15. Kapitel
"Morgen!" gähnte Laila am nächsten Tag "Zum Glück ist Wochenende, stell dir Mal vor, wir müssten um sieben wieder raus!" Schief grinste ich, zuckte dann jedoch nur die Schultern. Im Gegensatz zu Laila war ich schon seit zwei Stunden wach, da ich noch die Hausaufgaben, die mein Vater mir jede Woche schickte, hatte erledigen müssen. Es war nicht sonderlich viel, doch trotzdem fehlte mir oft einfach die Zeit, sie zu erledigen, da ich mit der Schule, meinen Freunden und Narvik ziemlich eingespannt war. Deswegen machte ich sie häufig morgens am Wochenende, wenn Laila noch schlief. "Wie viel Uhr ist es überhaupt?" murmelte Laila und tastete nach ihrem Handy. "Kurz nach neun", Antwortete ich allerdings schon, "Wenn du dich ein wenig beeilst, schaffen wir es noch zum Frühstück!" "Hmpf!" machte meine Freundin nur, gähnte noch einmal herzhaft, bevor sie dann jedoch aus dem Bett sprang und im Bad verschwand "Bin schon unterwegs!" murmelte sie mir noch verschlafen zu und ich musste grinsen.
"Guten Morgen ihr beiden!" lachte Julia, als ich und Laila etwa zwanzig Minuten später in der Cafeteria erschienen "Neun Uhr fünfundzwanzig? Nicht schlecht!" "Wir arbeiten auf jeden Fall dran!" grinste ich, während Laila nur herzhaft gähnte "Warum habe ich nur Frühaufsteher als Freunde?" fragte sie sich, grinste dann jedoch schief. "Na ja, ganz fit, bin ich heute Morgen auch nicht!" gab Julia zu und zog eine Grimasse, bevor sie sich auf die Unterlippe biss und schnell von ihrem Brötchen abbiss.
"War aber auch eine lange Nacht!" gab ich zu. "Definitiv, deswegen kann ich auch nicht verstehen, wie du es schaffst, trotzdem um sieben aufzustehen und dabei nicht einmal im Geringsten Müde zu sein!" beschwerte sich Laila "Das ist nicht fair!" Ich lachte "Magie Bonus, würde ich sagen." Entschuldigend zuckte ich die Schultern. "Noch ein Grund, kein Mensch zu sein!" grummelte Laila, grinste dann jedoch schief.
"Hey!" hörte ich plötzlich eine Stimme neben mir. Überrascht drehte ich mich um und erkannte Soul, die mit einem unsicheren Lächeln und einem Tablet in der Hand, neben mir stand. "Darf ich mich zu euch setzten?" fragte sie ungewohnt freundlich, fast ein wenig nervös. "Klar!", nickte ich sofort, während ich es immer noch nicht glauben konnte, "Setzt dich ruhig." Beinahe erleichtert breitete sich das Lächeln auf Souls Gesicht aus, während sich die Ägypterin zwischen mich und Laila setzte. "Danke" murmelte sie leise.
"Kein Problem, immerhin müssen wir uns noch bei dir bedanken, dass du es gestern geschafft hast, uns nicht abzufackeln!" erwiderte Laila ironisch grinsend. Soul biss sich auf die Unterlippe und wäre ihre Haut einige Töne heller gewesen, so hätte man vielleicht einen leichten Rotschimmer erkennen können "Ja", machte sie nur, bevor sie sich schnell eine Strähne aus dem Gesicht strich, "Sorry und danke noch einmal deswegen!" murmelte sie "Das Ganze war wirklich viel heftiger, als ich mir das vorgestellt hätte."
Beruhigend lächelte ich "Schon gut, dafür sind wir ja da!" Für einen Moment blickte mich Soul überrascht an, als könne sie nicht glauben, dass ich das gerade wirklich gesagt hatte, doch dann lächelte sie vorsichtig. "Deine Augen haben sich verändert!" stellte Julia, die bis jetzt Soul nur mit verschränkten Armen gemustert hatte, plötzlich fest "Deine Haare auch!"
Ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht des Feuerkindes, während es mir nun auch auffiel. Die ehemaligen, winzigen, sandfarbenen Sprenkel in ihren dunkelbraunen Augen, waren größer geworden und hatten sich mit dem Braun ihrer Augen vermischt. Es war beinahe so, als hätte man goldenen Sand über Ebenholz gestreut und dann einen Ausschnitt davon in Souls Augen kopiert. Auch ihre kurzen Haare trugen Spuren von letzter Nacht, zwar waren sie immer noch pechschwarz, doch eine Strähne war rötlich geworden und blitzte vorwitzig unter der schwarzen Pracht hervor.
"Das sieht echt cool aus!" fand Laila "Wie Kleopatra!" Soul lachte und auch ich musste grinsen "Mir gefällts auch, auch wenn Leonie heute Morgen etwas überrascht war." "Guten Morgen Ladys!" unterbrach sie plötzlich eine bekannte Stimme "Morgen!" grinste ich und legte meinen Kopf zurück, sodass Kjell mir einen Kuss auf die Stirn geben konnte. Warm trafen seine Lippen auf meine Haut. "Habe ich etwas verpasst?" fragte der Schwede kurz darauf und ließ sich neben mich auf den Stuhl fallen.
"Nei", verneinte ich, "Eigentlich nicht, oder?" Meine Freundinnen und Soul schüttelten den Kopf. "Aber vielleicht sollten wir uns überlegen, was wir heute machen?", warf Laila ein, "Wir könnten ausreiten!" "Hm" machte Julia "Die Pferde mussten letzte Nacht schon so viel laufen, wäre vielleicht besser, wenn sie heute mal Pause haben!" Das schwarzhaarige Mädchen wiegte den Kopf hin und her, nickte dann jedoch "Du hast recht, aber was dann?" Julia zuckte die Schultern, als mir plötzlich etwas einfiel "Vielleicht, könnten wir Smilla fragen, ob wir ein Schulpferd ausleihen könnten und Soul dann etwas Reitunterricht geben?" schlug ich vor.
Sofort richteten sich alle Blicke auf mich und ich zuckte die Schultern "Wieso nicht? Wenn sie schon mal hier ist?" "Eigentlich hast du recht", murmelte Laila und warf Soul einen skeptischen Blick zu "Wenn du überhaupt willst, natürlich!" fügte sie schnell hinzu, wohl nicht ganz sicher, wie die Ägypterin auf dieses Angebot reagieren würde. "Ich...also, ja! Klar gerne!" stotterte Soul überrascht "Aber, nur wenn ihr wirklich wollt. Wenn ihr lieber irgendwas anderes machen wollt, ist das auch total okay!"
"Ach was!" winkte Kjell ab "Das wird bestimmt lustig und du gehörst doch jetzt zu uns!" Souls Gesichtszüge verschwanden und sie starrte Kjell ungläubig an "Du scherzt, oder?" fragte sie misstrauisch "Das ist nicht lustig!" Mein Freund lächelte "Ich scherze nicht. Du gehörst jetzt zu uns!" Für einen Moment wirkte das Mädchen unfassbar verletzlich und gerührt, doch dann zog sie wieder die Mauer des Selbstbewusstseins und der Arroganz hoch "Ihr kennt mich nicht einmal eine Woche, wir sollten damit warten. Und ich brauche keine Gruppe, ich komme allein klar. Das bin ich immer und das werde ich auch immer."
