Chapter 5~Abschiede
Empörtes Gemurmel ertönte und stieg weiter an.
Ich wusste dass es ihnen nicht passte.
Elafrÿs waren dafür gemacht, nur sich selbst zu gehorchen.
Doch ich führte Lexas Befehle aus, und alles andere würde die Welt erneut in Krieg stürzen.
Schliesslich sprang Sebastian auf, der stärkste und mutigste aller Kämpfer.
Seine Gesichtshälfte die verbrannt war, bewegte sich nicht. Doch die andere Hälfte zeigte seine Wut mehr als deutlich.
„Das willst du doch nicht etwa wirklich tun?"
Ich sah ihn unbeeindruckt an.
„Doch. Das werde ich tun, im Auftrag der Königin. Hast du ein Problem damit?"
Es wurde ruhig, die meisten sahen zu Boden, auch wenn ihre Hände verkrampft wirkten.
„Ja."
Sebastian baute sich vor mir auf, er war ein ganzes Stück grösser als ich.
Doch das machte keinen Unterschied. Ich war die Anführerin, er hatte mir Respekt zu zollen.
„Dir ist bewusst dass wenn du dich entschuldigst, du uns allen Schande bringst? Die Starken Elafrÿs werden dann zum Gespött der Dämonen! Das ist es doch, was sie alle wollen!"
Ich legte den Kopf schief, meine Haare fielen mir in die Stirn.
„Und das wäre?"
„Uns unsere Macht zu nehmen!"
Ich lachte trocken auf.
„Du bist paranoid Sebastian. Niemand will uns irgendetwas nehmen. Habt ihr das alle verstanden? Niemand bedroht uns."
Verkündete ich laut. Ein etwas jämmerlicher Versuch, Ruhe in die erhitzten Gemüter zu bringen.
„Das versuchst du uns einzureden Sheya...doch langsam bezweifle ich, dass du wirklich auf unserer Seite stehst."
Luft wurde eingesogen und einige Schritte wurden zurück gemacht.
Niemand wollte mit seinen ketzerischen Worten in Verbindung gebracht werden.
„Was sagst du da?"
Knurrte ich und richtete den Blick hoch zu ihm.
Wut wallte in mir auf. Dank mir waren sie überhaupt wieder am Leben...
„Ich denke, du bist zu einem Schosshund der Hexenkönigin geworden. Du bist schwach."
War ich das? Womöglich.
Meine Augen blitzten gefährlich.
„Sprich es aus."
Forderte ich.
Seine breiten Schultern spannten sich an und er reckte den Kopf.
„Ich finde, du bist nicht mehr stark genug, uns anzuführen."
Auf meinem Gesicht breitete sich ein grinsen aus.
Es war unpassend und mir war gar nicht zum Lachen zumute.
Doch ich musste einfach lauthals loslachen.
Verwirrte Blicke trafen mich, Sebastian sah sich unangenehm getroffen um.
Ich lachte so lange, dass ich Schmerzen im Bauch spürte und mir die Tränen über die Wangen liefen.
Mein Leben war zu einem einzigen Chaos mutiert, seit ich diese Welt betreten hatte.
All das hätte ich vor drei Jahren nicht einmal für möglich gehalten.
Und jetzt war ich kurz davor, wieder aus dieser neuen Welt heraus geschmissen zu werden, verlor meinen Seelengefährten und mein Volk noch mit dazu.
„Du wagst es, über mich zu lachen?"
Sebastian bebte und sein Gesicht war knallrot angelaufen.
Nach Luft schnappend stützt ich mich an meiner Hüfte ab.
„Ja, irgendwie ist es schon ganz lustig."
Prustete ich und es wurde allen noch viel unangenehmer.
Ein Stoss traf mich, und ich flog drei Meter rückwärts, landete unsanft auf meinem Rücken.
Mein Kopf schlug auf dem Gras auf und kurz hörte ich ein Piepen, bevor ich den pochenden Kopf mit verzerrtem Gesicht drehte.
Mein Lachen war wie weg gewischt.
Langsam rappelte ich mich auf, bis ich wieder auf meinen Beinen stand.
Sebastian stand in der Mitte, zwischen mir und den übrigen Elafrÿs, die nun interessiert zusahen.
Er forderte mich heraus.
Und ich hatte nur zwei Möglichkeiten: Kämpfen oder Abtreten.
Die Entscheidung war leicht.
„Du hast dir den falschen Tag ausgesucht, um mich anzugreifen, Sebastian."
Meine Stimme war dunkel und das Gefühl der Leere, breitete sich weiter aus.
Unberechenbar infizierte es meine Gedanken und Gefühle.
Er antwortete nicht; sondern schoss einen gleissend hellen Lichtball auf mich zu.
So waren die Regeln. Elafrÿs kämpften gegeneinander nur mit reinem Licht. Niemals würde man einen eigenen Artgenossen mit Flüchen oder Dunkelzeit angreifen.
Das Licht schoss auf mich zu und ich spürte bereits wie mir die Hitze auf den Wangen brannte.
Dann hob ich die Arme und ohne dass ich es irgendwie beabsichtigte, strömten schwarze Schatten aus meinen Fingern, krachten in das Licht und es zerbarst in tausend Splitter, die um mich herum auf den Boden prasselten.
Meine Augen brannten, ein Zeichen dafür, dass sie sich wohl vollkommen schwarz gefärbt haben mussten.
„Das...ist verboten."
Sebastian wich einen Schritt zurück, in seinen Augen stand eine ungekannte Unsicherheit geschrieben.
War es das? Gut möglich; aber darauf gab ich einen feuchten Scheiss.
Ich rechtfertigte mein verbotenes Handeln damit, dass ich unbedingt Anführerin bleiben musste, um zu verhindern, dass die Elafrÿs die Welt wieder durch ihre Machtgelüste in den Krieg stürzten.
Aber ich war mir selbst nicht sicher, ob das wirklich meine reine Absicht war.
Ich hob die Arme und aus dem Boden schossen dunkle Rauchschwaden, die sich einen Weg zu Sebastian schlängelten.
Seine Augen waren weit aufgerissen, und er versuchte, sich in eine Kugel aus Licht einzuhüllen, wie in einem Ei.
Doch das liess ich nicht zu.
Wütend riss ich die Arme rauf und wie Schlangen schlossen sich die Schatten um die Kugel und begannen sich zusammen zu ziehen, bis Sebastian zusammenbrach und unter einer Welle von Schatten zu Boden ging.
Ich spürte die grosse Macht in mir pulsieren, wie gut es ihr tat, sich durchzusetzen.
„Ich...ich ergebe mich."
Krächzte der Mann, dessen Kopf ab und zu zwischen den zischenden und wispernden Flüchen auftauchte, die sich um ihn zugezogen hatten.
Langsam ging ich wieder auf ihn zu.
Doch ich hatte nicht die Absicht, ihn gehen zu lassen.
Viel eher wollte ich ihn zerquetschen wie eine Made, die es gewagt hatte, einem Schmetterling die Flügel auszureissen um zu versuchen, selbst zu fliegen.
„Sheya! Er hat aufgegeben!"
Frieda stand neben mir und sah mich aus verstörten aber auch wütenden Augen an.
„Na und."
Meinte ich tonlos, die dunkeln Augen leer auf den erstickenden gerichtet.
Ich machte mir selbst Angst.
Doch irgendwas hatte sich in mir verändert.
Ich spürte nichts mehr, ausser Hunter und die Leere, die Ace hinterlassen hatte.
Und jetzt wusste ich auch, was dagegen zu tun war.
Nur das, was mich töten und für immer vernichten konnte, liess mich mich lebendig fühlen.
Dieser Kick den ich brauchte, um wieder zu wissen, dass ich lebte.
„Sheya...du tötest ihn."
Frieda hatte eine faltige Hand auf ihre Brust gehalten und schien ernsthaft besorgt zu sein.
