Arschloch
Cameron
Ich starrte die weiße Decke des Hotels an und atmete flach. Wenn ich mich nicht bewegte, würde sich die Welt vielleicht aufhören zu drehen.
Mein Blick glitt zu den zugezogenen Vorhängen in meinem Zimmer und ich ertastete mein Handy, das neben mir auf der Matratze lag.
Vielleicht sollte ich den Alkohol weglassen. Andererseits fühlte ich mich nur manchmal nach dem Trinken so beschissen.
Das Risiko war es mir wert einzugehen. Stöhnend rollte ich mich auf den Bauch und hielt mein Handy ans Ohr. Ich hatte den Zimmerservice trauriger Weise bereits auf der Kurzwahl.
"Mr. Boudreaux? Was kann ich für Sie tun?", fragte mich der Hotelier schon nach dem ersten Piepen. Diese Lackaffen waren doch nur so verdammt freundlich, weil ich eine Tonne Geld hier ließ.
"Eine Flasche Whiskey. Auf mein Zimmer", brummte ich und rieb mir die Augen. Großer Gott hatte ich Kopfschmerzen. Ob das an Brodys anstehender Hochzeit lag? Oder an der leeren Flasche Bacardi, die auf meinem Nachttisch stand? War ja auch egal.
"Sehr gerne. Welche Marke darf es im Speziellen sein?", hakte der Mann am Telefon nach und ich stöhnte in mein Kissen. Das durfte doch nicht wahr sein.
"Irgendwas Hochprozentiges", knurrte ich und beendete das Gespräch ehe der Typ noch etwas anderes sagen konnte. Mein Blick fiel auf den Wecker und ich schloss angewidert von mir selbst die Augen.
Um diese Uhrzeit wäre ich früher schon aus der Schule gekommen und hätte eine erste Runde mit Jules gestritten. Doch jetzt lag ich wie ein Säufer den ganzen Tag im Bett und schaute Cartoons.
Reichtum hatte ich mir anders vorgestellt. Es klopfte an der Tür und ich zuckte zusammen.
"Jaaa", brummte ich gedehnt und deutete auf den Nachttisch. "Stellen Sie das Zeug einfach dahin."
"Das werde ich nicht tun", kam es zurück und ich schaute beleidigt auf. Das konnte ich nämlich auch richtig gut in letzter Zeit. Die Reicher-Junge-Masche hatte ich inzwischen beinahe perfektioniert.
"Wenn Ihnen Ihr Job lieb ist, sollten Sie sich nicht so aus dem Fenster lehnen", knurrte ich und funkelte den Typen vor mit böse an.
Er trug keine Uniform und die Uhr an seinem Handgelenk roch gewaltig nach Rolex. Wahrscheinlich war die so viel wie zwei Monatsmieten wert. Sein sandfarbenes Haar war kurz geschnitten und seine grünen Augen funkelten mich abschätzig an.
Ich rollte vom Bett und stand stöhnend auf. Meine linke Hand presste ich gegen die weiße Wand damit ich nicht... nun ja... umkippte. Oder kotzte. Oder beides. Man konnte ja nie wissen.
"Sie scheinen Ihr neues Vermögen in vollen Zügen zu genießen. Ob nun rein platonisch oder bildlich gesprochen, wie es mir scheint", sagte der Fremde und der Hohn in seiner Stimme tropfte förmlich auf den roten Teppich.
"Was wollen Sie in meinem Zimmer? Anscheindend kommen Sie nicht vom Zimmerservice", stellte ich kühl fest und beobachtete, wie der Typ seinen Blick durch den Raum schweifen ließ.
"Ein Saustall", brummte er und ich machte einen Schritt auf ihn zu.
"Was wollen Sie hier? Und wer sind Sie überhaupt?", herrschte ich ihn an und der Typ, nennen wir ihn Arschloch, setzte sich auf einen Stuhl.
Ich griff nach der leeren Bacardiflasche und umrundete das Bett. Mensch, Laufen klappte tatsächlich schon besser. Ich war schon ein Mann aus Stahl.
Arschloch lachte und machte eine ausladende Geste. Ich würde ihm seine perfekten weißen Zähne tatsächlich nur zu gerne umsortieren, aber ich war neugierig, was er zu erzählen hatte.
"Cameron, Sie wollen mich doch nicht etwa mit dieser jämmerlichen Flasche verprügeln. Das wäre doch selbst für Sie zu tief", sagte Arschloch und ich verschränkte die Arme vor der Brust. Irgendwie hatte er Recht. Natürlich nicht offiziell.
"Also, Arschloch. Was wollen Sie? Ein Autogramm? Eine getragene Unterhose? Ein benutztes Kondom?", fragte ich, obwohl mir klar war, das der Typ kein Groupie sein konnte. Dazu fehlten ihm schlichtweg die Brüste und die langen Haare.
"Ich möchte mit Ihnen über die Hochzeit Ihres Freundes reden. Und die Trauzeugin seiner Verlobten", meinte Arschloch und ich wurde hellhörig.
"Woher wissen Sie von Julianne?", knurrte ich und fühlte, wie mein Herz schneller und schneller in meiner Brust hämmerte. Jegliche Trägkeit war verschwunden. Ich konnte nichts dagegen tun. Mein Körper, mein ganzes Ich wollte... musste Jules schützen. Und Arschloch stellte momentan eine Bedrohung dar.
"Das ist nicht weiter wichtig. Wichtig ist nur, dass Sie die Finger von ihr lassen. Jules braucht keinen abgehalfterten Star in ihrem Leben. Also nennen Sie mir einfach einen Preis", sagte er und zückte ein ledernes Checkbuch. Wie bitte?
Ich hob mein Handy ans Ohr und rief nach der Security, ehe ich mich zu dem Typen vorbeugte.
"Ich habe mehr Geld, als ich je ausgeben könnte. Ich lasse mich nicht kaufen. Und an Ihrer Stelle würde ich Julianne in Ruhe lassen. Nur so als Warnung am Rande", sagte ich und Arschloch stand auf. Er steckte sein Buch weg und trat zur Tür.
"Sie hasst diesen Namen. Anscheinend kennen Sie sie nicht so gut, wie ich dachte. Nun ja, ich werde an Ihre Warnung denken, wenn Jules heute Abend in meinem Arm einschläft", höhnte Arschloch und ich erstarrte. Er kannte sie nicht nur, er schien auch mit Jules zusammen zu sein. Ich stand wie versteinert da.
"Wer sind Sie?", fragte ich ohne Emotionen und Arschloch machte einen Schritt aus dem Zimmer heraus.
"Trey Lewis. Googeln Sie es ruhig. Ich habe nämlich so viel Geld, dass ich darin schwimmen könnte", sagte er arrogant, winkte und verschwand.
Trey Lewis, woher kannte ich diesen Namen nur?
Trey Lewis.
Ich öffnete meinen Laptop und tippte den Namen bei Google ein. Vielleicht würde ich mir ja bald ein paar Aktien von der Suchmaschine kaufen. Wieso auch nicht?
Ich riss mich zusammen und starrte auf den Bildschirm. Tausende Suchergebnisse schlugen mir entgegen. Ganz oben stand eine Schlagzeile, die mich beinahe vom Stuhl haute.
New Yorks beliebtester Junggeselle macht Beziehung zu Jugendliebe öffentlich.
Ich klickte auf den Link und sah Arschloch neben der wunderschönsten Frau der Welt stehen. Julianne.
"Finanzmogul Trey Lewis machte auf der Charitygala seines Vaters die Beziehung zu Jugendliebe und Staranwältin Julianne Summers öffentlich. Das Paar habe sich bereits zu Schulzeiten nahe gestanden, berichtete Lewis...", las ich vor und starrte danach auf den Bildschirm. Julianne war wieder mit dem Versager Trey zusammen. Wie hatten wir uns doch über den Trottel lustig gemacht. Ich konnte es nicht fassen. Wollte es nicht fassen.
Ich hielt die Luft an, sprang auf und durchsuchte die Minibar nach etwas zu Trinken. Wo blieb nur der Zimmerservice? Ich fand einen Kurzen und kippte ihn runter.
Scheiße. Julianne und dieser Arsch? Wieso ging mir das nur so nahe?
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