33 - Don't Wanna Go Home
"Ich will nicht nach hause gehen,
wenn Zuhause nicht dort ist, wo du bist."
(4OUR - Don't Wanna Go Home)
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Als Finja und ich am Heck des Schiffes an der Bar eintrafen, saßen Chris und Tobias bereits an einem Tisch, an den wir alle dranpassen würden. Tobias trug ein Hemd und Chris ein weißes Polo. Tatsächlich hatten sich wohl doch die meisten an die der Idee orientiert und in die Tat umgesetzt. Ich wurde ein wenig nervös und fragte mich, was Robin wohl anhaben würde. Finja und ich begrüßten die beiden mit einer Umarmung und setzten uns dann dazu. „Wir warten mit dem Bestellen der Getränke, bis alle da sind, oder?" Chris schaute fragend in die Gruppe und wir anderen drei nickten. „Ich habe wirklich Hunger, ich hoffe der Rest beeilt sich." Tobias schaute sehsüchtig zu der Bar- und Grillecke, wo gerade ein Tablet mit warmen Tapas über die Theke gereicht wurde und ich konnte Tobias nachvollziehen, denn auch mein Magen fing an auf sich aufmerksam zu machen. Aber schon im nächsten Moment tauchten Ennie und Aaron auf. Ennie trug ein hellgelbes Sommerkleid und Aaron ebenfalls ein Polohemd. „Ich bin begeistert, dass scheinbar wirklich alle auf die Idee eingestiegen sind." Ennie bemerkte, dass alle bisher anwesenden tatsächlich schicker gekleidet war als sonst. Normalerweise waren wir wirklich keine Freundesgruppe, die super gut angezogen war. Kapuzenpullover waren normalerweise das Standard bei uns, aber umso interessanter war es nun alle mal ein wenig schicker zu sehen. Ganz bald würden Ennie, Finja und ich sowieso einen Abend im Abendkleid verbringen. Bei unserem Abiball.
Ennie setzte sich dann neben mich und gegenüber von ihr nahm Aaron Platz. „Also warten wir wieder auf Robin und Jonas?" Tobias grinste und fuhr seinen Gedanken dann weiter fort. „War das nicht am ersten Abend auch schon so?" Ich schweifte kurz mit den Gedanken ab und überlegte zu vor zwei Wochen zurück. Vermutlich hatte er Recht, sehr wahrscheinlich sogar. Ich wusste noch wie nervös ich war Robin zu sehen und immerhin ein Abendessen mit ihm an einem Tisch zu verbringen. Ich wusste nicht was auf mich zu kam. Wie die Situation zwischen uns war. Aber nun wusste ich es und der einzige Gedanke, der mich nervös machte, war es Robin eventuell im Hemd zu sehen. Damit sah er wahrscheinlich nochmal ein Stückchen besser aus als sonst. Dann nickte ich Tobias zu und hob meine Mundwinkel dabei ein wenig nach oben. „Ich glaube du hast Recht." Da ich mit dem Rücken zu der Richtung saß, aus der Robin und Jonas kamen, bemerkte ich nicht, wie sie auf die Bar zu liefen und realisierte es erst, als jemand seine Hände auf meine Schultern ablegte. Ich schaute nach oben und erkannte Robin, der auf Kosten meiner Atmung tatsächlich ein Hemd trug. Ein weißes und die oberen beiden Knöpfe nicht geschlossen, so dass ich einen Blick auf seinen Oberkörper erhaschen konnte. Die Ärmel hatte er bis zur Hälfte hoch gefaltet und als er sich zu mir runter beugte um mir einen kurzen Kuss zu geben, konnte ich die Mischung aus seinem Geruch und dem Duft seines Parfüms einatmen. Für einen kurzen Moment verschlug es mir den Atem und ich fiel abermals für ihn. Als ich realisierte, dass dieser gutaussehende junge Mann wirklich an meiner Seite war und ich ihn meinen Freund nennen konnte, überkam mich ein Lächeln.
