Take 7
Sam lag früh wach in seinem Hotelzimmer, die ersten Sonnenstrahlen schlichen sich durch die Vorhänge und malten goldene Streifen auf die Wände. Er hatte kaum geschlafen. Der Abend mit David ging ihm nicht aus dem Kopf, jede Erinnerung daran war wie ein sanftes Flüstern, das ihn immer wieder daran erinnerte, wie sehr er sich nach ihm sehnte. Der andere hatte ihn am Abend zurück zum Hotel gebracht, ihre Verabschiedung war kurz und schmerzhaft gewesen. Sie hatten sich nicht noch einmal geküsst, zu groß war die Gefahr, gesehen zu werden. Aber die Nähe, die sie im Spa geteilt hatten, brannte immer noch auf Sams Haut, und die Gedanken an David ließen sein Herz schneller schlagen. Seine Gefühle für den Schauspieler waren jetzt schon so stark, dass es fast wehtat, wenn er nicht da war. Es war, als ob ein Teil von ihm fehlte. Er drehte sich auf die Seite und starrte aus dem Fenster, versuchte, die aufkommenden Tränen zurückzuhalten. Es war alles so überwältigend. Er hatte nicht erwartet, dass seine Gefühle so tief gehen würden, und die Intensität überraschte ihn immer wieder. Er konnte das sanfte Lächeln von David sehen, die Wärme in seinen Augen, die Zärtlichkeit in seinen Berührungen. Es fühlte sich an, als würde er ihn schon sein ganzes Leben lang kennen, obwohl sie sich erst seit kurzem wirklich nähergekommen waren. Sam seufzte und schloss die Augen, versuchte, sich zu entspannen und die wachsende Unruhe in seinem Inneren zu beruhigen. Er entschied, dass es keinen Sinn hatte, länger im Bett zu liegen. Er warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass er noch etwas Zeit hatte, bevor David ihn um 11 abholen würde. Er setzte sich auf die Bettkante und griff nach seinem Handy, das auf dem Nachttisch lag. Eine Nachricht von David blinkte auf dem Bildschirm auf:
»Ich hole dich um 11 Uhr ab. Brunch und dann habe ich noch eine Überraschung für dich. Freue mich darauf :)«
Ein warmes Gefühl breitete sich in Sams Brust aus, als er die Nachricht aus der Nacht noch einmal las. Er konnte das Lächeln auf Davids Gesicht förmlich sehen, als er die Nachricht geschrieben hatte. Mit neuer Energie stand er auf und machte sich fertig. Eine heiße Dusche half ihm, die Müdigkeit zu vertreiben, und er fühlte sich allmählich wacher und aufgeregter. Er zog sich an, wählte ein schlichtes, aber stilvolles Outfit. Ein Hemd mit Pullover und seine Lieblingsjeans. Nachdem er sich die Haare gekämmt und sein Parfum aufgetragen hatte, warf er einen letzten Blick in den Spiegel. Zufrieden mit seinem Aussehen, verließ er das Zimmer und machte sich auf den Weg zur Lobby. Als er den Fahrstuhl verließ und in die Lobby trat, sah er Ben, der bereits auf ihn wartete. Der Mann lächelte ihm zu und ging auf ihn zu.
»Guten Morgen, David konnte nicht herkommen, aber ich bringe dich zu ihm«, erklärte er und wies zur Tür des Hotels. Etwas irritiert folgte Sam Ben nach draußen. Vor dem Hotel wartete eine schwarze Limousine, und Ben öffnete die Tür für ihn.
»Steig ein«, sagte er mit einem freundlichen Nicken. Sam zögerte einen Moment, tat dann aber wie ihm geheißen. Die Tür schloss sich hinter ihm, und Ben setzte sich ans Steuer. Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten, doch sie fühlte sich für Sam wie eine Ewigkeit an. Er fragte sich, was David geplant hatte und warum er ihn nicht persönlich abholte. Schließlich hielt die Limousine vor einem eleganten weißen Townhouse.
»Wir sind da«, sagte Ben, als er ausstieg und Sams Tür öffnete. Der andere stieg aus und blickte verwundert auf das beeindruckende Gebäude vor sich.
»Das ist Davids Haus«, erklärte Ben, während er Sam zur Haustür führte. Der Bodyguard öffnete die Tür und ließ Sam eintreten.
