*3 Verliebtsein
Am nächsten Abend machte ich mich um 17:30 fertig für das Treffen mit Will. Noah lag auf dem Bauch mitten in der Luft und beobachtete mich schmunzelnd. Nervös sah ich mich zum tausendsten Mal im Spiegel an.
Verliebtsein ist blöd. Erst einen Tag durfte ich dieses Gefühl jetzt spüren und hatte endgültig genug davon. Der Gedanke an das Treffen heute hatte mich kaum Schlaf bekommen lassen, ich war den ganzen Tag über mit meinen Gedanken bei den bernsteinfarbenen Augen und hatte Schmetterlinge im Bauch. Schrecklich. Außerdem hatte ich mich vor der Schule drücken müssen, weil mein innerer Wolf sich einfach nicht weit genug zurückdrängen ließ. Dieses blöde Verliebtsein. Es brachte mich total neben die Spur. Verwirrte mich. Und fühlte sich frei und schwebend an.
"Flori, du siehst gut aus! Mach dir keine Sorgen! Er mag dich! Wieso sollte er dich sonst einladen?" Ich fuhr mir durch die Haare. Meine dunkelbraunen Kontaktlinsen fühlten sich falsch an, gegenüber von Will hatte ich das starke Gefühl, einfach ich sein zu müssen. Ich atmete tief durch. Aber rote Augen müsste ich erklären und wenn ich das erklären würde, wüsste Will, wer ich wirklich bin. Gott, ist das kompliziert. Egal, er hatte meine Augen doch schon gesehen! Ich nahm die Kontaktlinsen raus. Besser. "Okay Noah, ich gehe dann jetzt. Du bleibst Zuhause, okay? Bitte, tu mir den Gefallen!" Noah kam wieder auf den Boden zurück. "Okay. Hab Spaß!" Ich nickte, wuschelte ihr durch die weißen Haare und verließ nervös das Haus. Ich war 10 Minuten zu früh dran und trotzdem sah ich Will schon nervös in der Straße auf und ab gehen. Kaum sah ich ihn, blickte er schon zu mir. Und lächelte. Ich atmete tief durch und ging dann zu ihm. Keiner von uns wusste so recht, wie wir uns begrüßen sollten, also beließen wir es bei einem einfachen "Hey." Dann sahen wir uns einfach nur an, bis ich rot wurde und mich abwandte, damit er es nicht sah. Saublödes Verliebtsein. "Okay, ähm... Ich wollte dich heute an der Schule abfangen, aber du warst nicht da..." Ich nickte. "Ja, äh, hab verschlafen. Warum wolltest du mich abfangen?" Will kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Wir können leider doch nicht zu mir... Ich wohne mit meinem Rudel in einem Haus, welches meine Schwester heute Abend für sich beansprucht... Sie und ihr Gefährte haben Jahrestag." Er sagte 'mein Rudel'. Heute hast du wirklich Glück, Florian! "Du... Dein Rudel? Bist du ein Alpha?" Will sah sich erst um und setzte sich dann einfach auf den Boden. Ich folgte seinem Bespiel ein wenig zögernd. "Ja, bin ich. Wir sind das Rudel X743. Naja, offiziell. Eigentlich heißt mein Rudel "Bloody Blades". Aber mit blutigen Klingen haben wir nichts zu tun, glaube mir!" Wir lachten. Muss ich erklären, warum es schlimm ist, dass Will ein Alphatier ist? Trotzdem siegten die Schmetterlinge, die in meinem Bauch Meinungsverschiedenheiten anhand von Kriegen klärten. "Und deine Schwester?", fragte ich interessiert nach. "Amelia? Sie ist 16, also 4 Jahre jünger als ich, und lebt mit in unserer Wohngemeinschaft. Ihr Gefährte ist Luke Hastings, einer meiner Betas." Ich versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr ich mit meinen Gedanken an der Tatsache hing, dass er ein Alpha war. Riesen Glück! "Oh, okay..." Es herrschte ein Schweigen. Keiner wusste, wie das hier weiter verlaufen sollte. Ich war noch nie zuvor so verliebt in eine mir völlig fremde Person, also hatte ich auch keine Erfahrungen mit sowas! "Ähm... Weißt du, wie das hier jetzt weitergehen soll? Im Bezug auf... unser Treffen.", fragte ich. Will verbesserte mich sofort. "Date! Das ist ein Date. Und nein, ich weiß es nicht. Irgendwie habe ich mir das leichter vorgestellt... Eine Gefährtin zu finden und so, meine ich. Jetzt habe ich dich. Nicht das ich unzufrieden wäre! Ich meine nur... ich habe nie mit einem Jungen gerechnet." Autsch. Das tat weh! Ich starrte auf den Boden vor mir. "Ich schon. Mir war immer klar, dass ich zu einem Jungen gehöre." Was auch an meiner... "Besonderheit" liegen kann. "Aber ich hatte nicht damit gerechnet, einen Alpha zu erwischen.", murmelte ich dazu. Doch Will hörte mich dennoch. Er hob mein Kinn mit den Fingern an und drehte es zu sich. "Hey, keine Sorge. Mein Rudel ist meine Familie und wird sich über dich freuen! Außerdem bin ich sehr froh, dass mein Gefährte ist wie du." Ich löste mein Kinn von seinen Fingern und starrte wieder auf den Boden. Hm, sehr interessanter Kieselstein... "Du kennst mich nicht.", gab ich zu bedenken und musterte weiter den Stein. "Na und? Ich habe das Gefühl, dich schon Jahre zu kennen." Ich starrte stur auf den Stein. Nein, er kannte mich nicht. Er kannte Five, aus Erzählungen und Legenden, aber nicht den neuen Five. Florian ist anders als Five. Der Unterschied: Als Florian rede ich mir ein, frei zu sein, obwohl ich weiß, dass meine Vergangenheit und meine Pflicht mich einholen wird. "Hey, Flo. Ich habe mich für dich entschieden. Aus allen Menschen der Welt habe ich dich ausgewählt. Und du mich. Ich sitze sehr gerne hier mit dir auf der Straße und habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll! Und damit du das weißt: Vor mir musst du dich nicht verstecken, wie du es vor anderen tust. Du kannst-" "Will, ich... ich verstecke mich nicht." Ich seufzte. "Ich schütze andere. Mein Leben... ist ziemlich kompliziert. Und es gibt Dinge, die ich weder dir, noch anderen jemals erzählen kann und werde. Es gibt Dinge, die ich nie mehr los werde. Und die Tatsache, das ich von einem Moment auf den anderen zum ersten Mal verliebt bin und dann auch noch in jemand wie dich bringt alles noch mehr durcheinander! Nicht, dass ich das hier nicht will, ich-" Er stoppte meinen Redeschwall indem er seine Lippen auf meine legte. Mein erster Kuss. Ich erstarrte erschrocken, als plötzlich alles zu kribbeln begann, mein Herz schneller schlug und sich meine Augen schlossen. Was machte er nur mit mir? Langsam entspannte ich mich wieder und küsste Will zurück. In allen Büchern würde jetzt eine Beschreibung der Lippen des anderen kommen, in etwa so:
"Seine Lippen waren weich und warm und passten perfekt auf meine! Der leichte Oberlippenbart kitzelte..."
und so weiter... Aber die Wahrheit ist: Ich könnte es nicht, selbst wenn ich es wollte. Denn alles kribbelte und drehte sich um das, was seine Lippen machten. Obermegablödes Verliebtsein! Und trotzdem:
Ein schlechter erster Kuss war es nicht! Und ein schlechtes erstes Date auch nicht.
Ich lag in meinem Bett. Was für ein Tag. "Du, Flori?"
Hm? Was ist?
"Sind du und Will jetzt zusammen?"
Keine Ahnung, Noah. Geh schlafen! Weckst du mich pünktlich zur Schule?
"Ja, mach ich. Sag mal, darf Will mich eigentlich sehen?"
Nein, erstmal nicht. Aber früher oder später werde ich euch einander vorstellen. Kannst du jetzt schlafen gehen?
"Ja, ja! Hetz' nicht so! Nur weil du mit Will allein sein willst! *seufzt* Na gut, ich gehe. Bis morgen, Flori!"
Schlaf gut, Noah.
Will zog mich näher zu sich. Ja, er lag auch in meinem Bett. Nein, wir hatten keinen Sex! Gott, was denkt ihr eigentlich?! Er hat nur nett gefragt, ob er bei mir schlafen kann, weil sein Haus am anderen Ende der Stadt liegt. Und irgendwie war er in meinem Bett gelandet und ich hatte mich an ihn gekuschelt. Mit meinem Gefährten kann man super kuscheln! Und er hatte recht, es fühlte sich wirklich an, als kannten wir uns schon seit Ewigkeiten. Auch wenn ich das starke Gefühl hatte, ihn noch besser kennenlernen zu wollen. Verrückt? Ja. Total.
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