25 - Tell Me You Love Me
"Sag mir, dass du mich liebst,
ich brauche jemanden, an Tagen wie diesem."
(Demi Lovato - Tell Me You Love Me)
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Wir hatten gefühlt noch ewig an Deck gelegen und der Sonne dabei zugeschaut, wie sie immer noch nicht wieder unterging. Aber in Anbetracht dessen, dass heute wieder ein Landausflug war und es uns doch irgendwann kalt wurde, hatten wir beschlossen schlafen zu gehen. Ich konnte mich nicht mehr an die genaue Uhrzeit erinnern und wusste nur, dass es definitiv nach Mitternacht gewesen war. Der heutige Tag schien zum Glück von gutem Wetter begleitet zu sein, denn die Sonnenstrahlen schienen schon durch die dünnen Vorhänge als wir vom Frühstück zurückkehrten. „Gleich sehen wir ganz viele Huskies." Finja kam strahlend von ihrem Kleiderschrank mit ihren Anziehsachen für heute zurückkam. Sie wirkte als hätte ihr der wenige Schlaf heute gar nichts ausgemacht und vermutlich lag das tatsächlich daran, dass wir heute den halben Tag mit Hunden verbringen würden. Finja war ein absoluter Hundemensch und ich glaube sie könnte mit niemanden befreundet sein, der keinen Hund mag. Sie selber hatte auch einen Hund. Eine Border-Collie Hündin, die auf den Namen Linnea hörte und mit Abstand der niedlichste und besterzogenste Hund war, den ich je kennengelernt hatte.
Da Finja schon dabei war sich umzuziehen verschwand ich im Badezimmer. Ich sprang unter die Dusche und ließ mich vom kühlen Nass noch einmal wecken, ehe ich mich am Waschbecken für den heutigen Tag fertig machte. Ich putzte mir die Zähne und föhnte mir dann meine Haare, so dass sie ein wenig gewellt waren. Tatsächlich lächelte mich heute auch meine Mascara an, also tuschte ich mir Wimpern ein wenig und trug anschließend meinen Kirschlabello auf. Anschließend verließ ich das Badezimmer, wo Finja schon auf mich wartete. „Hattest du heute Langeweile?" Ein Lachen verkneifend nickte ich ihr zu, ehe ich aus der Tür trat, damit sie hineingehen konnte. Aus dem Kleiderschrank zog ich mir eine schlichte schwarze Jeans, die ich mit einem einfachen Gürtel kombinierte, und einen beigen Strickpullover, den ich mir vorne in die Hose steckte. Die Wanderung, oder besser gesagt, der langgezogene Spaziergang sollte heute nicht allzu anstrengend und abenteuerlich werden, wie es teilweise die letzten Tage zu ging. Daher war ich mir sicher, dass ein etwas lockeres Outfit für heute passend sollte. Dann packte ich noch die wichtigsten Sachen in meinen Rucksack, ganz besonders wichtig war heute wieder die Kamera. Seit der heutige Ausflug feststand hatte Finja mir damit gedroht, dass wenn ich die Kamera nicht mitnehme und die Hunde nicht fotografiere, sie sich etwas einfallen lässt. Schmunzelnd steckte ich die Kamera ein und verschloss dann den Rucksack. Ich zog meine Schuhe an, griff zu meiner Winterjacke, da es draußen noch immer recht kalt war und wartete dann bis Finja auch fertig war.