"Aber, ist das nicht total anstrengend? Jeden Tag gegen alle zu kämpfen, keine Rückendeckung zu haben, keinen Ort zum Zurückziehen?" fragte Laila plötzlich, doch Soul regte nur das Kinn und setzte ihr Pokerface auf "Man gewöhnt sich dran und überhaupt, hatte ich jemals eine Chance? Ich bin im verdammt noch mal Slum geboren, da gibt es einfach keine Zeit um Verbündete zu finden. Jeder kann dich Verraten, jeder kann dich auffliegen lassen. In Kairo hast du keine Freunde, nur Feinde!" Die Ägypterin war lauter geworden, senkte dann jedoch den Kopf "Tut mir leid, ich bin wieder Ist ja auch egal. Danke für das Angebot mit dem Reitstunden, aber ich glaube, es ist besser für uns alle, wenn wir getrennte Wege gehen. Ich...kann das einfach nicht!" Eilig stand Soul auf, während sie sich die Kapuze ihres Hoodies überzog und mit gesenktem Kopf und in den Taschen vergrabenen Händen die Cafeteria verließ.
Kjell wollte ihr nach, doch ich erwischte ihn rechtzeitig am Arm "Lass sie!" hielt ich ihn zurück "Sie brauch jetzt Abstand und wir können sie zu nichts zwingen!" Der Schwede warf Soul noch einen zögernden Blick zu, seufzte jedoch dann und ließ sich wieder neben mich fallen "Du hast recht!" murmelte er und ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. "Nimm es nicht so schwer. Sie ist unsicher und hat Angst enttäuscht zu werden, deswegen macht sie dicht."
"So wie du früher!" fügte Julia plötzlich leise hinzu "Eigentlich seid ihr gar nicht Mal so verschieden!" Ich zog die Augenbraunen zusammen, doch Julia fuhr fort "Du sagst es doch selber, sie hat Angst enttäuscht zu werden. Angst sich anderen anzuvertrauen, weil sie fürchtet, dass man es gegen sie verwendet. Natürlich seid ihr ganz anders aufgewachsen und habt und hattet ein anderes Umfeld, doch ihr habt die gleichen Ängste! Nicht gut genug zu sein und damit alle zu enttäuschen!"
Ich wollte den Kopf schütteln und protestieren, doch als ich meinen Mund öffnete kamen keine Worte heraus. "Vielleicht hast du recht", schaffte ich es schließlich doch zu sprechen, "Ist ja auch eigentlich egal! Ich sollte...ich glaube ich gehe schon Mal Zähne putzen. Kommst du mit Laila?" Meine dunkelhaarige Freundin, die gerade ihr Glas mit Orangensaft geleert hatte, nickte sofort und sprang auf "Treffen wir uns dann später bei uns im Zimmer zur Besprechung des heutigen Programms? Das mit Souls Reitstunden wird ja anscheinend nichts!" Julia zuckte die Schultern, nickte dann jedoch und auch Kjell stimmte zu. "Gut, dann bis später!" fasste ich zusammen, bevor ich Laila in Richtung Westtrakt folgte.
"Hascht du eigentlisch noch einmal wasch von Chen Lu gehört?" fragte Laila, während wir beide Zähne putzend vor dem Spiegel standen. "Nichts! Ich hoffe echt, dass diese gruseligen Leute sie nicht doch noch geschnappt haben!" erwiderte ich. "Hast du dem Rat Bescheid gesagt? Du meintest doch, dass dort eine quasi die Geschichtsbewahrerin der kompletten magischen Vergangenheit ist, vielleicht weiß die ja mehr über diese Leute oder das Buch?" schlug Laila vor und spuckte die Zahnpasta aus, doch ich seufzte nur "Nelania meinst du. Habe ich schon probiert, doch Tyler geht nicht ran und von den anderen Ratsmitgliedern habe ich keine Telefonnummer! Ich weiß nicht Mal, ob die alle überhaupt ein Telefon besitzen!" "Scheiße!" fand Laila und ich stieß einen halb seufzenden halb stöhnenden Laut aus, während ich ausspuckte und meinen Mund mit Wasser reinigte "Kannst du laut sagen!" stimmte ich danach zu.
,,Pling" meldete sich plötzlich mein Handy und ich zog die Augenbraue hoch, während ich aus dem Bad zu meinem Handy, welches auf dem Nachttisch lag, lief. "Chen Lu?" Ich irrte mich, es war mein Bruder. Talea! Melde dich! Jetzt! Schrieb er und erst jetzt fielen mir die vielen verpassten Anrufe auf, die Kai in der letzten Stunde getätigt hatte. Mein Körper verspannte sich und meine Augenbrauen zogen sich zusammen, während meine Finger über den Bildschirm wischten. Kurz darauf begann mein Handy zu tuten.
