On The Road
„Warum ist es hier nur so verdammt kalt?", fragte ich mit klappernden Zähnen und grub meine Finger in das warme Fell von Kovu.
„Vielleicht weil es schon seit Stunden nicht aufhören will zu regnen!", murrte Resi und schlang ihre Jacke enger um sich.
„Ich will nicht wissen wie meine Haare später aussehen! Bei dieser Luftfeuchtigkeit.", sagte Isy wehklagend und musterte besorgt ihre nassen Strähnen die auf ihren Schultern lagen oder eher klebten.
Wir ritten nun schon eine halbe Ewigkeit durch diesen Wald, dessen Namen ich schon wieder vergessen hatte, und es wollte einfach nicht aufhören zu regnen. Heute früh war der Himmel noch wolkenlos gewesen und jetzt...
„Jetzt seid doch endlich mal still! Ihr müsst schließlich nicht hier unten im Matsch stapfen! Und so kalt ist es nun auch nicht!", rief da Erik ungehalten und wir verstummten. Trotzdem warf ich ihm einen genervten Blick zu, denn schließlich fror er nur nicht, weil er erstens elbisches Blut hatte und zweitens seine hellblaue wattierte wasserfeste Jacke trug, während wir Mädchen uns in unseren Stoffmänteln abfroren. Selbst die Mäntel die Gandalf uns gegeben hatte, halfen nicht wirklich gegen die Nässe.
Auch die Zwerge schienen unter dem Regen zu leiden. Bofur versuchte irgendwie Pfeife zu rauchen und Bilbo sah aus als wäre er gerade in einem See baden gewesen.
„Herr Gandalf?", meldete sich nun Dori an den Zauberer, der seelenruhig an der Spitze ritt und den Regen gar nicht wahrzunehmen schien, „Könntet Ihr etwas gegen diese Überschwemmung tun?"
„Das wäre mal ein Beitrag", murmelte Lily leise.
„Es regnet, Meister Zwerg!", rief Gandalf zur Antwort und ich konnte ein Augenverdrehen nicht verhindern.
„Ganz solide Analyse", sagte Resi ungehalten, doch Gandalf überhörte es.
„Und es wird weiter regnen bis es aufgehört hat zu regnen!", fügte er noch hinzu, „Wollt ihr das Wetter auf der Welt ändern, müsst Ihr euch einen anderen Zauberer suchen."
Leichter gesagt als getan.
„Gibt es welche?", fragte Bilbo neugierig.
„Was?"
„Andere Zauberer?"
„Es gibt fünf von uns. Der höchste unseres Ordens ist Saruman der Weiße", erklärte Gandalf.
„Saruman der Vollidiot", grummelte ich in meinen nicht vorhanden Bart und Erik gab einen zustimmenden Laut von sich.
„Und dann gibt es noch zwei blaue Zauberer, deren Namen ich allerdings vergessen habe", redete Gandalf weiter.
„Pallando und Alatar", sagte Lily seufzend und ich musste schmunzeln. Sie war das wandelnde Mittelerde-Lexikon.
„Und wer ist der fünfte?", fragte Bilbo nach.
„Oh, das ist natürlich Radagast der Braune", sagte Gandalf und lächelte etwas, woran man sofort merkte, dass Radagast der Einzige seiner Kollegen war, den er mochte.
„Ist er ein großer Zauberer oder ist er... mehr so wie du?", fragte Bilbo zögernd.
„Autsch", sagte Isy und der Rest von uns grinste.
Gandalf jedoch ignorierte den letzten Teil von Bilbos Aussage geflissentlich.
„Ich finde er ist ein sehr großer Zauberer, auf seine Weise. Er ist eine sanfte Seele, der die Gesellschaft von Tieren vorzieht. Er wacht über die riesigen Waldgebiete, die sich weit im Osten erstrecken und das ist gut. Denn das Böse wird immer wieder versuchen in dieser Welt Fuß zu fassen."
Bilbo beließ bei dieser Aussage und schweigend ritten wir weiter. Und mit schweigend meinte ich totenstille, abgesehen vom Plätschern des Regens. Kein Zwerg sagte ein Wort. Es war als wären wir plötzlich im Kloster gelandet.
Das musste am Wetter liegen.
Denn sonst hatten die Zwerge immer geredet und genau das hatte auch gewährleistet, dass mir nicht langweilig wurde.
Doch jetzt... Jetzt kam die Langeweile und ich genoss sie in vollen Zügen... nicht!
„Mir ist langweilig", sagte da plötzlich Resi laut und ich war froh, dass ich nicht die einzige war, der es so ging.