Widerwillig liess ich die Hände sinken und betrachtete, wie sich die Nebelschwaden aus tiefem Schwarz von Sebastian zurück zogen und im Boden versanken oder ihren Weg zurück in mich hinein fanden.
Nach Luft ringend krümmte er sich auf dem Boden und hustete mehrmals, bevor er sich auf den Armen abstützen konnte.
„Du, Sebastian, wirst aus diesem Clan verbannt, dafür dass du deine Anführerin herausgefordert hast und verlorst!"
Er riss die Augen auf und als ich herausfordernd den Blick hob, wich man mir aus.
„Hat Jemand Einsprüche?"
Niemand sagte etwas.
Ich nickte langsam.
„Gut. Du kannst gehen Sebastian. Und falls ich dich jemals wieder sehe, töte ich dich."
Zischte ich.
Taumelnd erhob er sich.
„Ich..habe verstanden."
Ich trat einen Schritt vor.
„Dann geh!"
Meine Stimme donnerte über die Lichtung und selbst die Bäume schienen im Wind erstarrt zu sein.
Jetzt spürte ich wieder die Schmerzen, tief in mir drinnen nagten sie an mir.
Rennend und halb stolpernd verschwand der Kämpfer meines Clans im Wald und war bald unsichtbar geworden, in der Dunkelheit der Nacht.
Langsam sah ich an mir hinunter und schluckte.
Der Boden unter meinen Füssen, wo vor kurzem noch grünes Gras gewachsen war, war vollkommen braun und verdorrt.
Tot.
★
Ich hatte die Blicke meines Volkes gesehen. Der Schock, die Verwirrung und die Missbilligung.
Doch es war mir egal. Das einzig gute, was ich auf die Beine hatte stellen können war der Frieden in diesem Land.
Alles andere hatte ich irgendwie versaut.
Also wollte ich jetzt um jeden Preis diesen Erfolg aufrecht halten.
Einerseits zum Wohl aller, andererseits damit ich mich nicht so schlecht fühlte.
Nicht viele Elafrÿs hatten mich verabschiedet, als ich auf dem schwarzen Pferd, welches ich von Hunter geliehen hatte, aus dem Lager davon ritt.
Die meisten blieben in den hölzernen Häusern, aus denen schwache Lichtschimmer schienen.
Ich seufzte und blickte noch einmal zurück auf den verbrannten Boden, neben welchem die Schattenwölfe schliefen.
„Ruhe in Frieden mein Freund. Es tut mir leid, was ich dir angetan habe."
Flüsterte ich leise und hoffte, dass Ace mich hörte, wo immer er jetzt auch sein mochte.
Ich wurde ziemlich auf dem harten Pferderücken durchgeschüttelt, als ich so durch den Wald trabte.
Im Gegensatz zu den geschmeidigen Bewegungen meines Wolfes, mit denen ich jeweils beinahe verschmolzen war, war das hier wie ein Holzpferd aus meiner Kindheit.
Ich streichelte das weiche, schwarz glänzende Fell des schnaubenden Tieres, dessen Hufe die morschen Blätter am Boden zerdrückten.
„Wir zwei machen das schon, nicht wahr mein grosser."
Murmelte ich in Gedanken und liess die Zügel locker, damit das Tier etwas an Tempo zulegte.
Ich wollte es schnell hinter mich bringen.
Es tat meinem Stolz nicht gut, mich zu entschuldigen, wenn ich der Meinung war, ich wäre nicht schuld.
Was ich auch definitiv nicht war.
Es ging bereits die Sonne an den Bergspitzen der Zwergenberge auf und durchströmte den Wald mit rötlichem Licht, als ich das Reich der Dämonen betrat.
Ich spürte es sofort und auch das Pferd drehte die Ohren nervös.
„Schon gut, alles ist gut."
Ich versuchte selbst Ruhe zu finden, damit dass Tier spürte, dass sein Reiter alles unter Kontrolle hatte.
Dann fiel mir ein, dass es ja nicht Ace war, der all meine Gefühle mitbekam. Trotzdem.
„Sheya?"
