Kapitel 14
Am nächsten Tag wurde ich ungefähr zwei Stunden nach Sonnenaufgang zur Prinzessin gerufen, die sich für das Frühstück ankleiden wollte. Ich war gerade dabei, ihre Haare hochzustecken, als sie mir etwas Schönes verkündete. ,,Ich werde heute den Tag mit seiner Majestät verbringen, weshalb du bis heute Abend frei bekommst. Ich will nicht gestört werden!", sagte sie ausdrücklich. Während ich ihr weiterhin stumm die Haare flocht, versteckte ich das breite Lächeln, welches sich auf mein Gesicht geschlichen hatte, hinter ihr. Nachdem sie gegangen war, nahm ich mir vor, zuerst ein wenig am Strand spazieren zu gehen und danach zu der Lichtung zu reiten.
Gespannt kramte ich ein wenig in der Truhe, welche mir heute Morgen von einer der Bediensteten des Schlosses gebracht worden war. Ich wusste nicht, warum die Truhe zu mir gebracht worden war. Doch ich sagte auch nichts dagegen, immerhin war sie für mich. Lächelnd entdeckte ich edle Stoffe, welche im Licht der Sonne glänzten. Insgesamt waren es sechs Kleider, welche ich vorsichtig auf meinem Bett ausbreitete. Jedes Kleid war anders als die anderen. Egal, ob in der Farbe, dem Schnitt oder der Verzierung. Doch am meisten stach mir ein weißes Kleid ins Auge. Es ging bis zum Boden und an den Enden seiner Ärmel wurde es immer breiter. Einzelne kleine Diamanten zierten das Obere des Kleides. Auch waren überall dezente goldene Stickereien verarbeitet worden. Es sah aus wie das Gewand einer Königen oder einer Göttin. Ich wusste, dass die Truhe mir gehören sollte, doch nachdem ich den Inhalt betrachtet hatte, war ich mir dessen nicht mehr so sicher.
Vielleicht war sie für Alessia gedacht, doch das konnte ich mir nicht vorstellen, da sie solche Kleider nie getragen hatte. Auch wusste ich, dass sie keine Kleider vor unserem Aufbruch in Auftrag gegeben hatte. Vorsichtig verstaute ich die Kleider wieder in der Truhe und beschloss, mir später darüber Gedanken zu machen. Kurz bevor ich alles weggepackt hatte, entdeckte ich etwas. Es war auch in der Truhe gewesen, doch ich hatte es bis jetzt nicht gemerkt. Es sah fast so aus wie Jagdkleidung.
Eine dunkle Hose und ein Oberteil, welches in einem herbstgrün gehalten wurde. Zu der Kleidung waren außerdem eine passende Jacke dabei und ein Gürtel, an welchem zwei Dolche hingen. Die Dolche waren sehr schlicht gehalten, doch als ich sie näher betrachtete, konnte ich Gravuren an jeweils jedem Griff erkennen. Die erste Gravur war eine sehr detaillierte Feder, welche durch die Luft zu schweben schien. Auf dem zweiten Griff war ein Feuer abgebildet, welches sehr zerstörerisch wirkte. Ich entscheid mich, die Kleidung für den heutigen Tag anzuziehen, da sie sehr bequem aussah und sie mir besser nutzen würde für meinen Ausflug in den Wald als meine Zofen Uniform. Nachdem ich mich angezogen hatte, betrachtete ich mich aufmerksam im Spiegel und musste erstaunt feststellen, dass die Jagdkleidung saß wie angegossen.
