Too Perfect
Die Schwärze auf meinen Augen hielt nur wenige Sekunden an, ehe sich mein Blickfeld wieder aufhellte.
Thorin stand immer noch da, wo er angekommen war und schaute genau wie alle anderen durch das Loch nach draußen. Da hörte ich das laute Klingen von einem Horn. Keinen Moment später fiel ein Ork zu uns herunter und landete knapp neben mir. Thorin beugte sich zu der Leiche herunter und zog den Pfeil heraus, der in dem Vieh steckte.
„Elben!", zischte er kurz darauf und warf den Pfeil mit einen Blick auf Gandalf angewidert weg. War das nicht übertrieben? Immerhin hatten uns die Spitzohren gerade gerettet.
Apropos gerettet, wo war Lily? Ich entdeckte sie schnell.
Sie saß auf der anderen Seite der Höhle und ihr Arm wurde gerade notdürftig von Oin verbunden. Den Pfeil hatten sie jetzt herausgezogen.
Erleichtert atmete ich aus. Also ging es allen gut.
„Ich kann nicht sehen, wo der Gang hinführt!", rief da plötzlich Dwalin, den ich von meiner Sitzposition nicht sehen konnte, „Folgen wir ihm oder nicht?"
„Wir folgen ihm natürlich!", antwortete Bofur und setzte sich gefolgt von den anderen in Bewegung. Ich dagegen war mir nicht so sicher, ob ich aufstehen konnte.
„Alles in Ordnung?", hörte ich da plötzlich Thorin und sah, dass er sich neben mich gekniet hatte.
„Ich... weiß nicht", murmelte ich und zog wie vorhin den Stoff meiner Hose hoch, um meinen Knöchel zu begutachten.
Oh Mist! Jetzt war er definitiv geschwollen. Ich bezweifelte, dass ich mit dem noch einen vernünftigen Schritt machen konnte.
„So ein Sch...eibenkleister!", fluchte ich und kämpfte mich auf dem gesunden Bein an der Wand hoch.
Ich kassierte dabei einen verwirrten Blick von Thorin.
„Was ist Scheibenkleister?", fragte er und mit Mühe konnte ich verhindern laut loszulachen. Stimmt ja, dass hatten die hier nicht.
„Das ist, ähm.", stotterte ich, als plötzlich Resi neben mich trat.
„Nur so ein Zeug, dass man bei uns an Fenster schmiert. Komm ich helfe dir", sagte sie und legte sich meinen rechten Arm um die Schulter, bevor ich etwas sagen konnte.
Ähm, okay? Mir wäre es ja lieber gewesen, wenn Thorin mich gestützt hätte...
Und laut Resis angedeuteten Grinsen wusste sie das auch. Ich warf ihr einen bösen Blick zu.
„Danke", sagte ich und ein sarkastischer Unterton schwang in meiner Stimme mit.
„Immer wieder gerne", antwortete sie und lachte leicht. Ich verdrehte nur die Augen.
Ich konnte den Knöchel nur minimal belasten, was es somit fast unmöglich machte ohne Resis Hilfe zu gehen. Na ganz toll.
Wir folgten nun den anderen durch den engen Gang bis wir schließlich genau wie im Film in einem großen Tal ankamen.
„Das Tal von Imladris", verkündete Gandalf und alle blieben stehen, „Allgemeinhin ist es unter einem anderen Namen bekannt."
„Bruchtal", murmelte Bilbo leise und ich betrachtete die Häuser, die gegenüber der Schlucht lagen.
Im Kino war ich davon überwältigt gewesen, hatte es wunderschön gefunden.
Doch jetzt... jetzt fühlte ich mir unwohl. Es war zu perfekt. Es war mir zu meiner eigenen Überraschung zuwider auch nur eine Stunde hier zu bleiben.
„Es ist wunderschön", murmelte Lily und trat einen Schritt vor. Ich runzelte die Stirn. War ich die Einzige hier, die so dachte?
„Was hältst du davon?", flüsterte ich Resi ins Ohr.
„Wohnen wollen würde ich hier nicht", antwortete sie und ich atmete auf. Ich war nicht die Einzige.
Thorin ging hinüber zu Gandalf. Oh oh.
„Das hattest du von Anfang an vor! Zuflucht bei unseren Feinden zu suchen", sagte er verärgert und blickte den Zauberer böse an.
„Feinde gibt es hier nicht, Thorin Eichenschild. Der einzige Groll den man in diesem Tal findet, ist der den man selbst hegt", sagte Gandalf ruhig und ging den Weg weiter der schmal über die Schlucht nach Bruchtal führte.
„Glaubst du, dass die Elben unseren Vorhaben ihren Segen geben werden?", fragte Thorin, der immer noch nicht locker ließ, und lief neben Gandalf her.