»David ist drinnen. Ich lasse euch jetzt allein«, sagte er mit einem letzten freundlichen Lächeln, bevor er die Tür hinter sich schloss und Sam alleine in dem geräumigen, geschmackvoll eingerichteten Eingangsbereich stehen ließ. Der junge Mann atmete tief durch und sah sich in der kleinen Eingangshalle um. Der Boden war mit dunklen Holzdielen bedeckt, die Wände waren weiß verputzt und es hingen einige Schwarzweißbilder von Londoner Sehenswürdigkeiten an den Wänden. Sam musste lächeln, als er die Parallelen zu seiner eigenen Wohnung wahrnahm. Er atmete tief durch und rief: »David?«
Seine Schritte hallten leise auf dem Holzboden wider, während er sich langsam weiter in das Haus hineinwagte. Plötzlich fühlte er, wie sich Arme von hinten um ihn legten, und er wurde in einen tiefen Kuss gezogen. Überrascht und erfreut erwiderte er den Kuss, seine Hände fanden den Weg zu Davids Rücken, während er sich in die vertraute Nähe schmiegte. Der Kuss war voller Leidenschaft und Zärtlichkeit, und Sam fühlte, wie seine Nervosität von ihm abfiel. Als sie sich schließlich voneinander lösten, sah Sam in Davids leuchtende Augen, die vor Freude funkelten.
»Guten Morgen«, flüsterte David mit einem Lächeln. »Ich hoffe, du bist hungrig«, er nahm Sams Hand und führte ihn durch das Haus in die Küche. Sam staunte über die liebevolle Einrichtung und das einladende Ambiente. In der offenen Küche erwartete ihn ein reich gedeckter Tisch. Verschiedene Sorten von Brot und Gebäck, frische Früchte, Aufschnitt, Käse, Rührei mit Speck, Joghurt und eine Vielzahl von Säften und Kaffee standen bereit.
»Ich dachte, wir könnten einen entspannten Brunch genießen, bevor wir den Tag beginnen«, erklärte David, während er Sam einen Stuhl zurecht schob.
»Setz dich, mach es dir bequem«, der andere lächelte dankbar und ließ sich auf den Stuhl sinken.
»Das sieht unglaublich aus. Danke«, David setzte sich ihm gegenüber und lächelte.
»Es ist schön, dich hier zu haben. Ich wollte, dass wir den Tag ruhig beginnen und einfach die Zeit miteinander genießen, fernab eines öffentlichen Restaurants«, sagte er und reichte Sam eine Tasse Kaffee.
»Aha und das hast du alles heute Morgen besorgt oder hast du das immer im Haus?«, wollte dieser grinsend wissen. David rieb sich den Nacken.
»Erwischt. Nein, Ben war so nett einzukaufen noch heute früh. In meinem Kühlschrank findet man meistens nur Licht und ein Glas Pesto«, gab er zu und strich Marmelade auf einen Toast.
»Nicht sehr ausgewogen«, sagte Sam lachend.
»Stimmt, aber ich bin viel unterwegs und na ja, wenn ich für eine Rolle mal wieder in Form kommen muss, dann sorgt Lucy meine Agentin dafür, dass ich regelmäßig was Vernünftiges essen.«
»Als ob du je nicht in Form wärst. Du siehst aus wie der verdammte James Bond persönlich«, spottet Sam und warf eine Erdbeere nach David. Dieser fing sie geschickt.
»Hey, du hast ja keine Ahnung. Wenn ich Gerde gar nichts drehe, sehe ich manchmal aus wie Thor, nachdem Thanos gewonnen hatte«, sagte er und grinste.
»Ich glaub dir kein Wort«, sagte Sam, lachte aber auch. Während sie den Brunch genossen, kam das Gespräch schnell auf den vergangenen Abend. Sam konnte die Sorge, die ihn seit dem letzten Abend quälte, nicht länger für sich behalten.
»David«, begann Sam zögernd, während er seinen Kaffee umrührte, »ich habe gestern viel nachgedacht. Es war alles so schön, aber ... ich mache mir Sorgen, was passieren könnte, wenn das alles rauskommt«, David legte sein Besteck beiseite und sah Sam aufmerksam an.
»Was genau meinst du?«, fragte er sanft. Sam seufzte und blickte in die dampfende Tasse vor sich.
