Kapitel 3 - Versprechen
Die Sonne strahlte hell durch die Vorhänge als sie die Augen öffnete. Sie brauchte ein paar Momente, bevor sie realisierte, wo sie war – und dass sie tatsächlich geschlafen hatte, ohne einen einzigen Albtraum gehabt zu haben. Doch ihr war eigentlich schon klar, dass es ein Ausnahmezustand war. Die Albträume würden sie noch früh genug einholen.
Langsam hob sie den Kopf und setzte sich auf. Ein Blick nach rechts verriet ihr, dass Harry noch schlief. Sie lächelte leicht als sie daran dachte, wie er diese Nacht für sie da gewesen war. Er hatte ihr Halt gegeben, während sie es sich erlaubt hatte schwach zu sein. Und das, obwohl er selbst Menschen verloren hatte, die er liebte und hatte in den letzten Jahren, gerade in den letzten Monaten, ein Trauma nach dem nächsten erlebt. Und trotzdem war er für sie da, auch wenn sie sich eigentlich getrennt hatten.
Ginny stand langsam auf und ging in die Küche, in der sich bereits Molly und Fleur befanden. Sie war froh darüber, dass nicht noch mehr Leute unten waren und so höchstens ihre Mutter und ihre Schwägerin sie und Harry gesehen hatten. Ihr war es nicht peinlich, mit Harry auf der Couch eingeschlafen zu sein. Aber solange noch so viele Dinge zwischen ihnen standen, wollte sie nicht, dass andere Leute davon wussten und sich darin einmischten; auch wenn es ihre Familie war.
„Guten Morgen", sagte Ginny leise. Ihre Mutter und Fleur drehten sich zu ihr um und beide lächelten sie leicht an. Es viel allen schwer zu Lächeln nachdem, was passiert war, deswegen bedeutete auch nur ein kleines Lächeln umso mehr.
„Hast du Hunger, Schatz?", fragte Molly, woraufhin sie nickte. „Dann lass uns schon mal Frühstücken. Die anderen sollen so viel Schlaf bekommen, wie sie können. Außerdem würden wir eh nicht alle zusammen in die Küche passen."
Ginny nickte und setzte sich an den Tisch. „Wann gehen wir zum Fuchsbau zurück?"
„Nach- nach der... Beerdigung", sagte Molly stockend und Ginny schluckte schwer. Keiner wollte, dass dieser Tag so schnell kam, denn dann würde es heißen endgültig Abschied zu nehmen und dafür war noch keiner bereit.
Fleur reichte Ginny einen Teller, den sie dankend annahm und setzte sich neben sie.
„Danke", sagte Ginny leise.
„De rien", erwiderte Fleur sanft.
Es herrschte Schweigen, bis Ginny sich räusperte. „Fleur... ich wollte dir nur sagen, dass- dass es mir leidtut, wie ich dich in den letzten Jahren behandelt habe. Ich- ich hatte Vorurteile dir gegenüber, die nicht berechtigt waren. Du bist ein toller Mensch und gut für meinen Bruder. Es- es tut mir leid."
„Danke Ginny, ich rechne es dir 'och an, dass du mir das sagst. Nischt jeder würde das tun."
„Verzeihst du mir?"
Fleur lächelte. „Ja, das tue isch."
Molly beobachtete zufrieden den Austausch zwischen ihrer Tochter und ihrer Schwiegertochter. In dem letzten Jahr seit der Hochzeit hatte Molly selbst die Zeit gehabt Fleur besser kennen zu lernen und sie um Verzeihung zu bitten. Sie bereute es so viele Vorurteile ihr gegenüber gehabt zu haben, dabei war sie eine tolle Frau und ihr ältester Sohn konnte sich glücklich schätzen sie zu haben.
Die drei Frauen verfielen in Schweigen, bis jemand die Küche betrat.
„Harry, guten Morgen!", begrüßte Molly ihn und sprang vom Tisch auf. „Du musst bestimmt hungrig sein. Setz dich hin, ich bringe dir dein Frühstück." Sie nahm sich einen leeren Teller und belud diesen mit Essen, während sich Harry auf den Stuhl gegenüber von Ginny setzte. Sie wechselten einen Blick miteinander, ehe Ginny sich wieder ihrem Frühstück widmete und Molly den vollen Teller vor Harry abstellte.
Während dem Frühstück schaute Molly immer unauffällig zwischen Ginny und Harry hin und her und versuchte ihren Umgang miteinander zu analysieren und daraus zu schließen, ob beide sich schon ausgesprochen hatten. Doch viel gab es nicht zu analysieren, denn keiner von beiden sprach auch nur ein Wort und nur ein paar Mal schauten sie von ihren Tellern auf. Molly seufzte innerlich. Das hieß wohl, dass sie noch nicht miteinander gesprochen hatten.
Beide verließen gleichzeitig die Küche und kurz bevor Ginny hoch gehen wollte, hielt Harry sie noch kurz zurück. „Gin-"
„Können- können wir reden, wenn-" Sie schluckte. „Nach- nach den Beerdigungen?", fragte sie leise und schaute ihn flehend an. „Bleib bis dahin einfach bei mir." Ihre Stimme zitterte, doch sie versuchte zu lächeln; vergeblich.
Er hob seine Hand an ihre Wange und strich ihr eine Träne, die den Augenwinkel verlassen hatte, weg und nickte.
~
Am Morgen der Beerdigungen wurde noch weniger geredet als sonst. Lediglich drei Tagen waren seit der Schlacht vergangen und noch immer konnte man nicht davon reden, dass sich alle wieder normal verhielten.
Den vorherigen Tag hatten Harry und Ginny alleine am Strand verbracht. Er hatte sein Versprechen gehalten und war einfach nur bei ihr gewesen. Sie hatten nicht viel geredet und wenn sie geredet hatten, dann nur über belanglose Dinge. Sie hatten so lange am Strand gesessen, bis die Sonne untergegangen war und Molly beide regelrecht angefleht hatte, reinzukommen und was zu essen.
Und dann kam der Tag, den jeder so schnell wie möglich hinter sich bringen wollte. Lediglich eine Sache würde an diesem Tag gut werden. Harry würde endlich seinen Patensohn kennenlernen.
„Bis du nervös?", fragte Ginny neben ihm und schaute zu ihm hoch.
Harry atmete tief durch und nickte. „Ziemlich", gab er zu.
„Harry?"
„Hm?"
„Du wirst ein toller Pate für Teddy sein."
Er hatte keine Zeit mehr, um zu antworten, denn draußen ertönte ein Knall und eine Frau mit schwarzen Haaren und einem Baby auf dem Arm, kam auf das Haus zugelaufen.
„Andromeda!", hörten sie Molly rufen, ehe sich beide Frauen umarmten. Molly flüsterte etwas in Andromedas Ohr, woraufhin diese etwas genauso leise erwiderte.
Andromeda nahm sich einen Moment, ehe sie Harry anschaute und lächelte. Langsam kam sie auf ihn und Ginny zu. Harrys Augen waren auf das Bündel in ihren Armen fixiert.
„Hallo Harry, schön dich wieder zu sehen. Und ich glaube der kleine Mann hier freut sich auch seinen Paten endlich kennenzulernen", sagte Andromeda freundlich. Und dann reichte sie Harry ihren Enkelsohn und Harry stockte der Atem, als er das kleine Baby entgegennahm.
Er starrte auf Teddy runter und vergaß beinahe zu Blinzeln. Das Baby hatte braune Augen und leuchtend blaue Haare, die sich nach wenigen Sekunden in Gelb umwandelten. Harry stieß ein atemloses Lachen aus und bewunderte seinen Patensohn.
„Hey Teddy, ich bin Harry, dein Pate", sagte er kaum hörbar. „Ich verspreche dir, dass du nicht das gleiche durchmachen musst, was ich durchgemacht habe. Denn du bist von so vielen Leuten umgeben, die dich unglaublich liebhaben. Ich verspreche dir, dass ich immer für dich da sein werde", fuhr er flüsternd fort. „Immer."
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