Vierundzwanzigstes Kapitel
In diesem Jahr sollte Fire noch ein Rennen laufen, nämlich den Japan Cup. Er fand im November statt, noch genug Zeit um den Hengst in Topform zu bringen. Aber erst mal mussten wir nach Hause kommen und uns sämtlichen Besuchen unterziehen.
Ein Reporter ging mir besonders auf die Nerven. Er wollte Fire ständig berühren und streicheln. Ich musste ihn schließlich vom Hof scheuchen. Nach ein paar Tagen wurde Fire der ganze Stress zu viel. Er schnappte nach den Besuchern, war nervös und unwillig. Im Training konzentrierte er sich nicht mehr, sondern nahm alles auf die leichte Schulter. Doch das konnte so nicht weiter gehen. Der Japan Cup kam näher...
Ich ließ das Hoftor schließen und Nick sagte allen Besuchern ab. Man munkelte, dass Fire krank wäre, was natürlich völliger Quatsch war. Endlich konzentrierte er sich wieder, seine Form stieg von Tag zu Tag. Heute war ein schöner Tag und Fire strotzte vor Energie. Im Training war er kaum zu halten, als würde er die Sonnenenergie einziehen und in seine eigene umwandeln wurde er einfach nicht müde. Ich ritt zum Zaun und fragte Nick, ob ich ihn eine Runde laufenlassen dürfte. Der Trainer hatte nichts dagegen, also richtete ich ihn grade und wir sprinteten los.
Er ergriff sofort meine Initiative und wurde schneller, automatisch steigerte er sich. Als wir unter der großen Allee durch galoppierten warfen die Bäume ein zitterndes Muster auf sein golden glänzendes Fell. Die Augen des Pferdes blitzten feurig, als er versuchte einen Vogel, der unmittelbar vor ihm flog, einzuholen. Dies gelang ihm sogar und durch sein neu gewonnenes Selbstbewusstsein wurde er immer schneller.
Der blöde Vogel dachte echt, dass er schneller sein würde!
Sei ehrlich, wenn er richtig Gas gegeben hätte, wärst du nicht schneller gewesen!
Doch, woher willst du das wissen? Ich bin eh der schnellste!
Jaja, das bist natürlich nur du...
Ich konzentrierte mich wieder auf die Bahn, denn bald war unsere Runde vorbei und ich parierte ihn zum Trab durch. Er wollte dies aber nicht und versuchte weiter zu laufen, doch drei heftige Paraden ließen ihn gehorchen. Ich ließ die Zügel lang und wir trabten locker von der Bahn ins Gelände. Dort befreite Fire sich komplett von mir, die Zügel schlenkerten um seinen Hals und er gab deutlich zu erkennen, dass ihn der Sattel störte. Daran konnte und wollte ich aber nichts ändern.
Dann war der Tag gekommen, an dem Fire nach Japan fliegen sollte. Ich hatte Angst, alles konnte auf diesem Flug passieren. Trotzdem ließ ich es geschehen, ich konnte aber noch nicht mit, da ich noch ein paar Rennen reiten musste. Ich schickte Roberto mit, mit dem Fire sich inzwischen gut angefreundet hatte.
Die Rennen waren gute, große Rennen, die wichtig für meine Karriere waren. Doch ich wusste, das Fire mir um vieles wichtiger war als meine Karriere, wenn etwas sein sollte, würde ich mir sofort einen Flug nehmen und hinterherkommen. Und so sollte es auch kommen.
Einen Tag nach Fires Ankunft rief Roberto an. Er hatte nichts Gutes zuberichten. Fire fraß nicht mehr, und war lustlos geworden. Sofort verdoppelte sich mein Herzschlag und ich versprach zu kommen. Die Rennen waren schnell abgesagt, auch wenn mir das nicht viel Freude bereitete, da der ein oder andere Besitzer schwor, mich nie wieder zunehmen.
