Kapitel 40
Vor Wut schnaubend warf Jin die Tür hinter sich ins Schloss.
"Was bildet sich dieser Typ eigentlich ein?", murrte er zu sich selbst, während er genervt den Gürtel und Reißverschluss der Anzughose öffnete.
Schön und gut, wenn dieser aufgeblasene Angeber ein angeblich so tolles Model ist. Bei dem Aussehen war das auch irgendwie verständlich.
Aber musste er deshalb so überzogen Namjoon um den Hals fallen?
Jin schob die Hose bis zu den Füßen, trat sie verärgert von sich.
Viel wichtiger war allerdings, was er sich selbst eigentlich einbildete? Glaubte er ernsthaft, da wäre irgendwas zwischen ihm und Namjoon?
Nicht, dass er sich irgendwelche Hoffnungen machen würde. Ganz bestimmt nicht. Immerhin wollte er ja nichts von ihm.
Dennoch hatte er wenigstens gedacht, die Art, wie der Fotograf ihn behandelt hatte, sich um ihn gesorgt, wäre etwas Besonderes.
Scheinbar war das aber wohl Standard im Umgang mit den Leuten, mit denen er Bilder machte.
Erst knipst man ein paar nette Fotos und danach geht man miteinander ins Bett. Vielleicht lief das einfach so ab in diesen Kreisen.
Aus seinen Gedanken gerissen drehte Jin sich überrascht um, als er das Klicken des Türschlosses hörte und plötzlich Namjoon erschien.
"Ist alles okay bei dir?", fragte er stirnrunzelnd.
Ach, jetzt machte er sich wieder Sorgen. Vor ein paar Minuten noch war nichts wichtiger als das anhängliche Supermodel mit dem Hang, sich immerzu pseudo erotisch über die Lippe zu lecken.
"Natürlich. Was sollte nicht okay sein?", entgegnete Jin schnippisch, kehrte dem Fotografen wieder den Rücken zu.
"Du hast irgendwie verärgert gewirkt.", meinte dieser und Jin hätte schwören können, dass er das typische Schulterzucken regelrecht hören konnte. "Und tust es scheinbar noch immer."
Mit den Augen rollend knöpfte der Dunkelhaarige unter fahrigen Bewegungen das Seidenhemd auf: "Ich bin überhaupt nicht verärgert. Alles ist toll."
Konnte er ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Sollte er doch seine blöde Kamera justieren oder das Licht dimmen. Irgendwas fotografenmäßiges zumindest.
"Und warum reißt du dann die Knöpfe an einem 200 Dollar teuren Hemd ab?", fragte Namjoon schließlich.
Schockiert drehte Jin sich auf der Stelle zu ihm um, sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
"200?", stotterte er.
Fassungslos starrte er auf den seidig glänzenden Stoff zwischen seinen Fingern, der an einigen Stellen dank seiner Tollpatschigkeit sogar schon Fäden gezogen hatte.
Warum zur Hölle ließ Namjoon ihn ein derart teures Hemd tragen? Oder sagte ihm zumindest nicht vorher den Wert?
Der blonde Fotograf trat einen Schritt auf ihn zu, begann vorsichtig, die restlichen verbliebenen Knöpfe zu öffnen.
Jin stand einfach nur da und starrte wie gebannt auf Namjoons Hände. Die so nah waren, nur Milimeter entfernt. Wie leicht wäre es gewesen, mit den Fingerspitzen unbeabsichtigt gegen Jins Brust zu kommen. Oder kurz über die aufgeheizte Haut zu streichen.
Die Augen zusammenkneifend versuchte Jin, die merkwürdigen Gedankengänge in Schach zu halten.
Er musste endlich aufhören, sich irgendwas einzubilden, was sowieso nicht passieren würde. Schon gar nicht jetzt. Und ganz bestimmt nicht mit Namjoon.
Ein leises Klimpern hallte durch den winzigen Raum. Zwei oder drei Knöpfe waren zu Boden gefallen.
Erneut wurde Jin an den Wert dieses verdammten Hemdes erinnert.
"Das tut mir leid. Ich...", begann er reuevoll, wollte sich zu den wegrollenden Knöpfen bücken. Allerdings hielt Namjoon ihn davon ab, indem er seine Hand kurz auf Jins Oberarm legte und knapp meinte: "Beweg dich einfach nicht."
