Kapitel 9
Ich musste zugeben, dass es gar nicht so schlecht aussah. Nachdem meine Haare gebürstet und die Zähne geputzt waren, duschte ich mich mit seinem Shampoo, das zum Glück nicht allzu männlich roch, zog ich mich endlich um. Es war tatsächlich ein seltsames Gefühl, so schlabbrige und lange Unterhosen anzuhaben, aber sonst war ich mit der Kleidung echt zufrieden. Eine kurze Jeans, ein T-Shirt und ein kurzärmliges Hemd drüber, das ich unter meiner Brust zusammenknotete, weil mein BH auch gewaschen werden musste und man durch das Shirt alleine echt alles gesehen hätte.
Als ich aus dem Haus herauskam, stellte ich mich wie ein Model vor die Tür und erwartete seinen Kommentar. Er pfiff und lachte. „Du hast zum Glück einen ziemlich weiblichen Style, weswegen ich nicht wie der völlige Depp aussehe.“ Fand ich. „Falls das jetzt ein Kompliment gewesen sein sollte, muss ich dir leider sagen: Das war keins.“ „Das sollte auch keins gewesen sein. Es war nur eine Feststellung.“ „Aha.“ Mehr sagte er dazu nicht.
„Und, was machen wir jetzt die ganzen Tage?“ wollte ich wissen und setzte mich auf den Sand. „Ich versuche, zu fischen. Du kannst mir gerne dabei helfen. Ich habe ein kleines Boot, wenn wir weit genug rausfahren, dann kann das sogar was werden.“ „Okay. Dann ist mir nicht so langweilig.“ Meinte ich und packte schon mal Sachen ein. Ein Kissen, falls man länger sitzen muss, mein Notizbuch, einen Stift, zwei Angeln und was zu trinken. Davis holte währenddessen schon mal das Boot und zog es ans Wasser.
Ich humpelte zum Boot und machte es mir schon mal gemütlich, bis David sich auch endlich setzte. Als sein Blick auf mich fiel, lachte er. „Wenn man dich so sieht, könnte man denken, du sitzt im Kino und nicht in einem Boot.“ „Was? Und wenn wir Durst kriegen? Außerdem kann ich nicht lange auf einer harten Fläche sitzen, sonst tut mir alles weh.“ „Na, wenn du meinst.“ Sagte er und ruderte schon mal los.
„So, das müsste reichen.“ Sagte er schließlich und legte die Ruder wieder ins Boot. Ich gab ihm seine Angel und warf meine aus. Ich wartete und wartete. Und wartete. „Wann beißen die blöden Fische denn mal an?“ fragte ich ungeduldig. „Das kann lange dauern. Du sitzt erst seit 2 Minuten hier. Hast du noch nie anderen beim Angeln zugesehen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Aha. Jetzt verstehe ich die Ausrüstung.“ Ich klemmte die Angel zwischen meine Beine und nahm mein Notizbuch aus der Tasche. „Das kann man ja nicht abwarten. Also beschäftige ich mich eben anders.“ Erklärte ich, als ich Davids skeptischen Blick sah.
Hi, Lucy, da bin ich wieder!
David hat mir ein neues Notizbuch gekauft und dazu noch ein viel schöneres. Er ist übrigens gar nicht so übel, wie ich erst dachte. Ich hatte mich so sehr in ihm getäuscht. Und wegen meiner Vorurteile und wegen der vielen Geheimnisse bin ich jetzt mit ihm quasi auf der Flucht. Obwohl wir uns eigentlich nur verstecken vor denen, die ihn suchen. Es ist echt kompliziert, wenn ich nach Hause komme, erkläre ich es dir. Ich habe alle meine Sachen bei meinen Eltern in der Ferienwohnung, habe nur Männerkleidung an und sitze jetzt in einem Boot und fische. Ich kann es selbst kaum glauben, aber es macht sogar irgendwie Spaß, dieses Leben. Zumindest bis jetzt.
Und es ist hier traumhaft schön. Palmen, Meer, Sonne und Hitze. Meine Mutter hatte Recht, es lag wahrscheinlich wirklich daran, dass ich alles negativ gesehen habe wegen der Trennung. Wenn ich jetzt über die Trennung denke, dann muss ich mir ein Lachen verkneifen. War es wirklich erst ein paar Tage her? Mir kommt es vor wie eine halbe Ewigkeit. Und wenn du ihn sehen solltest, kannst du ihm sagen, dass er echt ein … ne, sag es ihm lieber nicht. Aber ich frage mich wirklich, was ich je an ihm gefunden habe. Erst recht wenn ich den Typen ansehe, der gerade vor mir sitzt. Bei Gelegenheit werde ich vielleicht ein Foto von ihm machen und dir dann nach den Ferien zeigen.
Oh warte, an meiner Angel regt sich was. Mein erster selbstgefangener Fisch! Ich habe so Hunger. Und zwar so sehr, dass ich aufgegeben habe, Vegetarier zu sein! (Das Leben macht mich zu einem ganz anderen Menschen, hoffentlich erkennst du mich noch, wenn ich zurückkomme)
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