52. Raus
Ich versuche meine Hand, in der Coles liegt, locker zu lassen, und ihm nicht wehzutun, obwohl alles in mir danach schreit, auf etwas, eher gesagt jemanden, einzuschlagen.
Auch versuche ich, die Tür vor mir nicht einzutreten, obwohl das ziemlich befriedigend wäre, sondern wie ein normaler Mensch zu klingeln und die Klingen dabei nicht zu zerquetschen.
Auf den Weg hier her ist Ben an uns vorbeigekommen und wollte mir irgendetwas mitteilen. Anhand meines äußerst angepissten Gesichtsausdrucks, hat er es zu seinem eigenen Wohl dann aber doch gelassen und ist verwirrt weitergegangen.
Als Jessy endlich die Tür vor mir öffnet, runzelt er sofort die Stirn. „Wow, du hast eine Aura, wie ein Panzer. Was ist passiert?", anstatt ihm zu antworten, als er uns hereinlässt, stelle ich ihm eine Gegenfrage. „Kann Cole was essen?", zische ich durch meine zusammengebissene Zähne. Jessy schließt die Tür hinter uns und führt uns in die Küche, nachdem er ein verwirrtes „Klar.", gemurmelt hat.
In der Küche angekommen wasche ich mir dann auch sofort die Hände und sage Cole, dass gleiche zu tun. Jessy, der dadurch erst auf das Blut aufmerksam wird, sieht mich auffordernd an.
„Bale, im Ernst, was ist passiert?! Wieso habt ihr Blut an den Händen?"
Ich antworte nicht sofort, sondern versuche daran zu denken, dass Jessy nicht derjenige ist, an dem ich meine Wut auslassen sollte.
„Liams Vater ist passiert. Und wenn ich nicht gleich auf irgendetwas einschlagen kann, explodiere ich.", zu gerne würde ich jetzt wieder zu Josè gehen und in den Ring steigen. Allerdings wäre das nicht gerecht gegenüber den Menschen dort und ich würde sie wahrscheinlich töten.
Also keine gute Idee.
Jessy ist die Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben, trotzdem nickt er und holt schnell mehrere Arten von Wurst aus dem Kühlschrank und legt sie auf den Tisch, an den Cole sich dann ebenfalls setzen soll. Er holt Toast und Toaster heraus und schiebt auch gleich zwei Scheiben rein, ehe er nach seinem Vater ruft.
„Dad? Kannst du auf Cole aufpassen?", sein Vater kommt daraufhin Sekunden später in die Küche und wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn, um den Schweiß, der sich auf dieser gesammelt hat, wegzuwischen.
„Natürlich, kein Problem. Hallo, Bale.", er nickt mir freundlich zu, erkennt aber, ehe ich etwas sagen kann, meine Stimmung. „Ah, ich sehe schon. Lasst euch ruhig Zeit.", er setzt sich zu Cole an den Tisch und ich sehe ihn kurz dankend an, was er mit einem Grinsen abtut.
Jessy und ich verlassen das Haus durch die Hintertür, die in den Garten führt. „Wir gehen besser in den Wald.", ich nicke hinter ihm, auch, wenn er das gar nicht sieht.
„Wenn er noch ein Wort gesagt hätte, hätte ich ihn umgebracht.", knurre ich sauer, als Jessy und ich ein paar Minuten schweigend tiefer in den Wald gelaufen sind.
„Was hat er denn gesagt?", fragt Jessy und bleibt neben einem großen Baum mit dickem Stamm stehen. Ich stelle mich vor eben diesen Baum und sehe Jessy an, während ich meine Fäuste balle.
„Gar nicht mal so viel, aber mit so einer Verachtung in seiner Stimme, dass es mich rasend macht.”, Jessy sagt nichts, sondern sieht mich nur mit gerunzelter Stirn an.
„Wer sind Sie denn?", äffe ich Liams Vater nach, hole aus und schlage gegen den Baumstamm.
„Wer ist dieser Vampir und was hat er in deinem Haus verloren?!", erneut trifft meine Faust den Baumstamm und ich höre es knacken. Ob dies nun von meiner Faust oder vom Baum kommt, ist mir herzlichst egal.
„Das sind Vampire, Veronica! Sogar ein Kleinkind ist nicht sicher vor ihnen!", rufe ich laut und lasse meine Faust erneut gegen den Baum krachen, in welchem man deutlich Risse sieht, ebenso wie mein Blut.
„Wieso zum Teufel riecht mein Sohn genauso, wie dieses abscheuliche Monster?!”, schreie ich und hole mit solch einer Kraft aus und lasse meine Faust gegen den Baum krachen, dass mein Arm beinahe bricht.
Noch geladener wegen der Schmerzen in meiner Hand sehe ich Jessy an, der mit gehobenen Brauen respektvoll die Kuhle im Baum betrachtet.
„Und was ist mit dieser...Veronica? Liams Mutter? Ist die genau so?”, fragt er und sieht mich interessiert an, obwohl ich in seinem Blick erkennen kann, dass auch er sauer ist, allerdings unterdrückt er es, wahrscheinlich um eine ruhige Ausstrahlung auf mich auszuüben.
„Keine Ahnung. Die hat nicht viel gesagt, außer, dass Cole süß ist.”, Jessy schmunzelt. „Und Liam ist jetzt mit den beiden bei euch Zuhause?”, ich nicke und wische das Blut von meiner Hand ab, als diese wieder geheilt ist.
„Vielleicht kann sie ihren Mann ja umstimmen.”, ich lache gehässig und schüttele den Kopf. „Nichts auf dieser Welt könnte den Hass aus diesem Mann vertreiben. Auch nicht seine Gefährtin.”, da laufe ich bald ja eher auf der Sonne, als das noch zu erleben. Und ich bin unsterblich.
„Aber--”, „Jessy. Ich bin mir ziemlich sicher, dass nichts diesen Mann umstimmen kann und wird. Er hasst Vampire, dass habe ich gemerkt.”, und ich werde ihn genauso leidenschaftlich hassen, wie er mich.
„Ich brauche jetzt unbedingt was zu trinken, sonst flippe ich aus.”, seufzend fahre ich mir durch die Haare. Mein Durst macht diese ganze Sache nicht besser. Ganz im Gegenteil.
Ich sollte etwas trinken, dann kann ich klarer denken.
„Ähm...aber das Blut ist bei dir Zuhause.”, ich erstarre und schließe nach einer Sekunde leise seufzend die Augen.
Das kann doch nicht wahr sein.
„So eine scheiße!”, fauche ich und schlage erneut in den Baum.
•~•
„Wenn ich ihn töte, ist das deine Schuld. Nur damit du das weißt.”, brumme ich Jessy zu, der seufzt und mit mir vor der Tür steht. „Ich schlage ihn einfach, wenn er was dummes sagt.”, ich drehe meinen Kopf zu ihm und sehe ihn mit gehobener Braue an. „Er würde dich in der Luft zerreißen. Er ist trotzdem noch ein Alpha, Jessy.”, Jessy verschränkt die Arme vor der Brust und sieht mich schmunzelnd an. „Jap und du bist ein Hybrid und ebenfalls Alpha. Und Alpha Hybrid schlägt normalen Alpha. Ganz einfach.”, er zuckt mit den Schultern, während er mit seiner Faust in seine Hand schlägt und drückt die Tür auf, ehe ich noch etwas dazu sagen kann.
Manchmal glaube ich, Jessys Eltern haben ihn fallen lassen.
Ich hole tief Luft und folge Jessy ins Haus. Sofort schaue ich ins Wohnzimmer und in die Küche, um nach Liam und seinen Eltern zu sehen. Überraschenderweise entdecke ich aber niemanden und atme erleichtert aus. Ein Teil meiner Anspannung fällt von mir ab und ich gehe schnell in die Küche zum Kühlschrank.
Sie sind noch im Haus, aber immerhin nicht hier im selben Raum.
„Sie sind oben.”, murmelt Jessy und sieht die Treppen hinauf. Ich brumme zustimmend und kippe das Glas voll mit Blut. Sofort setze ich es an meine Lippen an und trinke es leer.
Seufzend schließe ich die Augen, während ich das Glas sinken lasse. Im gleichen Moment höre ich Schritte näherkommen und spanne mich an. Jessy verschränkt die Arme vor der Brust und sieht die Treppen nach oben, auf die ich keine Sicht habe.
„Jessy? Wo ist Bale? Und Cole?”, fragt Liam und kommt auch die Treppe runtergelaufen. Sobald er mich sieht, bleibt er stehen.
Wir sehen uns schweigend in die Augen, als Liam seufzt.
„Es tut mir so leid, Bale. Ich dachte, ich hätte noch Zeit dir zu erklären, dass mein Vater...ist wie er ist.”, er kratzt sich am Kopf und sieht mich zerknirscht an.
„Ja, eine Warnung wäre schön gewesen.”, zische ich angepisst. Liam kommt auf mich zu und bleibt kurz vor mir stehen. „Er wird schon damit klarkommen.”, ich ziehe ungläubig eine Braue hoch. „Glaubst du das wirklich? Und wie lange soll das bitte dauern?”, „Ja, das glaube ich. Ich habe keine Ahnung, wie lange das dauern soll, aber ich werde dich nicht wegen meinem Vater aufgeben.”, er sieht mir ernst in die Augen und legt seine Hände an meine Wangen.
