Fire To Ashes
„...And as the sky is falling down
It crashed into this lonely town..."
- I See Fire, Ed Sheeran
-Esgaroth-
-Isys Sicht-
Schreiend rannten die Bewohner der Seestadt zwischen den Häusern entlang in blanker Furcht vor dem Kommenden.
Jeder wusste inzwischen, dass der Drache auf dem Weg hierher war. Als erstes war ein lautes Krachen zu hören, gefolgt von einer Erschütterung, die alles erzittern ließ. Danach hatte sich der Wind verstärkt, das Wasser war unruhig geworden und schlug nun ständig Wellen.
All diese Anzeichen hatten nun nach und nach Panik unter den Bewohnern ausgelöst, die nun versuchten irgendwie aus der Stadt zu entkommen.
Auch Isy hatte Angst, große sogar, jedoch dachte sie nicht daran zu fliehen. Sie hatte beobachtet wie Bard gefangen genommen und in die Kaserne gebracht worden war. Sie musste ihn befreien, sie würde nicht ohne ihn gehen.
Die feigen Wachen, die das Haus bewacht hatten, waren bereits zum Bürgermeister geflohen, so dass es für Isy ein Leichtes gewesen war nach drinnen zu gelangen. Den schwarzen Pfeil hatte sie sich mit einem Seil auf den Rücken gebunden, damit sie die Hände frei hatte. Sie würde es nicht wagen, ihn irgendwo abzulegen.
So schlich sie nun leise durch das Haus, für den Fall, dass sich hier doch noch eine Wache befand, was aber eher unwahrscheinlich war.
„Lasst mich hier raus!", hörte Isy Bards Stimme, „Hört ihr mich?!" Schnell folgte sie seinem Rufen zu einer hölzernen Tür, die sie vorsichtig öffnete.
Die Tür führte in einen Raum, der durch ein Gitter in zwei Bereiche geteilt war, der eine war die Zelle für die Gefangenen, der andere für die Wachen. Letzterer war verlassen.
„Isabell?", fragte Bard - der hinter den Gittern stand - überrascht und musterte sie ungläubig, „Was tust du hier?"
„Ich sagte doch, ich lass dich nicht allein", sagte Isy und lächelte kurz, ehe sie an die Gittertür trat, „Wo ist der Schlüssel?" Bard deutete auf den Schreibtisch hinter ihr.
„Da vorne." Isy drehte sich um und sah dort tatsächlich den Schlüsselbund liegen.
Sie griff danach und schloss schnell die Zellentür auf, um den Bogenschützen raus zu lassen.
„Danke. Und jetzt bring dich in Sicherheit!", sagte er, als er aus der Zelle trat und Isy kam nicht umhin die Augen zu verdrehen. Ging das schon wieder los.
„Ich werde nicht gehen!", sagte sie stur und ein bisschen genervt.
„Ich will nicht, dass du in Gefahr gerätst", sagte Bard kopfschüttelnd und streckte die Hand aus, um ihr den Pfeil vom Rücken zu ziehen, jedoch erkannte Isy sein Vorhaben. Sie ergriff seine Hand, bevor er ihn erreichte, und hielt sie fest.
„Muss ich dich daran erinnern, was passiert wäre, wenn ich dich tatsächlich allein gelassen hätte?", fragte sie ernst, als der Sinn seiner letzten Worte zu ihr durchdrang. Er wollte nicht, dass sie in Gefahr war? Hatte er Angst um sie?
Da spürte Isy ein leichtes Kribbeln im Bauch, während sie ihn einfach nur ansah und noch immer seine Hand festhielt. Auch er machte keine Anstalten sich aus ihrem Griff zu lösen.
Kurz war es für die beiden absolut still, keiner von ihnen nahm mehr den Trubel, der draußen vorging, wahr. In diesem Moment fuhr jedoch eine heftige Erschütterung durch das Haus und die Wände knackten bedrohlich, so dass die beiden aufgeschreckt worden.
