*17 Schwuchtel
Langsam trabte ich durch ein großes hölzernes Tor. Sofort schlug mir der Geruch von etwa 2000 Anwesenden Werwölfen entgegen, 10 davon kannte ich. Dies wären natürlich die restlichen 6 Wächter und die drei Vorsitzenden des Rates. Außerdem roch ich Iwan, ein Soldat aus der Wächtergarde, der Hannah und Septim mit einem anderen Mann zu Will's Haus begleitet hatte. Ich wurde zum Menschen und ging zu dem großen Haus in der Mitte des runden Platzes. Davor stand Iwan und lächelte mich freundlich an. "Guten Morgen, Sir Grace.", begrüßte er mich und sah auf den Boden, wie man es tun sollte, wenn einem eine Hochrangige Person gegenüber steht. Ich klopfte ihm nur auf die Schulter und antwortete: "Senke nicht immer den Blick, wenn ich zu dir komme! Und bitte, sag einfach Five. Das erleichtert das Ganze." Iwan sah auf und nickte. "Wie du willst." "Lass und doch einfach wie Freunde miteinander umgehen, hm? Ein bisschen Unbeschwertheit kann diesem Ort nicht schaden...", schlug ich vor und Iwan lachte. "Da hast du recht! Es ist alles ziemlich ernst hier... Allerdings sind es auch ernste Zeiten. Heute Abend gegen 17:00h erwarten wir die erste Angriffswelle. Wir werden im Wald dafür bereit stehen. Ihr Wächter kommt dazu, wenn ihr euch ausgesprochen habt." Ich seufzte. "Die haben also wirklich vor, die nächsten 7 Stunden nur zu reden!" Eine Hand legte sich von hinten auf meine Schulter. "Ja, haben wir. Wir brauchen eine Strategie, Five!", sagte Septim. Hinter ihr tauchte Elena, die erste Wächterin, auf. Septim trug einen braunen Rock und ein grünes Oberteil, dass das Wappen der Wächter ( ein Baum, in dessen Mitte ein Kristall strahlt und ein Wolf, der daneben hervor schaut) trug. Elena stattdessen war mit Jeans und hellblauem Oberteil bekleidet, und das sah sehr viel gemütlicher aus als das enge grüne Shirt und der braune Rock. "Auch dir einen guten Morgen, Septim.", sagte ich und nahm sie in den Arm. "Hallo, Elena. Lange nicht gesehen!", sagte ich und die 35 Jährige nickte mir freundlich zu. "Stimmt, es müssten jetzt zwei Jahre sein! Ich habe gehört, dass du erst vor einer Woche hier warst, um mit dem Rat zu sprechen." Ihre blauen Augen leuchteten im Sonnenlicht. "Ja. Es waren viele der Wächter anwesend. Wieso du nicht?", fragte ich und bemerkte, wir förmlich meine Sprache plötzlich wurde. Das ist das, was Will gemeint hat! , schoss es mir durch den Kopf. "Ich war bei meiner Familie. Meine Tochter ist krank, deshalb bin ich die letzte Woche bei ihr geblieben, um sie zu versorgen." Ich nickte. verstehend. Obwohl sich mir sofort ein Gedanke aufdrängte: Dieses Problem werden Will und ich nie haben... Ich kann keine Kinder kriegen. "Das ist natürlich zu respektieren. Wie alt sind deine Kinder jetzt?", fragte ich. Etwas glückliches, stolzes blitzte in Elena's Augen auf. "Unsere beiden ältesten sind 15, dann