Ehe er selbst in die Hocke ging und nach den hellen Knöpfen Ausschau hielt.
Was sich möglicherweise etwas schwierig gestaltete, da auch der Boden der Umkleide mit einer weißen Betonschicht gestaltet war. Noch ein Grund mehr, dass Jin ein schlechtes Gewissen hatte.
"Ich bezahl das. Zieh es einfach von dem Betrag ab, den wir vereinbart haben.", bat er fast schon ein bisschen weinerlich.
Aber war das nicht verständlich? Immerhin hatte er das Hemd ja nicht absichtlich zerstört. Und außerdem wollte er ganz bestimmt nicht, dass Namjoon sauer auf ihn war.
"Schon in Ordnung. Erklär mir lieber, was los ist.", beruhigte der Fotograf ihn, während er suchend auf dem Boden kroch. "Du magst Taehyung nicht besonders, kann das sein?"
"Du dafür scheinbar umso mehr.", murmelte Jin automatisch. Schnell schlug er sich die Hand auf den Mund, als er realisierte, was er da eigentlich gerade gesagt hatte. Und hoffte inständig, dass Namjoon es nicht gehört hatte.
Nach dessen überraschtem Blick zu urteilen verpuffte diese Hoffnung allerdings recht schnell.
"Bist du eifersüchtig?", fragte er verblüfft, worauf Jin ertappt zusammenzuckte. Jedoch nur für einen Augenblick, winkte er doch gleich darauf laut auflachend ab.
"Was? Nein. Natürlich nicht.", entgegnete er viel zu übertrieben.
Kein Wunder, dass Namjoon mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm empor blickte: "Warum interessiert es dich dann, ob ich ihn mögen würde? Er ist lediglich ein Model, das ich schon lange kenne."
"Und weil ich keines bin, behandelst du mich, als wäre ich Luft?", hakte Jin mit verschränkten Armen nach.
Namjoon legte den Kopf schief: "Wie möchtest du den, dass ich dich behandel?"
Was sollte das denn für eine blöde Frage sein?
"Keine Ahnung. Anders halt. Nicht so...", angestrengt überlegend kratzte Jin sich am Hinterkopf. "So abweisend."
Okay, das klang total übertrieben und wahrscheinlich bildete sich Namjoon jetzt wieder sonstwas ein.
Stattdessen seufzte dieser leise, ehe er schließlich den Blick zu seinem Gegenüber hob: "Es ist unglaublich schwer für mich, genau so abweisend zu reagieren."
"Was?", stutzte Jin verblüfft.
"Ich möchte dich darauf hinweisen, dass du aktuell lediglich in Unterwäsche vor mir stehst.", machte Namjoon eine Kopfbewegung in seine Richtung. "Somit ist es also wirklich besser für dich, wenn ich abweisend reagiere."
Es brauchte einige Sekunden, bevor Jin die Worte wirklich begriff.
Dafür riss er dann wesentlich erschrockener an seinem Hemd und versuchte, sich irgendwie zu bedecken.
"Das fällt dir erst jetzt auf?", quietschte er fassungslos.
Namjoon war anzusehen, dass er sich ein Grinsen verkneifen musste: "Das ist mir schon die ganze Zeit über bewusst. Was glaubst du, warum ich mich nicht bewege? Ich hab hier unten den perfekten Ausblick."
Jin fiel fast die Kinnlade herunter: "Oh, du...", wutschnaubend schlug er mit der flachen Hand gegen die Schulter des Fotografen, wollte ihn so wegschubsen.
Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, wie stark und wahrscheinlich auch trainiert Namjoon sein musste. Hatte Jin doch überhaupt keine Chance, als seine Hüften von den Händen des Fotografen umfasst wurden und er sein Gesicht gegen den nun freigelegten Bauch lehnte.
Was sollte das werden?
Den Atem anhaltend registrierte Jin die sanften Küsse auf seiner Haut. Allerdings auch, was diese auslösten. Nur wenige Zentimeter tiefer.
Was sollte er tun? Es fühlte sich großartig an.
Aber war es auch richtig, wenn er es zuließ?
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