„Was war das?", fragte Isy leicht verängstigt, obwohl sie die Antwort schon ahnte.
„Smaug", hauchte Bard, als das Haus erneut erschüttert wurde und einige Balken von der Decke fielen, „Raus hier!"
Schnell liefen die beiden nach draußen, während sich Bard im Vorbeigehen einen Langbogen aus dem Waffenständer neben der Zelle schnappte.
Als sie nach draußen kamen, bot sich ihnen ein furchtbarerer Anblick. Die Stadt brannte lichterloh, schon mehrere Tote lagen auf den Stegen, welche ebenfalls bereits Feuer fingen.
„Wie sollen wir je zum Aussichtsturm kommen?", fragte Isy leise und blickte zu dem großen hölzernen Gerüst an dessen Spitze die Glocke Alarm schlug.
„Wir müssen übers Dach! Komm!", sagte Bard und zog sie zu einer Treppe, die ursprünglich in die zweite Etage eines Hauses führte. Innerlich atmete Isy auf. Endlich hatte er nachgegeben.
Leichtfüßig kletterte der Bogenschütze auf das Dach und half Isy nach oben, als plötzlich der Drache dicht über ihnen hinweg flog und ein Teil des Hauses auf dem sie standen mit sich riss. Geradeso konnten die beiden seinen Klauen ausweichen, ohne dabei vom Dach zu fallen.
„Schnell!", murmelte Bard und gemeinsam bewegten sie sich von Dach zu Dach direkt auf den Turm zu, während Smaug immer heftiger Feuer spie und die Stadt dadurch bald komplett in Flammen stand. Isy hoffte inständig, dass es Erik und Lily gelungen war zu entkommen, doch sie waren Elben. Sie werden schon einen Weg gefunden haben.
„Hier hoch!", riss sie Bard aus den Gedanken und sie realisierte, dass sie am Turm angekommen waren.
So schnell es ihnen möglich war, rannten sie nun die Treppen hinauf bis sie schließlich bei der Glocke ganz oben ankamen. Bard drehte sich zu Isy um.
„Gib mir den Pfeil", sagte er leise und streckte bittend die Hand aus.
Zögerlich zog Isy das Metall vom Rücken und hielt es ihm hin. Er hatte nur einen Versuch...
Bard schien das Gleiche zu denken, denn er nahm ihr den Pfeil genauso zögerlich ab und legte ihn an seinen Bogen.
„Du schaffst das", sagte Isy sicherer als sie sich fühlte und legte ermutigend eine Hand auf seinen Arm.
Der Bogenschütze nickte ihr dankbar zu, ehe er sich umdrehte und langsam auf den Drachen zielte, der noch immer über der Stadt hin und her flog. Mehrere Minuten folgte Bard mit dem Pfeil seinen Bewegungen, ehe er leise fluchte.
„Er ist zu schnell!", murmelte er kopfschüttelnd und ließ den Bogen sinken.
„Er muss doch irgendwann landen", sagte Isy hoffnungsvoll als Smaug plötzlich direkt auf sie zu kam und mit seinen Klauen den Turm streifte, welcher dadurch etwas schwankte und in eine extrem schiefe Position geriet.
Sowohl Bard als auch Isy verloren dadurch den Halt, wodurch Bard zu Boden fiel und Isy, die nah am Rand gestanden hatte, dort nun um ihr Gleichgewicht kämpfte, um nicht in die Tiefe zu stürzen.
Sie versuchte sich noch an einem der Seitenbalken festzuhalten, jedoch waren diese schon weggebrochen, wodurch sich ihr Körper langsam aber sicher Richtung Abgrund bewegte.
Oh je...
„ISABELL!", hörte Isy da Bard hinter sich schreien, ehe zwei Arme um ihre Hüfte griffen und sie abrupt nach hinten gezogen wurde, so dass sie mit ihrem Retter rückwärts umfiel.