»Was, wenn die Presse Wind davon bekommt? Was, wenn es deine Karriere beeinträchtigt? Ich will nicht, dass du meinetwegen Probleme bekommst«, David griff über den Tisch nach Sams Hand.
»Sam, ich verstehe deine Sorge, wirklich. Aber ich habe darüber nachgedacht. Meine Karriere ist mir wichtig, ja, aber mein persönliches Glück ist es auch. Und du machst mich glücklich«, Sam sah auf und traf Davids Blick.
»Es ist nur ... ich möchte nicht, dass du irgendwann bereust, was zwischen uns ist, nur weil die Öffentlichkeit etwas dagegen haben könnte.«
»Hey, ich habe mein Leben lang gelernt, dass man für das kämpfen muss, was einem wichtig ist. Und du bist mir wichtig«, Sam lächelte und strich mit seiner anderen Hand über Davids Unterarm. Er zögerte einen Moment, bevor er die nächste Frage stellte, die ihm auf der Zunge brannte.
»H-Hast du je eine richtige Beziehung gehabt?« Davids Blick wurde sofort traurig, und er schaute einen Moment in seine Kaffeetasse, bevor er antwortete.
»Nein. Ich hatte nie eine echte Beziehung«, er seufzte tief und sah dann den anderen wieder an.
»Es waren immer nur ein paar One-Night-Stands mit Leuten aus der Filmbranche oder kurze Affären. Aber nie etwas, das wirklich bedeutungsvoll war oder lange hielt«, Sam runzelte die Stirn und fragte sich, wie es möglich war, dass niemand etwas davon wusste.
»Aber wie kann das sein, dass nie etwas davon rauskam? Du bist doch ständig im Rampenlicht«, David lächelte bitter und zuckte mit den Schultern.
»Es gibt bestimmte ungeschriebene Gesetze in dieser Branche. Jeder hat seine Geheimnisse, und es gibt eine Art stilles Einverständnis, dass man sich gegenseitig schützt, solange keine Skandale daraus entstehen. Außerdem sind viele dieser Begegnungen diskret, hinter verschlossenen Türen. Und die Menschen, mit denen ich diese Momente geteilt habe, waren meistens auch daran interessiert, dass es niemand erfährt.« Sam nickte langsam.
»Das klingt ... einsam«, sagte er leise. David sah ihn an und schluckte.
»Das ist es auch. Aber jetzt, mit dir, fühlt es sich anders an. Du bist nicht nur eine flüchtige Begegnung oder eine Affäre. Du bedeutest mir schon jetzt viel mehr«, Sam spürte, wie sein Herz schneller schlug und seine Augen sich mit Tränen füllten.
»J-Ja, ich weiß, was du meinst«, sagte er. David schaute Sam aufmerksam an, seine Augen voller Zuneigung und Sorge.
»Und was ist mit dir? Welche Erfahrungen hast du gemacht?«, wollte er wissen. Sam wurde plötzlich sehr nachdenklich und sah in seine Kaffeetasse, während er versuchte, die aufkommenden Erinnerungen an Michael zu unterdrücken. Er wollte diese schreckliche Beziehung nicht preisgeben, zumindest nicht jetzt. Stattdessen entschied er sich für eine etwas abgeschwächte Version der Wahrheit.
»Ich hatte zwei Beziehungen«, begann er zögernd. »Beide Male wurde ich betrogen. Es hat mir sehr wehgetan und es fällt mir seitdem schwer, mich zu binden«, er seufzte und sah David dann in die Augen.
»Aber wie gesagt, mit dir fühlt es sich anders an. Ich fühle mich sicher, wenn ich bei dir bin«, David bemerkte den tiefen Schmerz in Sams Augen und spürte die Unsicherheit, die immer noch in ihm brodelte. Er wollte Sam nicht drängen, über seine Vergangenheit zu sprechen, aber er wollte auch, dass Sam wusste, dass er für ihn da war.
»Es tut mir leid, dass du das durchmachen musstest«, sagte er sanft. »Ich verstehe, warum es dir schwerfällt, dich zu öffnen. Aber ich möchte, dass du weißt, dass ich hier bin und dass ich dich nicht verletzen werde.« Sam lächelte schwach und fühlte sich etwas erleichtert durch Davids Verständnis.