kommen die beiden Mädchen mit 8 und 6. Und gerade letztes Jahr haben wir nochmal Zuwachs bekommen mit Zwillingen, sie sind fast ein Jahr alt.", erzählte Elena freudig. Wenn man bedenkt, sie ist 35 Jahre alt. In meinem Alter wurde sie das erste mal schwanger. "Das ist schön, herzlichen Glückwunsch!", freute ich mich. "Hey, Five!", kam es von hinten und Julian, der 3. Wächter, schlug bei mir ein. Er war gerade mal zwei Jahre älter als ich und ein gutaussehender Typ mit hellbraunen Haaren und violetten Augen. Er war schlank aber kräftig und einen halben Kopf größer als ich. "Hey, Julian! Wo hast du Ceithre gelassen?" (Man spricht es "kärre" oder "keirre" aus) Julian zuckte mit den Schultern. Er und Ceithre waren schon immer beste Freunde gewesen und man traf sie eigentlich nur zu zweit an. "Er hat auf dem Weg stoppen müssen und sich um einen Baum gekümmert..." Ja, der 4. Wächter war wirklich sehr pflichtbewusst. Er kümmerte sich um jegliche Art von Pflanzen und manchmal auch um Tiere. Sein Name "Ceithre" war irisch und bedeutete schlicht "Vier". "Dann sind wie doch fast vollständig!", meinte Septim und zählte nach. "Elena, Hannah ist schon drinnen, Julian, Ceithre ist gleich da, Five... Wo ist Jana?" Wir sahen uns um. "Die kommt doch meistens zu spät... Zu viele Schicksalsschläge...", zwinkerte Elena. "... und ich. Wir sind vollständig! Ah, da kommt Ceithre!", sagte Septim und deutete hinter mich. Der blonde Junge mit grünen Augen war etwa so alt wie Julian und einen halben Kopf kleiner als ich. Er kam in seiner Wolfsform geradewegs auf uns zu. Als Mensch kam er zum Stehen. "Tut mir leid, ich hab auf dem Weg noch- Ach, egal. Jana kommt gleich, sie ist auf dem Weg, hat mich gerade gelinkt. Wir sollen ohne sie anfangen." Ich seufzte.
Jetzt wird es ernst... Sie werden meine Markierung bemerken. Wünsch mir Glück!
, ließ ich meinen Gefährten wissen und folgte Elena in das Gebäude. Kurz nickte ich Iwan zu, als ich an ihm vorbei ging.
Viel Glück, Babe! Du schaffst das!
Ich spürte seine Besorgnis. Aber zumindest war er nicht so nervös wie ich. Kaum hatte ich den Raum, in dem Hannah und die drei Ratsältesten schon warteten, betreten, konnte ich Will gar nicht mehr spüren. Er war weg, wie aus meinem Kopf gewischt.
Hey Five!
, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf. Sie war etwas älter als ich und weiblich. Jana, die Wächterin des Schicksals.
Hallo, Jana! Wo bleibst du?
Bin sofort da! Andere Sache, ich möchte dich darauf vorbereiten, dass es ein wenig Zoff geben wird, wenn herauskommt, dass du einen männlichen Gefährten hast. So ist dein Schicksal.
Das habe ich mir gedacht... Trotzdem danke.
Keine Sorge, es wird sich alles direkt klären. Ganz ruhig! Du wirst in nächster Zeit noch schwerere Entscheidungen treffen müssen, als die, ob du lieber abstreitest, oder offenlegst, dass du schwul bist...
