Zweites Kapitel
Der Fuchs war nun eineinhalb Jahre alt und nicht mehr mit dem kleinen Fohlen zu vergleichen, das er mal gewesen war. Er war nun ein großer, kräftiger Junghengst und es war an der Zeit, ihn zuzureiten. Ich longierte ihn oft, machte ihn mit dem Gebiss vertraut und legte leichte Decken auf seinen Rücken. Er überraschte mich immer wieder. Er machte unglaubliche Fortschritte und es machte tierischen Spaß, mit einem so intelligenten Tier zu arbeiten.
Trotzdem war ich immer darauf bedacht, ihn nicht zu überfordern. Ich hasste es, so junge Pferde schon mit Reitern zu belasten und so machte ich ausgedehnte Spaziergänge mit ihm, zeigte ihm Straße, Hänger und Startbox und tat alles, um das frühe Zureiten hinauszuzögern.
Am liebsten hätte ich ewig so weiter gemacht, aber Charly machte Druck. Als er ihn eines Tages auf der Koppel toben sah, sagte er zu mir: „Es wird Zeit, dass er Geld einbringt. Er ist groß, kräftig und reif. Warum sollten wir ihn nicht an den Start bringen?"
„Er ist ja grade erst zwei Jahre alt. Meinst du nicht, dass wir ihn noch etwas erwachsen werden lassen sollten?" Charly schüttelte zweifelnd den Kopf. „Er ist wirklich weit für sein Alter. Wenn wir den nicht an den Start bringen, sind wir selbst schuld. Einen Start zum Lernen sollte er zweijährig mindestens haben. Das macht uns die nächste Saison einfacher. Er soll ja später im Derby laufen und da braucht er jede Erfahrung, die er bekommen kann!" Ich wusste, dass Charly recht hatte, doch Gefallen fand ich keinen daran. Das einzige, was ich noch tun konnte, war, ihn selbst anzureiten. Seufzend gab ich nach und versprach, am nächsten Tag zu beginnen. Der Trainer nicke zufrieden und ging wieder seiner Arbeit nach.
*~*~*~*
Vorsichtig setzte ich einen Fuß in den Steigbügel des alten Sattels. Der Hengst blickte mich erwartungsvoll an. Er kannte Aufstiegshilfe, Sattel und Reitplatz und wusste nicht, worauf wir warteten.
Ich nahm mir ein Herz und schwang mich vorsichtig auf seinen Rücken. Ich war zwar nicht schwer, aber das Gewicht war ihm dennoch fremd. Er tänzelte aufgeregt, drehte wieder den Kopf und wunderte sich, was ich auf seinem Rücken wollte. „Soll ich ihn halten?", fragte Sam, den ich mir als Hilfe hinzugezogen hatte, als der Hengst stürmisch antrat. „Nein, lass ihn seine Erfahrung machen", sagte ich ruhig. Ich war vollkommen entspannt, obwohl der Fuchs eilig durch den Roundpen schritt und definitiv etwas gegen den Typen auf seinem Rücken hatte. Mein Gewicht war so weit wie möglich nach vorne verlagert, um seinen Rücken zu entlasten. Doch bald wurden seine hektischen Schritte ruhiger und er ließ den Kopf fallen. Ich lobte ihn überschwänglich und ließ mich vorsichtig wieder von seinem Rücken gleiten. Für den ersten Tag war das genug. Er hatte sich wirklich super gemacht!
In den nächsten Tagen übte ich mit ihm, immer mehr Gewicht zu tragen, bis ich tief im Sattel saß. Er lernte, auf feinste Gewichtshilfen zu reagieren und kaute eifrig auf dem Gebiss, wenn ich ihn Schlangenlinien und Bögen laufen ließ.
Heute versuchten wir uns im ersten Galopp. An der Longe hatte ich ihn auf Stimmkommandos trainiert, damit er die Hilfen mit der jeweiligen Gangart schneller in Verbindung brachte. „Galopp", befahl ich leise, aber bestimmend und legte meinen äußeren Schenkel ein Stück zurück, während der innere weiter trieb. Er war verwirrt, wich dem angelegten Schenkel aus, doch sofort führte ich ihn wieder auf die Zirkellinie und gab die Hilfe erneut. Er begann schnell zu traben, raste förmlich daher und ich brauchte einige Runden, um ihn wieder zu beruhigen. Zum dritten Mal gab ich die Hilfe und endlich verstand er und fiel in den Galopp. Er wurde schneller, wie er es auf der Weide tat, doch das Gewicht störte ihn und er versuchte, es durch Bocksprünge loszuwerden, doch ich blieb sitzen, entlastete ihn ein wenig und ließ ihn erst mal laufen. Bald konnte ich ihn einfangen und er beruhigte sich langsam. Sofort lobte ich ihn.
Sein Galopp war super weich und schwungvoll. Allein der Gedanke an dieses Pferd in höchster Geschwindigkeit, ließ mein Herz höher schlagen.
*~*~*~*
Zwei Wochen später schickte Charly uns mit einer Gruppe von jungen Pferden ins Gelände.
Ich reihte mich hinter einem kleinen Braunen ein, der nervös hin und her tippelte. Es ging an den Wiesen der Mutterstuten und Jährlingen vorbei. Man konnte das stetige Klopfen der Hufe hören und das Schnaufen der Pferde erfüllte die Luft. Mit einem zarten, orangenen Streifen kündigte sich die Sonne an. Es roch würzig nach Nadelholz und mein Hengst betrachtete aufmerksam die Umgebung. Er schien gefallen an dem Ausflug zu haben und benahm sich sehr artig.
Die Reiter unterhielten sich über Spitzenpferde und Top-Rennen. Mit gespitzten Ohren nahmen die Jungpferde jedes Geräusch auf. Ihre langen, geraden Beine federten das Gewicht leicht und schwangen schwungvoll vor und zurück.
Mit der Zeit senkten sich die Köpfe der Pferde dem Boden und es bildeten sich Schweißflecken an ihren Hälsen.
Zurück am Hof, lobte ich mein Pferd und die anderen taten es mir gleich.
Jeden Tag wurde die Strecke länger, bis die Pferde die langen Ausritte gekonnt wegsteckten.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro