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O N E

Fast schon könnte man sich verlieren in dem Tiefschwarz, das die winzige Gasse vor der Dämmerung ausmachte, als Rina von dort hinaus in die Hauptstraße bog, während eine kranke Straßenlaterne es nur schwach schaffte, ihr kupferfarbenes Haar zur Geltung zu bringen. Nicht ohne Grund staunte sie jedes Mal aufs Neue, wenn sie die Chance bekam, London auf dem Weg zur Arbeit zu besichtigen. Es war ein typischer Großstadtmorgen und einige Tage vor dem ersten Dezember. Auf den breiten Straßen Londons fuhren haufenweise schwarze oder weiße Autos und rot glänzende traditionelle Doppeldeckerbüsse und Telefonzellen schmückten die Stadt im englischen Stil. Kunterbunt gekleidete Hippies, Beamte mit Aktentaschen, müde Erwachsene in Pijamas und Hunden an der Leine, übermütige Teenager, schwangere Frauen, junge Mütter und Schüler schwirrten überall umher und ließen erkennen, wie unterschiedlich die Menschen hier doch waren.

Die Ampel schaltete auf rot und als die zahlreichen Autos und auch die Motorräder anhielten, kämpfte sich Rina hindurch auf die andere Straßenseite. Allerdings gestaltete sich dies schwerer als gedacht. Zwischen den Autos befand sich teilweise gar kein Abstand, sodass sie sich entweder hindurchzwängen und dabei die Fahrzeuge anrempeln musste, um schließlich bitterböse Blicke der sonst so höflichen Engländer zu kassieren oder riesige Umwege mitten auf der Straße machen. Da sie in der Zeit jedoch etwas knapp dran war, entschied sie sich für die erste Variante.

Ein teurer Mercedes hupte in Dauerschleife, als sich Rina zwischen ihm und einem grauen Mini vorbeidrängte. Entschuldigend nickte sie bloß und verschwendete nicht noch mehr Zeit bei dem unhöflichen Fahrer. Es war pures Glück, dass es noch nicht gedämmert hatte und man ihr Gesicht in den grellen Lichtern der Straßenlaternen und Fahrzeuge nicht allzu gut erkennen konnte.

Genau diesen Moment der Ablenkung nutzte das Schicksal und zog Rina den Boden unter den Füßen weg. Augenblicklich verzichteten ihre langsamen Reflexe, worauf ein Schmerz von 100 Reißzahnbissen sie zerknirscht zusammenzucken ließ. Es war, als würde sie gleichzeitig von tausenden Waffen getroffen werden. Verschwommen richtete sie den Blick auf eine purpurrote Pfütze kurz vor ihrem Gesicht. Als Kind fände sie das Blut bestimmt entzückend als Badesee für ihre Puppen, jetzt realisierte sie nur, dass sie eine große Wunde im Gesicht haben musste, die ihr ziemlich schnell Blut entzog. Daraufhin fielen ihr ihre ausgestreckten Arme auf, welche geradewegs darauf warteten, überfahren zu werden. Wie aufs Stichwort hörte sie Motorgeräusche und kurz darauf brummte es, bevor das Auto über Rinas Händen losfuhr. Tock tock, tock tock. Wie ein Geräusch, das für alle hörbar war, hämmerte ihr Herz so oft und schnell, dass sogar speziell entwickelte Geräte die Schläge nicht mehr zählen könnten. Vielleicht hörten alle anderen ihr Herz aber auch wirklich? Zeit, sich darum Gedanken zu machen, hatte sie allerdings nicht, denn im letzten Moment zwang Rina ihren Körper, sich blitzschnell einzurollen.

Fest drückte sie die Augen zusammen und wartete auf das starke Ziehen im Arm. Doch da war nichts, bloß weiterhin ihr warmes Blut im Gesicht und der Schmerz von vorhin. War sie ausnahmsweise schnell genug gewesen? Vorsichtig öffnete sie ihre Augen.

,,Geht es Ihnen gut?" In Windeseile rappelte sich Rina auf und blickte zu einem älteren Ehepaar, das sie besorgt ansah. Sie könnte meinen, dass beide einen Aufschrei unterdrückten, als sie sich ihnen zuwendete. Augenblicklich schwiegen sie, dann sprach die Frau, die im Übrigen wie aus einem Märchenbuch entsprungen wirkte. Ihre graue Haarmähne steckte im einem halbwegs festen Dutt und betonte ihr herzförmiges Gesicht und die Brille mit den verweichten Ecken. Die Haut der Dame besaß bereits einige Falten und ein scharlachrotes Oberteil mit dünnem Perlenmuster legte sich über einem beigefarbenen Rock, der ihr bis zum Knöchel ging. Eine lange Strickjacke und ebenfalls beigefarbene Ballerinas schützen sie kaum vor der Kälte. ,,Wir müssen sofort den Krankenwagen holen!", rief sie aufgebracht und weckte damit das Interesse der umstehenden Leute.