Erleichtert atmete Isy aus, als ihr bewusst wurde, dass Bard sie vor dem Fallen bewahrt hatte, und ließ sich für den Bruchteil einer Sekunde in seinen Armen zurücksinken, die immer noch ihren Körper umklammerten.
„Danke", hauchte sie atemlos, als er sie langsam losließ und ihr beim Aufstehen half.
Da ertönte plötzlich ein lautes Krachen und beide fuhren herum zu Smaug, der gerade in den Trümmern gelandet war und die beiden spöttisch musterte.
Bard reagierte schnell und stellte sich schützend vor Isy, um die Aufmerksamkeit des Drachen mehr auf sich zu lenken. Dabei hob er unauffällig den Pfeil wieder auf, den er bei seinem Sturz eben fallen gelassen hatte.
„Wer bist du, dass du es wagst mir die Stirn zu bieten?!", fragte Smaug höhnisch und kam etwas auf die beiden zu. Bard erstarrte kurz, ehe er ohne auf die Worte des Drachen einzugehen nach seinem Bogen griff. Jedoch mussten sowohl er als auch Isy mit Schrecken feststellen, dass er zerbrochen war.
„Oh was für ein Jammer. Was wirst du nun tun, Bogenschütze?! Du bist verlassen! Hilfe wird keine kommen!" Der Drache grinste und kam noch näher an den Turm.
Zitternd krallte sich Isy an Bards Arm fest und blickte Smaug angsterfüllt entgegen, während Bard selbst sich hektisch nach einer Lösung umsah.
„Mmmm, gehört das Mädchen zu dir?", fragte Smaug da amüsiert und Isy klammerte sich fester an den Schwarzhaarigen, „Du kannst sie nicht vor dem Feuer retten. Sie wird brennen!"
Da schien Bard etwas einzufallen, denn er griff nach dem kaputten Bogen und rammte die Enden, an denen noch die Bogensehne hing, jeweils in die hölzernen Balken links und rechts.
„Was hast du vor?", fragte Isy leise, die verwirrt sein Tun beobachtete.
„Vertrau mir. Stell dich hier hin und beweg dich nicht", sagte Bard zu ihr und drehte sie an den Schultern so herum, dass sie zwischen den beiden Balken stand, mit dem Rücken zum Drachen.
Bard griff erneut nach dem Pfeil und legte ihn vorsichtig auf ihre linke Schulter, während er das andere Ende mit der Bogensehne nach hinten zog.
Da erkannte es Isy. Er hatte einen provisorischen Bogen gebaut. Deswegen musste sie jetzt still halten.
Sie atmete tief durch und versuchte ihr Zittern unter Kontrolle zu kriegen.
„Sag mir, Wicht, wie könnte einer wie du, mir gefährlich werden?! Dir ist nichts geblieben außer deinem Tod!", rief Smaug aus und brüllte laut, was Isy reflexartig zu dem Drachen blicken ließ, der nun näher denn je war.
„Isabell", sagte da Bard leise und ihr Blick schnellte zu ihm, „Sieh zu mir. Sieh mich an." Sie blickte ihm direkt in die Augen und sofort wurde sie etwas ruhiger. Ihr Atem ging etwas langsamer und sie hörte auf zu zittern, während sie einfach nur seine Augen fixierte.
„Dreh dich etwas nach rechts", murmelte er und stumm kam sie seinem Befehl nach, „Gut so."
Sein Griff um die Sehne wurde kaum merklich fester, als er sie noch etwas mehr spannte, ehe er den Pfeil losließ.
Isy spürte wie der Pfeil über ihre Schulter glitt und durch die Luft schnellte.
Sie drehte sich um und konnte gerade noch sehen, wie sich der Pfeil in die ungeschützte Haut des Drachen an seiner Brust bohrte, ehe Smaug aufschrie und unkontrolliert auf den Turm zu stürzte.
Isy spürte wie Bard schützend seine Arme um sie legte, als der Drache mit voller Wucht gegen den Turm stieß und dieser darauf umkippte.
Schreiend klammerte Isy sich an Bard fest, als sie den Halt verloren und sich verdammt schnell dem Wasser des Sees nährten.
„Halt dich fest!", hörte sie Bard noch rufen, ehe sie auf der Wasseroberfläche aufschlugen und alles schwarz wurde.
-Erebor-
-Lauras Sicht-
Mit tränenverschleierten Augen starrte ich ins Leere und versuchte die entfernten Schreie der Seeleute auszublenden. Noch immer lag ich in Thorins Armen, welcher mir abwesend immer wieder beruhigend über den Rücken strich, was jedoch nur wenig half.
Zusammen mit den anderen standen wir auf einem alten Wachturm, der ein Stück vom Berg entfernt war, um die Seestadt sehen zu können, die Smaug gerade zerstörte. Zumindest sahen es die anderen, ich hingegen saß mit Thorin etwas abseits, da ich diesen Anblick nicht ertragen konnte. Die Schreie waren schon schlimm genug.
Resi schien es ähnlich zu gehen, denn auch sie hatte sich von der brennenden Stadt abgewandt und ihr Gesicht in Kilis Schulter vergraben, der sie schon die ganze Zeit versuchte mit tröstenden Worten zu beruhigen, anders als Thorin, der seit meinem Zusammenbruch schwieg. Aber darüber war ich auch ganz froh.
Ich wollte keine leeren Worte, die einfach nur so dahin gesagt wurden nur damit es mir besser ging. Sie würden nichts an dem ändern, was hier gerade geschah.
Es gab keine Hoffnung mehr.
Selbst wenn meine Freunde den Flammen entfliehen konnten.
Selbst wenn sie es schafften, die Stadt zu verlassen.
Selbst wenn sie entkamen.
Smaug würde dafür sorgen, dass es keine Überlebende geben wird.
Er würde sie jagen, einen nach dem anderen.
Wieder einmal entwich mir ein Schluchzen, das meinen Körper leicht erbeben ließ.
„Schhh", hauchte Thorin leise, genauso wie die Male davor, jedoch wirkte es diesmal genauso abwesend wie seine Geste, wenn er mir über den Rücken strich, was mich etwas verunsicherte.
Langsam blickte ich zu ihm auf, um ihn direkt anzusehen.
Sein Blick war auf den Berg gerichtet und seine Augen wirkten seltsam leer und dunkel. Eine unnatürliche Dunkelheit umgab ihn, die mir Angst machte.
„Thorin?", fragte ich mit brüchiger Stimme, als plötzlich ein lautes Krachen ertönte, was mich genau wie alle anderen erschrocken aufblicken ließ. Eine Erschütterung folgte und der Boden unter uns erzitterte.
Das war von der Stadt gekommen.
Was zum Teufel war das?
„Was war das?", sprach Ori meine Gedanken aus und ich befreite mich aus Thorins Armen, um zu den anderen zu laufen. Der Schwarzhaarige ließ es zu ohne darauf zu reagieren, doch das blendete ich in diesem Moment aus.
Ich kam bei meinen Gefährten an und konnte Esgaroth nun sehen.
Auch Resi blickte Richtung Stadt, die nur noch ein brennender Fleck auf dem Wasser war, jedoch fehlte etwas.
„Wo ist Smaug?", fragte ich leise und trat an die Brüstung.
„Er ist abgestürzt. Ich hab's gesehen", antwortete Bilbo, der neben mir stand und ich sah ihn kurz ungläubig an, ehe ich nochmals suchend über das Wasser blickte. Der Drache war definitiv nicht mehr da.
„Ist... er-", fing Resi zittrig an, doch Bilbo unterbrach sie.
„Er ist tot!", rief er aus und drehte sich zu den anderen, „Smaug ist tot!"
Eine riesige Last schien mit diesen Worten von meinem Herzen zu fallen und ich atmete erleichtert auf. Der Drache war tot!