»Danke. Das bedeutet mir viel«, sagte er. David nickte, griff erneut nach Sams Hand und drückte sie sanft. Nach einer Weile des stillen Zusammenseins lächelte er und erhob sich.
»Möchtest du das Haus sehen?«, fragte er, während er Sams Hand hielt und ihn sanft hochzog. Dieser nickte, neugierig auf das Zuhause. David führte ihn durch die Räume und begann mit dem gemütlichen Wohnzimmer. Es war geschmackvoll eingerichtet, mit bequemen Sofas, einem großen Bücherregal voller Bücher und Filmen und einem Kamin, der für eine warme Atmosphäre sorgte.
»Das Wohnzimmer ist mein Lieblingsraum«, erklärte David. »Hier entspanne ich mich nach einem langen Tag oder schaue mir alte Filme an«, Sam lächelte und betrachtete die Bücher und Filme, die Davids Interessen widerspiegelten.
»Es ist wirklich schön hier«, sagte er, als sie weitergingen. Sie stiegen in den ersten Stock, des Hauses. Obwohl es viel Platz gab, wirkte es gemütlich, fand Sam.
»Das hier ist mein Schlafzimmer«, erklärte David, als sie einen Raum betraten, der in beruhigenden Farben gestaltet war. Es war schlicht, aber nicht kühl. In der Mitte des Raumes stand ein großes Bett und vom Fenster konnte man in den kleinen Garten schauen. Auf der anderen Seite des Schlafzimmers lag noch ein kleines Gästezimmer, das ebenso liebevoll eingerichtet war.
»Und hier ist mein Arbeitszimmer«, sagte David, als sie einen Raum betraten, der mit einem großen Schreibtisch, einem Computer und Regalen voller Drehbücher und Notizen eingerichtet war.
»Hier verbringe ich viel Zeit, wenn ich an einem neuen Projekt arbeite.«
»Ja, das sieht man«, sagte Sam und sah sich um. Sein Blick fiel sofort auf die Oscartrophäe, die neben zahlreichen anderen Preisen in einem Regal stand. Er ging näher und sah die Figur fasziniert an. David lächelte.
»Du kannst sie ruhig anfassen«, sagte er, nahm den Oscar aus dem Regal und gab ihn Sam in die Hand. Dieser war nicht wenig erstaunt, als er das Gewicht der Statue spürte.
»Wow, ganz schön schwer. Wie war es so, den zu bekommen?« David lächelte und sah einen Moment lang nostalgisch auf die Oscartrophäe, bevor er zu erzählen begann.
»Der Film ‚Broken Silence' war wirklich etwas Besonderes. Er spielt in einem fiktiven osteuropäischen Land während einer politischen Krise. Ich spielte einen jungen Mann namens Alexei, der versucht, seine Familie zu retten, während er gleichzeitig mit seiner eigenen Identität und den politischen Umwälzungen kämpft. Es war eine unglaublich fordernde Rolle, sowohl emotional als auch physisch«, Sam nickte verständnisvoll.
»Ja, ich erinnere mich an den Film. Deine Performance war einfach herausragend«, David fuhr fort, seine Stimme sanft und nachdenklich.
»Die Dreharbeiten waren intensiv. Wir haben in echten Krisengebieten gedreht, und das hat uns alle sehr gefordert. Aber es war auch eine der lohnendsten Erfahrungen meines Lebens. Als mein Name bei der Oscarverleihung aufgerufen wurde, konnte ich es kaum glauben. Ich stand auf dieser riesigen Bühne, sah ins Publikum und plötzlich traf mich die Bedeutung dessen, was ich erreicht hatte, mit voller Wucht. Es war, als ob all die harte Arbeit und die Opfer, die ich gebracht hatte, endlich anerkannt wurden. Das Gefühl, den Oscar in der Hand zu halten, war unglaublich. Aber das Beste daran war eigentlich nicht der Preis selbst. Es war das, was danach kam. Ich habe so viele inspirierende Menschen getroffen, von Schauspielern und Regisseuren bis hin zu Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten. Diese Begegnungen haben mein Leben bereichert und mich als Künstler und als Mensch wachsen lassen«, Sam nickte verstehend und stellte die Oscartrophäe vorsichtig zurück ins Regal.
