knallroten Kopf und das hellblonde, kinnlange Haar im Gesicht, dreht die nordische Wikinger-Prinzessin sich zu mir um und nickt mir zu. Dann verschwindet er mit schnellen Schritten aufm Scheißhaus.
Ich blicke auf den Plastikmülleimer von Ikea. Einige Ecken sind bereits abgebrochen. Dann atme ich tief durch und hole mit dem Fuß aus. Das Ding prallt gegen die Wand und in Einzelteilen zurück auf den Boden, während ich mich erschöpft auf der Bank niederlasse. Der Mülleimer ist total im Eimer.
Ich will einfach nur nach Hause. Nicht nach Dortmund, sondern nach Bremen. Seufzend krame ich mein Handy zwischen meinen Klamotten her. Eine Nachricht von Iva.
Iva:
Kopf hoch.
Entweder hat sie sich das Spiel angeschaut, oder sie hat irgendwo die Nachrichten gelesen. Kraft ihr zurückzuschreiben hab ich noch nicht. Erst, als ich im Hotel bin, in dem ich mir mit Marco ein Zimmer teile, schreibe ich ihr zurück. Da ist es aber auch schon kurz vor Mitternacht. Typisch für CL-Spiele, dass die meistens erst um 20:45 Uhr angepfiffen werden. Ach, es hat natürlich wieder eine Standpauke gegeben. Von Rose, Spatzke, Lunovic und selbst unser Kapitän ist komplett ausgerastet. Immerhin hat sich Marco Reus, nach seinem Anfall auch wieder bei uns entschuldigt. Was man von den anderen nicht erwarten kann. Marco steht auf dem Balkon und telefoniert gerade mit seiner Frau, während ich wie ein Sack Kartoffeln, im Bett liege und die Nachricht an Ivana absende.
Ich:
Ich wünschte, dass geht so einfach.
Iva:
Super, wie viele Spiele hast du noch?
Ich:
Championsleague ist Geschichte. Jetzt hab ich Samstag das letzte Spiel für die Bundesliga und dann erstmal Urlaub. Sitze aber eh auf der Bank. Ist alles ein bisschen schwierig.
Iva:
Mehr als, dass wird schon wieder zu sagen, hab ich nicht auf Lager. Bin grottig darin, Menschen zu trösten.
Ich:
Ach, dass du mir schreibst reicht schon aus. Lenkt schon ein bisschen ab.
Iva:
Ich bezweifle, dass ich dich damit ablenken kann, wenn wir über die miese Leistung und die Niederlage sprechen.
Ich:
Stimmt auch wieder.
Iva:
Wusstest du das die Firma Carglass in England Autoglass heißt?
Ich:
Nein, jetzt weiß ich es.
Iva:
Okay, dass ist gut. Wusstest du, dass die größte Brezel der Welt im südamerikanischen El Salvador gebacken wurde? Sie wog 783,81 Kilogramm.
Ich:
Wie kommst du jetzt auf Brezeln?
Iva:
Weil ich gerade welche im Ofen habe. Hab Hunger.
Ich:
Es ist kurz vor Mitternacht, Iva. Du musst morgen Arbeiten.
Iva:
Das ist mir bewusst und ich habe Hunger. Wusstest du das zu den Nebenwirkungen von Aspiriin Kopfschmerzen gehören?
Ich:
Iva, als ob! Wusstest du, dass es in Maryland in den USA verboten ist, einen Löwen mit ins Kino zunehmen?
Iva:
Okay, der ist tatsächlich gut. Und wieso soll man einen Löwen mit ins Kino nehmen?
Ich:
USA – sagt doch schon alles. Und vermutlich ist das wie mit Hinweisschildern. Jedes Schild hat eine Geschichte.
Iva:
Das kann sein.
Ich:
Ich war letztes Jahr im Urlaub mit meinen Brüdern. Ibiza. Am Büffett gab es einen Schokobrunnen. Am zweiten Tag, stand dort ein Hinweisschild daneben, dass man bitte keine Geschlechtsteile in den Schokobrunnen halten soll, nur das ausgelegte Obst.
Iva:
Plottwist: einer von euch war das mit dem Schokobrunnen?
Ich:
Um Gottes Willen. Nein. Das ist irgendein dauergeiler Engländer mit seiner Freundin gewesen. Das ist nicht das einzige Würstchen gewesen, was wir beim Frühstück gesehen haben.
Iva:
Ich hoffe, ihr konntet dieses dramatische Erlebnis verarbeiten?
Ich:
Wir arbeiten dran.
Iva:
Waren es wenigstens 22cm?
Ich:
Kennst du Ferdifuchs Miniwürstchen?
Das merkwürdige ist, dass das Spiel und das Ausscheiden aus der CL, tatsächlich ein bisschen in den Hintergrund gerückt ist und das nur, weil Ivana mich ablenkt. Sie schreibt noch etwas, aber ich blicke zu Marco, der zurück ins Zimmer kommt und mich fragt, wieso ich endlich mal wieder Lächeln kann. Am liebsten würde ich ihn von Ivana erzählen, aber ich bin zu müde, weshalb ich nur »Einbildung«, antworte. Dann drehe ich mich mit dem Rücken zu Marco, antworte Iva, auf den nächsten Random Fact, den sie mir geschrieben hat. Der Film Titanic dauert genauso lange, wie das echte Schiff damals unterging. Das ist ebenfalls neu. Ich schreibe Iva, dass ich mich jetzt erstmal aufs Ohr hauen werde, sie sich ihre Brezeln schmecken lassen soll und ich ihr in der früh noch mal schreiben werde.
Iva:
Schlaf schön. 😊
Ich:
Danke, du auch. Bis morgen.
Iva:
Bis morgen.
Ich schalte den Flugmodus an, lege mein Handy neben mir aufs Bett und schließe die Augen. Dann wünsche ich auch Marco eine »Gute Nacht«, aber bekomme keine Antwort. Als ich einen prüfenden Blick zu ihm wende, liegt dieser bereits im Bett, die Augen geschlossen und hört Musik über Kopfhörer. Schulterzuckend schmeiße ich mich wieder ins Bett und werde schnell von der Müdigkeit übermannt.
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