Damit wir dann endlich Getränke und Essen bestellen konnten, setzten sich die beiden auch an den Tisch. Robin wählte den freien Sitzplatz gegenüber von mir und Jonas setzte sich neben Finja. Dadurch, dass wir nun vollzählig waren, bestellten wir bei der nächsten Möglichkeit unser Essen und Trinken. Ich nahm einen Mojito und zum Essen einen Burger mit Kartoffelecken als Beilage. Das Schiff fuhr ruhig auf dem Wasser und die Sonne strahlte auf uns hinab. Heute würde der Sonnenuntergang wieder fast zu gewohnten Zeiten stattfinden, aber noch waren wir davon einige Stunden entfernt und der Himmel am späten Nachmittag leuchtete wolkenlos in blau. Theoretisch war es noch ein bisschen zu früh für Abendessen, aber da wir heute nur gefrühstückt hatten, kam doch langsam ein Hungergefühl in mir auf und spätestens als der Kellner den Burger vor meiner Nase auf den Tisch stellte, wusste ich, dass von diesem nichts überbleiben würde. Außerdem wollten wir ja heute auch recht zeitig ins Bett, weil wir um fünf Uhr morgens bereits anlegen würden und so konnten wir zumindest den Abend bis zum Sonnenuntergang noch an Deck verbringen.
Wie erwartete schmeckte der Burger wirklich gut und ich hatte keinerlei Probleme ihn aufzuessen. Mit den Kartoffelecken hatte ich zum Schluss mehr zu kämpfen, obwohl sie auch wirklich gut schmeckten, darum snackte diese dann nach und nach, während die meistens schon aufgegessen hatten und wir uns bereits angeregt unterhielten. „Das Einzige was mir an einer Kreuzfahrt fehlte wäre so ein schöner Lagerfeuerabend gewesen. Mit Marshmallows und Stockbroten." Auf die Aussage von Chris hin meldete sich Ennie zu Wort. „Sei da besser froh drüber, wenn wir dann noch Lieder gesungen hätten, müsstest du dir die Singstimme von Aaron antun. Das endet nicht gut." Sie lachte und schaute zu Aaron, der sie ein wenig beleidigt anschaute. „Eyy." Ennie schüttelte daraufhin den Kopf und munterte ihn wieder auf. „Nein Spaß, so schlimm ist es nicht." „Wenn wir jemand halbwegs musikalischen unter uns hätten, wäre es ja eine Möglichkeit gewesen, dass die Person die Gitarre oder so mitnimmt und wir uns aufs Sonnendeck setzen heute Abend, aber ich glaube da müssen wir auch drauf verzichten." Jonas setzte den Gedankengang fort, blieb dann aber hängen als er bemerkte, dass wir wirklich keinen haben, der ein Musikinstrument spielen kann. „Okay, was machen wir dann heute Abend?"
„Wir können uns ja trotzdem nochmal ans Sonnendeck setzten und beobachten, wie das Schiff in den Sonnenuntergang fährt." Finja sprach die Idee mit einem Lächeln auf den Lippen aus. „Klingt gut, aber wollen wir vorher hier noch ein Getränk trinken und dann aufs Sonnendeck gehen?" Chris fügte seine Ergänzung und stieß damit auf Zustimmung, weshalb wir mit dem Gespräch wieder abdrifteten und darauf warteten, dass ein Kellner zu uns an den Tisch kam. Ich schweifte mit den Gedanken ab und schaute Robin an, der noch immer vor mir saß und sich angeregt mit den anderen unterhielt. Seine dunkelbraunen Haare hatte er versucht mit Wachs ein bisschen zu ordnen, aber eine Strähne war auf dem besten Weg ihm ins Gesicht zu fallen. Als der Kellner wieder zu uns kam und die Bestellungen aufnahm, kam ich aus meinen Gedanken wieder los und beteiligte mich im Gespräch. Wir tranken gemütlich unsere Getränke, ich hatte mir einen weiteren Mojito bestellt, aus und standen dann auf, um die Bar zu verlassen. Da Robin sich gerade angeregt mit Jonas über irgendwas unterhielt, gesellte ich mich zu Ennie und Finja, die voraus liefen. Aber nach ein paar Schritten mit einem etwas schnelleren Schritt, hatte ich sie wieder eingeholt.