Wie erwartet kam uns ein kalter Wind entgegen, als wir das Schiff verließen und reflexartig machte ich meine Jacke zu. Auch die Sonne, die vom wolkenlosen Himmel auf uns herabschien, kam nicht gegen die Kälte vom Wind an. Aber glücklicherweise hatten wir sowieso noch eine halbe Stunde Fahrt im Shuttlebus vor uns, die wir wieder damit verbrachten „Wer bin Ich" zu spielen. Und auch wenn wir nur dazu kamen eine Runde zu spielen, weil Finja nicht darauf kam, dass sie ihre Lanea war, so war es doch sehr amüsant zu sehen, wie verzweifelt die Versuche irgendwann wurden. Aber ich sollte mich nicht beschweren, dann sonst war immer ich eher die Person, die einfach nicht darauf kam, wer sie denn darstellen sollte. Zwischendurch warf ich immer mal einen Blick nach draußen, denn die Landschaft an der wir vorbeifuhren, war es definitiv wert. Tromsø lag am Anfang eines Fjordarms und die verschiedenen kleinen Inseln wären über mehrere, kleine Brücken oder Tunnel verbunden. Dafür, dass wir so nah am Meer waren, war es außerdem noch ziemlich bergig und vereinzelte Bergspitzen waren sogar noch mit Schnee bedeckt. Ich konnte ganz schlecht einschätzen wie hoch die Berge um uns herum waren, aber ich vermutete sie etwa auf fünfhundert bis sechshundert Meter, die die sie sich hier von der Höhe des Meeresspiegels im Tal emporstreckten.
Die Fahrt verging wie im Flug und ehe wir und versahen bog der Shuttlebus auf einen unebeneren und matschigeren Feldweg ab. Er verlangsamte die Geschwindigkeit auf Schritttempo und nur wenige Momente danach kam uns schon ein Husky mit der typischen Fellfärbung entdecken. Er bellte als er das Auto sah und fing an aufgeregt mit dem Schwanz zu wedeln. Und genau in diesem Moment war Finjas Herz schon geschmolzen und ihr entwich ein Seufzen, bevor sie mich anstupste und dann auf den Hund zeigte. „Schau mal Svenja, ist der nicht niedlich!" Ich musste schmunzeln. Eine Antwort sparte ich mir, denn ich wusste, dass ihre Aufmerksamkeit sowieso mehr auf dem Hund als auf mir lag. „Ihr könnt jetzt aussteigen, der Hund zeigt euch den Weg zur Farm." Der Fahrer drehte sich zu uns um und informierte uns über den weiteren Ablauf in gebrochenem Deutsch. Wir bedankten uns und stiegen dann aus dem Bus aus, um den Husky die zwei Gehminuten zu folgen und schließlich bei der Farm anzukommen.
Zur Freude von allen, aber besonders von Finja, wimmelte der gesamte Hof der Farm von Huskies, mit teils ganz verschiedenen Zeichnungen. Aber die Krönung war unmittelbar in der Nähe des Eingangs, dort war ein Gehege mit einem Knäul an Welpen, die maximal zwei Wochen alt waren. Wenn es nach Finja gegangen wäre, hätten wir auch den restlichen Tag hier verbringen können. Der Husky der uns zur Farm gebracht hatte, lief zu einer schweren, hölzernen Tür und bellte zwei Mal. Kurz darauf kam ein älterer Mann mit langem Bart aus der Tür und begrüßte uns freundlich. Er erzählte uns zuerst ein bisschen was zur Farm selber und fasste dann den Ablauf des Ausflugs zusammen. Im Austausch mit einem Pfand, der aus einer kleinen Summe an Geld pro Person und unseren Personalausweisen bestand, durften wir jeder einen Husky mitnehmen und für die nächsten zwei Stunden auf eigenen Fuß die Landschaft erkunden. Wir waren natürlich einverstanden und gingen dann wieder raus auf dem Hof, wo wir ein kleines Kennenlernen mit den Hunden hatten, damit wir mit einem gehen konnten, mit dem wir uns gut verstanden.
Ich entschied mich recht schnell für den Hund, der uns auch schon hier zur Farm gebracht hatte. Er hörte auf den Namen Togo und ich war mir sicher, dass wir beide zusammen eine gute Zeit haben würden. Finja war die letzte die sich entschied. Sie hatte schließlich die Qual der Wahl und wäre gerne mit allen Hunden gegangen, aber sie hatte ja nur einen Personalausweis und musste sich deswegen entscheiden. Die schwere Entscheidung viel schließlich auf einen noch recht jungen, auffällig hellen Husky, der den Namen Isbjørn trug, was auf Deutsch Eisbär bedeutete. Jeder mit dem Hund, der die nächsten zwei Stunden ihm gehören würde, an der Leine, verabschiedeten wir uns dann von dem älteren Herrn und gingen dann hinaus in die weite Landschaft der norwegischen Stadt. Hier auf der Insel, die neben dem Hauptzentrum der Stadt lag, war es recht ruhig und über mehrere Wege querfeldein brauchten wir einige Minuten um bis zum nächst gelegenen Haus zu kommen. Es war tatsächlich absolut gar nichts los. Manchmal fuhr ein Auto über die Landstraße, die direkt am Ufer des Fjordarms lag, aber größtenteils waren wir alleine mit uns und den Hunden, die hier auch ihr bestes Leben lebten.
