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66. Seine Heilung

Nach gefühltem zehnjährigen Diskutieren einigen wir uns schließlich darauf, zum Brunnen zu gehen. Ich weiß, ich weiß: eigentlich ist er mit unzähligen Erinnerungen an Thor behaftet – aber ganz ehrlich? Jetzt ist es auch schon egal, wenn noch ein paar weitere schlechte Erinnerungen mit Michele dazukommen. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass er mit mir über Eros reden will. Was Gutes wird also sicher nicht dabei rauskommen, das ist mal klar.

Vorsichtig lädt er das mit Kaffee und Gebäck komplett überladene Tablett mittig auf eine der Bänke ab, sodass wir uns jeweils links und rechts an den Rand setzen. Michele streicht sich das strubbelige, schwarze Haar aus der Stirn und nippt, stirnrunzelnd in die Ferne schauend, an seinem Kaffee.

»Tick, tack, tick, tack«, säusele ich und deute mir auf die imaginäre Uhr am Handgelenk.
Er zuckt lässig grinsend die Schulter.

»Kein Problem, mi amore, das, was ich dir sagen will, dauert keine sieben Minuten, viel eher sieben Sekunden.« Jetzt sieht er mich an, ein leises Lächeln im Gesicht. »Mein Bruder liebt dich. Sehr sogar.« Ich schnaube abfällig.

Trotzdem wird mir, ohne es zu wollen, heiß und ich spüre die Röte in meinem Gesicht. Aber er kann mich mit ein paar netten Worten nicht blenden.

»Oh, komm schon, lass dir was besseres einfallen! Das hatten wir schon mal, erinnerst du dich?« Kalkulierend sieht er mir in die Augen, dann verzieht er bedauernd den Mund. »Scheint, als wäre ich mit den sieben Sekunden etwas zu optimistisch gewesen. Ich möchte dir etwas erzählen, Finja... etwas Vertrauliches.«

Oh-oh. Das klingt gar nicht gut.
Plötzlich fühlt sich mein Magen an, als hätte ich einen Stein verschluckt.

»Bitte sag mir nicht, dass Eros bei der Mafia ist, oder so ein kranker Scheiß! Hat er irgendwo noch Frau und Kinder?!«

Fassungslos und auch einen Hauch belustigt sieht Michele mich an. »Wovon redest du denn da bitte?!« Ich blinzele. »Äh... vergiss es.«

Er räuspert sich, dann beginnt er: »Eros und ich sind in Italien in einem heruntergekommenen Dorf an der Küste großgeworden... ein furchtbares Drecksloch, orribile!« Verächtlich spuckt er auf dem weißen Kies zu unseren Füßen aus.

»Die Kriminalitätsrate war exorbitant hoch, das brauche ich dir sicher nicht zu sagen. Wir lebten bescheiden, aber es ging sogar noch, den Umständen entsprechend.«

Angespannt höre ich ihm zu und nage an meinem Daumen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass ich gleich etwas sehr Unschönes zu hören kriege.

Michele seufzt leise. Mit einem Mal sieht er etwa zehn Jahre älter aus. Jeglicher Schalk ist aus seiner Miene gewichen und hat stattdessen Verbitterung und auch ein wenig Trauer Platz gemacht. »Mein Bruder war nicht immer so ein Langweiler, weißt du?«, murmelt er unheilvoll.

Er fährt fort: »Um genauer zu sein, hatte er wirklich viel kriminelle Energie. Er klaute oft, aber noch viel schlimmer: Er schlug sich, und das regelmäßig. Irgendwann war es sogar soweit, dass er in Messerstechereien involviert war... es war grauenvoll.«

Ich starre Michele an. Ich spüre meinen Körper nicht mehr und fühle mich wie gelähmt vor Schock.

»Es grenzt an ein Wunder, dass er heute überhaupt noch lebt und selbst niemanden umgebracht hat.« Schwer seufzend reibt er sich übers Gesicht. Dann erzählt er weiter: »Es geschah vor zehn Jahren. Er war fünfzehn, ich achtzehn.« Ich habe Angst vor seinen nächsten Worten.

»Eros raubte mit einer üblen Bande, der er damals angehörte, einen kleinen Supermarkt im Nachbardorf aus. Sie wurden erwischt, da jemand rechtzeitig die Polizei verständigen konnte. Der Besitzer des Ladens bestand auf einer sehr hohen Geldstrafe und Sozialstunden für jeden einzelnen von ihnen. Unsere Familie konnte das Geld gerade noch so zusammenkratzen, aber es blieb nicht mehr viel übrig.«

Ich schlucke hart und beiße vor lauter Anspannung die Zähne zusammen. Ich habe unglaublich viele Fragen! Gleichzeitig fühle ich mich so paralysiert, dass allein die Vorstellung, meine Zähne auseinanderzureißen und Luft durch meine Stimmbänder zu jagen, völlig absurd erscheint. Also höre ich ihm weiter zu.

»Sowas wie Reue zeigte er nicht. Damals war er ein komplett anderer Mensch. Ich persönlich glaube nicht, dass er je böse war, sondern fehlgeleitet.« Micheles Stimme wird gegen Ende des Satzes leiser. Stumm starrt er zum steinernen Brunnen. Die kommenden Worte müssen ihm besonders viel abverlangen.