"Thea, endlich!" rief mein Bruder kaum eine Sekunde später vollkommen aufgelöst "Ich versuche dich schon ewig zu erreichen, aber du bist einfach nicht dran gegangen!" Meine Hände krallten sich in meine Handyhüllen, als ich ihn so sprechen hörte. Es passierte äußerst selten, dass Kai so aufgelöst war. Er war immer der besonnenere von uns beiden gewesen, der, der sich nie aus der Ruhe hatte bringen lassen. Ihn nun so zittrig und aufgeregt zu erleben, konnte nichts Gutes bedeuten! "Was ist los?" Meine Stimme war tonlos, während ich innerlich schon einmal eine Mauer hochzog um die Antwort besser ertragen zu können.
Im gleichen Moment kam auch Laila aus dem Bad "Hey, was ist los? Ist das wirklich Chen.." begann sie fröhlich, doch ich hob meine Hand und Laila verstummte sofort. "Grandpa ist vor etwa einer Stunde einfach zusammen geklappt und hat sich nicht mehr bewegt. Er hat nicht einmal mehr geatmet, Talea!" platzte es aus Kai heraus." Die Angst und Verzweiflung in seiner Stimme schlug wie ein spitzer Speer durch die Mauer, die ich zum Schutz aufgebaut hatte, und brachte diese sofort zum Einsturz, bevor der Speer direkt weiter zu meinem Herzen flog und es durchbohrte. Meine Beine begannen zu zittern und ich musste mich auf mein Bett fallen lassen "Was?" hauchte ich.
"Aegir konnte ihn wiederbeleben, sodass er immerhin wieder geatmet hat. Vor einer dreiviertel Stunde ist dann Gott sei Dank der Krankenwagen eingetroffen. Jetzt liegt er im Krankenhaus und wird dort überwacht. Die Ärzte meinten, es könnte an seinem Herzen liegen, doch sie sind sich nicht sicher." Fuhr Kai fort, seine Stimme zitterte, während er mit aller Macht versuchte, nicht in Tränen auszubrechen und ruhig zu bleiben, "Ihm geht es schlecht Talea, sehr schlecht. Pappa ist gerade bei ihm im Krankenhaus, während Mamma und ich hier versuchen diese verdammten Paparazzi im Zaun zu halten." "Ich komme sofort!" versprach ich und sprang auf "Kannst du es irgendwie einrichten, dass mir jemand einen Flug bucht? Ich kann in einer Stunde am Flughafen sein!"
Ich konnte beinahe hören, wie die Steine von Kais Herzen polterten "Ich sage Diana Bescheid. Danke Schwesterherz! Ich schaffe das gerade einfach nicht allein!" "Machst du Witze? Natürlich komme ich! Wenn ich Glück habe, bin ich in etwa drei Stunden in Oslo. Zur Not finde ich einen anderen Weg!" rief ich, während ich eilig, die wichtigsten Sachen in eine Tasche stopfte "Bis bald!" "Bis bald!" verabschiedete sich Kai und legte auf.
"Was ist los?" fragte Laila, die natürlich das Gespräch zwischen mir und Kai nicht verstanden hatte. "Ich muss sofort nach Oslo! Mein Großvater liegt im Krankenhaus, die Ärzte wissen nicht genau was er hat, aber es sieht anscheinend schlecht aus!" erklärte ich ihr kurz. "Was? Oh mein Gott! Alles okay?" Lailas Augen weiteten sich und trotz der Hektik, musste ich bei ihrer Fürsorge kurz lächeln "Wird schon, ich muss jetzt einfach so schnell wie möglich nach Oslo!" erwiderte ich, während ich meine Reisetasche schloss "Kümmerst du dich wieder um Narvik und sagst den anderen Bescheid? Ich muss jetzt erst mal zu Frau von Hechter um mich abzumelden und jemanden zu finden, der mich zum Flughafen bringt!"