Darauf achtete die Frau aber nicht, stattdessen wandte sie sich nun ihrem glatzköpfigen Mann zu: ,,Kannst du bitte das Telefon hergeben, Schatz?" Der Mann nickte und begann, in seiner mausgrauen Bauchtasche zu kramen. Dabei fielen Rina ihre eigenen Großeltern ein, die ebenfalls zu zweit ein Tastenhandy teilten.

,,Da ist es!", meinte er nach einer Weile triumphierend.

,,Sir, Sie müssen das nicht tun, es geht mir super." Zur Bestätigung hob sie ihre Mundwinkel zu einem freundlichen Lächeln und ignorierte sowohl das Stechen am Mundwinkel, als auch den brennenden Drang, sich dort zu kratzen.

,,Natürlich nicht, schauen Sie sich doch an, Ihr Kiefer sieht schrecklich aus!", sagte die Dame nun. Konnte sie etwa Gedankenlesen? ,,Und kämpfen Sie nicht dagegen an, natürlich juckt es. Aber kratzen Sie nicht zu fest, sonst wird die Wunde noch tiefer." Mit einer Mischung aus Ernst und Belustigung lächelte sie aufmunternd. Erleichtert grinste Rina zurück und rieb mit dem Handrücken über die brennenden Stellen. Ein angenehm ausgleichendes Gefühl machte sich in ihr breit, während ihr erstaunlich warmes Blut ihre Hand färbte.

Aus dem Augenwinkel sah sie wieder zum Mann, der wie wild an am Handy tippte. Ihre Hand entglitt ihrer Wunde, als sie hektisch rief: ,,Machen Sie sich wirklich keine Umstände, Sir! Wir können-" Sie stoppte kurz und verfluchte in Gedanken ihr flinkes Mundwerk, das in Situationen wie diesen schneller als ihr Gehirn handelte. ,,Ich meine, ich kann auch so zum Krankenhaus gehen!"

Der Mann hielt inne, legte die Stirn in die Falten und tippte sich mit dem Zeigefinger ins Kinn, während Rina angespannt auf der Stelle zappelte. ,,Bitte", fügte sie hinzu. ,,Einverstanden", nickte er, ,,In der Stadt ist ein Krankenhaus, das müsste nicht weit sein. Wir können also zu Fuß dorthin." Im nächsten Moment waren die beiden auch schon losgegangen und unterhielten sich lebhaft.

,,Wir?", fragte Rina verwirrt. Das Ehepaar drehte sich zu ihr und schaute sie so an als wäre sie schwer vom Begriff.

,,Selbstverständlich! Wir müssen doch sichergehen, dass Sie auch wirklich ins Krankenhaus spazieren", sagte die Frau schließlich bewichtigend. Dann winkte sie Rina mit einer Geste ihrer Hand zu ihnen und marschierte wieder los.

Wissend, dass die Frau Recht hatte, zuckte sie ergeben mit den Schultern und gesellte sich zu den neuen Bekanntschaften.

Während das Ehepaar darüber diskutierte, wer von ihnen nächste Woche eine Tasche mit Handy, Portemonnaie, Ausweisen und Fahrkarten für die Straßenbahn trug, ließ Rina ihren Blick umherschweifen und blieb schließlich am Big Ben stehen. Von ganz London liebte sie die große Turmuhr am meisten. Die Art, wie es edelmütig verspielt dort stand und der Stadt den alten Reiz verlieh faszinierte sie mindestens so sehr wie der London Eye es tat.

,,Sollen wir auch reinkommen?", die Stimme des alten Mannes riss sie aus den Gedanken und katapultiert sie zurück vor das riesige Hospital. Höflich schüttelte Rina den Kopf. Was ihre Chefin später zu ihr zu ihrem Timing sagen würde, war ihr spätestens jetzt egal, denn sie würde sowieso zu spät kommen. ,,Sind Sie sich sicher?", fragten beide gleichzeitig, bevor sie sich verliebt in die Augen schauten und einige Sekunden in dieser Position verharrten. Anschließend rissen sie aber los und die Frau wendete sich wieder Rina zu. ,,Laufen Sie bitte nicht vor dem Arzt weg und passen Sie auf sich auf. Ich war einst nämlich auch ein Tollpatsch und weiß, wie sich ein Fall anfühlt." Sie zwinkerte übertrieben. ,,Ich bin übrigens Maria Brian und das ist mein Mann Louis." Mr Brian reichte ihr seine Hand und Rina schüttelte diese, bevor sie selber Mrs Brian die Hand anbot.

10 Minuten später rutschte Rina ungeduldig auf dem Stuhl im gigantischen Wartesaal hin und her. Sie hatte ewig an der Schlange zur Anmeldung gewartet und wurde noch immer von den anderen Patienten angestarrt. So groß war die Wunde doch gar nicht, oder doch? In der Hoffnung, nicht aufgerufen zu werden, stand sie auf, um einen Abstecher zur Toilette zu machen, wo sie sich zuerst detailliert im Spiegel betrachtete. Kaum warf sie einen Blick in den Spiegel, erschrack sie vor sich selbst. Sie sah aus wie eine rote Mumie! Ihre roten Haare, die sie sonst so sehr liebte, machten es auch nicht besser und betonten das Blut, das sich in ihrem Gesicht verwischt hatte und ihre Sommersprossen bis zu den Wangen vollständig bedeckte. Auch die Jacke war nicht mehr cremefarben. Entschlossen packte sie eines der billigen Servietten, machte es so nass, dass es triefte und tupfte es sich flach ins Gesicht, bis man die Wunde klar und deutlich erkennen konnte. Dann machte sie sich zurück auf den Weg.

Dabei gab es nur ein Problem. Die Toiletten waren einige Biegungen vom Wartesaal entfernt und sie wusste nicht, wo es nun hinging. Sie war doch von links gekommen, oder nicht? Oder kam ihr Weg geradeaus und sie musste erst später abbiegen? In diesem Moment fühlte sie sich verzweifelter denn je. Positiv denken, ermutigte sie sich selber und versuchte, ihrem Bauchgefühl Platz zu machen. Es dauerte jedoch eine ganze Weile, bis Rinas Bauchgefühl sich meldete und schließlich wählte sie in ihrer Hoffnungslosigkeit den Pfad ganz rechts, der sie geradeaus führte. Bei der nächste Kreuzung wollte jedoch nichts und niemand ihr einen Tipp geben. Warum war dieses Krankenhauslabyrint bloß so kompliziert?

Da fiel ihr plötzlich ein junger Mann ins Auge, der auf einem Stuhl direkt an einem Zimmer vor der rechten Einmündung saß und seelenruhig ein Buch las. War er etwa schon die ganze Zeit hier gewesen? Er schien auch ungefähr so alt zu sein wie Rina, wirkte aber, als hätte er ein Schild mit der Aufschrift ,,Lasst mich in Ruhe!" an seine Stirn geklebt. Seine wirren, dunkelbraunen Locken fielen ihm tiefer ins Gesicht, als er sich unterbewusst noch mehr zum Buch hinunterbeugte.

,,Hey, kannst du mir helfen?" Nervös biss Rina sich auf die Lippe und zeigte hilflos auf die Verzweigung. Augenblicklich schnellte sein Kopf verwirrt umher, bis er an ihr hängen blieb. ,,Kennst du dich hier ein wenig besser aus? Ich war noch nie in diesem Krankenhaus und muss zurück zur Notaufnahme." Bittend legte sie den Kopf schief, während er  nickte und aufstand. Das Taschenbuch stopfte er in seinen großen Hoodie.

,,Sag mal, was hattest du eigentlich gelesen?", fragte sie, nachdem er sie nach links geführt hatte. Erst blieb er still, dann sagte er: ,,Die Tribute von Panem." ,,Ehrlich?", meinte sie begeistert, ,,Ich liebe die Tribute von Panem! Es ist so spannend und romantisch und einfach wundervoll!" Etwas überfordert, aber trotzdem belustigt schaute er ihr durchdringlich in die Augen. ,,Stimmt, wie findest du die Bücher?" ,,Die Bücher?!" Peinlich berührt wandte sie ihren Blick ab und nuschelte immer leiser: ,,Weißt du, ich habe die Bücher noch nicht gelesen..." Darauf antwortete er nicht und führte sie bloß wieder um eine Ecke. Zu guter Letzt öffnete er ein Tor, das aber aufschwang, bevor er die Türklinke berührt hatte und deutete auf das Innere, den Wartesaal. ,,Willkommen zurück zum Wartesaal. Gute Besserung und viel Spaß beim Arzt." Er lächelte verlegen und versenkte seine Hände in den Taschen seines Hoodies. ,,Und, äh, hier, man muss es einfach gelesen haben." Schüchtern holte er sein Buch heraus und drückte es Rina in die Hand, die bloß perplex mit dem Buch in der Hand dastand und zusah, wie er innerhalb von 5 Sekunden im Krankenhauslabyrint verschwunden war. ,,Danke", murmelte sie, obwohl er sich schon längst vom Staub gemacht hatte.

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