»Das klingt alles wirklich überwältigend. Und ich bin sicher, dass du noch viele weitere großartige Geschichten erzählen wirst«, sagte er lächelnd. David erwiderte das Lächeln, beugte sich vor und küsste Sam sanft.
»Und ich hoffe, dass du ein Teil dieser Geschichten sein wirst«, hauchte er.
»Ja, das wäre ich gern«, sagte Sam mit rauer Stimme. David warf einen Blick auf seine Uhr.
»Wir müssen los. Es gibt noch eine Überraschung für dich«, Sam schaute ihn neugierig an.
»Wohin gehen wir?«, der andere lächelte geheimnisvoll. »Das wirst du schon sehen. Lass dich überraschen.«
Sie verließen das Haus, und vor der Tür wartete Ben bereits mit dem Wagen. Sam und David stiegen ein, und der Wagen setzte sich in Bewegung. Sie fuhren eine Weile durch die belebten Straßen Londons, vorbei an historischen Gebäuden und modernen Sehenswürdigkeiten. Sam wollte Davids Hand nehmen, zögerte jedoch, als er Ben im Rückspiegel sah. David bemerkte Sams Zögern, lächelte beruhigend und griff nach Sams Hand.
»Es ist in Ordnung, Sam«, sagte er sanft.
»Ben weiß Bescheid. Er ist nicht nur mein Fahrer, sondern auch ein Freund, dem ich vertraue«, Ben warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel und nickte bestätigend.
»Keine Sorge. Alles, was zwischen euch passiert, bleibt zwischen euch. Du kannst dich entspannen.« Erleichtert drückte Sam die Hand von David und lehnte sich zurück, die Nervosität wich langsam einer wachsenden Vorfreude auf das, was vor ihnen lag. David strich mit seinem Daumen beruhigend über Sams Haut. Die Fahrt führte sie aus dem geschäftigen Stadtzentrum hinaus in ruhigere Gegenden, bis sie schließlich vor einem großen, historischen Gebäude hielten. Sam blickte neugierig aus dem Fenster und sein Herz schlug schneller, als er erkannte, wo sie waren. David stieg als Erster aus und Sam folgte ihm. Sie standen vor dem beeindruckenden Eingang des British Museum. Sam sah sich um und bemerkte das Fehlen der Touristen.
»Ist das Museum nicht für zwei Tage geschlossen? Ich hatte so was gelesen«, fragte er verwundert. David nickte mit einem verschmitzten Lächeln.
»Ja, sie machen gerade Wartungsarbeiten und eine Neustrukturierung der Ausstellungen. Aber ich kenne die Direktorin gut. Sie hat uns erlaubt, heute den Tag hier zu verbringen«, Sams Augen leuchteten vor Freude.
»Das ist unglaublich! Ein ganzer Tag im British Museum, nur für uns! Das ist die beste Überraschung überhaupt«, David lächelte breit und nahm Sams Hand für einen kurzen Moment, bevor er sie wieder losließ.
»Ich dachte, es wäre etwas Besonderes. Ich wusste, wie sehr du hierher wolltest und wie sehr du Kunst und Geschichte liebst, also wollte ich dir diesen besonderen Tag schenken«, Sam fühlte eine überwältigende Zuneigung und Dankbarkeit gegenüber David und hätte ihn am liebsten geküsst. Doch in der Öffentlichkeit mussten sie weiterhin den Anschein wahren, einfach nur Freunde zu sein. Er zwang sich, ruhig zu bleiben und erwiderte das Lächeln.
»D-Danke. Das bedeutet mir wirklich viel.«
Gemeinsam betraten sie das leere Museum, wo die Direktorin sie bereits erwartete und herzlich begrüßte. »David, schön dich wiederzusehen. Und Sie müssen Sam sein. Willkommen im British Museum«, sagte sie und reichte Sam die Hand. David lächelte.
»Sam, das ist Dr. Eleanor Whitmore, die Direktorin des Museums. Eleanor, das ist Sam. Er hat Geschichte studiert und freut sich besonders auf diesen Tag.«
»Sehr erfreut, Sam. Ein ehemaliger Geschichtsstudent also? Dann sind Sie hier genau richtig. Wir haben einige beeindruckende Sammlungen, die Ihnen sicher gefallen werden«, Sam erwiderte das Lächeln.
