Kapitel 1
Kapitel 1
Julian
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Ich sitze plötzlich im Auto und muss mich wohl mit meinen Sachen, so ziemlich gedankenverloren, aus dem Staub gemacht haben. Es ist mir egal, ob Rose, mich noch mal sprechen wollte. Ich will nur nach Hause und wieder für mich sein. Bin noch nicht bereit, irgendein Gespräch zu führen. Es überhuapt zu wollen. Irgendwann bestimmt, aber nur nicht jetzt.
Die 236 in Richtung Süden, ist, laut meinem eingebauten Navi komplett dicht, weshalb ich wie die etlichen anderen Autofahrer, entweder über die B1 ausweichen muss, oder durch die ohnehin schon völlig überfüllte und Baustellen-reiche Innenstadt dümpeln muss. Ich entscheide mich für die B1, versuche mein Glück und behalte die drängelnden Autos im Blick, die dicht hinter mir fahren.
Es ist schon viel zu oft vorgekommen, dass irgendein Fan hinter mir, oder anderen aus der Mannschaft hergefahren ist, nur um, im besten Fall, ein Foto oder Autogramm abstauben zu können. Meistens läuft es sogar noch beschissener und man wird bis nach Hause verfolgt, weil ein Fan, in seiner eigenen Welt lebt und so einige, normale Nettigkeiten missversteht. Deshalb fahre ich nie denselben Weg nach Hause – vor allen Dingen, wenn Fiona beim öffentlichen Training anwesend ist. Ein Fan, der jede Woche einen neuen Favoriten und Anwärter, als zukünftigen Ehemann auserkoren hat. Ich bin schon dreimal an der Reihe gewesen. Marco lässt sie komischerweise in Ruhe, seitdem seine Frau ihr nur einen biestigen Blick zugeworfen hat. Wie gesagt, mit May, soll man sich nicht anlegen. Man zieht immer den Kürzeren.
Hoffentlich schaffe ich es Zeitig nach Hause, damit mein Hund raus kommt. Ich will nicht schon wieder den verschmierten Scheißhaufen wegwischen, weil Nala ins Haus geschissen und der Roomba durchgefahren ist.
Ich hab mir, zum ständigen Argwohn, meiner alteingesessenen Nachbarschaft, ein Haus gemietet, dass extra in einer ruhigen und gut beobachteten Nachbarschaft in Lücklenberg liegt. Unter ständiger Beobachtung der rüstigen Rentner-Gang um Gisela, Heide und weiteren Rentnern und Rentnerinnen, werden fremde Kennzeichen aufgeschrieben, Falschparker sofort an das Ordnungsamt verpfiffen.
Ich stehe auch unter ständiger Beobachtung. Wehe ich stutze meinen Vorgarten nicht mit einer Edelstahl-Nagelschere, oder schiebe pünktlich die Mülltonnen an die Straße. Oder, meine Gäste halten sich nicht an die richtige Straßenseite zu den vorgegebenden Parkzeiten, und, und, und.
Oder meine Hündin, dass ist auch so ein lediges Thema, wenn diese wieder ihr großes Geschäft auf meinem Rasen hinterlässt, habe ich genau 0,000001 Sekunden Zeit den Kotbeutel zu ziehen und den Scheißhaufen wegzumachen, sonst werde ich mit Blicken des Todes bestraft.
Wie oft mein Vater schon Gisela Back, der selbsternannten Stasi-Königin der Straße, einen auf den Deckel bekommen hat, weil dieser nicht nah genug am Bordstein parkte. Die Straße ist breit genug und das für eine Spielstraße. Nach dem zehnten Mal, hab ich aufgehört zu zählen und irgendwie kann ich Gisela auch verstehen. Mein Vater parkt genauso schlecht, wie er Auto fährt. Er ist den Lappen öfters losgeworden, als diesen zu besitzen und hat damals knapp 8.000 Euro für seinen Führerschein blechen müssen. Und damals, hat der Führerschein viel weniger gekostet, als heutzutage. Ich seh's noch kommen, dass mein Vater von Gehstock-Gisela niedergestreckt wird, oder von Handtaschen-Heide, die nachweislich immer einen Backstein in ihrer Lederhandtasche trägt, um im Fall der Fälle gewappnet zu sein. Handtaschen-Heide ist übrigens die Vize-Königin und beste Freundin von Gehstock-Gisela.