„Sing doch was", sagte Lily und grinste sie an.
„Nur wenn ihr mitmacht!", erwiderte sie und ich blickte sie überrascht an.
Singen war bei Resi sonst immer absolutes Tabu.
„Dir ist wirklich langweilig, oder?", fragte ich belustigt und Resi nickte wehleidig.
„Ist das euer Ernst? Ihr wollt singen?", fragte Erik skeptisch und wir ernteten ein paar neugierige Blicke von Bilbo, Fili und Kili, die neben uns ritten.
„Jap, anscheinend. Sonst schlafen wir vor Langeweile noch ein", beantwortete ich Eriks Frage schulterzuckend.
„Und was?" fragte Isy mit hochgezogenen Augenbrauen.
Möglichst was, wo uns unsere Gefährten nicht für komplett irre hielten.
„Ich wand're ja so gerne am Rennsteig durch das Land-", fing da Resi an, wurde jedoch von Erik unterbrochen.
„Oh Gott bitte nicht!", protestierte er und hob abwehrend die Hände.
„Was denn?", fragte Resi verwirrt, „Passt doch."
„Ich hasse dieses Lied", sagte Erik kopfschüttelnd. Resi seufzte genervt und fing ein anderes an.
„Im Frühtau zu Berge wir ziehn, vallera! Grün schimmern wie Smaragde alle Höhen, vallera-"
„Resi!", unterbrach nun Isy genervt und ich sah wie Resi verärgert die Lippen schürzte.
„Dann schlagt ihr doch was vor!", sagte sie beleidigt.
„Wie wär's mit The Lonely Mountain? Das ist wenigstens etwas angenehm und passt auch", sagte ich seufzend und die anderen stimmten nach kurzem Zögern zu.
„Far over the Misty Mountains rise
Lead us standing upon the height
What was before we see once more
Is our kingdom a distant light."
Ich sang nur die ersten Zeilen mit ehe ich nur noch leise mitsummte und das Lied genoss.
Auch die Zwerge lauschten gebannt der Melodie auch wenn sie kein Wort verstanden. Hin und wieder entstand Gemurmel was wie ein „Das kenne ich doch irgendwoher" klang. Doch ich achtete nicht weiter darauf.
Mein Blick fiel auf Thorin der ein paar Meter vor mir ritt und ich musste mich zusammenreißen nicht ins Starren zu verfallen. Wie konnte denn auch sein Rücken so anziehend wirken?
Schnell schüttelte ich den Kopf. Was dachte ich denn da für einen Mist?
„Laura?", riss mich da Lily aus meinen Gedanken.
„Hm?" Fragend sah ich zu ihr, während sie nun dicht neben meinem Pony ging.
„Du solltest Thorin Gesellschaft leisten. Er sieht da vorne so allein aus", sagte sie und wackelte provozierend mit den Augenbrauen.
Ich riss ertappt die Augen auf und fing unbewusst an die Zügel in meinen Händen zu kneten.
„Bist du verrückt?", murmelte ich und sah mich um um mich zu vergewissern, dass keiner mithörte, doch glücklicherweise lauschten alle dem Gesang.
Lily verdrehte nur die Augen.
„Jetzt sei nicht so feige oder muss ich dich erst zu deinem Glück zwingen?" Ich runzelte verwirrt die Stirn, bis mir klar wurde was sie vor hatte und sich alles in mir zusammenzog.
„Lily! Wag es dir-" Ich konnte nicht zu Ende sprechen, da Lily Kovu in dem Moment einen Klaps auf den Hintern gab und er somit in leichtem Galopp nach vorne preschte.
Wie eine Irre zog ich die Zügel zurück, um das Pony zum Stehen zu kriegen und schaffte es dabei gerade noch so nicht panisch aufzukreischen.
Zitternd atmete ich aus als mein Pony endlich anhielt, doch dummerweise nicht, weil ich es ihm befohlen hatte, sondern weil es in ein anderes rein gerannt war.
Und zwar in das von Thorin! Na danke!
Besagter Zwergenkönig hatte sich leicht in meine Richtung gedreht und musterte mich mehr oder weniger fragend. Ich schlucke hart.
„V-Verzeiht. Meine Gefährtin hielt es anscheinend für amüsant mein Pony, ohne mein Wissen anzutreiben", sagte ich schnell und lächelte entschuldigend, dabei betete ich inständig, dass meine Gesichtsfarbe noch normal war.
Thorins Blick glitt kurz in Lilys Richtung und dann wieder zu mir, dabei sah er fast belustigt aus. Verwirrt sah ich ebenfalls zu meiner Freundin, die nun gelassen neben Erik lief und die Natur betrachtete als hätte sie nie etwas anderes getan.
Oh diese... Das würde Rache geben! Wenn wir Legolas begegneten, oh ja, dann...
Ein leises Schmunzeln riss mich aus meinen Racheplänen und ich sah überrascht zu Thorin, der allerdings wieder nach vorne schaute und weiterritt als wäre nie etwas gewesen.
Kopfschüttelnd setzte auch ich mein Pony wieder in Bewegung. Ich verstand die Welt nicht mehr.
Jetzt konnte ich auch noch die ganze Zeit neben Thorin reiten, würde j ein bisschen komisch kommen, wenn ich plötzlich wieder auf Abstand ging.
Also verbrachte ich die nächste Zeit damit zu versuchen ihn bestmöglich nicht zu beachten und stattdessen jeden Baum genau zu mustern, dabei fiel mir auch auf, dass der Regen aufgehört hatte.
Ja ich weiß, irgendwie war das total bescheuert, aber was sollte ich denn machen?
„Was war das für eine Sprache?" Erschrocken schnellte mein Blick zu Thorin, der immer noch auf den Weg vor sich schaute.
Redete er mit mir?
Na gut, außer mir war keiner in der Nähe.
„Bitte?", fragte ich nach und Thorin blickte mich direkt an.
„Was war das für eine Sprache auf der Eure Gefährten gesungen haben?", wiederholte er und ich umklammerte mit aller Kraft meine Zügel um nicht zu zittern.
Diese Augen... Das war ja sowieso meine größte Schwäche: Helle Augen und dunkle Haare.
Gott, konnte man solche Gedanken nicht abstellen.
„Ehm, Englisch", antwortete ich schnell und brach den Blickkontakt um nicht doch noch rot zu werden.
„Spricht man die in Eurem Land?"
Wie kam es denn, dass Thorin Eichenschild plötzlich so gesprächig war?
„Ja, es ist sozusagen die Sprache mit der wir uns mit anderen Ländern verständigen. Also sowas wie Westron hier", erklärte ich und wagte es nochmal ihn anzusehen. Er hatte den Blick inzwischen wieder abgewandt und nickte aber auf meine Aussage hin leicht.
„Beherrscht Ihr diese Sprache?"
„Ja, es ist Pflicht bei uns sie zu lernen", erwiderte ich.
„Könntet Ihr sie anderen beibringen?" Okay, was lief hier?
„Warum interessiert Euch das?", stellte ich eine Gegenfrage und Thorin gab ein belustigtes Schnauben von sich.
„Ich dachte nur, es könnte ein Vorteil gegenüber Feinden sein, sich auf einer fremden Sprache zu verständigen", sagte er abwinkend und mir entfuhr ein leises Lachen.
Dafür hatten sie doch eigentlich schon ihre eigene Sprache, oder? Na gut, es konnte auch sein, dass die Orks schon einige Wortfetzen verstanden...
Egal! Das tat jetzt hier nichts zur Sache!
„Naja ich denke nicht, dass meine Freunde darüber sehr erfreut sein würden. Schließlich können wir, wenn wir diese Sprache sprechen, sicher sein, dass keiner lauscht. Eure Kameraden wären schließlich auch nicht begeistert, wenn Ihr mir Khuzdul beibringen würdet, oder?", sagte ich lächelnd und spürte, wie die Anspannung etwas von mir abfiel.
Das brachte ihn tatsächlich zum Lachen. Ich hatte Thorin Eichenschild zum Lachen gebracht! Ich verdiente einen Orden!
„Nein, würden sie nicht", gab er zu und schüttelte den Kopf.
Somit verbrachte ich den Rest des Tages damit mich mit dem Anführer der Gruppe zu unterhalten und war überrascht wie gut man mit dem sonst so grüblerischen Zwerg reden konnte.
Schließlich kamen wir nach einem langen Tag an einer alten zerfallenen Hütte an, die mir verdächtig bekannt vorkam.
Thorin ritt etwas vor und wendete sein Pony so, dass er direkt zu uns sah.
„Hier schlagen wir unser Nachtlager auf", verkündete er und in diesem Moment fiel mir ein, woher ich die Hütte kannte.
Das war der Lagerplatz, wo die Zwerge gegen die Trolle kämpfen mussten!
Ich unterdrückte ein genervtes Aufstöhnen.
Der Abend schien ja vielversprechend zu werden.
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