„Ich habe gehört eure Kabine hat sich heute in ein absolutes Chaos verwandelt?" Ennie grinste mich an, als sie sah, dass ich in der Reihe neben ihr ging. „Ja, das könnte man so behaupten." Ich grinste und Finja lachte, um danach meinen Satz zu vervollständigen. „Das kann man nicht nur behaupten, das war wirklich so. Schlimmer als in Neapel und das, obwohl wir nur zwei waren und der Raum in etwa gleichgroß." Zustimmend nickte ich. Recht hatte sie. „Irgendwie war ich in Neapel organisierter." Ennie lachte. „Und bei dir?" „Frag besser nicht. Ich war und bin ja organisiert. Aber Aaron." Sie machte eine amüsierte Handbewegung, die verdeutlichte nicht genauer nachzufragen. „Ich sag dir manchmal fühle ich mich wie seine Mutter, aber die Erfahrung wirst du bestimmt auch noch machen." Dann zwinkerte Ennie. Mittlerweile waren wir bei den Liegen des Sonnendecks angekommen und setzten uns auf diese. Auch die Jungen stoßen wieder zu uns und wir setzten uns in einen Kreis. Damit wir alle gut zusammensetzen konnten, schoben wir noch eine Liege quer an das Fußende von den anderen beiden auf denen wir saßen.
„So, wir hatten gerade darüber gesprochen, was uns von dieser Reise wohl immer in Erinnerung bleiben wird. Tobias hat unter anderem dieses Polarmuseum in Tromsö mit dem ausgestellten Schiff erwähnt und unsere Mission in der Kinderecke. Jetzt seid ihr Mädels dran." Chris schaute uns auffordernd an. „Ich fand den Elchpark und den Spaziergang mit den Huskies großartig, genau wie die kleinen Dörfchen in den Fjordwelten, wie jetzt ganz zum Schluss zum Beispiel." Finja grinste beim Erzählen und ich musste an das kleine Elchkuscheltier denken, welches sie sich tatsächlich irgendwann spontan in einer Altstadt mal gekauft hatte. „Die Fjorde mit dem klaren Wasser und den hohen Bergen drumherum fand ich auch wirklich faszinierend. Und mein Geburtstag am Nordkapp war natürlich ein nicht zu schlagendes Erlebnis." Als ich die Reise für mich nochmal im Kopf durchging, um mein Highlight auszusuchen, überkam mich ein Lächeln. Alles in allem war die Reise wirklich atemberaubend gewesen, aber sie hatte auch ihre Schwierigkeiten. Ich wusste, wie nervös ich war auf Robin zu treffen und wie komisch es anfangs zwischen uns war. Das Bedürfnis, welches ich nach seiner Nähe hatte, mir aber nicht zugestehen wollte und es darum nicht erfüllen konnte. Zwischendurch hatte ich fast ein wenig verzweifelt, aber wir haben es ja doch noch gelöst bekommen und das hatte die Reise um einiges verbessert.
Ich hätte es so sehr bereut, wenn ich auf diese Reise nicht mitgekommen wäre. Vermutlich wäre nie wieder etwas zwischen mir und Robin gewesen und auch die Erinnerungen, die ich mit Ennie und Finja machen konnten, waren einmalig. So eine Kreuzfahrt war schon ein besonderes Erlebnis und eigentlich wollte ich gar nicht, dass diese Reise endete. Ich hatte mich so sehr daran gewöhnt jeden Tag etwas Neues sehen zu können, mit meinen beiden besten Freundinnen und einer zusammenhaltenden Freundesgruppe jeden Tag etwas neues zu erleben. Ich bekam nur noch im Hintergrund mit, was die anderen erzählten. In diesem Moment genoss ich die Meerluft, die meine Haare etwas im Wind mit wehen ließ und die Abendsonne, die uns von der Nähe des Horizontes aus anstrahlte und noch ein wenig Wärme mit sich brachte, so dass wir bei angenehmen Temperaturen den Abend an Deck verbringen konnten. Ich wünschte mir, dieser Moment würde noch ein kleines bisschen länger anhalten. Tief in mir drinnen wollte ich gar nicht nachhause. Ich wollte hierbleiben. Und das nicht, weil es zuhause so schrecklich war, im Gegenteil, weil es hier so wunderschön war. Und diese Menschen, die ich um mich herumsitzen hatten, machten einen großen Anteil davon.