Ich fuhr herum und das Pferd auf dessen Rücken ich mich hielt, begann, nervös zu tänzeln.
„Cole? Was machst du hier?"
Fragte ich und mein Herz zog sich zusammen.
Er lehnte an einem Baum, die weissen Haare struppig und in alle Richtungen verteilt.
Die violetten Augen hatten noch denselben Ausdruck, welchen er bei unserem ersten Treffen auch gehabt hatte.
Verschmitzt aber auch aufmerksam und freundlich.
Seine Klamotten waren braun, nicht mehr als die eines Knappen, von welchem er sie wohl auch hatte.
Auf seinen Schultern ruhte ein Reisebündel aus weissem Stoff, mehr hatte er nicht dabei.
„Ich mache mich auf den Weg ans andere Ende der Welt."
Meinte er ernst und ich runzelte die Stirn.
„das gibt es?"
Er zuckte die Schultern und grinste sein schiefes Lachen.
„Keine Ahnung. Aber ich muss weg von hier, also nehme ich die Beine in die Hand."
Ich murrte etwas und nickte nur.
„Ist auch besser so."
Er lachte leise und schüttelte den Kopf. Seine Augen senkte er kurz, als er wieder aufsah war er ernst.
„Ich weiss es sehr zu schätzen, was du für mich getan hast Sheya. Dafür wollte ich mich noch bedanken."
Ich schenkte ihm ein halbherziges Lächeln und sagte besser nicht, dass ich mir noch nicht sicher war, ob es die Richtige Entscheidung gewesen war.
„Schon okay. Hauptsache du bist endlich weg."
Ich biss die Lippen zusammen.
Nein, man konnte nicht sagen, ich sei über seinen Verrat hinweg.
„Es tut mir leid. Aber ich möchte dass du weisst, dass meine Gefühle dir gegenüber immer echt waren. Du bist bewundernswert Sheya."
Ich schluckte und starrte ihn finster an.
Musste er es mir so schwer machen, ihn zu hassen?
„Danke, Cole."
Er nickte und stiess sich vom Baum ab.
Sofort riss das Pferd unruhig den Kopf hoch.
Langsam begann er, seine Nüstern zu streicheln und redete beruhigend auf eine Sprache, die ich nicht kannte.
Sofort entspannte sich das grosse Tier.
Ich hob eine Braue.
„Nicht schlecht."
„Ich kann gut mit Tieren. Das wegen Ace tut mir sehr leid."
Ich zuckte zusammen.
„Danke."
Meinte ich trocken.
„Sheya, du solltest dich nicht den Dämonen zuwenden. Sie sind nicht die Gefahr."
Ich runzelte die Stirn.
„Was willst du schon wissen."
Schnappte ich und er hob die Schultern.
„Ich meine nur dass du besser zu deinem Volk zurückkehren solltest."
Ich starrte ihn an.
„Wieso?"
Er zuckte nur die Schultern und drehte sich dann weg.
„Dann gehe ich mal..."
Er kratzte sich am Kopf und blinzelte noch einmal zu mir hoch.
Ich hasste Abschiede, selbst solche.
Ich hatte einfach zu viele Menschen verloren, als dass ich noch Jemanden gehen lassen wollte.
Doch es war besser so.
„Auf Widersehen Cole."
Er lächelte, in seinem Blick lag eine gewisse Schwere, als wüsste er bereits, was mit ihm geschehen würde.
„Das glaube ich kaum."
Ich runzelte die Stirn, seine alte Lebenslust in der Stimme fehlte völlig.
„Tschüss."
Er winkte kurz und schlenderte dann lässig den Weg entlang, der die Grenze zwischen den beiden Wäldern markierte.
Ich sah dem Jungen nach, der sich einst so im Sturm in mein Herz gedrängt hatte und atmete langsam durch.
Das würde das letzte Mal sein, dass ich ihn sah.
Was bedeuten wohl Coles Worte? Ich hoffe ihr lest gespannt weiter und freu mich, dass ihr auch beim letzten Band so zahlreich dabei seid ★
Love you ❥
Tala ☽
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