"Klar!" Sofort nickte Laila "Mach ich, kann ich dir sonst noch irgendwie helfen?" "Schickst du mir die Hausaufgaben? Ich glaube zwar nicht, dass ich Zeit habe, sie zu machen, aber dann weiß ich in etwa was ich verpasst habe!" "So etwas kann aber auch wirklich nur von dir kommen!" schüttelte Laila fassungslos lächelnd den Kopf, nickte dann aber "Aber ja, mach ich! Bis möglichst bald! Und gute Besserung für deinen Großvater!" "Danke!" Ich lächelte und umarmte sie kurz dankbar, einfach nur glücklich, dass ich in diesem Moment jemanden hatte, der mir den Rücken freihielt.
Meine Turnschuhe quietschen auf dem Holzboden, als ich in Richtung Direktorat rannte. Zum Glück wusste ich, dass die Direktorin das Wochenende oft in ihrem Büro verbrachte, um dort Dokumente zu bearbeiten. Auch heute saß sie wieder ganz entspannt in ihrem ledernden Sessel und unterschrieb einige Blätter, als ich die gläserne Tür aufriss und in das Direktorat hineinplatzte. "Soweit ich weiß, gehört es immer noch zum guten Benehmen anzuklopfen. Das solltest du eigentlich am besten wissen, Talea!" begrüßte sie mich, ohne aufzusehen. "Ich muss mich auf unbestimmte Zeit abmelden!" keuchte ich. Nun blickte die Direktorin auf und ihr Gesicht zog sich zusammen, als sie wohl zu erkennen schien, dass etwas gewaltig nicht stimmte. "Was ist passiert?" fragte sie einfach.
"Mein Großvater! Erer liegt im Krankenhaus und die Ärzte meinen es stehe schlecht um ihn. Sie wissen nicht genau, was passiert ist, aberaber sie vermuten, dass er etwas am Herzen hat. Es ist auch eigentlich egal...er schwebt in Lebensgefahr und ich muss sofort nach Oslo!" erklärte ich, während meine Stimme sich fast überschlug, "Falls...falls er..." Ich brach ab. Frau von Hechter schien zu verstehen und nickte sofort ernst "In dem Fall, bist du natürlich abgemeldet. Hast du jemand der dich zum Flughafen bringt?" fragte sie. "Nein. Aber ich finde schon einen Weg. Zur Not kann ich mir ein Taxi rufen!"
"Musst du nicht!" rief plötzlich jemand und trat nun ebenfalls durch die Tür ins Büro der Direktorin, es war Smilla "Ich kann dich fahren! Mein erster Unterricht beginn erst in drei Stunden, hin und zurück brauche ich höchstens eineinhalb." Meine Beine wurden vor Erleichterung ganz weich "Echt? Oh, vielen Dank!" rief ich und fuhr mir mit meinen Händen durchs Gesicht. "Kein Problem! Hast du schon einen Flug? Sonst buch ich dir noch schnell einen!" Smillas Stimme war genauso angespannt wie meine, doch sie schien die Nerven zu behalten und strukturiert zu denken. "Der Sicherheitsdienst hat schon einen Gebucht, ich sollte das Ticket jede Minute bekommen!"
"Gut, dann los!" Smilla nickte und ich wollte ihr schon nach draußen folgen, als ich plötzlich innehielt und mich zu Frau von Hechter umdrehte "Danke" sagte ich einfach und die Direktorin lächelte "Schon gut. Dafür bin ich da!"
