Kapitel 16
Natürlich war er nicht nach Hause gegangen.
Den ersten Schluck aus der Flasche hatte er sich bereits in der U-Bahn genehmigt.
Das warme Gefühl des Alkohols, die feine Säure auf seiner Zunge, hatte ihn für einen Moment abgelenkt. Wie ein Trost.
Mit jedem Schluck mehr schienen sich auch seine Gedanken zu beruhigen.
Zumindest bis seine Haltestelle angesagt wurde.
Zu dem Zeitpunkt war die Weinflasche bereits leer.
Und Jin voll. Verständlicherweise.
Vielleicht blieb er deshalb einfach sitzen. Erstens, weil er sich kaum auf den Beinen halten konnte.
Aber vor allem, weil er nicht nach Hause wollte.
Er wollte nicht allein auf der Couch versauern und darüber grübeln, was in den letzten zwei Tagen geschehen war.
Er wollte Antworten. Eine Erklärung.
Vor allem wollte er aber, dass endlich die Tür aufgemacht wurde, weil es nämlich echt kalt geworden war.
Als wäre sein Flehen erhört worden, öffnete sich die große verglaste Eingangstür.
"Jin, was machst du...", Namjoon wirkte sichtlich überrascht.
"Du!", blaffte der Dunkelhaarige ihm entgegen, beugte sich dabei so weit vor, dass er das Geleichgewicht verlor und gegen die Brust des anderen prallte.
Namjoon schnupperte: "Bist du betrunken?"
"Das ist deine Schuld.", beschwerte Jin sich nuschelnd, vergrub das Gesicht im Hemd seines Gegenübers. Da war es wieder. Dieses Aroma des Parfüms, das Namjoon immer trug. Und dessen einzelne Bestandteile sich bereits in Jins gehirn gebrannt hatten.
"Meine?", hakte der Blonde nach.
Was denn? War er ernsthaft überrascht?
Oder konnte das nicht wahrhaben?
Immerhin war doch er es gewesen, der ihm seine Lippen aufgezwungen hatte.
Genau deshalb nickte Jin. Mehrfach. Lange. Vielleicht ein bisschen zu lange.
Bis er eine Hand auf seinem Hinterkopf spürte.
"Bist du eingeschlafen?", fragte Namjoon schmunzelnd nach einigen Sekunden.
Diesmal schüttelte Jin den Kopf. Deutlich weniger intensiv und nicht ganz so lange.
Er ließ sich bereitwillig von dem Blonden ins Innere des Studios ziehen, hob schließlich den Kopf und blickte mit großen Augen zu ihm auf.
"Warum hast du mich geküsst?", fragte er leise.
Jetzt war es raus.
Die ganze Zeit hatte er überlegt, wie er die Frage am besten stellen sollte. Wann der richtige Moment dafür war. Ob vielleicht nicht auch ein Anruf oder eine kurze Nachricht gereicht hätte.
Aber nun war es eh zu spät, sich noch länger darüber Gedanken zu machen.
Nun stand er also hier, wartete und starrte Namjoon an.
Der schaute verblüfft zu ihm herunter: "Warum? Weil ich es wollte."
Bitte was?
Was war denn das für eine Antwort?
"Weil du es wolltest?", hakte Jin fassungslos nach. "Einfach so? Aber man kann nicht einfach so machen, wonach man gerade Lust hat."
Namjoons Mund verzoge sich zu einem leichten Lächeln: "Nicht?"
Gerade wollte der Dunkelhaarige etwas darauf erwidern, als der heiße Atem des Blonden sein Gesicht streifte. Und seine Lippen.
Der Kuss überraschte ihn nur im ersten Moment.
Im nächsten Augenblick schloss Jin die Augen, seufzte lautlos.
Er tat es schon wieder.
Schon wieder hatte Namjoon ihn einfach überrumpelt. Und schon wieder schien sein Körper wie automatisch zu reagieren.
Warum konnte er einfach nichts dagegen tun?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro