
Drittes Kapitel
Endlich ging es zum ersten Mal auf die Bahn. Ich folgte einem erfahrenen Wallach, der viel Ruhe ausstrahlte. Im Schritt ritten wir auf der Sandbahn entlang. Der Fuchs unter mir verhielt sich ruhig und so beschlossen wir, ein Stück zu galoppieren. Unser Führpferd fiel in einen müden Galopp und ich passte mich dem Tempo an. Der Hengst war eifrig und wollte liebend gern das Tempo erhöhen, doch ich hielt ihn leicht zurück. Als wir einmal herum waren, parierten wir die Pferde durch und ritten sie noch eine Weile trocken.
Als ich ihn wieder in seine Box brachte, schnaubte der Hengst und schüttelte sich einmal kräftig, bevor er mich mit seinen klugen Augen musterte. „Dir geht es gut, was?", fragte ich lächelnd. Das Training bekam ihm sehr gut, er war kräftiger geworden und nochmal ein Stück gewachsen. Sein rotes Fell hatte einen gesunden Schimmer und aus den Augen strahlte mir pure Lebensfreude entgegen. Ich konnte es nicht abstreiten, ich war ein wenig verliebt in diesen Hengst.
*~*~*~*
„Warum hat er eigentlich noch keinen Namen?", fragte ich Charly, als wir eines Morgens vor der Box des Fuchshengstes standen. Der Trainer sah mich verwundert an, antwortete mir aber nach einem kurzen Zögern. „Ich würde ihn gerne auf der Bahn sehen, bevor ich ihm einen Namen gebe. Erst in der Arbeit zeigt ein Pferd seinen wahren Charakter." Ich runzelte die Stirn. Meiner Meinung nach hatte dieser Hengst einen wunderbaren Charakter. Würde Charly sich mehr mit ihm beschäftigen, würde er das auch sehen. Ich ließ diese Aussage bewusst unkommentiert. Charly räusperte sich nach einem kurzen Moment der Stille. „Morgen kann er mit Showstar auf die Bahn. Für sein erstes Trainingsrennen." Überrascht sah ich auf. Das wäre das letzte gewesen, was ich jetzt erwartet hätte, aber ich freute mich riesig. „Wir werden da sein", antwortete ich mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht.
*~*~*~*
Wir drehten noch die letzten Runden auf der Ovalbahn, bevor uns Showstar abholte. Die Reiterin der Stute begann ein Gespräch. „Das erste Mal für ihn?" Wenn sie nur wüsste, wie sehr mir Smalltalk zuwider war... „Ja", antwortete ich knapp und achtete darauf, dass der Hengst die Stute neben ihm nicht überholte. „Glaubst du, er ist schnell?", fragte sie und ließ ihren Blick über ihn schweifen. „Ein hübscher Kerl ist er ja auf jeden Fall..."
„Ich denke schon", entgegnete ich knapp. Anscheinend hatte meine Gegenüber meine Abneigung erkannt, denn sie nickte mir nur zu, bevor sie ihre Stute langsam angaloppierte. Gemächlich liefen die beiden Pferde über die Sandbahn. Der Hengst lief locker und leicht daher und genoss den Galopp sichtlich. Für ihn war das mittlerweile schon zur Routine geworden.
An der 1000 Meter Marke wendeten wir auf die Grasbahn ab. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als wir die Pferde angaloppieren ließen. Jetzt kam der Moment der Wahrheit...
Der langsame Galopp steigerte sich und ich ließ dem Fuchs die Zügel. Showstar neben uns war erfahren und ergriff sofort die Gelegenheit, die Führung zu übernehmen. Der junge Hengst zögerte, da er das schnelle Tempo nicht kannte, doch ich merkte, dass er Gefallen daran fand. „Heute ist unser erstes Rennen, mein Junge. Versuch sie zu schlagen", sagte ich mehr zu mir, als zu dem Pferd. Wir gingen durch den Bogen und ich ließ ihn aufschließen. Im Einlauf war ich neben Showstar und schließlich fast vorbei.
Etwa 400 Meter vor uns galoppierte ein Pferd innen auf der Sandbahn. Ich merkte, wie der Hengst es fixierte. Der hat aber schon einen Ehrgeiz, dachte ich lächelnd und ließ ihn im Glauben, einen Gegner gefunden zu haben. Ich hätte niemals gedacht, dass er dieses Pferd einholen würde, doch ich unterschätzte den Fuchs gewaltig.
Als ich begann, ihn leicht anzufeuern, wurde er nicht schneller. Er explodierte. Er holte sich unglaublichen Schwung aus der Hinterhand, die er immer wieder in den Boden rammte. Er streckte sich und flog über die Bahn. Fliegen war wirklich die zutreffendste Bezeichnung. Er galoppierte anders als jedes Pferd, das ich vorher geritten war. Er bewegte sich weicher, raumgreifender, eleganter. Meine Begeisterung schlug in Eifer um und ich feuerte den Fuchs zu größerer Geschwindigkeit an. Dieser machte sich flach, beschleunigte wieder und viel zu spät merkte ich, dass wir das Ende der Geraden erreicht hatten. Ich setzte mich auf und versuchte, den großen Fuchs zu parieren. Doch der hatte anderes im Kopf. Er stemmte sich gegen die Zügel ohne seine Geschwindigkeit zu drosseln und gab erst Mitte der Gegenseite nach. Erschrocken bemerkte ich, wie uns das Trainingspferd überholte, was auf der Graden noch so weit vor uns gelegen hatte. Ich wendete den Hengst, der wieder zum Galopp ansetzten wollte, schnell. Er atmete schwer, aber soweit ging es ihm gut. Er lockerte seine angestrengten Muskeln, schnaubte ein paar Mal und fiel in einen leichten Galopp.
Bei Charly parierte ich ihn zum Halten. „Und wie waren wir?", fragte ich mit glänzenden Augen. Ich wollte nur eine Antwort hören. „Unglaublich", stammelte der alte Trainer. „So ein kleiner Teufel. Die Schnelligkeit seines Vaters, die Schubkraft und Ausdauer seiner Mutter!" Ich nickte begeistert. „Er ist ein Traum von Pferd." Charly flüsterte nun. „Feuerteufel... Devil..."
„Was sagst du?", fragte ich verwundert. Er blickte auf „Teufel. Er ist ein kleiner Teufel." Ich verstand. Charlie suchte nach dem passenden Namen. Ich überlegte kurz. „Fire Devil, der Feuerteufel!" Charlies Gesicht erhellte sich. „Sven, du bist ein Genie. Das wird sein Name sein." Zu dem Hengst gewandt fuhr er fort. „ Fire Devil, du wirst mein Bester werden. Du wirst mich berühmt machen!" Dann drehte er sich um und verschwand.
Ich ritt den frisch ernannten Hengst trocken und brachte ihn wieder zurück in seine Box. Ich strich ihm sanft den Stirnschopf aus den Augen und verabschiedete mich für den heutigen Tag von ihm. Ich war unfassbar glücklich, dass sich meine Erwartungen erfüllt hatten.
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