Nur noch ein paar Meter trennten mich von Fires Box. Ich begann zu laufen und schließlich rannte ich in den Stall. Es verschlug mir die Sprache, als ich sah, das Fire lustlos in der Box stand. Ich rief seinen Namen und er hob so ruckartig den Kopf, dass er ihn sich am Futtertrog stieß. Er wieherte laut und heiser, dann drehte er sich um sich selbst, blieb wieder stehen und stieg. Ich öffnete die Boxentür und fiel ihm um den Hals. Er drückte seinen Kopf fest an mich.
*~*~*~*
Die Boxen öffneten sich und Fire raste los. Die äußerste Startbox war nicht sonderlich gut für uns, wir landeten weit hinten und mussten außen um das ganze Feld, und das waren immerhin über 20 Pferde, herumgehen. Zuerst schien es leicht zu werden, doch dann wurde uns mehrfach der Weg versperrt. Das ganze Bremsen und Beschleunigen ging in die Knochen, bald war Fire erschöpft.
Die Gerade war schließlich da und wir weit von der Spitze entfernt. Nun packte der Hengst seinen Speed aus. Ich wurde durch den plötzlichen Ruck nach hinten geworfen, hielt das Gleichgewicht aber. Mit jedem Galoppsprung kamen wir näher an die Spitze. Fire hatte von Null auf Hundert beschleunigt und raste an allen vorbei, dann, ganz plötzlich,sprang uns Trusty Dancer in den Weg. Sofort riss ich die Zügel zurück, Fire wurde stark ausgebremst und riss das Maul schmerzhaft auf. Uns blieb nichts anderes übrig als an dem Braunen vorbeizugehen, aber bis zum Ziel war es nicht mehr weit und zwei weitere Pferde waren noch vor uns, es waren Hot Horse und Ignovi, einer der größten Außenseiter, die Kopf an Kopf daher rasten.
Und Fire beschleunigte, sofort nahm er die Initiative des Angriffs an und kämpfte sich vorwärts. Meter für Meter, Galoppsprung für Galoppsprung. Dann tauchten die zwei neben uns auf, doch es reichte nicht. Um einen Hals geschlagen galoppierten wir als dritte durchs Ziel.
Ich lobte Fire, weil er trotz des Stopps Mitte der Graden nochmal angepackt hatte, aber er war geschlagen.
Ich habe es vermasselt!
Stimmt doch gar nicht, du hättest es locker geschafft, wenn da nicht Trusty Dancer gewesen wäre.
Ich hätte es auch so schaffen können!
Jetzt mach dir doch keinen Kopf, ein dritter Platz ist doch auch gut!
Aber alle haben einen Sieg erwartet!
Ich hatte keine Lust mehr zu diskutieren, es nervte mich, dass der Fuchs sich so ärgerte. Dann kam plötzlich eine Durchsage. Ich verstand kein Wort, ahnte aber das die Nummer vier, und das war Ignovi, disqualifiziert wurde. Ich fand es eh komisch, dass der größte Außenseiter in so einem wichtigen Rennen weit vorne landet.
Dann begegnete uns Nick. "Ignovi war gedopt! Ihr seid jetzt rechtlich Zweiter."
"Sag Fire mal, dass das gut ist! Er fühlt sich schlecht, weil er meint, dass er hätte gewinnen können."
"Stimmt, hätte er, aber dann kam ja Trusty Dancer in den Weg gelaufen, ab da waren alle Chancen weg! Und außerdem war der Rennverlauf ja nicht gerade glücklich!"
"Ja, das war auch ziemlich unverantwortlich! Trusty Dancers Jockey hätte sich erst umsehen müssen! Aber wir müssen es jetzt so nehmen, wie es ist!"
Nick entschloss sich später Hot Hose, den Sieger des Cups, zu einem Zweikampf herauszufordern. Japans bestes Pferd gegen Deutschlands bestes Pferd. Der Besitzer überlegte lange, hauptsächlich wegen des Geldes, aber nachdem Nick einen Sponsor gefunden hatte, der auch dem zweitplatzierten 100.000 Euro auszahlte willigten sie ein. Der Erste erhielt das Fünffache und das lockte gewaltig. Im April würde Hot Horse anreisen, Fire würde in die wohlverdiente Winterpause gehen und dann wieder auf Hochform trainiert werden.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro