Zwischenetappe
Jules
"Meinst du, das ist eine gute Idee?", fragte Trey mich und schaute skeptisch zwischen mir und Lipton hin und her. Ich verkniff mir ein Seufzen und griff nach Treys Hand. Er hatte den ganzen Morgen gejammert und sich benommen, wie ein Kleinkind.
Dabei wollte ich nur, dass er sich auf das liebste Pferd der ganzen Welt setzte. Ich führte seine Hand sanft an den Hals des Hengstes und betrachte gebannt, wie Trey vorsichtig über seinen weichen Hals fuhr.
"Kannst du dich daran erinnern, wie wir zusammen mit dieser kleinen Maschine Kunstflüge mitgemacht haben?", meinte ich und mein Freund zog die sandbraunen Augenbrauen zusammen.
"Ja, aber das war doch -", setzte er an , doch ich unterbrach ihn sofort. Er war mir einfach nicht gewachsen.
"Das war genau dasselbe. Ich hatte eine riesen Angst. Aber ich hab es für dich getan. Also kannst du für mich auch auf Lipton steigen. Er ist so lieb, glaub mir. Und er hängt an Ranger. Er wird sich einfach an ihn halten. Du musst nichts machen", versuchte ich ihn zu überreden und er seufzte frustriert.
"Also schön", sagte er und stemmte sich ungelenk in den Steigbügel. Ich half ihm auf Lipton und gab ihm die Zügel in die Hand, ehe ich zu Ranger schritt und mich geschmeidig in den Sattel schwang. Ich lobte ihn und drehte Ranger nur mit Druck durch die Beine zu Trey um. Er sah so aus, als würde er gleich vom Pferd kippen. Er war kalkweiß, doch er lächelte tapfer und hielt seine zitternden Daumen hoch.
"Na dann mal los", meinte ich und trieb Ranger sanft vorwärts. Er kaute bereits, war völlig auf mich fixiert. Ich liebte dieses Pferd.
Wir drehten im Schritt ein paar Runden auf der Weide, ehe ich mich zu Trey umdrehte. Großer Gott, so sahen Leiden aus. Er war wirklich verkrampft und schien kein bisschen Spaß an der Sache zu finden. Lipton dagegen warf neugierig den Kopf hin und her und schnaubte.
Lipton. Cameron und ich hatten diesen Namen ausgewählt, weil sein Fell genau die Farbe von Lipton Eistee hatte. Wenn ich jetzt noch an unser Gespräch damals dachte, musste ich lachen. Ich hielt an und drehte Ranger zu Lipton um.
"Du hast es geschafft Großer. Lass uns zurück zum Stall reiten", informierte ich Trey, weil ich das Häufchen Elend nicht mehr ertragen konnte. Trey lächelte das erste Mal heute und ich seufzte erneut. Er hatte sich Mühe gegeben, aber er fand trotzdem keinen Spaß. Traurig.
Ein paar Minuten später hatten wir Lipton abgesattelt und lehnten an seiner Box.
"Also, wie sieht's aus? Du, ich und ein Wellnesstag?", fragte Trey mich und kam näher an mich heran. Ich lächelte und warf einen Blick zu Ranger, der ungeduldig in meine Richtung schaute.
Trey gab mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Er war wirklich einfühlsam. Und er behandelte mich gut. Wir stritten selten. Das war gut. Das musste einfach gut sein.
Ich lächelte sanft und trat dann ein Stück zurück. Trey schaute mich aus seinen sattgrünen Augen an und mein Lächeln wurde breiter.
"Hör zu, Trey, Ranger hat so lange keinen richtigen Pacour mehr überwunden. Ich kann jetzt noch nicht gehen. Aber nachher komm ich auf dein Angebot zurück", versicherte ich ihm und Trey schmunzelte.
"Lass dir alle Zeit, die du brauchst. Ich kann warten", sagte er verständnisvoll und gab mir einen Kuss. Mein Herz hätte doch eigentlich einen Sprung machen sollen. Wieso tat es das nur nicht?
Am Abend telefonierte ich mit Scarlett, während ich meine E-Mails durchging. Ich hatte so viel Arbeit. Ich hätte darin schwimmen können. Und untergehen.
"Also, hast du schon den nächsten Schritt geplant?", fragte sie mich und ich hörte sanfte Musik im Hintergrund. Scarlett war gerade total auf diesem Healthy-Lifestyle-Trip und nahm nichts zu sich, das auch nur einen Funken ungesund war. Oder schmeckte.
Ich schob mit ein Stück Schokolade in den Mund und stellte mir vor, wie sie an einem Blatt Salat knabberte. Davon musste ich grinsen und hätte beinahe die Antwort auf ihre Frage vergessen.
"Nein, Scar. Ich hab Cameron ja nicht mal getroffen. Eigentlich verdränge ich es, an eine Begegnung zu denken", meinte ich leise und schaute mich vorsichtig um. Trey war noch immer im Fitnessstudio des Hotels. Gut so. Er sollte schließlich nicht auf falsche Gedanken kommen.
Scarlett kicherte ziemlich kindlich und ich machte mich bereits auf ihre nächste Ansprache bereit.
"Ich rede nicht von Cameron, du Vogel. Ich spreche von Trey. Deinem Lebenspartner. Der Mann, der dich schon sein ganzes Leben lang wollte und dich auf Händen trägt. Wer denkt schon an Cam, diesen Hurenbock?", predigte sie mir und ich setzte mich auf. Es ging mir total gegen den Strich, wie sie über Cam redete. Und es ging mir gegen den Strich, dass sie total Recht hatte. Trey war ein super Fang. Ich wusste das.
"Ach tu doch nicht so scheinheilig. Schließlich hast du Cameron unter Vertrag", zischte ich und Scarlett seufzte.
"Ich bin schließlich eine Geschäftsfrau. Er ist eine gute Einnahmequelle", antwortete sie mir beiläufig und ich verzog das Gesicht bei ihrer Sachlichkeit. Cam war über Scarletts Marketing Agentur ins Model-Business eingetreten und jetzt hatte sie ihre rot lackierten Fingernägel in seine Kariere gekrallt und wollte unbedingt das größte Stück vom Kuchen. Konnte man es ihr verübeln?
"Babe? Ich bin wieder da!", rief Trey und ließ die Eingangstür ins Schloss fallen.
"Ich muss jetzt auflegen. Bleib schon sauber", verabschiedete ich mich und Scarlett lachte.
"Du auch, Babe", witzelte sie und legte auf. Verrücktes Huhn.
Trey erschien im Türrahmen und hatte ein Handtuch um den Nacken gehängt. Auf seinem freien Oberkörper schimmerte ein dünner Schweißfilm und er fuhr sich durch die Haare.
"Hast du geschafft, was du dir vorgenommen hast?", fragte ich ihn und er lächelte mir zu. Sein Lächeln war wirklich nett.
"Noch nicht ganz. Aber was nicht ist, kann ja noch werden", meinte er und grinse schelmisch. Worauf wollte er hinaus. "Wie sieht's bei dir aus?"
"Ich habe so viele Scheidungen, wie lange nicht mehr auf dem Tisch. Dabei übernehme ich solche Fälle gar nicht", jammerte ich und Trey deutete auf die Dusche.
"Willst du mitkommen?", fragte er und ich stand ohne Elan auf.
"Na klar", sagte ich, obwohl mein Bauch zu Nein tendierte. Trey strahlte mich an und machte eine ausladende Geste.
"Nach Ihnen, Ma'am", lachte er und ich ging voraus. Ich musste ihm meine Zuneigung beweisen. Er war nicht dumm und roch den Braten sicher schon. Ich musste mich normal verhalten. Mein Leben in New York hing davon ab. Falling Stars war eine Zwischenetappe. Nicht mehr. Trey war meine Zukunft.
Warum war ich dabei nur nicht glücklich?
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