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II

Mein Name ist Raffael Henneberg, und ich bin Künstler.
O ja, das bin ich wirklich, auch wenn ich keine Kunsthochschule besucht habe.
Warum nicht?

Erstens habe ich kein Abitur gemacht. Zweitens kann ich nicht gut genug zeichnen, nicht malen – und für die Aufnahme zu einem Studium muss man eine Mappe vorlegen, mit Zeichnungen und Gemälden.
Damit konnte ich nicht dienen.
Auch kann ich nicht schnitzen oder bildhauern – sagt man das so?
Also, ich kann nicht in einem Stück Holz oder einem Marmorklotz eine Figur sehen und die dann daraus befreien.
Den umgekehrten Weg, ja, den beherrsche ich perfekt: Aus Ungeformten etwas zum Leben zu erwecken.

Zum Leben erwecken – das ist mein Stichwort ...

Aber das werdet ihr erst später verstehen.
Erst müsst ihr meine Geschichte lesen - die meines achtzehnjährigen Daseins auf dieser Erde.

Schon als Kind spielte ich am liebsten mit Knete, also nicht mit Geld, sondern mit dieser leichtformbaren Masse. Die Figuren, die ich schuf, waren meine liebsten Spielgefährten, sie erlebten Abenteuer ohne Ende.
Doch sie starben auch immer sehr schnell, waren nicht sehr robust, wenn sie kämpften.

Letztendlich war dann von all der bunten Knete, die meine Mutter mir immer schenkte, nur ein graubraunes Gemenge übrig.

Später gab es dann diese andere Masse, die man im Backofen brennen und bemalen konnte, und noch später brachte mir mein Vater zum ersten Mal einen Klumpen Ton, eingewickelt in eine Plastikfolie, mit. Damit begann meine „Karriere".

Ich hatte Glück, denn ich wurde als drittes Kind eines vermögenden Ehepaares geboren, musste somit keine besonderen Erwartungen erfüllen. Das hatten meine älteren Geschwister, die Zwillinge Katja und Dominik schon getan, die bei meiner Einschulung bereits das Gymnasium besuchten.
So wuchs ich auch relativ unbelästigt von Bruder und Schwester auf, die wenig Notiz von mir nahmen - zumindest in meinen ersten Lebensjahren.

Seit ich ungefähr zehn war, saß ich in jeder freien Minute in dem wunderbaren Arbeitsraum, den Papa mir im Keller eingerichtet hatte, oder besser gesagt, hatte einrichten lassen. Auf dem langen Arbeitstisch lag immer ein Klumpen Ton, ein ergonomischer Stuhl auf Rollen schonte meinen Rücken, erwärmt wurde „mein Atelier" vom Brennofen, der unentwegt in Betrieb war, für Abkühlung sorgte eine Klimaanlage, wenn das Öffnen der kleinen Lukenfenster nicht mehr ausreichte.  Eine hochmoderne Musikanlage sorgte für die nötige Unterhaltung, Regale bedeckten jeden Zentimeter der Betonwände.

In der Schule musste ich nicht gut sein, war es deshalb auch nicht. Den Schnitt fürs Gymnasium nach der vierten Klasse übertraf ich um Längen – also nach oben.

Ich töpferte.
Formte Figuren um Figuren, ließ sie trocknen, brannte sie, glasierte und brannte sie ein zweites Mal.
Meine Geschwister verkauften die damals noch eher einfach gestalteten Teile auf Floh- und Handwerkermärkten, den Erlös teilten wir. Ich habe bis heute keine Ahnung, ob sie mich übers Ohr gehauen haben, aber ich glaube es nicht. Denn meine Spardose füllte sich ordentlich.

Mit sechzehn konnte ich die Schule, die mich zu viel an unsinniger Zeit gekostet hatte, endlich verlassen. Meine Klassenkameraden erzählten von weiterführenden Bildungseinrichtungen, von Lehrstellen.
Also, untereinander – nicht mir.
Denn mit mir sprach kaum jemand.

Auch die Lehrer hatten es mittlerweile aufgegeben.

Ich war der unsichtbare, unhörbare Außenseiter, der stets irgendwelche Figuren ziemlich unvollkommen skizzierte, mit den Händen in der Luft irgendetwas formte, das niemand sehen konnte.

Sie waren nicht böse zu mir, mobbten mich in keiner Weise, sie ignorierten mich einfach.