Der nördliche Floraweg, ist schon ein Rentnerparadies für sich, und da bin ich, mit meinem U30, das Spanferkel auf dem Silbertablett. Ich gebe mein Bestes, nicht auf dem Silbertablett, braungebraten und mit Zwiebeln verfeinert, zu landen. So will ich nicht abdanken. Schon gar nicht durch die faltigen Hände von zickigen Rentnerinnen. Niemand, will Rentner als Feinde haben. Schon gar nicht, in der Straße, in dem man lebt und noch einige Zeit bleiben möchte, falls der Verein nicht die Reißleine ziehen und mich feuern sollte.
Wie erwartet, staut sich auch auf der B1 der Verkehr. Das riecht nach Stau. Mein Navi, mit dem Verkehrswarnungs-Special, was mich nur mehr als 75 Kröten mehr gekostet hat, lässt mich natürlich erst von dem kommenden Stau wissen, als ich schon längst, an der letzten, rettenden Auffahrt Innenstadt Ost vorbeigefahren bin und vor dem Tunnel der Märkischen Straße fast zum Stehen komme. Noch schleicht der Verkehr, weshalb ich fluchend und als eine der wenigen nachdenkenden Personen, links ranfahre, um eine Rettungsgasse zu bilden. Wer weiß, ob es weiter vorne nicht ebenfalls schon gekracht hat. Leute können einfach kein Auto fahren. Das beweist sich mal wieder.
»Hast du zu lange an der Schuhcreme geleckt?«, fluche ich und schüttle fassungslos den Kopf. So viel Dummheit auf einen Haufen ist nur schwer zu ertragen.
Im Schneckentempo, rollen die Autos weiter. Ein verschissener Familienvan, der Marke Ford, drückt sich knapp zwischen mir und einem Lieferwagen vorbei, der ebenfalls nichts von der Rettungsgasse gehört hat. Ehrlich gesagt, hab ich meinen Seitenspiegel und den Kopf des Ford-Fahrers schon fliegen sehen.
Aber ich bin nicht in der Stimmung, um auszurasten, obwohl meine Gefühlslage komplett für den Arsch ist. Man hat irgendwann so viel negatives in sich, dass man einfach nur noch schweigt und in seinen Gedanken mordet. Wie sehr würde ich den Fordfahrer, aus seinem Auto ziehen und die Fresse polieren. Aber hey, Person des öffentlichen Lebens, schlechte PR und so weiter. Keine Lust, als Prügelbursche abgestempelt zu werden. »Wenn sich gleich noch einer an mir vorbeiquetscht...« Genau in diesem Moment, quetscht sich ein beiger Fiat 500 an mir vorbei. Die unsichere, junge Fahrerin, bremst ab, um dann wieder im Schneckentempo weiterzufahren. »Dumme Kuh.«
Ein Auto macht es vor, andere machen es nach. So folgen dem Fiat 500, noch ein größerer Renault und ein BMW, der sich an mir vorbeiquetschen will. Aber aus Trotz, fahre ich ein bisschen nach Rechts, sodass dieser nicht durchkommen kann. Eine Rettungsgasse ist nicht für solche ungeduldigen Penner von Drängler da. Am Ende verstopfen sie weiter vorne den Verkehr und die Hilfe kommt zu spät.
Der BMW-Fahrer hupt. Ich bin mir sicher, dass der Fahrer, oder die Fahrerin richtig auf die Hupe draufschlägt. »Noch einmal, und ich ramme dir mein Fuß, so in den Arsch, dass du trotzdem daran erstickst«, fluche ich und werfe einen Blick in den rechten Seitenspiegel. Immer wieder taucht der weiße BMW im Spiegel auf. Der Fahrer richtig am Motzen und Toben.
Eisbein. Karma. Gibt es doch nicht. Erschrocken komme ich nun ganz zum Stehen. Der weiße BMW fährt freudig hupend an mit vorbei.
Ich fluche und lasse die letzten Sekunden vor meinem Inneren Auge Revue passieren.
Es hat geknallt. Hinten am Heck und das nicht gerade leicht. Reizend. Auffahrunfall. Der BMW?
Nein, dieser ist es nicht. Kann doch auch nicht sein. Als ich wieder nach links gelenkt habe, ist dieser wildhupend an mir vorbei gerollt und hat mir den Mittelfinger hingehalten. Wer auch immer auf mich draufgefahren ist, kriegt meine Airforce ins Gesicht. Mit Anlauf.
Bevor ich einen Blick in den Rückspiegel werfe, ziehe ich die Handbremse an, stelle auf P und löse meinen Sicherheitsgurt. Immerhin ist mir mein Airbag nicht um die Ohren geflogen, da dieser deaktiviert habe. Vor ein paar Tagen, hab ich Marcos Tochter Mina, aus dem Kindergarten abgeholt. Vorsichtig öffne ich die Fahrertür, damit diese nicht mit der Leitplanke in Berührung kommt. Dann steige ich aus. Obwohl die Wut überhandnimmt und etliche Beleidigungen aus mir heraussprudeln, halte ich inne. Irgendwie bin ich zu müde, den Mund aufzumachen, als ich das Desaster begutachte. Ich stemme die geballten Fäuste in meine Hüfte und presse die Lippen aufeinander. »Hm«, mache ich. »Tja...«
Ein silbener Volkswagen, keine Ahnung, ob es ein Polo, oder Golf ist, klebt mir mit vollstem Elan im aufgesprungenen Kofferraum. Im Gegensatz zu meinem Auto, ist der VW total fritte. Die Stoßstange hängt auf Halbacht, irgendeine Flüssigkeit tritt aus, die sich schnell als Scheibenwischerwasser indentifizieren lässt, weil ist pink. Die Achse ist durch und der Reifen komplett platt. Die Motorhaube, gleicht einer halben Zirhamonika. Wer weiß, was da noch so kaputt ist. Hoffentlich lebt der Fahrer noch.
Mein Blick schweift plötzlich zu der Person, die sich gerade durch das offenstehende Fahrerfenster und durch den Qualm des Airbags, durchkämpft. Ähnlich wie ein Zombie, stöhnend und ächzend und gleichzeitig fluchend und blutend. Viel zu viele Haare, hängen der Frau im Gesicht, dass ist nicht zu übersehen. »Te voy a matar«, flucht die Frau immer wieder. Keine Ahnung, was die da von sich gibt. Aber es interessiert mich auch nicht. Sie ist mir draufgefahren. Abstand hat sie wohl nicht in ihrem Wortschatz.
Eigentlich will ich sie fragen, ob es ihr gut geht, aber die Verletzung an dem Arm und im Gesicht, erübrigen die Frage. Mein Blick wandert nach unten, als die Frau vor meinen Füßen stumpf auf den Boden knallt. Ich will ihr gerade auf die Beine helfen, da springt sie plötzlich auf. Ich kann gerade noch meinen Kopf wegdrehen, bevor sie mir volle Brandbreite eine Kopfnuss verpassen kann. Vermutlich unabsichtlich. Mit dem Rücken wendet sie sich zu mir und motzt wie ein Rohrspatz. So übel kann sie ja gar nicht verletzt sein – oder es liegt am Adrenalin. Ich halte inne, als die wirklich ansehnliche Rückenansicht mich für einen kurzen Augenblick ablenkt. Hab ich doch was abgekriegt?
Die Frau, in den weißen Adidas-Sneakern, stampft direkt zu einem Transporter hinter ihr.
Speichel schluckend, ermahne ich mich innerlich selbst, dass ich in mitten eines Unfalls verwickelt bin und das Gaffen, egal wo, absolut Scheiße ist. Sei es bei einem Unfall, oder einem wirklich weiblich-ansehenden Hintern. Holy. Der Transporter erhält nun meine Aufmerksamkeit – ach du Scheiße -, klebt den VW regelrecht im Kofferraum.
Ein Mann, in einer graublauen Fleecejacke, hält bereits sein Handy am Ohr, als dieser aus dem Transporter springt und ebenfalls auf Konfrontation geht. Es fliegen die Fetzen und wie die Fetzen fliegen. Die wildesten Kombinationen von deutschen Beleidigungen, fliegen umher. Türkische Beleidigungen, die man mal auf dem Platz aufgeschnappt hat, die vom Transporter-Typen kommen. Ebenso wie Spanische, die von der Frau kommen. Ich weiß nicht, woruf ich mich zuerst konzentrieren soll.
Die beiden Streithähne, die wirklich kurz davor sind, sich gegenseitig in den Asphalt zu boxen, oder die anderen Autofahrer, die an uns vorbeirollen, Handys und Tablets zücken und filmen, anstatt um Hilfe zu fragen. Oder der ältere Fahrer, eines Mercedes, der wirklich nach Hilfe fragt, aber ich erstmal wegschicke.
