Chapter 3~Die Gitter, sie brechen
Dort lag der Stein, der mich beinahe getötet hätte und der Hunter und mich auf merkwürdige Weise verbunden hatte.
Das würde ich aber natürlich Niemandem sagen, bevor ich ihn nicht darauf angesprochen hatte.
Falls das je wieder vorkommen würde.
Ich schluckte und bemerkte wie sich meine Blutbahnen verengten. Das brannte.
War das der Stein oder nur meine Angst?
„Heile mich, Sheya."
„Ich würde lieber sterben als zu verhindern dass deine verfaulte Hand abfällt du Mörder!"
Er lächelte fein.
„Weisst du was wir gemeinsam haben Sheya? Wir sind beide Mörder.
Und das heisst, du bist kein Stück besser als ich."
Ich erstarrte und meine Augen verschleierten sich.
Er hatte recht. Ich war gar nicht so edelmütig wie ich immer gedacht hatte.
Ich hatte schreckliche Dinge getan, manche davon erst gestern.
Wie konnte ich also immer noch denken dass es
jemanden gab, für den es sich lohnte zu kämpfen.
Mich würde sowieso Jedermann verabscheuen.
„Wollen wir denn anfangen?"
Er hob den Stein vorsichtig mit den langen Nägeln vom Seidenboden auf und betrachtete ihn kurz.
„Ach ich bin so gespannt.."
Murmelte er. Dann streckte er seinen Arm aus und hielt mir den Stein direkt vors Gesicht.
Ich machte mir gar nicht die Mühe, abzuhauen.
Sie würden mich ja sowieso bekommen.
Der Stein leuchtete kurz rosa, danach begann er zu strahlen.
So hell dass ich das Gefühl hatte, in die Sonne zu starren.
Die Strahlen flitzten auf mich zu und direkt in meine Augen hinein.
Sie kratzten sich einen Weg durch meinen Kopf und verankerten sich dort als höllische Schmerzen.
Zuerst konnte ich keinen Ton von mir geben, keinen Reiz aus meinem Hirn war mehr weiter zu leiten.
Doch dann explodierte es in meinen Schläfen und schoss wie tausend kleine Pfeile in meinen Körper.
Dort wo sie ankamen, streuten sie den Schmerz weiter bis keine Zelle mehr verschönt war.
Ich schrie und spürte wie ich in mich zusammensank und unkontrolliert schüttelte.
Es war merkwürdig wenn man keine Kontrolle mehr über sich hatte, aber nicht so schlimm wie der Schmerz.
Ich öffnete die Brennenden Augen, ob sie weiss strahlten oder Schwarz wie die Nacht waren, wusste ich nicht.
„Heile mich!"
Forderte der König erneut.
Ich war nicht die Art von Held die ewig durchhielt oder so, bei solchen Schmerzen schaffte man das gar nicht. Das passierte nur in Märchen.
Also versuchte ich ein Ja aus mir heraus zu pressen, doch ich konnte einfach nicht sprechen.
„Stop!"
Hörte ich dann eine donnernde und vor Wut bebende Stimme.
Hunter.
Der König senkte den Stein etwas erstaunt und ich sank keuchend in mich zusammen.
Danach sah ich zu dem Gefangenen Dämon, der die Hände zu Fäusten geballt hatte.
„Wenn du sie weiter quälst, ist sie nicht mehr imstande dich zu heilen. Sie ist zu geschwächt."
Kommentierte er dann kühl und ich wusste dass es nicht gelogen war.
„Hm."
Der Namenlose beobachtete mich kritisch, bevor er sich seufzend zu Hunter wandte.
„Du darfst sie heilen, wenn sie danach meine Hand heilt."
Hunter spannte die Kiefer an. Ich sah wie sehr es ihm widerstrebte, auf den Deal einzugehen.
Trotzdem nickte er, nachdem er mich nochmals angesehen hatte.
„Gut, lasst ihn zu ihr."
Sofort riss sich der eins neunzig grosse Dämon los und stand in weniger als einer Sekunde vor mir.
„Alles wird gut Wölfchen. Ich bin ja da."
Murmelte er rau und half mir in eine angenehmere Position.
„Töte ihn Hunter."
Flüsterte ich und hustete einmal.
Er schüttelte kaum merklich mit dem Kopf, während er mein Gesicht mit seinen Waldgrünen Augen absuchte.
Danach legte er seine Hände auf meinen Körper und eine lindernde Kraft floss durch mich hindurch, was mich zum Seufzen brachte.
„Das bringt nichts Sheya. Wir wären beide innert Sekunden tot. Vor allem bei deiner Verfassung."
Ich wollte es nicht einsehen, dass er recht hatte.
Aber viel zu sehr genoss ich das Gefühl von Ruhe in mir drin.
Einige Male atmen ohne sogleich stechende Schmerzen zu fühlen. Das sollte heilig gesprochen werden.
„Das reicht."
Meinte der Diktator, als spürte er meine schlechten Absichten.
Widerwillig wich Hunter zurück und nahm seine Hände von mir. Ich hätte am liebsten Protestiert.