Schließlich erzählt er weiter: »Kurz darauf wurde bei unserer Mutter Krebs diagnostiziert. Lungenkrebs. Dabei hat sie noch nie in ihrem Leben eine Zigarette angerührt.« Er lacht humorlos auf. »Absolut abartig.«

»Ist sie...?«, hauche ich leise. Ich muss es einfach wissen.

Er sieht mich kurz an, dann wendet er den Blick wieder ab und nickt. »Ja, sie ist gestorben. Der Krebs hätte sogar durch die richtige Behandlung geheilt werden können... allerdings waren wir nicht krankenversichert. Und das nötige Geld hatten wir auch nicht, weil...«

»Oh. Gott, nein«, krächze ich, Böses ahnend. Er nickt traurig. »Weil es für den Überfall von Eros draufging. Klingt wie ein grausamer Scherz des Schicksals in meinen Ohren, sogar noch zehn Jahre später.« Mir ist schlecht. Unwillkürlich presse ich mir die flache Hand auf den Bauch.

»Mein Bruder vergoss keine einzige Träne bei der Beerdigung. Damals hat mich das sehr schockiert, sogar entsetzt. Jetzt glaube ich, dass er der festen Überzeugung war, es nicht zu dürfen. Weil er sich für ihren Tod verantwortlich machte, es immer noch tut.« Mein Atem geht flach und mir wird langsam echt schwindelig. Trotzdem höre ich weiter gebannt zu.

»Kurz nachdem wir unsere Mutter beerdigt hatten, kehrten mein Vater und ich in unseren Alltag zurück. Es war wie eine Art Flucht vor dieser alles verschlingenden Trauer. Wir arbeiteten in einer Fischfabrik. Unser Vater besitzt mittlerweile ein kleines Café, worüber ich sehr froh bin. Diese Fabrik war die Hölle. Aber Eros, nun ja. Er flüchtete wohl auch irgendwie. Allerdings nicht wie wir in die Arbeit, sondern... Wie soll ich sagen? Er machte einen komplett anderen Menschen aus sich.«

Michele fährt sich resigniert übers Gesicht. Er sieht so unglaublich müde aus. Das verändert seine Ausstrahlung komplett.

»Weißt du, Finja... du kennst Eros nur so, wie er jetzt ist. Er war mal ein komplett anderer. Rebellisch, laut, aggressiv, hat auf alles und jeden geschissen. Ja, du brauchst mich gar nicht so anzusehen! Er war ein Arschloch, ganz einfach. Und ein gefährliches noch dazu.«

Ich schlucke. Jetzt verstehe ich auch, woher Eros' düstere Ausstrahlung kommt. Er wirkt immer gleichzeitig gefährlich, wütend, gepeinigt und beherrscht. All das beginnt in meinem Kopf plötzlich Sinn zu ergeben.

»Er änderte nicht nur sein Verhalten von Grund auf, sondern verrichtete tonnenweise gemeinnützige Arbeit und begann seine kriminelle Energie in das Lernen von Karate zu investieren. Außerdem machte er noch eine Ausbildung zum Koch. Er war kaum noch zu Hause, noch weniger als sonst, meine ich. Unsere Großmutter väterlicherseits starb, sie war schon recht betagt. Wir kannten sie kaum, da sie in Deutschland lebte und mein Vater hatte auch nie eine besonders enge Bindung zu ihr. Aber bei der Lesung des Testaments hieß es plötzlich, dass sie uns allen eine Menge Geld vermacht hatte. Ich muss sagen, dass ich es bis heute nicht verstehe... keine Ahnung, wahrscheinlich hatte sie keine anderen Verwandten, denen sie ihr Geld vermachen konnte.«

Gerade geht mir durch den Kopf, dass dieses Geld Eros' Mutter hätte helfen können, als es noch möglich war. Michele scheint meine Gedanken erraten zu haben, denn er sagt: »Wir wussten nicht, dass sie so reich war. Wir wussten ja kaum, dass sie existiert! Dementsprechend hat diese Frau auch von unserer Situation so gut wie nichts gewusst, und dass meine Mutter an Krebs erkrankt war, schon gar nicht.«

Schockiert führe ich mir die Hand an den Mund. Das alles ist so unglaublich schrecklich.

»Diese Erkenntnis war wie ein Schlag ins Gesicht. Lange Rede, kurzer Sinn: Eros nahm seinen Teil des Geldes, kaufte das Haus einer alten Dame ab, die ins Altenheim übergesiedelt war – das Haus neben deinem – und kündigte an, nach Deutschland in das Dorf zu unserer Tante Federica, der Schwester meiner Mutter, zu ziehen. Irgendwie überraschte es meinen Vater und mich nicht. In den letzten zehn Jahren ist er von uns weggedriftet wie ein Ruderboot, das man vom Steg losgemacht hat. Wir ließen ihn ziehen.«

Ich lege meine Hand auf Micheles Schulter. Der Schmerz steht ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, ist in seiner Haltung zu lesen...

Er presst die Lippen aufeinander und eine winzige Sekunde lang glaube ich fast, dass er anfängt zu weinen. Doch das bleibt aus. Stattdessen atmet er tief durch, befreit sein Gesicht von der Trauer der Vergangenheit – dieser Trauer, die ihn wohl nie so richtig loslassen wird – und tätschelt meine Hand auf seiner Schulter. Er seufzt tief.

»Finja... ich glaube, du bist genau das, was Eros braucht, um zu heilen.«

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