Schließlich können doch drei Erwachsene, so etwas regeln, obwohl Transporter-Tarek, nicht den Anschein macht, als ob alle Synapsen da oben richtig verbunden sind. So abfällig, wie er die rothaarige Frau beleidigt, Alter Schwede. Ich komme nicht mal dazu, mich in dieses ermüdende Anbrüllen einzumischen, da holt die Frau hörbar tief Luft, bevor sie weiter motzt, als gebe es keinen Morgen. Sie hat einen hörbaren Akzent, der stärker wird, sobald sie wütender wurde. Irgendwann wechselt sie komplett ins Spanische, um ihn Beleidigungen an den Kopf zu werfen, wer weiß, ob da auch Morddrohungen dabei sind, so wütend wie die Frau ist. Also, eine heißblütige Liebesbekundung ist das hier nicht. Der Lieferant hält noch immer sein Handy am Ohr. Ich bin fest der Meinung, dass er bereits die Polizei und den Rettungsdienst verständigt hat, da die Frau eine blutende Platzwunde an der Stirn hat.
Ich würde gerne Erste-Hilfe leisten, aber trau mich nicht wirklich, weil sie mich dann auseinanderflücken wird. »Can, wallah, warte mal, die heiße Tussi, brüllt mich schon wieder an. Ja, ich weiß, dass du das hören kannst«, sagt er in den Hörer, verabschiedet sich von seinem Kumpel und legt auf. Mir knallt die Kinnlade mit Wucht auf den Aspahlt, so sprachlos bin ich. Der unschöne Verdacht, dass der Auslieferer, der blauweißen Götterboten, vom Handy abgelenkt und deshalb der kleinen Rothaarigen raufgefahren ist, breitet sich in meiner Magengegend aus.
Der Kerl, so groß wie ich, aber um einiges schmaler, steckt sein Handy in die hinterste Hosentasche. Ich rechne schon fest damit, dass er ebenfalls zurückbrüllen würde und alles in der Macht stehende tun würde, um die Frau weiterhin klein zu machen - geht es überhaupt noch kleiner? Wie groß, oder in dem Fall, klein, ist sie bitte? Wächst sie noch?
Aber Transporter-Tarek grinst nur hämisch und als hab ich es im Urin, öffnet er seinen Mund, aus dem nur ekelhafte Wörter kommen. »Komm runter, Baby. Wir sind doch alle versichert. Machen wir das beste daraus. Ich gebe dir meine Nummer, du rufst mich an, dann klären wir das mit den Versicherungen bei einem Tee und danach lutscht du mir den Schwanz.«
Meine rechte Hand, hat sich automatisch zur Faust geballt, aber bevor ich diese erheben kann, um den Kerl, aus dem Nichts, da bin ich selbst überrascht, eine zu verpassen, kommt mir die so plötzlich verstummte Rothaarige zuvor. Noch bevor, ihre geballte Faust, die geballte Faust, nicht die flache Hand, dass Gesicht des Lieferanten küssen kann, schnellt meine Hand hervor. Der Kerl weicht zurück. »Spar dir das für's Bett auf.«
»Komm halt's Maul und ruf die Polizei und den Rettungsdienst«, fahre ich den Kerl an. Als ich dann einen Blick zu der Frau nach unten wage, starrt sie mich an. Das leicht gebräunte Gesicht blutverschmiert, trotzdem sehe ich die Sommersprossen in ihrem Gesicht explodieren. Vor Wut. Hoffentlich will sie mir nicht an die Gurgel springen. Darauf kann ich verzichten. Ich hab gar nix gemacht - gar nix.
»So eine große Klappe – kannst bestimmt gut mit dem Mund umgehen.«
Die Rothaarige, deren Handgelenk ich noch immer festhalte und die auch nicht den Anschein macht, sich von mir losreißen zu wollen, beziehungsweise, von meinem festen Griff, wendet sich wieder dem Lieferanten zu. »Bist du taub? Er hat gesagt«, eine Kopfbewegung in meine Richtung. »das du die Klappe halten sollst. Und du lass mich los.« Sofort lasse ich sie los. Sie flucht, immerhin leiser, als sie ihren rechten Arm runternimmt und auf die rote Wunde blickt. Autsch. Das VW-Logo hat sich auf ihrem Unterarm breit gemacht. Sieht aus wie eingebrannt. »Ich habe einen Verbandskasten im Auto. Halten wir ein bisschen Abstand zu diesem Penner und ich kümmere mich um deine Verletzungen.«
Die Rothaarige wendet sich zu mir, schaut zu mir hinauf. Ich rechne schon fest mit einer Kopfnuss, oder so – auch wenn sie dafür eine Sprossenleiter braucht, oder die Sprungtechnik eines Basketballspielers. Die linke, gezupfte Augenbraue hochgezogen, Zornesfalten zwischen den Augenbrauen. Ach du liebes Lieschen. Das Erste, was mir bei ihr sofort auffällt, ist ihre Augenfarbe. Ein helles Grün und nur um der Iris herum, ein unregelmäßiger, hellbrauner Ring. Volle, leicht rotgeschminkte Lippen – oder ist es Blut, wer weiß, helles Kupferfarbendes Haar, Sommersprossen im Gesicht und selbst auf den nackten Schultern. Irgendwie hat's mir die Sprache verschlagen, als ich ihr unaufhaltsam in die Augen starre. Ich öffne meinen Mund, sage irgendwas. Keine Ahnung, welche Worte meinen Mund verlassen, aber es muss wohl etwas Komisches gewesen sein. Denn sie verzieht ihre Lippen zu einem kleinen Schmunzeln, zeigte Grübchen. Kopfschüttelnd wendet sie sich ab und setzt sich in Bewegung. Als der Augenkontakt abbricht, komme ich solangsam wieder zu mir. »No, ich lehne ab«, sagt sie höflich und normal. Anscheinend ist der ganze Ärger, für einen Moment gewichen. Ich zerbreche mir den Kopf, was ich denn gesagt haben soll. Denke scharf nach. Selbst der verwirrte Gesichtsausdruck von Transporter-Tarek, hilft mir nicht weiter. »Was hab ich gesagt?«, frage ich ihn, als die Rothaarige aus der Hörweite ist.
