Briefe
Nach zwanzig Minuten stellte ich das Wasser ab und griff nach einem Handtuch. Ich trocknete mein Gesicht und wickelte mir dann das Handtuch um. Der Spiegel war beschlagen, sodass ich mein Spiegelbild nicht sehen konnte. Nun, das war wahrscheinlich auch besser so. Ich trocknete ich mich ab und trat in mein Zimmer. Ich zog ein schlichtes, schwarzes Kleid an. In meinem Schminkspiegel sah ich mich dann. Ich sah nicht sehr gut aus. Ich griff nach dem Make-up. Dann tuschte ich mir noch meine Wimpern mit wasserfester Wimper. Ich griff nach Lippenstift. Dann sah ich wieder akzeptabel aus.
Ich verließ mein Zimmer und ging zu Ellie. Als ich den Raum betrat hob sie müde den Kopf. „Holly? Was ist los?", fragte sie verschlafen. „Dad ist vor einer Stunde gestorben.", antwortete ich. Meine Miene war undurchdringbar.
Ellie saß senkrecht im Bett. Sie wusste, dass ich nicht log. Wieso sollte ich auch. Meine kleine Schwester sprang aus dem Bett und lief zu Dad. Ich sah ihr traurig nach.
Dann setzte ich mich an meinen Schreibtisch und begann, Briefe zu schreiben. Der erste ging an Asti, Angus, Sophia und Ben.
Hallo Asti, Angus, Sophia und Ben,
leider muss ich euch etwas trauriges schreiben. Dad ist vor einer Stunde gestorben. Ich gebe euch Bescheid, wenn der Termin der Beerdigung feststeht. Aber vielleicht wollt ihr ja auch vorbeikommen und bei der Planung helfen. Es wäre sicher hilfreich. Mum geht es selbstverständlich nicht sehr gut und ich könnte ein wenig Hilfe gebrauchen. Natürlich nur, wenn es euch nichts ausmacht.
Viele Grüße
Holly
Ich faltete den Brief zusammen und tropfte etwas flüssiges Wachs darauf und drückte mein Siegel, ein kunstvolles H, darauf. Dann nahm ich mir ein zweites Pergament.
Liebe Ejana,
ich schreibe dir, weil ich dir sagen muss, dass mein Vater vor einer Stunde gestorben ist. Ich habe auch einen Brief an Asti und ihre Familie geschrieben. Sie kommen eventuell schon früher bei uns an. Den genauen Termin der Beerdigung teile ich dir mit, sobald er fest steht.
Bis bald,
Holly
Wieder versiegelte ich den Brief und schrieb noch ein paar weitere an Freunde von Dad. Dafür hatte ich eine Liste, die er vor kurzem gemacht hatte. Er wollte, dass alle diese Leute zu seiner Beerdigung kamen. Beim letzten Namen musste ich schlucken.
Richard Owen und Familie
War das etwa Tims Familie? Egal, ich schrieb ihm einen Brief. Dann schickte ich mehrere Eulen los.
Abends klingelte es an der Tür. Ich öffnete. Sophia fiel mir um den Hals. Ich lächelte matt. Dann wurde ich auch von Asti und Angus umarmte. Sogar Ben drückte mich kurz.
„Hallo Holly.", sagte eine sanfte Stimme, als ich Asti losließ. Ejana stand in der Tür. „Ejana.", wieder lächelte ich sanft und Ejana umarmte mich. Sie strich mir über die Haare. „Schön, dass du gekommen bist.", sagte ich. Ejana sah mich an. „Ist doch klar. Jetzt bist du die Erbin. Mein Mann wollte allerdings nicht mitkommen." Ich nickte. Mir war klar, dass Großvater nicht kommen würde.
„Entschuldigung? Bist du Holly, Michaels Tochter?", fragte plötzlich jemand. Ein Mann stand vor der Tür. Ich bedeutete meiner Verwandtschaft, in den Salon zu gehen und ging zu dem Mann. „Ja, ich bin Holly Seek. Und sie sind?", antwortete ich und reichte dem Mann die Hand. „Richard Owen. Ich bin ein Arbeitskollege und langjähriger Freund deines Vaters. Ich habe mir gedacht, dass ihr vielleicht etwas Hilfe braucht. Claire geht es sicherlich nicht sehr gut, und du und deine Geschwister seid noch minderjährig..." Ich verstand. Mum ging es wirklich schlecht und Ellie und mir war das Zaubern nicht erlaubt. Richard war also einer der Zauberer, die bei der transmagischen Behörde arbeitete. „Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen." „Sag ruhig Richard. Meine Frau und mein Sohn sind noch bei Verwandten. Charlene wird auch dort bleiben, aber hättest du etwas dagegen, wenn mein Sohn Tim nachkommt? Er muss nach den Ferien auch wieder zurück nach Hogwarts und..." Ich unterbrach ihn. Richard war also wirklich Tims Vater. „Nein, nein, Richard. Tim darf natürlich sehr gerne vorbei kommen!" Richard nickte. „Ich werde nur ein paar Sachen für mich holen. Wenn du willst, kann ich Tim auch gleich mitbringen. Ihr scheint euch ja zu kennen.", sagte er. Ich nickte und wurde leicht rot. Richard disapparierte und ich ging ins Haus.