Das heißt, es würde Überlebende geben! Es musste Überlebende geben! Und Isy, Lily und Erik mussten unter ihnen sein. Etwas anderes konnte ich mir nicht vorstellen.
Ich wechselte einen hoffnungsvollen Blick mit Resi.
„Bei meinem Barte, ich glaube er hat recht!", sagte Gloin und stand auf, „Seht doch! Dort!", er deutete in die Luft, „Die Raben Erebors kehren zum Berg zurück!"
Tatsächlich war Rabengeschrei zu hören und mehrere Vögel flogen über uns hinweg.
„Gott sei Dank", hauchte ich und ließ mich leicht gegen die Mauer sinken.
„Wir haben den Berg zurück", sagte Fili und lächelte triumphierend.
„Ja, die Nachricht wird sich verbreiten", meinte Balin, „Nicht mehr lange, dann weiß es jeder in ganz Mittelerde! Der Drache ist tot!" Daraufhin brachen alle Zwerge in Jubel aus und ich blickte ebenfalls lächelnd zu Thorin.
Doch was ich sah ließ mein Lächeln gleich wieder verschwinden.
Anstatt mit bei uns zu stehen und sich über den Sieg zu freuen, lief der Schwarzhaarige geradewegs Richtung Berg ohne auch nur einmal zurückzublicken.
Bitte nicht.
Das beklemmende Gefühl der Angst breitete sich in meinem Bauch aus und mir wurde leicht übel.
„Laura? Alles in Ordnung? Du bist ganz blass", sagte da Bilbo leise neben mir und ich atmete tief ein, um die Fassung zu behalten.
„Thorin", brachte ich leise hervor und Bilbo folgte meinem Blick.
„Oh..."
-An den Ufern-
-Lilys Sicht-
Mit schreckgeweiteten Augen hatte Lily den Überfall von Smaug beobachtet und war mehrmals von Legolas gehindert worden wieder nach Esgaroth zurückzureiten.
Die beiden hatten die Stadt schon lang vor dem Angriff verlassen, als sie Bolg mit einem Pferd bis zu den Wäldern verfolgt und dort verloren hatten.
Als Smaug gekommen war, waren sie bereits zu weit weg gewesen, um irgendwie noch helfen zu können.
Zumindest hatte Legolas Lily das gesagt. Doch sie wurde dieses Gefühl der Schuld nicht los.
Was, wenn sie doch hätte helfen können? Wenn nun Isy und Erik ihretwegen tot waren?
„Mach dir keine Vorwürfe. Du hättest nichts tun können", riss sie Legolas aus den Gedanken und der Blonde drehte sich leicht zu ihr, um sie anzusehen. Noch immer saßen sie auf dem Pferd mit dem sie die Stadt verlassen hatten, welches auf einem kleinen Berg stand, von dem man die Stadt oder eher die Ruinen gut sehen konnte.
„Vielleicht gibt es Überlebende", murmelte Lily leise und blickte auf den inzwischen schwarzen Fleck auf dem See. Das Feuer war bereits erloschen als die Sonne aufgegangen war.
„Die gibt es", sagte Legolas und sie blickte zu ihm auf, „Dort unten. Viele haben es ans Ufer geschafft." Lily sah in die gewiesene Richtung und konnte etwas entfernt tatsächlich Menschen erkennen, die sich gerade aus dem Wasser kämpften.
„Wir müssen dorthin!", rief Lily aus und sah bittend zu Legolas, „Ich muss zu meinen Freunden!" Der Elb nickte verstehend und trieb das Pferd an, das sich daraufhin in Bewegung setzte.
Vielleicht eine halbe Stunde ritten sie den Berg hinunter bis sie schließlich am Ufer ankamen, wo sich schon eine große Traube an Menschen gebildet hatte.
Lily brauchte nicht lange suchen, da entdeckte sie schon jemanden, dessen Anblick sie unheimlich erleichterte.
Dort stand Erik, lebendig und unverletzt, und neben ihm Tauriel, doch das war Lily - so leid es ihr tat - in dem Moment herzlich egal.
„Erik!", rief sie aus und glitt vom Pferd hinunter um auf den Gerufenen zu zu rennen.
Erik, der anscheinend bis eben noch mit Tauriel gesprochen hatte, drehte sich um und auch ihm sah man die Erleichterung deutlich an.
„Lily!", erwiderte er, ehe sie ihm in die Arme fiel.
„Gott sei Dank, dir geht es gut", sagte sie erleichtert und löste sich wieder von ihm.
„Gleichfalls", sagte Erik nur und lächelte schief. Lily bemerkte Tauriels Todesblick, der auf sie gerichtet war und musste sich ein Grinsen verkneifen.
Die beiden waren sich anscheinend schon etwas näher gekommen.
„Tauriel", hörte Lily da Legolas hinter sich und drehte sich leicht um, „Du lebst also noch."
„Genauso wie du", erwiderte Tauriel nur.
Na, das war ja mal eine freundliche Begrüßung., schoss es Lily durch den Kopf und konnte ein innerliches Glücksgefühl nicht unterdrücken, auch wenn es gemein war.
Aber dieses Gefühl wich schnell wieder, als die Sorge erneut in ihr aufstieg.
„Wo sind die Zwerge? Und Isy?!", fragte Lily an Erik gewandt, dessen Gesichtsausdruck sich daraufhin etwas verdunkelte.
„Oin und Bofur sind bereits zum Erebor aufgebrochen. Ich habe ihnen gesagt, dass ich hier bleibe und nach euch suche. Isy hab ich zuletzt mit Bard auf der Turmspitze gesehen, wo sie versucht haben den Drachen zu töten..." Er stockte und senkte den Blick.
„Was ist passiert?", fragte Lily aufgebracht, „Was ist mit ihr?"
„Das wissen wir nicht", antwortete Tauriel und blickte sie mitleidig an, „Wir haben sie nur vom Boot aus gesehen. Es war bereits zu spät, um umzukehren... Und sie ist nicht hier." Fassungslos sah Lily zwischen ihr und Erik hin und her.
„Dass... sie... aber", stotterte Lily leise und blickte sich um, in der Hoffnung ihre Freundin doch noch irgendwo zu entdecken. Jedoch sah sie nichts.
Das konnte nicht sein! Sie konnte doch nicht tot sein!
„Hilfe! Ich brauche Hilfe!" Die Blicke der vier Elben schnellten bei dem Ruf zum Ufer, wo sich ein Mann aus dem Wasser kämpfte und dabei irgendetwas oder irgendwen trug.
Mit ihren scharfen Augen erkannte Lily schnell, um wen es sich handelte.
Das war Bard und er trug-
„Isy!", rief Erik aus und zeitgleich rannten er und Lily ins Wasser, um Isy und Bard zum Ufer zu helfen.
Bard war noch bei Bewusstsein und schien so weit unverletzt, doch Isy war nicht ansprechbar und hatte eine blutende Wunde an der Stirn, was Lily Angst machte.
Obwohl der Schwarzhaarige sich selbst vor Erschöpfung kaum unter der Last auf den Beinen halten konnte, ließ er das Mädchen in seinen Armen nicht los, sondern trug sie mit Eriks und Lilys Hilfe ins Trockne, wo sich so gleich ein Kreis an Fischern um die vier bildete.
Vorsichtig legte der Schwarzhaarige Isy auf einer Decke ab, wo Lily sie schnell untersuchte.
„Was ist passiert?", fragte Erik an Bard gewandt, der mit einem Stofffetzen, den ihm einer der Menschen gereicht hatte, Isys Kopfwunde notdürftig säuberte.
„Wir waren auf dem Aussichtsturm und der Drache hat ihn zum Einsturz gebracht. Dabei hat sie sich verletzt", erklärte der Bogenschütze und strich ihr mit der freien Hand eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Ist es schlimm?", fragte Lily und beäugte die Wunde besorgt.