Nachdem die Schule hinter mir lag, verbrachte ich noch mehr Zeit in meinem Keller. Da mich bis spät in die Nacht die Ideen verfolgten, die in die Tat umgesetzt werden mussten, bat ich meine Eltern, mir den verbliebenen Kellerraum mit einem Bett und einer kleinen Nasszelle auszustatten.

Innerhalb von zwei Wochen war das geschehen, doch während dieser Zeit wäre ich beinahe verrückt geworden.
Baulärm, die fremden Stimmen der Arbeiter störten mich in meiner Konzentration auf das Wichtigste.
Mehr als eine Figur zerbarst im Ofen, weil ich einen Fehler gemacht hatte.

Doch dann kehrte die Ruhe zurück – in mir und um mich herum.

Meine Figuren wurden größer, bunter, lebendiger, seit ich mich ihnen vollkommen widmen konnte. Mein Oberkörper war muskulös, meine Arme kräftigten sich vom Kneten, meine Beine konnten da nicht mithalten, waren wenig im Training – zu kurz waren die Wege innerhalb meines kleinen Reiches.

Meine Haare wuchsen so vor sich hin, mittlerweile trug ich sie mit einem Gummiband zusammengebunden. Rasieren musste ich mich hin und wieder, weil meine Hände immer irgendwelche Spuren von Ton oder Farbe trugen, die sich dann in Barthaaren ablagerte, wenn ich mich kratzte.

Während der ersten Monate aß ich mit meiner Familie, dann zogen die Geschwister aus, meine Eltern hatten sich und mir kaum etwas zu sagen. Möglicherweise hörten meine Ohren aber auch nichts, was sie nicht interessierte.
Deshalb beschloss ich, im Atelier zu essen, dann musste ich nicht immer sofort eine Arbeit unterbrechen, wenn oben in der Villa der Gong anschlug.

Martha, unsere Köchin, brachte mir die Mahlzeiten, versuchte ein Gespräch mit mir zu führen, gab es aber innerhalb kurzer Zeit wieder auf.

Die Ideen in meinem Kopf sprudelten unentwegt, obwohl ich ihn mit nur wenig Bildmaterial füttern konnte. Aus meiner Kindheit wusste ich, dass es etwas wie Fernsehen gab, aber ich brauchte das nicht.

Hin und wieder lauschte ich einem Hörspiel im Radio, das genügte, um neue Bilder zu erschaffen, die zu Skulpturen wurden.
Realistisch – irreal – fantasievoll – märchenhaft.

Zum Problem wurde nur im Lauf der Zeit der Platzmangel. Die Regale füllten sich unausweichlich – zum Glück bestanden sie aus dicken Planken, die das Gewicht noch tragen konnten.

Als hätte sie meinen stummen Hilferuf vernommen, betrat meine Schwester Katja eines Tages vollkommen überraschend meine Räumlichkeiten. Ich erkannte sie kaum wieder, hatte sie schon lange nicht mehr gesehen. Aber sie musste es wohl sein, wer sonst ließ sich schon hier unten sehen.
Ihr Interesse galt von der ersten Sekunde an nicht mir, sondern meinen Werken.
Das gefiel mir allerdings, denn was zählte ich schon gegen meine Fantasiewesen?

Nur langsam bewegte die fremde Schwester sich entlang der Wände, manch eines meiner Werke berührte sie stumm und ehrfürchtig, ein anderes holte sie von seinem angestammten Platz, begutachtete es von allen Seiten.

Zuletzt landete sie vor der Figur, auf die ich am stolzesten war, so gut war sie mir gelungen.
Sie stellte einen Zauberer dar, mit einem hohen Hut, einem gütigen, bärtigen Gesicht, einem weiten, kräftig azurblauen Mantel, unter dem Zwerge hervorslugten.

Diesen Entwurf hatte ich sicher fünfmal neu gestaltet, immer war etwas schiefgegangen. Einmal war der Mantel zu dünn geraten und brach beim Brennen, das nächste Mal platzten die Zwerge ab, weil ich sie nicht ordentlich mit der Hauptfigur verbunden hatte.

Glasuren verliefen, blätterten ab, weil ich den Rohling nicht genügend hatte abkühlen lassen oder die falsche Temperatur eingestellt hatte.
Aber ich hatte nicht aufgegeben, dieses Bild in meinem Kopf aus Ton zu schaffen. Woher der Ursprung dieses Bildes kam, wusste ich nicht mehr.

Vielleicht war es eine Erinnerung an Zeiten, als es noch Bücher in meinem Leben gegeben hatte.

„Das ist gut!", stieß Katja schließlich hervor. Sie deutete in die Runde, um alle Regale einzuschließen. „Das alles ist wirklich gut!"

Mühsam löste sich ihr Blick von meinen Werken, suchte meine vor Stolz sicher glänzenden Augen.

„Soll ich wieder mal was für dich verkaufen?"
So sehr freute ich mich über ihr Lob, dass ich spontan, ohne nachzudenken, antwortete: „Ich schenke dir den Zauberer! Aber du kannst auch gerne etwas verkaufen. Ganz so, wie du willst."

Geld brauchte ich zwar keines, aber Platz!

Sie strahlte mich an, ich strahlte zurück. Es war lange her, dass mich die Anwesenheit eines anderen Menschen so glücklich gemacht hatte.
„Bin gleich wieder da!", rief sie mir über ihre Schulter zurück, als sie mein Atelier schnell und anscheinend aufgeregt verließ.

Kurz darauf hörte ich es auf der Treppe poltern, schwer atmend trat Katja wieder durch die Tür, einen großen Karton in ihren kleinen Händen. Mit den Füßen schob sie eine Transportbox vor sich her.

„Weißt du, ich habe Kunstmanagement studiert", erklärte sie, während sie Zeitungen und Knallfolie aus der Box holte.
Da musste ich lauthals lachen. „Kunstmanagement?", fragte ich japsend. „Du kannst doch nicht einmal ein Strichmännchen zeichnen!"

Sie lächelte mich an, was ich sehr mochte.
Ein Lächeln hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.

Spontan beschloss ich, dass mein nächstes Werk lächeln würde.

Katja machte sich daran, zuerst den Zauberer und dann einige der anderen Fantasiefiguren sorgfältig mit Papier und Folie zu umhüllen.

Der Zauberer, einige der Gnome, der Hexen und der zarten Elfen füllten schnell ihre Transportbehälter.

„Was hast du damit vor?", fragte ich, nachdem ich ihr eine Weile stumm zugesehen hatte. „Ist irgendein Markt in den nächsten Tagen?"

Wieder erstrahlten ihre Augen, wieder durchrieselte mich ein Glücksgefühl.
„Ich habe eine eigene Galerie", erklärte sie.

So schnell, wie sie hereingeschneit war, verschwand sie wieder. Nur war sie dieses Mal schwer bepackt, sie hatte sogar zweimal nach oben laufen müssen, um alles wegzubringen, was sie ausgewählt hatte.

Ein Gefühl kroch in mir hoch, eines, das ich nicht kannte, weswegen ich auch keinen Namen dafür hatte.
Um mich ein wenig abzulenken, schaltete ich das Laptop ein, das mein Vater mir vor gut einem Jahr gebracht hatte, damit ich bestellen konnte, was mein Herz begehrte, rief die Seite für Künstlerzubehör auf. Dringend brauchte ich neue Glasuren, und bald schon war ich vertieft in das riesige Angebot.
Doch dieses Mal konnte ich mich nicht dazu aufraffen, in den vielen Farben schwelgend eine Auswahl zu treffen. Nur ein mattes und ein glänzendes Schwarz setzte ich auf die Einkaufsliste, dazu noch verschieden Grautöne.

Als ich die Bestellung abgeschickt hatte, schüttelte ich verwundert über mich selbst den Kopf. Das, was ich eben geordert hatte, verwendete ich eigentlich nie.

Nur, um Nuancen zu setzen, Konturen zu verstärken.

Seufzend klappte ich den Deckel zu.
Ohne Vorwarnung schoss mir nun auch ein Name für mein Gefühl in den Kopf:
Einsamkeit.

Etwas, das ich nie gekannt hatte, nie gedacht hatte, nie benannt hatte.
Eine Schwester, die in mein gleichförmiges, aber durchaus erfülltes Leben geschneit und wieder daraus verschwunden war, hatte es ausgelöst.

Einsamkeit.

Dazu kam noch die Leere auf den Regalbrettern, die ich mit einem Mal mit allen Sinnen wahrnahm.

Eine plötzliche Müdigkeit überfiel mit. Auch etwas, das ich nicht kannte. Ich fiel in mein schmales, aber herrlich bequemes Bett, versank nahezu augenblicklich in tiefem Schlaf.


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