Kapitel 11
,,Aufstehen!", höre ich die Stimme von Lorcan.
Blinzelnd öffne ich meine Augen und schiele auf meinen Wecker. 5:30. Als ob der jetzt schon wach ist! Sonst bin ich doch immer vor ihm wach!
,,Ich komme in fünf Minuten wieder! Und dann sehe ich wer du bist!" Schritte sind zu hören, welche sich entfernen.
Ich habe aber keine Lust aufzustehen und greife nach dem nächstbesten Kapuzenpullover, welchen ich mir dann auch gleich überziehe. Glücklich kuschel ich mich wieder in mein Bett und schließe die Augen.
Fünf Minuten später wird meine Tür aufgerissen. Ich öffne meine Augen und sehe Lorcan vor der Tür stehen.
,,Du kommst jetzt sofort hier hin, damit wir noch alles klären können! Und danach gehen wir üben!", schreit er.
Ich seufze leise, so dass er es nicht hört. Warum müssen wir denn noch üben? Wir sind doch gut genug. Außerdem weiß er dass die anderen beiden nur schummeln.
,,Du stehst jetzt sofort auf!"
Autsch! Meine Ohren! Ich bleibe liegen, was ihm nicht zu gefallen scheint. Er muss wohl immer die Kontrolle über alles haben, sonst wird der werte Herr wütend. Ich verdrehe die Augen wegen meinen Gedanken.
"Der werte Herr" streckt jetzt vorsichtig seine Hand aus, zieht sie aber schnell wieder zurück und beugt sich voller Schmerz über sie.
Ach wie schön. Warum hat mich das dann nicht gestört, als ich in sein Zimmer gegangen bin? Halte ich etwa mehr Schmerz aus als er? Scheint so.
Lorcan geht wieder weg und lässt mich in Ruhe. Endlich! Ich schließe meine Augen, um mich noch einmal auszuruhen.
Eine halbe Stunde später höre ich die Türklingel.
Eine halbe Minute später höre ich die Tür zuschlagen. Jessie und Thomas also. Seufzend stehe ich auf und ziehe mir wie immer schwarze Sachen an. Mein Leben ist dunkel, meine Seele ist dunkel, ich bin dunkel. Passt doch.
Ich gehe die Treppe runter und öffne die Tür. Wie zu erwarten stehen Jessie und Thomas davor.
Jessie meckert gerade herum, aber als sie mich bemerkt hört sie auf. Ich mache ihnen die Tür weiter auf und gehe zur Seite.
,,Dankeschön", bedankt Thomas sich überschwänglich.
Ich verdrehe die Augen und schließe die Tür, nachdem die beiden reingekommen sind.
,,Warum lässt du jetzt bitte Besuch rein?!", schreit Lorcan auch schon los.
Ich lehne mich gegen die Wand.
,,Raus ihr beiden! Sofort!" Lorcan kommt in den Flur und deutet auf die Tür.
Für Jessica steht aber fest: Sie wird jetzt hier bleiben. Mit festen Schritten geht meine Freundin zu Lorcan und baut sich drohend vor ihm auf. Dabei ist ihr egal, ob Lorcan größer ist als sie. ,,So Freundchen! Du hörst mir jetzt mal schön zu! Nur, da du uns beide nicht magst, heißt das nicht dass dein Mitbewohner oder deine Mitbewohnerin uns nicht mag! Und wenn du ein Problem mit uns hast, kannst du ruhig rausgehen! Die Tür steht dir offen!" Sie geht wieder zu Thomas zurück und ich kann nicht anders, als zu lächeln, was man unter meiner Maske aber leider nicht sieht.
Sonst wäre Lorcan aber auch sehr wütend geworden wahrscheinlich.
Lorcan geht jetzt zu Jessie. ,,Und du liebe Dame", ich sehe wie der Blick von Thomas wütender wird, ,,hast mir hier gar nichts zu sagen. Ich wohne hier und es ist mir scheißegal, ob mein Mitbewohner oder meine Mitbewohnerin mit euch befreundet ist. Zufällig wohnen wir nämlich beide hier, also bestimmen wir auch gemeinsam wer hier reinkommt und wer nicht. Ihr beiden könnt jetzt schön abhauen."
Ich schüttel leicht den Kopf. Damit kommt er bei Jessica nicht weit. Sie kämpft weiter, egal ob man ihr sagt dass sie aufgeben soll oder nicht. Ich entferne mich ein Stück von Lorcan und flüstere dann:,,Unsichtbarer Screen." Dann mal los.
Ich: Sei doch froh dass ich überhaupt aufgestanden bin. Und die beiden bleiben hier, egal was du jetzt sagst! Ich bestimme über mein Leben und du über deins! In mein Leben, gehören die beiden aber rein. Du allerdings nicht. Also kannst du die beiden entweder akzeptieren, oder die Fliege machen.
Ich lese mir meine Nachricht noch einmal durch und schicke sie dann ab.
Lorcan scheint etwas zu hören und schaut nach. Es ist meine Nachricht, was er aber nicht wusste. Jetz schon. Er liest sie sich schnell durch und wirft mir einen wütenden Blick zu. Dann tippt er in der Luft herum, was schon komisch aussieht.
Eine Minute später erreicht mich eine Nachricht von ihm.
YouAreLow: Ach, und warum ich? Das kannst du doch auch machen und zu deinen zwei Freunden ziehen! Ich sage dir aber eins. In der nächsten Runde werden die dich runterziehen, da sie noch nicht auf so hohem Niveau sind. Also halte dich einfach von ihnen fern und freunde dich mit Leuten an, die wenigstens eine Ahnung von Parkour haben.
Mit Leuten anfreunden, die wenigstens eine Ahnung von Parkour haben? Sie sind nicht auf so hohem Niveau, wie Lorcan und ich. Warte mal. Das ist ein Kompliment von ihm. Ich schaue Lorcan mit einem amüsierten Blick an. Als ich wieder auf meinen Screen gucke ist die Nachricht weg. Ich muss schmunzeln.
Er hat es wohl zu spät bemerkt. ,,Könnt ihr bitte einfach rausgehen? Wir müssen noch üben."
Woher denn diese überraschende Nettigkeit? Und warum nicht von Anfang an so?
,,Sorry, du Arsch, aber ich bin diese Strecke nicht umsonst gelaufen. Kannst ja auch einfach in dein Zimmer verschwinden, da bist du sicher."
Ich muss mich zurückhalten um nicht zu lachen.
Lorcan bemerkt das und verdreht die Augen. ,,Wie lustig, Jessica." Er denkt also ich habe es den beiden erzählt.
Tja, falsch gedacht. Und so sieht Jessie auch aus. Sie schaut ihn verwirrt an, aber Lorcan versteht es nicht. Ich winke ab und nehme Jessie am Arm. Dann ziehe ich sie mit, da Thomas bestimmt folgt. In meinem Zimmer lasse ich mich mit dem Rücken auf mein Bett fallen und muss lachen.
Die beiden schauen mich an als wäre ich gestört.
,,Ich bin neulich in sein Zimmer gekommen um ihn zum Training zu bekommen", erkläre ich.
,,Aber da ist doch die Elektrosperre", wirft Jessie ein.
Sie weiß nicht dass der Schmerz nicht so schlimm ist.
Ich schaue zu Thomas, der etwas zu ahnen scheint.
,,Du bist einfach da durchgegangen und hast den Schmerz in Kauf genommen", stöhnt er. ,,Ava, mach das nie wieder. Er ist nicht so viel wert."
Ich nicke. ,,Habe ich da leider nicht bedacht. Aber ich höre beim nächsten Mal darauf. Allerdings kann ich auch einfach so in sein Zimmer. Habt ihr schon entdeckt dass man auf das Dach kann?"
Beide schütteln den Kopf. Dadurch macht sich in mir eine Gewisse Vorfreude breit. Ich kann ihnen etwas zeigen. Keine Ahnung warum ich mich darüber so freue, aber es ist so.
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