Aber nicht nur die Hunde kamen auf ihre Kosten, auch wir genossen die Zeit in der Natur, bei strahlendem Sonnenschein. Auch der Wind war hier gar nicht mehr so schlimm und da wir uns ständig bewegten war es auch gar nicht mehr so kalt. Während des Ausflugs redeten wir die ganze Zeit. Uns war noch nie ein Gesprächsthema ausgegangen und irgendetwas fanden wir immer, worüber wir gemeinsam reden und lachen konnten. Etwas weswegen ich unsere Gruppe so sehr wertschätzte. Robin wich heute tatsächlich auch nie von meiner Seite. Ich wusste nicht ob es nur daran lag, dass seine Hündin meinen Togo scheinbar toll fand und ihn immer wieder zum Spielen aufforderte, oder ob er neben mir gehen wollte. Vielleicht war es auch nur reiner Zufall und ich interpretierte wieder zu viel in die Sache hinein, aber ich freute mich dennoch, dass es die ganze Zeit in meiner Nähe war. Außerdem war ich mir sicher, dass er immer wieder zu mir hinüberschaute, auch wenn ich gerade nichts sagte. Ich schweifte zwischenzeitlich zum gestrigen Abend zurück und dachte darüber nach, ob ich ihm gestern gut genug verdeutlicht hatte, dass er nicht nur ein normaler Freund für mich war. Jedenfalls suchte er wieder mehr Kontakt zu mir, als nach der Gletscherwanderung auf Spitzbergen. Ich wusste noch nicht, wie ich es anstellen sollte, ihm mal ehrlich zu sagen, was ich wirklich für ihn empfand und für kleine Momente wünschte ich mir, er würde doch einfach den ersten Schritt machen.
Nach etwa einer Stunde kamen wir an einen Bachlauf. Der ältere Herr, dem die Farm gehörte hatte uns von dem Bachlauf hier erzählt und meinte, die Hunde wären hier immer ganz gerne. Daher waren wir in diese Richtung gelaufen und es passte ganz gut, dass wir nach etwa der Hälfte nun hier waren. Dann konnten die Hunde etwas trinken und wir würden uns danach wieder auf den Rückweg machen. Togo lief euphorisch auf das Wasser zu und stellte sich mit den Pfoten in das fließende Wasser des Baches um anschließend mit seiner rosafarbenen Zunge große Schlucke des frischen Wassers zu trinken. Ich hörte wie sich von hinten Schritte näherten und wurde dann von der Huskyhündin von Robin überholt, die ebenfalls freudenerfüllt auf das Wasser zu lief. Robin blieb neben mir stehen und schaute zu mir, während sich seine Hündin zu Togo stellte. „Die beiden scheinen sich zu verstehen." „Ja, tatsächlich. Wir haben uns passende Hunde ausgesucht." Ein vorsichtiges Lächeln machte sich auf Robins Lippen breit. „Magst du mich etwa auch." Aus seinem vorsichtigen Lächeln wurde ein spitzbübisches und er schaute mich erwartungsvoll an. „Vielleicht ein bisschen." Ich imitierte sein Lächeln und schaute dann zu ihm hinauf. „Na dann ist es ja sicherlich kein Problem, wenn ich etwas Wärme spende."