In dem Moment schlug Isy langsam die Augen auf und die anderen atmeten auf.
„Wo... bin ich?", fragte sie leise und blickte sich orientierungslos um.
„In Sicherheit", antwortete Bard und griff ihre Hand, „Du bist in Sicherheit."
Ihr Blick schnellte zu ihm und sie entspannte sich, als sie ihn erkannte.
„Haben wir es geschafft?", flüsterte sie und Bard nickte.
„Ja." Sie lächelte schwach und erschöpft schloss sie die Augen wieder.
„Gut", murmelte sie noch, ehe sie erneut das Bewusstsein verlor.
„Sie braucht Ruhe", sagte Erik und sanft ließ Bard sie los, um aufzustehen, während Lily noch eine weitere Decke über sie legte, damit sie nicht fror. Kurz darauf kamen ein paar Menschen herbei, um sie in ein kleines schützendes Zelt zu tragen, dass sie bereits aufgebaut hatten.
„Bard!", rief da jemand in der Menge und keinen Moment später rannte Ingeras auf den Bogenschützen zu, um ihn zu umarmen.
„Ingeras!" Erleichtert drückte Bard seinen Bruder an sich, als plötzlich einer der Fischer vortrat.
„Es war Bard!", rief er aus, „Er hat den Drachen getötet! Ich hab's mit eigenen Augen gesehen! Mit einem schwarzen Pfeil hat er ihn erlegt!"
Daraufhin brachen die Menschen in Jubel aus und auch Lily blickte den Bogenschützen dankbar an.
Er hatte Isy gerettet und Erik die Flucht ermöglicht.
Da trat plötzlich noch jemand aus der Menge hervor und Lily erkannte Alfrid, der Bards rechte Hand griff und sie hochhielt.
„Ja, ein Hoch auf den Drachentöter!", rief er und die anderen verstummten, „Ein Hoch auf König Bard!" Der Bogenschütze riss sich verärgert los, was aber Alfrid nicht davon abhielt ihn weiter in den höchsten Himmel zu preisen.
Lily hob nur spöttisch eine Augenbraue. Dieser Kerl war nichts als ein widerlicher Schleimer, dessen Loyalität dem galt, der hier die meiste Macht hatte.
„Nennt mich nicht so!", unterbrach Bard sein Gerede schließlich, „Ich bin nicht der Bürgermeister dieser Stadt! Wo ist er?! Der Bürgermeister?!" Suchend blickte er über die Menge.
„Den Anduin-Fluss abwärts! Mit all unserem Geld!", antwortete eine ältere Frau und deutete auf Alfrid, „Ohne Zweifel, du weißt es! Du hast mit ihm die Schatzkammer geplündert!"
Daraufhin begann ein Aufstand gegen Alfrid, der schnell körperlich wurde, was die Elben als Aufforderung nahmen sich etwas von der Gruppe zurückzuziehen als Bard dazwischen ging.
„Genug! Lasst ihn los!", rief er aus und die Menge beruhigte sich wieder etwas, „Seht euch doch nur um! Habt ihr noch immer nicht genug vom Tod?! Wir müssen um uns um die Unseren kümmern! Um die Kranken und die Hilflosen! Wer noch stehen kann, versorgt die Verletzten! Und wer noch bei Kräften ist, folgt mir! Wir müssen retten so viel wir können!"
„Und dann? Was machen wir dann?", fragte die ältere Frau.
„Eine Zuflucht suchen." Daraufhin machten sich die Menschen daran seinen Befehlen nachzukommen, während Bard selbst sich daran machte, alles was herumlag zusammenzupacken.
„Wo geht ihr?", fragte Legolas, der zu Lilys Überraschung dicht hinter ihr stand.
Bard blickte zu ihm auf und schwieg kurz, ehe er antwortete.
„Es gibt nur einen Ort." Damit lief er weiter.
Langsam blickten die vier Elben zum Berg.
„Ob es den anderen gut geht?", fragte Lily leise und blickte zu Erik.
„Naja, Unkraut vergeht nicht, oder?", sagte er und Lily lächelte kurz.
„Stimmt", murmelte sie.
„Die Nachricht von Smaugs Tod wird sich schnell verbreiten", meinte Legolas und trat wie Tauriel zu den beiden, „Andere werden ihre Blicke zu Berg richten, wegen seines Reichtums... und seiner Lage."
„Was meinst du?", fragte Tauriel und auch Erik blickte den Blonden fragend an.
„Der Ork, den wir in der Seestadt verfolgt haben", fing Lily an, „Das war Bolg."
„Ein Spross von Azog dem Schänder", ergänzte Legolas, „Eine Orkmeute hat am Rande Esgaroths auf ihn gewartet. Sie sind nach Norden geflohen. Diese Orks waren anders. Sie trugen ein Zeichen, dass ich lange nicht gesehen habe. Gundabad."
„Gundabad?", wiederholte Tauriel ungläubig. Lily bemerkte Eriks ratlosen Blick und klärte ihn schnell auf.
„Eine alte Orkfestung weit nördlich von hier." Er nickte verstehend.
„Hir nín Legolas. (Mein Herr Legolas.)", ertönte da eine Stimme und die vier blickten auf zu einem Elben, der gerade auf einem Pferd herangeritten kam, „Euer Vater ruft Euch in den Düsterwald zurück." Lily spürte, wie ihr Herz kurz aussetzte.
Sie wollte nicht, dass er ging.
Legolas blickte bei diesen Worten kurz zu ihr, dann zu Erik und Tauriel und wieder zurück.
„Kommt mit uns", sagte er und Lily traute ihren Ohren nicht. Sie sollten mitkommen?
„Was?", fragte Erik genauso perplex.
„Im Düsterwald hättet ihr ein Zuhause", sagte auch Tauriel und Lily musste bei der Vorstellung, dass sie tatsächlich dort leben könnten, lächeln.
„Mein Herr", begann da der Bote zögerlich, „Tauriel und die ehemaligen Gefangenen wurden verbannt. Sie dürfen nicht ins Reich zurückkehren. Sie haben den Zwergen geholfen und gelten als Verräter."
Bei diesen Worten stieg bei Lily zum ersten Mal Groll gegen den Elbenkönig auf. Zum ersten Mal konnte sie Lauras starke Abneigung gegen ihn nachvollziehen.
Sie wurden als Verräter hingestellt, weil sie ihren Freunden geholfen hatten?
„Verbannt?", wiederholte Legolas fassungslos und auch Tauriel blickte den Boten geschockt an, „Dann sage meinem Vater, wo kein Platz für meine Freunde ist, ist auch kein Platz für mich." Lily spürte wie sich ein warmes Gefühl in ihr ausbreitete, als er im Plural sprach und sie somit mit einbezog.
„Legolas", sagte Tauriel leise und trat an ihn heran, „Es ist deines Königs Befehl."
„Mae e âr nîn, dan e un-prestannen o gûr nîn. (Ja, er ist mein König, doch gebietet er nicht über mein Herz.)", antwortete Legolas auf Sindarin und sein Blick glitt kurz zu Lily, was ein Kribbeln in ihrem Bauch auslöste.
Er wusste doch, dass sie Sindarin verstand, oder?
„Ich reite nach Norden", sagte er und trat ein paar Schritte weg.
„Ich begleite dich!", sagte Lily sofort und bemerkte wie seine Mundwinkel kurz zuckten.
„Wir werden hier bleiben und die Menschen unterstützen", sagte Tauriel und Erik nickte leicht.
„Kümmere dich um Isy", sagte Lily an ihn gewandt und nochmals nickte er.
„Das werde ich", sagte er ernst und beruhigt wandte sich Lily ab, um mit Legolas wieder auf das Pferd zu steigen.
Auf nach Gundabad.
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