»Junge, was bist du für ein Spasti. Kickt der Alzheimer?«, stellt der Kerl eine Gegenfrage.
»Kannst du nicht normal antworten, Junge?«
Er rollt die Augen. »Hast gefragt, ob sie dich heiraten will, du Kek.«
Das hab ich nicht wirklich, oder? »Hab ich das?«, frag ich mich eher selbst.
»Junge, bist du behindert? Du bist merkwürdiger, als Bernd das Brot.«
Ich schnaube. Warum beleidigt er das depressive Brot aus dem Kinderkanal? »Ach halt die Klappe, Burak das Börek«, fluche ich genervt und wende mich von ihm ab. Wo ist die Rothaarige?
Ah, sie steht bei ihrem Auto und schüttelt ihren Kopf. Ich gehe zu ihr und höre den Hermesboten noch fragen, woher ich weiß, dass er Burak heiße. Ich gehe direkt an ihr vorbei, um irgendwie an meinem aufgesprungenen Kofferraum zu gelangen. Immerhin kann ich so an dem Seitenfach fassen und aus dem Audi A3 den Verbandskasten rausholen. »Bist du auch verletzt?«
»Hä?«, frage ich erschrocken und drehe mich um. Die Rothaarige steht hinter mir und mustert mich. Noch immer sickert langsam Blut aus der Platzwunde an ihrer Stirn. Mittlerweile hat sich auch das weiße Top, was sie trägt komplett mit Blut eingesaut. Selbst die schwarze Jeans, die weißen Sneaker und teile ihrer Haut sind Blut verschmiert.
»Hat dein Kopf was abbekommen?«, hakt sie wieder nach. Jetzt, wo sie sich ein bisschen beruhigt hat, ist ihr starker Akzent lediglich ein wenig gewichen, aber trotzdem noch hörbar da.
»Nee, ich bin generell zurückgeblieben«, antworte ich ihr wahrheitsgemäß und werde plötzlich nervös. »Blond, blauäugig und blöd.« Ich deute, komisch grinsend mit beiden Daumen auf mich und lasse den Verbandskasten dabei fallen. Ich verstumme sofort, als sie mich komisch anblickt. Sie sieht aus, als würde sie unerträglichen Schmerzen leiden – vermutlich wegen mir. Verübeln kann ich ihr das nicht. Selbst ich leide, über mein Auftritt. Gott, ist das unangenehm. Mein Grinsen weicht, meinem gleichgültigen Blick, den ich ganz gut draufhabe. Ich weiß nicht mal, ob ich verletzt bin, oder nicht. Momentan ist der Adrenalinspiegel viel zu hoch, um mich auf vermutliche Schmerzen zukonzentrieren. Die Innerlichen, lass ich mal außen vor. »Mir geht es gut«, gebe ich von mir und hebe den Verbandskasten aus Plastik auf. Ein Riss hat sich im Plastik gebildet, genauso wie in meinem Kopf. »Mir geht's absolut hervorragend«, gibt sie von sich, um mir nur eine Sekunde später vor die Füße zu kotzen. »Dankeschön!«, rufe ich und spring zurück. Trotzdem bekommen meine neuen Nikes etwas ab. Da sollte wohl jemand schnell in ein Krankenhaus gebracht werden.
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