»Danke, Dr. Whitmore. Ich bin schon ganz aufgeregt. Das British Museum ist ein Traum für jeden Geschichtsinteressierten«, Dr. Whitmore nickte zustimmend.
»Das freut mich zu hören. Folgen Sie mir, ich zeige Ihnen zuerst unser großes Atrium und erzähle Ihnen ein wenig über die Geschichte des Museums«, Sie führte sie durch die weiten Korridore, und bald standen sie im beeindruckenden, lichtdurchfluteten Atrium. Das Glasdach ließ das Tageslicht herein, und die Architektur war sowohl modern als auch historisch beeindruckend. Dr. Whitmore blieb stehen und wandte sich an Sam.
»Das British Museum wurde 1753 gegründet und ist eines der größten und umfassendsten Museen der Welt. Es beherbergt über acht Millionen Werke aus allen Kontinenten und Epochen der Menschheitsgeschichte. Dieses Atrium, die Queen Elizabeth II Great Court, wurde im Jahr 2000 eröffnet und ist der größte überdachte öffentliche Platz in Europa. Es verbindet die historischen Gebäude des Museums auf eine wunderschöne Weise«, Sam war beeindruckt und ließ seinen Blick über die beeindruckende Architektur schweifen.
»Das ist wirklich atemberaubend«, sagte er ehrfürchtig. »Und die Sammlung muss unglaublich sein«, Dr. Whitmore lächelte stolz.
»Das ist sie. Wir haben eine Vielzahl von Ausstellungen, die alles von antiken Zivilisationen bis hin zur modernen Kunst umfassen. Aber ich denke, am besten fangen wir mit einigen der bekanntesten und faszinierendsten Objekte an.«
»Ja, sehr gern. Ist das okay?«, Sam sah zu David, der ihm fast wie beiläufig an über den Arm strich.
»Natürlich. Dieser Tag ist nur für dich. Genieße es«, sagte er leise, während sie der Direktorin folgten.
Dr. Whitmore begann ihre Führung mit einer charmanten und informativen Einführung in die wichtigsten Ausstellungsstücke. Sam hing an ihren Lippen, seine Augen leuchteten vor Begeisterung, während er jede ihrer Erklärungen aufnahm.
»Hier haben wir eines unserer bekanntesten Stücke«, erklärte Dr. Whitmore, als sie vor einem gläsernen Kasten stehen blieben. »Den Rosetta-Stein. Er ist entscheidend für die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen und stammt aus dem Jahr 196 v. Chr«, Sam beugte sich vor, seine Augen weiteten sich vor Staunen.
»Das ist unglaublich. Ich habe so viel darüber gelesen, aber es in echt zu sehen, ist etwas ganz anderes.«
David beobachtete Sam mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. Er konnte nicht anders, als sich an Sams Begeisterung zu erfreuen. Es war selten, jemanden zu sehen, der so leidenschaftlich und neugierig war. Die Art und Weise, wie die Augen des jungen Mannes aufleuchteten, wenn er etwas Neues erfuhr, erinnerte David daran, warum er diesen Tag geplant hatte. Er wollte Sam zeigen, wie sehr er seine Interessen und seine Leidenschaft für Geschichte schätzte. Dr. Whitmore führte sie weiter zu einer Sammlung antiker griechischer Skulpturen. Ein paar Arbeiter waren gerade dabei ein paar Statuen zu verschieben, aber Eleonor führte sie an ihnen vorbei und wies auf ein paar Skulpturen am anderen Ende des Raumes.
»Dies sind einige der Elgin Marbles, ursprünglich Teil des Parthenon in Athen. Sie stammen aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. und zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie«, Sam nickte, fasziniert von den kunstvollen Details.
»Die Handwerkskunst ist unglaublich. Die Ausdruckskraft in den Gesichtern, die Bewegung in den Körpern ... es ist, als würden sie jeden Moment zum Leben erwachen.«
»Ja durchaus«, stimmte Dr. Whitmore zu.
Während die Direktorin sie dann durch die verschiedenen Galerien führte, erklärte sie die Bedeutung der ägyptischen Mumien, die Komplexität der mesopotamischen Artefakte und die Schönheit der Renaissance-Kunstwerke. Sam stellte Fragen, nahm alles in sich auf und diskutierte begeistert mit Dr. Whitmore über die historischen Kontexte und Bedeutungen.