Bevor ich reagieren konnte hatte Robin seinen Arm um mich gelegt und zog mich ein wenig zu sich. Etwas verwundert schaute ich ihn an und ich brauchte einen Moment um zu reagieren. Einen Moment in dem ich seine Wärme und seinen Geruch wahrnahm. „Und wenn mir gar nicht kalt ist?" Robin schien für einen kurzen Moment zu überlegen und deutete dann an, den Arm wieder weg zu ziehen. „Ich wollte dir nicht zu nah treten, ich kann..." Aber ich unterbrach ihn, bevor er komplett verunsichert war. „Alles gut, das war Spaß. Wärme kann ich hier immer gebrauchen." Ich merkte wie Robin innerlich aufatmete und dann seinen Arm wieder, wie vorher, um meine Taille lag. „Du musst nicht direkt verunsichert sein. Manchmal ist es besser sich im Leben nicht über alles den Kopf zu zerbrechen, sondern einfach mal zu machen." Ich lächelte Robin zu. „Meinst du? Einfach das machen, was ich denke?" Sanft nickte ich ihm zu. „Ja, macht manche Sachen einfacher." Robin schien erneut nachzudenken, ich konnte nicht deuten, über was er nachdachte, aber für ein paar Momente war es still zwischen uns und ich hörte nur wie der Bach im Hintergrund plätscherte. Genau das war wieder einer der Momente in denen ich mir wünschen würde, dass er mir jetzt einfach sagt, dass er mich liebt. Er hatte es schonmal fast gesagt und das würde alles so viel leichter machen, oder?
„Kommt ihr beiden? Wir wollen langsam wieder zurück gehen." Ennies Stimme verleitete mich dazu, mich von Robin abzuwenden und zu ihr zu sah. Dann schaute ich nach Togo, der schon längst wieder neben mir stand und fertig getrunken hatte und deutete ihm, dass er mir folgen sollte. Euphorisch stand Togo auf und lief zum Rest der Gruppe zurück und auch Robin und seine Hündin setzten sich wieder in Bewegung, damit wir rechtzeitig zurück an der Farm waren. Wir suchten uns einen Rückweg, der nicht der Gleiche war wie vorhin, aber bei dem wir uns trotzdem sicher waren, dass wir irgendwie zurückfinden würden. Zur allergrößten Not, hatte ich das Gefühl, dass auch Togo den Weg zurückgefunden hätte und er uns geführt hätte. Ich war wirklich beeindruckt wie intelligent Huskies und besonders Togo waren. Es war eindrucksvoll wie glücklich die Hunde hier schienen und zwischendurch taten mir die großen Hunde bei uns zuhause Leid, weil sie wahrscheinlich nie so einen Ausflug machen würden, wie die Hunde ihn hier regelmäßig machten.
Wir fanden aber auch ohne Togos Hilfe rechtzeitig den Weg zurück zur Hütte, wo der ältere Herr bereits auf uns wartete und uns dann auf eine kurze Kaffeepause in sein Haus einlud. Das Haus war von innen größer als ich es erwartet hatte. Die Wände bestanden aus grauen Steinen mit hölzernen Verkleidungen und am Ende der kleinen Eingangshalle stand ein Kamin, der aber aus war. Wenn es nach mir ginge, könnten wir den Kamin auch anmachen, aber ich hatte wieder vergessen, dass es hier ja Sommer war und die Menschen, die hier lebten deutlich kältere Temperaturen gewohnt waren. Der Herr führte uns nahe der Eingangstür in einen großen Raum, in dem ein großer, hölzerner Tisch stand. Auf dem Tisch lag eine schöne Tischdecke, bei der ich mir vorstellen konnte, dass sie selbstgemacht war, und der Tisch war schon mit Besteck und Tellern gedeckt. Wir setzten uns um den Tisch herum und begannen zu essen. Auch wenn unser Frühstück noch gar nicht so lange her war, so hatte mich der Spaziergang doch hungriger gemacht als gedacht. Also konnte ich mich durch die Kuchenauswahl probieren, mit dem Fazit, dass mir beide Kuchen schmeckten. Während wir genüsslich den Kuchen aßen, setzten sich der Besitzer des Hauses und seine Frau zu uns und wir unterhielten uns ein bisschen über den heutigen Ausflug mit den Hunden. Immer wieder merkte ich dabei, wie Robin, der mir gegenübersaß, mich ansah. Er wirkte recht nachdenklich, aber wenn er bemerkte, dass auch ich zu ihm rüber schaute, schenkte er mir ein Lächeln, was ich erwiderte.
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