„Danke."
Flüsterte ich rau und lächelte schwach.
Sofort versteinerte sich seine Miene.
„Nur weil wir jetzt dieses Ding haben, heisst es nicht dass ich das für dich getan habe."
Meinte er und wandte sich dann ab, um zu seiner Schwester zu gehen, welche mich immer noch keines Blickes würdigte.
Ich schluckte.
Weniger weil er sich so kalt verhalten hatte, eher weil ich jetzt wusste, dass er auch spürte, was ich empfand.
Ich hatte es mir also nicht eingebildet.
„Jetzt tu was er versprochen hat!"
Ich schämte mich sehr, dass ich nicht grösseren Widerstand hegte, doch vielleicht hatte er mich ja auch gebrochen.
Keine Ahnung.
Auf jeden Fall robbte ich auf ihn zu, bevor ich mich mit Hilfe einer der Hexen aufrappelte und seine Hand zwischen meine nahm.
Es ekelte mich nicht mehr an, als die Zelle in der ich meinen Tag verbrachte.
Ich konzentrierte mich darauf, das letzte bisschen verbliebene Heilungskraft in mir auf die faulende Hand zu konzentrieren.
Meine Hände begannen zu prickeln und seit langem fühlte ich wieder dieses angenehme Gefühl, wenn ich heilte.
Ich regte mich eine Weile nicht, bis ich den Namenlosen erleichtert einatmen hörte.
Dann zog er seine Hand weg und beobachtete das helle Fleisch zufrieden.
„Na also."
Meinte er dann und winkte dem Kerkermeister zu.
„Nimm sie mit."
Ich atmete langsam aus, während sich alles um mich herum drehte.
Die Handschellen wurden mir wieder angelegt und somit gab es wieder keine Möglichkeit mehr, diese schwarze Masse in mir raus zu lassen, die mich nun noch mehr zu zerfetzen schien.
Stöhnend liess ich mich von dem breit gebauten Mann mitziehen.
Kurz bevor ich den Thronsaal verlassen konnte, begann Hunter auf einmal zu knurren.
Ich musste mich gar nicht fragen wieso, denn kurz darauf erschien Cole in meinem Sichtfeld.
Er sah etwas bleich aus und seine Augenringe machten sogar meinen Konkurrenz.
Dabei war es nicht er, der im Kerker wohnte.
„Sheya, es tut mir so leid."
Flüsterte er mir zu, während er versuchte mit der Wache mitzuhalten, die mich weg schleifte.
„Du hast mich verraten."
War alles was ich raus brachte. Aber er konnte sich bestimmt sehr gut vorstellen, was das in mir auslöste.
„Ich habe es nicht für mich getan, sondern für dich."
Versuchte er mir zu erklären.
Ich lachte nur höhnisch.
„Ja klar. Und die feinen Kleider trägst du natürlich auch für mich."
Er sah ehrlich traurig aus.
„Es tut mir leid.
Aber ich versprechen dir, ich hole dich hier raus Sheya. Ich liebe dich."
Ich biss die Zähne zusammen.
Noch vor einigen Wochen hätte ich mich gefragt ob ich das hätte erwidern sollen und hätte das wahrscheinlich auch getan.
Doch jetzt nicht mehr.
„Ich vertraue dir nicht."
War alles was ich sagte.
Danach liessen wir Cole hinter uns, und ich sah bald wieder die vertrauten Kerker vor mir.
Diese Nacht war es anders.
Irgendwas war anders als sonst.
Ich lag wach und starrte wie immer in den Himmel.
Ich stellte mir vor wie es wäre, jetzt zwischen den Sternen herum zu fliegen und mich frei zu fühlen.
Das waren meine Tagträume, in denen ich der Realität wenigstens für kurze Zeit entkommen konnte.
Kurz hatte ich sogar die Zeit gefunden, Ace an seiner Schnauze zu kraulen und etwas von meiner verbliebenen Kraft auf ihn zu übertragen.
Ich hatte Ace erzählt wie dunkel ich mich fühlte, und dass ich Angst hatte, völlig auszurasten.
So eine gewaltige Kraft hatte ich noch nie zurück halten müssen.
Mit gefesselten Händen einen Wolf zu kraulen, war nicht einfach; aber dennoch fühlte ich mich danach besser, als mir seine zärtlichen, eisblauen Augen zusahen.
Dann knurrte er kurz sanft und ich wusste, dass er mich verstand.
Ich seufzte und liess mich wieder neben die Gitterstäbe sinken, von denen die einzige Wärmequelle kam.
Die Fackeln.
Etwas davon erreichte mich knapp.
Zitternd sass ich dann da, fühlte in mich hinein und weinte lautlos.
Stark sein war schwer, aber überleben war hier anscheinend unmöglich.
Vielleicht sollte ich einfach allem ein Ende setzen, dann würde ich Niemandem mehr gefährlich werden können.
Aber bevor ich mir den Gedanken an meinen Tod noch weiter ausmalen oder mich damit anfreunden konnte, hörte ich ein schwaches Husten.
Mein Blick hob sich beinahe automatisch.
Dort sass wieder die Hexe, die einst mein Leben gerettet hatte.
Sie sah schlecht aus, schlechter als sonst.
„Was ist los mit dir? Du kannst dich doch selbst heilen?"
Fragte ich die Frau mit dem verfilzten rotblonden Haar.
Sie lächelte schwach.
„Ich habe meine Kräfte gespart."
Meinte sie dann nur knapp und ich nickte, obwohl ich nicht verstand wieso.
Wir würden ja all zu schnell nicht hier raus kommen.
„Und was ist mit dir? Du siehst traurig aus."
Meinte sie mit kratziger aber freundlicher Stimme.
Ich seufzte.
„Ich...ich habe Angst."
Begann ich dann.
„Wieso? Vor ihm?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Vor mir selbst.
Ich will Niemandem mehr weh tun, aber er kann mich dazu zwingen. Es tut so weh und ich bin so schwach dass ich es tun muss."
Sie nickte verstehend und liess mich einfach reden.
„Diese schwarze Masse war zwar schon länger gross, aber jetzt habe ich das Gefühl als würde sie mich innerlich erdrücken. Ich muss jeden Moment dagegen ankämpfen.
Es ist wie der Brechreiz, nur weiss ich nicht was stattdessen aus mir hinaus Platzt, wenn ich mich nicht mehr beherrschen kann."
Sie spielte mit ihren dünnen Fingern.
„Und du hast Angst, die zu verletzen, die du liebst."
Ich dachte sofort an Ace.
Und Leena. Auch ein bisschen an Hunter.
Und an die Hexe.
„Ich weiss einfach dass ich nicht länger hier bleiben kann. Aber weg kann ich auch nicht."
Sie hob nun ruckartig den Kopf.
„Und jetzt willst du dich umbringen? Die letzte Hoffnung die diese Welt noch hat?"
Ich lachte rau auf.
„Die Völker da draussen sind ihre eigene Hoffnung, auf mich zählt keiner mehr. Es würde nichts bedeuten, wenn ich sterbe. Nur dass viele andere dann länger leben würden."
Sie schüttelte den Kopf.
„Du hast recht, du musst etwas gegen diese Dunkelheit unternehmen.
Du musst zu den Elben fliehen. Sie wissen was zu tun ist."
Ich starrte sie an.
„Ist dir schon aufgefallen dass ich in einem Kerker sitze? Und selbst wenn ich raus kommen würde, die Elben haben mich und den Stein an die Hexen und den König verraten. Sie würden mich doch sofort ausliefern."
Sie schüttelte langsam den Kopf.
„Du täuschst dich Sehya. Aber das wird dir alles noch klar werden, junge Elafrÿ."
Ich schnaufte schwer.
„Ist doch sowieso egal."
Flüsterte ich traurig und schloss die tränenden Augen.
„Was denkst du, wofür habe ich meine Kräfte gespart? Ich wusste dass du hier weg musst. Und heute Abend ist es soweit."
Meinte sie entschlossen und setzte sich gerade auf.
Erstaunlich grosser Kraftaufwand für eine so kaputte Frau.
„Was? Wieso befreist du dich nicht selbst?"
Sie lachte bitter.
„Ich würde Niemandem gross etwas nützen. Aber wenn du genesen bist, dann weiss ich dass du uns retten kannst."
Sie wies auf die Wand hinter ihr.
Schwarz und verschlungen von Dunkelheit.
„Und siehst du hier irgendwo ein Fenster? Nein, deine Zelle ist die Einzige."
Jetzt wurde mir alles klar.
Sie hatte echt so grosse Hoffnungen auf mich gesetzt, dass sie willens war, ihre Kraft für mich zu opfern.
„Das würdest du wirklich tun?"
Sie antwortete nicht darauf.
„schütz dein Gesicht."
Meinte sie stattdessen und zog sich mühsam an den Stangen ihrer Zelle hoch, bis sie auf wackeligen Beinen, mir gegenüber stand.
Langsam hob sie ihren Arm und schloss konzentriert die Augen.
Ihre Handfläche begann zu zittern und ich richtete die Augen auf das Fenster, dessen feste Gitter zu beben begannen.
Mit Faszination beobachtete ich, wie die Stöhnende Hexe die Wand zum Bröckeln brachte und wie sich langsam Risse bildeten.
Sie wurden länger und breiter, bis es plötzlich laut knallte und die Gitterstäbe aus der Wand gerissen und soweit verbogen wurden, dass ich darüber hinaus und in die Freiheit klettern konnte.
Der Weg in den Himmel und an die Luft war wirklich frei.
„Geh zu den Elben Sheya. Und lass dich von Nichts aufhalten."
Flüsterte sie, bevor ihr zierlicher Körper in sich zusammensackte.
Jaaa meine Sternchen, was haltet ihr von den Männern in Sheyas Leben? Und wie geht es nun wohl weiter :3
Bin gespannt auf eure Meinungen ★
Love You ❥
Tala ☽
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