"Danke noch mal, dass du mich fährst!" meinte ich zwanzig Minuten später, während Smilla mit versteinerter Miene über die Autobahn raste. "Schon gut. Du tust es immerhin für Norwegen. Und obwohl ich eigentlich Schwedin bin, ist mir dieses Land durch Kyrre irgendwie wichtig geworden." Freudenlos lachte die Mutter von Kjell "Wie traurig ist das eigentlich?" "Wer ist Kyrre?" fragte ich nur, obwohl ich schon etwas ahnte. "Der Vater von Kjell." Erklärte Smilla und bestätigte damit meiner Vermutung "Ich habe ihn seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Er war und ist Skipper musst du wissen. Wir haben uns in Stockholm getroffen, als ich dort studiert habe und er dort mit seinem Schiff im Hafen lag. Wir haben uns sofort verliebt und er wollte sein Leben für mich vollkommen umkrempeln. Hat er auch gemacht, zumindest für zehn Jahre.", Wieder lachte Smilla freudenlos, "Dann ist er abgehauen. Einfach über Nacht! Hat noch einen Zettel liegen gelassen, dass es ihm Leid tut und dass er keine Wahl hatte, die ganze Scheiße eben. Kjell war damals sieben, sieben! Für ihn ist damals eine Welt zusammen gebrochen, für ihn war Kyrre sein Vorbild, sein Freund. Er hat sich dann drei Wochen in seinem Zimmer eingeschlossen, ist nur rausgekommen um auf die Toilette zu gehen."
"Das ist hart." Murmelte ich betroffen. Natürlich wusste ich, dass Kjell sehr an seinem Vater gehangen hatte und wie sehr er ihn vermisste, doch dass es für ihn so schlimm gewesen war, schockierte ich trotzdem. "Tja, irgendwie haben wir es geschafft, zumindest mehr oder weniger. Aber jetzt hat er dich, wieder einer Norwegerin. Du bist ihm sehr wichtig Talea! Immer wenn ich euch zusammen sehen, dann wirkt er so glücklich, soso zufrieden, so dankbar. Ich weiß, dass ihr mehr als nur Freunde seid und das freut mich, ehrlich. Unsere Beziehung war nach dem Verschwinden seines Vaters mehr als zerrüttet, jetzt ist sie zwar wieder besser, aber es beruhigt mich trotzdem, dass er mit jemand wie dir zusammen ist. Du hast einen guten Einfluss auf ihn und machst ihn glücklich. Ich habe selten jemanden gesehen, dem er sich so geöffnet hat!" "Danke" murmelte ich, vollkommen überrascht und überfordert. Gerade wollte ich noch etwas hinzufügen, als mein Handy piepste.
Hier ist das Ticket, schaffst du es bis dahin am Flughafen zu sein? Schrieb Diana und hatte mir im Anhang das Ticket für den Flug nach Oslo geschickt. Sofort versteifte sich mein Körper, während ich schnell checkte, wann der Flug ging. 12:45 Uhr. Jetzt war es etwa zehn Uhr fünfzig. Passt. Sind in zehn Minuten am Flughafen. Schrieb ich zurück Wie geht es Grandpa? Wie hypnotisiert starrte ich auf den Bildschirm, während sich die Häkchen blau färbten. Diana schreibt zeigte es kurz darauf an, doch plötzlich war die Securityfrau wieder offline. Angespannt presste ich die Zähne aufeinander und steckte mein Handy weg. "Jævla!" knurrte ich und blickte dann jedoch wieder nach vorne.
"Das wird schon!" versuchte mich Smilla zu beruhigen und warf mir ein halbwegs zuversichtliches Lächeln zu "Du schaffst das!" "Danke" seufzte ich "Hoffentlich komme ich überhaupt wieder!" "Ach was! Ich wette mir dir, deinem Großvater geht es bald wieder gut und du kannst beruhigt wieder nach Hamburg kommen!" "Hoffentlich!" wiederholte ich und drehte mich schon einmal um, um nach meiner Tasche zu greifen. Smilla hielt am Flughafen und beobachtete mich, während ich mir eilig eine Perücke überstreifte und eine Sonnenbrille aufsetzte "Gute Besserung an deinen Großvater!" verabschiedete sie mich. "Danke! Für alles, ganz besonders für das Fahren!" erwiderte ich und die Schwedin lächelte "Kein Problem und jetzt lauf, sonst verpasst du noch deinen Flug!"
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