„Natürlich, das werden sie..." Den Rest von dem, was Gandalf sagt, nahm ich nicht mehr war, ich war eher damit beschäftigt nicht in den tiefen Abgrund links und rechts neben mir zu schauen.
Verdammt war das tief!
Schließlich kamen wir an eine lange Steinbrücke, die wir auch schnell überquerten.
Nun standen wir auf einem großen Runden Platz, dessen einzigen Zugänge die Brücke hinter uns und eine Treppe, die in die Stadt führte, vor uns waren.
„Hier könnte ich leben", sagte Erik beeindruckt und sah sich um. Ich verzog das Gesicht. Da würde ich mich gleich am zweiten Tag in den Abgrund stürzen, wenn ich hier leben müsste.
„Ich nicht. Es ist viel zu hell und offen. Ich mag es eher dunkel", sagte ich und Resi nickte zustimmend. Jetzt hatten wir bestimmt Sympathiepunkte bei den Zwergen gesammelt!
„Mithrandir!", ertönte da plötzlich eine für meinen Geschmack viel zu weiche Stimme und alle Blicke schnellten zur Treppe, wo eine Elbin, ups... korrigiere: ein Elb auf uns zu kam. Aber mal ernsthaft mit dieser Robe, den glänzenden Haar und den Diadem auf dem Kopf, sah er aus wie eine Frau! Bäh!
„Ah! Lindir!", antwortete Gandalf und trat auf den Elb zu.
„Ach das ist ein Kerl", murmelte Resi und erntete Gelächter von den Umstehenden.
„Das dachte ich auch gerade", sagte ich grinsend. Das Spitzohr selbst schien nichts gehört zu haben oder er ignorierte es gekonnt.
„Lastannem i athrannedh i Vruinen. (Wir hörten, dass Ihr ins Tal gekommen seid.)", sagte er zu Gandalf.
„Ich muss mit Herrn Elrond sprechen", meinte Gandalf, doch Lindir schüttelte den Kopf.
„Mein Herr Elrond ist nicht hier", sagte er gelassen. Er war wohl nicht sehr traurig darüber.
„Nicht hier...", murmelte Gandalf, „Wo ist er?" Wie zur Antwort ertönte in diesem Moment das Horn von vorhin und ein gutes dutzend Pferde samt ihrer Reiter kamen von der Brücke aus auf uns zu. Unwillkürlich beschlich mich das Gefühl in der Falle zu sitzen und ich machte einen Schritt zurück. Zumindest ich wollte, denn meinen Fuß hatte ich dabei nicht bedacht. Deswegen knickte ich ein und Resi konnte mich gerade noch so halten.
„Was machst du denn?", fragte sie erschrocken und zog mich wieder hoch.
„Sorry", sagte ich leise und blickte wieder zu den Reitern.
„Ifridî bekâr! (Zieht eure Waffen!) Schließt die Reihen!", rief da Thorin aus, der sich nun auch bedroht fühlte und ich wurde kurzerhand zusammen mit Resi und Bilbo in die Mitte der Truppe gestoßen, auch Thorin ging ins Zentrum zurück, während die Reiter bei uns ankamen und uns umkreisten.
Das hieß also, ich stand sehr dicht gedrängt an Thorin, Resi und Bilbo, umringt von Zwergen und Elben. Kein Idealzustand, vor allem nicht mit schmerzenden Knöchel.
Schließlich kamen die Reiter zum stehen und Elrond kam vor Gandalf zum Stehen. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie machte er mir Angst. Er war genau wie alles andere hier: Zu Perfekt, zu hell, zu leuchtend.
„Herr Elrond!", sagte Gandalf erfreut und verbeugte sich leicht, „Mellonnen! Mo evínedh?(Mein Freund! Wo seid ihr gewesen?)"
„Farannem 'lamhoth i udul o charad. Dagannem rim na Iant Vedui. (Wir haben eine Horde Orks gejagt, die aus dem Süden gekommen sind. Wir erschlugen ein paar von ihnen nahe der Grenze.)", sagte Elrond und stieg von seinem Pferd. Belustigt sah ich in die Gesichter der Zwerge, die alle nur Bahnhof verstanden und grinste leicht.
„Ungewöhnlich für Orks unserer Grenze so nah zu kommen. Irgendwas oder irgendjemand hat sie wohl angelockt", fügte Elrond noch hinzu und drehte sich zu uns.
„Nun das könnten wir gewesen sein", sagte Gandalf, als plötzlich ein schmerzerfülltes Stöhnen ertönte und mein Blick fuhr zu Lily, die ihren verletzten Arm umklammerte. Der verdammte Pfeil war wahrscheinlich vergiftet gewesen.
„Wir haben Verletzte. Könnt Ihr sie heilen?", fragte nun Isy und trat vor. Elrond nickte leicht.
„Komm", sagte er zu Lily, welche, ohne zu zögern vortrat. Ich allerdings war mir nicht so sicher. Ich traute diesen Elben nicht so recht, auch wenn ich durch die Filme wissen müsste, dass ich ihnen trauen kann, aber dennoch ließ mich dieses Bauchgefühl nicht los.
„Laura, kommst du?", fragte da Lily mit unter Schmerzen zusammengepressten Zähnen und drehte sich nochmal zu mir. Oh scheiße.
„Ich komme schon klar", sagte ich schnell, vielleicht zu schnell, denn ich spürte die skeptischen Blicke meiner Freunde auf mir. Auch Thorin sah mich fragend an.
„Laura, der Fuß muss behandelt werde", sagte Erik mit gerunzelter Stirn.
„Der wird auch so heilen", sagte ich schulterzuckend und war in dem Moment erleichtert, dass auch Resi, die mich immer noch stützte sich keinen Schritt bewegte. Sie schien mich zu verstehen. Ob das an den zwergischen Genen lag?
„Es würde aber weniger schmerzhaft sein. Du unterschätzt die elbische Heilkunst", sagte nun Gandalf und ich drehte innerlich durch. Wie oft sollte ich den noch ablehnen?!
„Ich kenne die Wirkung der elbischen Arznei und verzichte dankend", erwiderte ich, „Außerdem ist es gar nicht so schlimm." Damit ließ ich Resi los und versuchte erfolgreich allein zu stehen, auch wenn dabei wieder unendlicher Schmerz durch meinen Fuß schoss.
„Dein Bein könnte ernsthaft verletzt sein. Es wäre unklug unsere Hilfe abzulehnen", sagte nun Elrond selbst und trat einen Schritt auf mich zu. Unauffällig humpelte ich einen Schritt rückwärts.
„Ich komme klar", wiederholte ich meine Worte vom Anfang. Konnten sie es denn nicht mal gut sein lassen?
„Dann solltet ihr zumindest etwas gegen die Schmerzen nehmen", sagte Elrond ernst.
„Sie sagte Nein!", sagte da plötzlich Thorin und trat vor mich, um mich vor dem Blick des Elben zu verdecken. Erleichtert entspannte ich mich. Wenigstens einer, der mir mal zur Hilfe kam.
Kurz herrschte Schweigen, ehe Elrond wieder das Wort ergriff.
„Willkommen Thorin, Sohn des Thrain." Puh, zum Glück ging es nicht mehr um mich.
„Ich glaube nicht, dass wir uns kennen", sagte Thorin kühl.
„Du hast deines Großvaters Erscheinung. Ich kannte Thror, als er König unter dem Berge war", sagte Elrond und ich verdrehte die Augen.
„Schleimer", flüsterte Resi und sprach somit meine Gedanken aus.
„Ach ja? Von Euch hat er nie gesprochen", sagte Thorin und verschränkte die Arme. Ha, nimm das, Elb!
Verwundert über mich selbst runzelte ich die Stirn. Woher kam bloß die plötzliche Abneigung?
„Nartho i noer, toltho i viruvor. Boe i annam vann a nethail vin. (Entzündet die Feuer und bringt Wein. Wir müssen unsere Gäste versorgen.)", sagte Elrond schließlich, was natürlich keiner der Zwerge verstand.
„Was hat er gesagt?! War das etwa eine Beleidigung?!", fragte Gloin zornig und die Zwerge nahmen synchron eine bedrohliche Haltung ein.
„Nein, Meister Gloin. Nur eine Einladung zum Essen", sagte Gandalf amüsiert. Daraufhin drängten die Zwerge etwas enger zusammen und fingen an zu murmeln. Alle außer Thorin, der stand immer noch schützend vor mir und schien diese Haltung auch nicht aufgeben zu wollen.
Da gingen meine Gefährten auch schon wieder auseinander und Gloin übernahm das Wort.
„Nun gut. Wenn das so ist geht voran."
Da setzte sich Elrond endlich in Bewegung und die anderen folgten ihm langsam, doch ich hatte keine Ahnung wie ich jetzt ohne Stütze die Treppe schaffen sollte...
„Hier", sagte da Thorin plötzlich und hielt mir seinen Arm hin. Ich spürte wie meine Gesichtsfarbe sofort einen Chamäleon auf einer Tomate nachahmte. Warum um alles in der Welt war er so verdammt nett zu mir?!
„Danke", murmelte ich leise und hakte mich bei ihm unter.
Hoffentlich hatten die Spitzohren hier auch Alkohol, denn sonst würde ich die Nacht hier nicht überstehen. Ob ich es mit Alkohol tun würde, wusste ich nicht, denn ich war noch nie in meinem Leben betrunken gewesen, nur einmal leicht angetrunken, als Erik mir auf seiner Geburtstagsfeier zu spät mitgeteilt hatte, dass ich den Cocktail nicht mit einmal austrinken durfte, tja.
Doch diese Tatsache sollte sich heute Nacht ändern...
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