Da ich zuerst zum Strand gehen wollte, ging ich durch die Gänge bis zum Haupteingang und von dort aus zum Strand. Die Möwen kreischten und flogen in kleinen Gruppen über das Wasser. Kleine Wellen tanzten auf der Oberfläche des Meeres und das Sonnenlicht ließ alles glitzern. Überall waren neue Geräusche zu hören. Seufzend schloss ich die Augen und atmete die Meeresluft tief ein. Ich ließ meinen Blick über den Horizont schweifen, während ich langsam den Strand entlang ging. Ich spürte immer wieder vereinzelte Muscheln, welche wie kleine Schätze unter dem Sand versteckt lagen. Es war wiedermal ein sehr warmer Tag, doch ein leichter Wind machte es wieder angenehm. Während ich entspannt den Strand entlang spazierte, hing ich meinen Gedanken nach und bemerkte deshalb erst sehr spät das Geräusch von aufeinander prallenden Schwertern.
Neugierig näherte ich mich dem Geräusch. Vorsichtig ging ich zum Rand des Strandes, wo schon die ersten Bäume standen, und schlängelte mich lautlos immer weiter. Als ich sah, dass sich hinter der nächsten Baumreihe ein Platz befand, versteckte ich mich hinter einem der Baumstämme und linste vorsichtig daran vorbei. Vor mir eröffnete sich ein sehr großer Platz, welcher stark einer Arena glich. Der Boden war komplett mit Sand bedeckt worden. Diese Fläche bildete einen großen Kreis, an dessen Rand sich einige treppenartig gebaute Sitzplätze befanden. Der Platz wurde anscheinend für das Training der Wachen und Soldaten genutzt. Doch es waren keine Wachen, die ich auf dem Platz entdeckte sondern der Prinz, der gegen jemanden zu kämpfen schien. Elegant bewegten sie sich umeinander, schlugen zu, parierten und wichen aus. Fasziniert verfolgte ich ihr Gefecht. Ich musste zugeben, dass der Prinz ein ausgezeichneter Kämpfer war, doch auch sein Gegenüber hatte Talent. Man merkte aber, dass er noch etwas Übung brauchte, um mit dem Prinzen auf einer Wellenlänge zu sein.
Der Kampf war beendet, als es dem Prinzen gelang, seinen Gegner zu entwaffnen. ,,Gut gemacht, Elias. Wenn das so weitergeht, bin ich derjenige, der nächste Woche vor deinen Füßen liegt, alter Freund.", sagte Damian anerkennend, während er seinem Freund lobend auf die Schulter klopfte. Wissbegierig beugte ich mich etwas weiter nach vorne, um die beiden besser zu verstehen. Zu meinem Pech verlor ich mein Gleichgewicht und landete ungeschickt auf dem Boden. ,,Na, wen haben wir denn da?", hörte ich die amüsierte Stimme des Kronprinzen. Das würde bestimmt ein Spaß werden. Mit brennenden Wangen stand ich auf und strich den Staub von meiner Kleidung. ,,Delia! Was für eine Überraschung dich hier anzutreffen.", machte sich Damian über mich lustig, während er sich mit verschränkten Armen vor mich stellte. Sein Freund, Elias, musterte mich neugierig von oben bis unten. ,,Deine Freundin?", fragte er Damian mit leichtem Lächeln. ,,Nein, das ist Delia, die Zofe 'meiner Freundin'. Wir kennen uns schon seit dem Ball in Bellanaris. Sie ist die Bogenschützin, von der ich dir erzählt hab.", lachte er und zwinkerte Elias geheimnisvoll zu. Genervt verdrehte ich die Augen und ging nicht auf Damian ein. ,,Und mit wem habe ich die Ehre?", fragte ich abwertend und sah Elias mit skeptischem Blick an. ,,Nicht nur verdammt heiß ist sie, sondern auch noch frech.", sagte er lachend. Damian stimmte mit ein. Schnell beruhigten sich beide wieder. ,,Nun der Spaß aber mal zur Seite. Ich bin Elias. Der beste Freund von unserem Prinzchen hier und Leiter der königlichen Garde.", sagte er stolz. Da die beiden mein Interesse geweckt hatte, beschloss ich ihnen noch ein wenig Gesellschaft zu leisten.
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