Ich musste mich bemühen keine Träne zu verlieren, eines Freudesträne, weil ich gerade realisierte, wie glücklich ich mich schätzen konnte. Vermutlich bemerkte Robin das, denn er legte seine Hand behutsam auf meine, mit welcher ich mich auf der Liege abstützte. Durch seine Bewegung wurde ich wieder zurück in die Realität gebracht und schaute zuerst zu Robin, anschließend ließ ich meinen Blick dann durch die Runde schweifen. „Kann es sein, dass du gerade einfach wieder vollständig abwesend warst?" Jonas schaute mich verschmitzt an und ich nickte bekennend. Scheinbar war es wirklich so auffällig gewesen. „Manchmal interessiert es mich dann schon sehr, worüber du gerade nachgedacht hast." Ich grinste Jonas zu. „Kann ich dir gerne erzählen." Für einen kurzen Moment wartete ich auf eine Reaktion von ihm oder einen der anderen und fing dann an darüber zu reden, worüber ich gerade nachgedacht hatte. „Ist gar nichts so weltbewegendes gewesen. Ich habe einfach nur begriffen wie glücklich und dankbar ich für diese Reise war. Für Momente, wie diesen. Für euch, als meine Freunde." Ich schaute zu Robin. „Oder mehr als Freunde." Er lächelte und ich erwiderte es.
„Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass es eine gute Idee ist, die Mädels mit auf Kreuzfahrt zu nehmen." Jonas schaute herausfordernd zu Robin, der lediglich nickte. „Ach glaub mal, Svenja musste zu ihrem Glück auch ein bisschen überredet werden. Auch als alles schon feststand, mussten wir ihr beibringen, dass die Reise einmalig wird." Ennie grätschte dazwischen und brachte Jonas zum Grinsen. Robin und ich tauschten vielsagende Blicke, denn wir hatten uns über genau dieses Thema auch schonmal unterhalten, aber das wusste der Rest ja nicht, weshalb Jonas nun die anderen aufklärte. „Ja, das war bei uns Robin. Jonas und ich haben fast direkt euch Mädels vorgeschlagen, Tobias hatte das sowieso ganz uns gelassen und nur Robin war so ein bisschen skeptisch." „Und jetzt schau sie dir an." Ennie lächelte Chris zu. „Wir möchten bitte auf eurer Hochzeit ein Schild mit Matchmaker an unseren Stühlen. Jeder von uns." Robin und ich schauten uns an und konnten nicht anders als zu lachen. Nickten dann jedoch und gaben uns geschlagen. „Bekommt ihr." Ich gab Ennie ihre Bestätigung, die sie haben wollte. „Sehr gut."
Anschließend schweiften unsere Themen wieder ab und wir redeten über alles, was uns gerade einfiel. So wie wir es am besten konnten und uns schienen wirklich nie die Gesprächsthemen auszugehen. Im Hintergrund näherte sich die Sonne nun wirklich dem Horizont und begann im Meer zu versinken, wodurch sie den Himmel wieder anfing leicht zu verfärben. Die vereinzelten dünnen Wolken, die sich mittlerweile in der Nähe des Horizonts gebildet hatten, wurden ebenfalls angestrahlt und leuchteten in den Farben der untergehenden Sonne. „Ich würde ja gerne ewig mit euch zusammen sitzen, aber langsam werde ich müde und wir müssen ja in aller Frühe schon wieder vom Aufstehen. Tobias und ich würden also in unsere Kabine schlafen gehen, wenn das für alle okay ist." Chris schaute fragend in die Gruppe und erhielt zustimmende Antworten. „Wir sind ja nicht aus der Welt und ich denke, wir werden uns bestimmt bald wieder sehen. Dieses Mal glaube ich da nochmal mehr dran als nach Italien." Er hatte Recht. Wir hatten schon ein Treffen in ein paar Wochen vereinbart und manche wussten, dass zumindest der Plan stand an der gleichen Universität zu studieren. Außerdem war jetzt auch Aaron in die Gruppe involviert und hatte gute Verbindungen zu den Jungen, so dass eine weitere Komponente für ein gemeinsames Treffen bestand.
„Ich lasse uns jetzt nicht alle in ihre Kabine gehen ohne eine große Gruppenumarmung. Ich meine wir werden morgen, wenn wir uns wirklich verabschieden, auch noch eine machen. Aber eine auf dem Schiff muss noch sein." Ennie schaute mit einem breiten Grinsen in die Gruppe hinein und musste das nicht zweimal sagen. Die, die noch nicht aufgestanden waren, taten dies nun und in einem großen Kreis kamen wir aufeinander zu, um schließlich in eine große Umarmung mit allen zu fallen, was gar nicht mal so leicht mit acht Personen war, aber irgendwie bekamen wir es hin. „Einer für alle." Ennie, die in der Mitte stand stimmte ein und alle folgten ihrem Ausruf. „Und alle für einen."
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