Ich runzelte meine Stirn. Schwerere Entscheidungen? Aber Jana war schon wieder aus meinem Kopf verschwunden. Es war ihr verboten, uns von unserem Schicksal zu erzählen, so wie es mir verboten war, den anderen ihr Todesdatum zu nennen. Ich seufzte. Todesdaten... Ohne, dass ich es wollte, dachte ich nach, wer wann sterben würde. Ein Datum nahm meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Das heutige. Sofort brach ich den Gedankengang ab, ich wollte nicht wissen, wer in diesem Kampf sterben würde. Ich schüttelte den Kopf und setzte mich neben Hannah, die ich kurz begrüßte. Der Ratsälteste blickte einmal in die Runde. "Schön, dass ihr alle da seid." Es war ein grau- braun haariger Mann Mitte 50. "Wir werden, sobald die 6. Wächterin eingetroffen ist, mit den Besprechungen beginnen. Doch zuerst möchte ich Five" Ich zuckte erschrocken zusammen, "zu seiner Markierung beglückwünschen! Jana hat mir vor 6 Tagen davon berichtet." Alle sahen mich fröhlich an, Hannah begann zu applaudieren, die anderen stimmte mit ein. Ich hatte mich noch nie geoutet. Überall, wo ich hin kam, spielte das entweder keine Rolle, oder ich war schon mit Will zusammen. "Wieso hast du uns nicht berichtet, dass du eine Gefährtin hast?", fragte Julian. Auch seine Sprache war förmlicher geworden. "Weil... ähm... Das war noch während ich... Ich habe..." Mein Herz schlug schnell. Nervosität, Aufregung, Angst, ein klein wenig Panik raubten mir die Sprache. "Ich muss euch was sagen..." Ich schluckte, meine Hände spielten mit dem Saum meines Shirts. "Ich... bitte um eure Akzeptanz und Toleranz für mich und... und meinen Gefährten Will. Er... Ich liebe ihn wirklich sehr und hoffe, dass das für keinen ein Problem darstellt..." Selbst wenn es ein Problem darstellen sollte, würde ich für Will kämpfen, das schwor ich mir. Es wurde augenblicklich still. Die Tür ging auf und Jana kam rein, sie musste sich nicht mal umsehen, um auf ihren Platz zu finden. Sie kannte wirklich alle Vorgänge aus allen Leben auswendig. Auch eine schwere Bürde. "Oh, du hast dich also für Variante zwei entschieden...", murmelte sie, als sie sich neben mich setzte. Noch immer sahen mich alle an, doch ich vermied den Blickkontakt. "Homosexualität... Das ist noch nie vorgekommen...", sagte der 2. Ratsälteste und nahm Blickkontakt mit seinen beiden Gleichrangigen auf. "Jetzt spannt ihn doch nicht so auf die Folter!", forderte Hannan. Für ihre jungen 17 Jahre war sie sehr vorlaut, gerade den älteren gegenüber. Plötzlich stand Julian auf und verließ den Raum schnellen Schrittes. Gleichzeitig linkte er uns alle und sagte:
Ich kämpfe nicht an der Seite einer Schwuchtel!
Ich zuckte zusammen und biss auf meine Unterlippe. Will's beruhigende Präsenz würde mir helfen, dass es nicht so weh tat.
Bah, ich habe ihn vorhin berührt! Five, du bist widerlich!
, kam sein letzter Kommentar. Die Tür fiel laut hinter ihm zu. Wieder sahen alle mich an. Ich unterdrückte die Tränen und starrte auf die Tischplatte. Ceithre stand auf ud sagte: "Ich werde Julian folgen, er muss sich entschuldigen! Das ist kein Verhalten, dass ein Wächter an den Tag legen sollte!" Ich stand ebenfalls auf, sagte mir brüchiger Stimme "Entschuldigt mich." Und verließ so schnell es ging den Raum. Jana hatte mich vorgewarnt. Aber es tat trotzdem weh. Hoffentlich behielt sie recht damit, dass sich das schnell wieder legen würde. Denn ihre Aussagen hatten immer nur eine 70% Chance darauf, dass es auch so passieren wird. Mit jeder Entscheidung formten wir den Weg selbst, der in den restlichen 30% auch anders ausgehen konnte. Ich rannte aus dem Haus, ließ meine Tränen laufen und ging in das Gebäude daneben, in dem es Zimmer für jeden Wächter gab. Ich schloss die Tür zu Zimmer 5 laut hinter mir und schmiss mich auf mein Bett. Sofort nahm Will Kontakt zu mir auf.
Was ist passiert?
~~
Keine Zeit zum Korrigieren, tut mir leid.
Reaktionen auf Julian?
Irgendwelche Fragen?
Her mit den Kommis!
Offizielle Update- Read- Zahl: Erhöht auf 50.
Bye :)
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