»Dieses Stück hier«, sagte Dr. Whitmore, als sie vor einer beeindruckenden Bronzestatue stehen blieben, »ist eine Statue des Apollon aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. Sie wurde in einem Schiffswrack vor der Küste Griechenlands gefunden und ist eines der best erhaltenen Beispiele römischer Bronzeplastik«, Sam betrachtete die Statue mit großen Augen.
»Die Details sind erstaunlich. Man kann die feinen Linien und Muskeln sehen, als ob er wirklich lebendig wäre«, Sam trat einen Schritt näher an die beeindruckende Bronzestatue heran und betrachtete die kunstvollen Details.
»Apollon ist einer meiner Lieblingsgötter aus der griechischen Mythologie«, sagte er, seine Stimme voller Begeisterung.
»Er war der Gott des Lichts, der Musik, der Poesie und der Heilkunst. Aber eine der Geschichten, die mich immer besonders fasziniert hat, ist die von Apollon und Hyakinthos«, Dr. Whitmore und David sahen ihn interessiert an, und Sam fuhr fort.
»Hyakinthos war ein wunderschöner junger Mann und ein enger Freund von Apollon. Sie verbrachten viel Zeit zusammen und entwickelten eine tiefe Zuneigung zueinander. Eines Tages spielten sie Diskuswurf, und Apollon warf den Diskus hoch in die Luft. Hyakinthos wollte ihn fangen, aber der Westwind Zephyros, der ebenfalls in Hyakinthos verliebt war und eifersüchtig auf Apollon war, lenkte den Diskus ab. Der Diskus traf Hyakinthos tödlich am Kopf«, Sam machte eine kurze Pause, seine Augen auf die Statue gerichtet.
»Apollon war untröstlich über den Verlust seines Geliebten. Er versuchte, Hyakinthos' Leben zu retten, aber es war zu spät. Aus Hyakinthos' Blut ließ Apollon die Blume Hyazinthe wachsen, um sein Andenken zu ehren«, erklärte er und sah wieder zu David und Dr. Whitmore. Diese nickte anerkennend.
»Eine tragische und zugleich schöne Geschichte. Die griechische Mythologie ist voller solcher Erzählungen, die das menschliche Erleben und die Beziehungen zwischen den Göttern und den Menschen thematisieren.«
Sam lächelte leicht verlegen und zuckte mit den Schultern. »Ich finde, solche Geschichten machen die Kunstwerke noch lebendiger. Sie erzählen nicht nur von der Kunstfertigkeit, sondern auch von den Emotionen und den Mythen, die sie inspiriert haben.«
»Ja das stimmt und man versteht auch besser, warum die Plastiken mit so viel Sorgfalt hergestellt worden sind«, erwiderte Sam. David lehnte sich an die Wand und beobachtete Sam und Dr. Whitmore, die weiter über die griechische Mythologie und die Kunstfertigkeit der Skulpturen diskutierten. Sam war in seinem Element, seine Augen leuchteten vor Begeisterung, während er seine Gedanken und Kenntnisse teilte. David konnte nicht anders, als ihn bewundernd anzusehen. Seine Liebe zu Sam hatte ihn mit voller Wucht getroffen. Es war, als hätte jemand eine Tür in seinem Herzen geöffnet, die lange verschlossen gewesen war. Jede Sekunde, die er mit Sam verbrachte, fühlte sich an wie ein Geschenk. Die Art und Weise, wie Sam sich für Geschichte und Kunst begeisterte, sein sanftes Lächeln, die Tiefe seiner Gefühle – all das zog David magisch an. Aber gleichzeitig spürte er eine leise Angst in sich nagen. Was, wenn diese Tage in London endeten und Sam nach Berlin zurückkehrte? Was, wenn die Distanz und die Herausforderungen des Lebens sie trennten? David wollte diese Gedanken beiseiteschieben, doch sie waren immer präsent, wie ein dunkler Schatten in den Ecken seines Geistes. Er wusste, dass er diesen Moment genießen sollte. Die Freude in Sams Augen, das warme Lachen und die tiefe Verbundenheit, die sie teilten, waren unbezahlbar. Er war dankbar, dass Sam diesen Tag so sehr genießen konnte, dass er in der Lage war, seine Leidenschaft zu teilen und sich so frei und glücklich zu fühlen.
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