Außer Mum waren alle im Salon. Ich fuhr mir durch die Haare. „Gut. Wir müssten dann die Zimmer aufteilen. Ein Freund von Dad, Richard, kommt mit seinem Sohn Tim auch noch vorbei. Er kann uns helfen, weil Ellie und ich ja nicht zaubern dürfen...", fing ich an. „Warte... Doch nicht etwa Tim? Aus deinem Jahrgang?", unterbrach Ellie mich. Ich wurde rot. „Doch genau der. Zumindest habe ich geplant, dass Tim und sein Vater in das zweite Gästezimmer ziehen. Ellie und Sophia kommen zu mir. Ejana, du kannst in Ellies Zimmer. Asti, Angus, Ben, wäre es ok, wenn ihr bei Dan schlaft?", fragte ich. Sie nickten.
Ich ging mit Sophia und Ellie in mein Zimmer. Es war gut, dass ich etwas zu tun hatte. So musste ich nicht die ganze Zeit an Dad denken.
„Ach, Holly. Wenn du und Tim in einem Zimmer schlafen wollt, können Sophia und ich auch im Salon schlafen.", grinste Ellie und wackelte gefährlich mit ihren Augenbrauen. Ich schmiss ein Kissen nach ihr. „Merlin! Ellie! Ich bin mit Remus zusammen. Ok?", lachte ich. Fataler Fehler. Ich hatte Ellie bisher noch nichts von Remus und mir erzählt.
Zwei kreischende Mädchen sprangen zu mir und durchlöcherten mich mit Fragen. Ich antwortete geduldig. Wieso hatte ich das eigentlich gesagt. Dann hätte ich mir das alles erspart.
„Seit dem Weihnachtsball. Tut mir leid, Ellie, ich hätte es dir früher sagen sollen. Ja, genau der Remus, von dem ich dir letzten Sommer erzählt habe, Sophia...", und so weiter und so weiter.
Eine Stunde später kam Richard wieder. Ich öffnete die Tür und fiel Tim sofort in die Arme, als ich ihn vor der Tür stehen sah. Er drückte mich an sich und hielt mich fest. Richard lächelte und ging hinein.
„Tut mir leid, das mit deinem Vater. Ich wusste gar nicht, dass sich unsere Väter kennen." „Danke. Ich auch nicht.", nuschelte ich in seinen Pullover. Und dann passierte es. Ich brach in Tränen aus.
Ich bemerkte nicht, wie Ellie aus dem Haus trat und Tim sagte, er solle mich am besten in mein Zimmer bringen. Er hob mich hoch und trug mich hinauf. Ellie und Sophia waren unten. Asti hatte die Planung in die Hand genommen, wofür ich ihr dankbar war.
Tim setzte mich auf meinem Bett ab. Immer noch hatte ich meine Arme um seinen Hals geschlungen und schluchzte in seinen Pullover. „Holl. Hey, dein Dad ist gestorben, und das ist wirklich schlimm. Aber er wird dich nie verlassen. Er lebt in deinem Herzen weiter." Ich hob kurz den Kopf und sah ihn an. Er erwiderte den Blick und wischte mir die Tränen von den Wangen. „Das Leben geht weiter. Denk an Remus. Er liebt dich und du ihn. Denk an uns, deine Freunde.", flüsterte er. Ich nickte und lehnte mich an ihn. Tim hielt mich immer noch fest. Es tat gut, dass jetzt einer meiner Freunde bei mir war. „Kein Wort zu den anderen, ok?", flüsterte ich. Tim nickte. Ich kuschelte mich in seinen Pullover und schloss die Augen. Ich war hundemüde und schlief ein.
Anfang Januar war die Beerdigung. Zwei Tage vor unserer Rückfahrt nach Hogwarts. Dad würde in Godric's Hollow, nicht weit von unserem Haus, beerdigt werden. Wir saßen in der Kirche. Tim hatte einen Arm um mich gelegt. Bei ihm musste ich nicht stark erscheinen. Er hatte sich die letzten Tage um mich gekümmert. Ich glaube, nur dank ihm habe ich mich in Arbeit gestürzt.
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