13.Kapitel
Lisa brachte Priority in den Stall, fütterte die Stute und sattelte Esperanza auf. Dann führte sie ihr Pferd zusammen mit Cam und Duke aus dem Stall. Es war schon dunkel geworden und die Schneeflocken fielen friedlich auf die weiß bedeckte Erde. Lisa war bei Esperanza doch noch ein wenig nervös, aber die Schneeflocken hatten eine beruhigende Wirkung. Esperanza schnaubte und schüttelte ihre lange Mähne. Der Halbmond warf Licht auf die Schneekristalle, sodass diese in seinem Schein glänzten. Lisa und Cam gingen schweigend nebeneinander her, jeder hing seinen Gedanken nach und die Pferde liefen brav mit. Wieder im Internat brachte Lisa ihre Schimmelstute in ihre Box, gab ihr ein bisschen Hafer, füllte das Heunetz auf und kontrollierte die Selbsttränke. Dann verabschiedete sie sich von Cam und Duke, die in der Dunkelheit verschwanden. Lisa ging auf ihr Zimmer, duschte sich und wusch sich die Haare. Danach machte sie sich einen Dutt, zog ihre Jogginghose und einen dicken Pulli an und ging zum Speisesaal.
Der nächste Morgen war Mittwoch. Das hieß Doppelstunde Kunst als erstes. Und noch eine bessere Nachricht: Diese Doppelstunde fiel aus! Also anderthalb Stunden später aufstehen, ganz nach Lisas Geschmack. Noch im Schlafanzug stand sie am Fenster und schaute raus. Die kahlen Äste der Eiche ragten in den babyblauen Himmel. Auf ihnen lag Zentimeter dick der Schnee. Es musste die ganze Nacht durch geschneit haben, denn auf dem Innenhof konnte man den ausgetretenen Weg zum Stall und der Turnhalle sehen. Und auch jetzt fielen dicke Flocken auf den weißen Boden. Lisa griff nach ihrer Haarbürste und fing an, ihr hüftlanges braunes Haar zu kämmen. Gedankenverloren schaute sie dabei aus dem Fenster und lauschte den Geräuschen. Im Bad machte Kena gerade die Dusche an und Marie drehte sich im Bett auf die andere Seite. Plötzlich ertönte Hufgeklapper auf dem frei geschippten Parkplatz draußen. Ein Schimmel betrat den Innenhof. Duke und Cam. Wie immer ohne Sattel und Helm, immer im Rhythmus von Dukes raumgreifenden Schritt. Eine dunkle Strähne fiel ihm ins Gesicht und sein Atem bildete eine Dampfwolke in der Luft. Lisa zückte ihr Handy und machte heimlich ein Bild von dem idyllischen Reiter-Pferd-Paar. Noch etwas länger schaute sie Cam und seinem Hengst hinterher, bis sie die beiden nicht mehr sehen konnte. Dann widmete sie sich wieder ihren Haaren und machte sich im Bad fertig.
Als Lisa den Speisesaal betrat, war der ungewohnt leer. Anna saß schon am Klassentisch und wartete auf sie. Wie jeden Morgen trank sie ihren Kaffee. Lisa holte sich eine Semmel und Nutella, dazu noch Apfelsaft und einen geviertelten Apfel. Sie begrüßte ihre Freundin und fing an zu essen. Nebenbei unterhielten sie sich über den gestrigen Tag, ob sie schon für Franz gelernt hätten oder was sie für Hausaufgaben heute noch machen mussten. Als auch Lisa fertig gegessen hatte, gingen sie auf ihre Zimmer, putzten sich die Zähne und Lisa ging zu Anna, um mit ihr für die am Montag bevorstehende Französisch Schulaufgabe zu lernen. Gemeinsam fragte sie zuerst Anna ab, dann umgekehrt. Als es schließlich gongte, liefen die beiden zum Klassenzimmer und setzten sich schnell an ihre Plätze. Jetzt lagen vier totlangweilige Stunden vor ihnen.
Doch nach der Mittagspause hatten sie Reitstunde und diesmal ging Lisa mit etwas besserer Laune als in den vorherigen Stunden zum Stall. Als sie ankam, begrüßte sie zuerst schnell Esperanza, dann holte sie Duke aus seiner Box und fing an, ihn zu putzen. Beim Satteln kam Cam vorbei.
„Hey.“ Cam blieb stehen und streichelte den Kopf seines Hengstes.
„Hey.“, sagte Lisa und legte dem Schimmel vorsichtig den Sattel auf.
„Alles okay?“, fragte Cam.
Lisa nickte. „Wird schon.“, grinste sie. Cam grinste zurück und ging weiter zu Esperanza.
Lisa führte Duke in die Halle und stieg auf. Sofort war dieses Gefühl wieder da. Angst. Scheiße, Duke verkrampfte sich auch schon wieder. Und sie hatten noch nichtmal angefangen! Sie ritt den Hengst ab und hörte aufmerksam Frau Reidl zu.
„Die letzte Woche vor den Weihnachtsferien werdet ihr am Nachmittag volles Reitprogramm haben. Also nur die Fortgeschrittenen unter euch. Damit ihr euch und die Pferde ein bisschen auf das Turnier für die Auswahl der Schulmannschaft vorbereiten könnt. Dabei wird dieses Jahr ein System getestet, bei dem es wie gewohnt eine Vielseitigkeitsmannschaft gibt, aber auch extra eine für Dressur und Springen.“, verkündigte die Reitlehrerin. Lisa fiel ein Stein vom Herzen. Sie musste nicht springen! Na das war doch mal was! Jetzt müsste sie also nur noch ihre Angst überwinden, dann lag ihrer Karriere nichts mehr im Weg.
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