„Den Teufel würde ich tun und dich verstoßen.”, flüstert er und drückt sanft seine Lippen auf meine. Ich erwidere sofort den Kuss und fahre mit einer Hand in Liams Haare, während ich die andere an seine Taille lege.
„Liam? Wie lange dauert das denn?”, ich löse mich von Liam und sehe an ihm vorbei, zu den Treppen, die gerade jemand heruntertrampelt. Liams Vater.
Sofort ist alle Anspannung, die ich während dem Kuss ablegen konnte, wieder da. Liam dreht sich um und stellt sich vor mich, als wolle er mich vor seinem Vater schützen. Oder seinen Vater vor mir. Keine Ahnung. Vielleicht auch beides.
Matt kommt die Treppe runter und bleibt sofort stehen. Ich beuge mich leicht nach rechts, um an Liam vorbeischauen zu können. Sofort fällt mein Blick auf Matt, der Liam ansieht, ehe er mich entdeckt und bedrohlich knurrt.
Jessy stellt sich rechts neben Liam, sodass nun beide vor mir stehen. Und das passt mir nicht. Ich bin zwanzig Jahre alt und ein verdammter Hybrid, nicht vier! Ich kann mich selbst verteidigen!
Ich schaue zwischen Liam und Jessy durch und sehe Matt, ebenfalls knurrend, in die Augen.
Er akzeptiert mich nicht, ich ihn aber genauso wenig. Und deshalb hat er nichts in meinem Haus zu suchen!
„Was macht der wieder hier, Liam?!”, brüllt Matt. Liam spannt sich an und ballt die Hände zu Fäusten.
„Ich habe dir eben schon gesagt, Bale ist mein Gefährte und ich werde ihn nicht verstoßen, weil du ihn hasst.”, Liam spricht ruhig, wahrscheinlich um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Trotzdem spüre ich, dass es ihn auch sauer macht.
Er hält sich nur zurück, weil es sein Vater ist, was ich auch verstehen kann. Jeden anderen hätte er nicht so mit mir und über mich reden lassen.
„Das werde ich nicht akzeptieren! Es wird hier keine Vampire geben!”, schreit er und seine Augen werden schwarz. Ich spüre, dass Liams Herzschlag kurz aussetzt, ehe es doppelt so schnell weiterschlägt.
Jessy schluckt kräftig und macht erschrocken einen Schritt zurück, als Matt laut knurrt, viel lauter, als noch vorhin.
„Hau ab, Jessy!”, Jessy ist als Beta zwar stärker, als ein normaler Werwolf, aber gegen einen ausgewachsenen Alpha kommt er nicht an. Und ich werde nicht das Risiko eingehen, dass Matt ihn verletzt.
„Ich lass dich nicht alleine! Meine Aufgabe ist es, an deiner Seite zu stehen und ich zu unterstützen. Auch in solchen Situationen!”, ich spüre trotzdem, dass er Angst hat. Ich rechne es ihm aber hoch an, dass er trotzdem bleiben will, um mir zu helfen.
„Dad! Beruhig dich!”, bittet Liam seinen Vater angespannt.
„Bale, er wird dich angreifen. Bitte lauf, wenn du die Chance hast! Ich werde ihn aufhalten.”, mein Blick huscht zu Liam, der stur geradeaus zu seinem Vater sieht.
Eben habe ich Jessy noch gesagt, er soll verschwinden und jetzt macht Liam das Gleiche bei mir...
„Ich lasse dich bestimmt nicht mit deinem durchgeknallten Dad alleine!”, ich sehe, wie Liam daraufhin die Augen verdreht, aber sonst nichts sagt. Gut, dass das geklärt ist.
„Matt! Jetzt beherrsch dich doch mal!”, Veronica kommt tadelnd die Treppen runter und schlägt ihrem Mann mit der Hand gegen den Arm. Matt knurrt darauf trotzdem noch weiter und fixiert mich mit seinem Blick. „Matt!”, sauer stellt sie sich vor ihn. Liam entkommt ein leiser, erleichterter Seufzer.
„Wir sollten wieder gehen, Bale. Liam soll das mit seinem Vater klären. Dir wird er nicht zuhören, ohne dich umbringen zu wollen.”, stillschweigend stimme ich Jessy zu und will mich schon auf den Weg zur Tür machen, als mir ein Gedanke kommt.
„Weißt du was? Nein. Das hier ist MEIN Haus. Ich lasse mich doch nicht hier rauswerfen, weil die beiden sich hier selbst einladen!”, Jessy sieht zu mir und in seinem Blick erkenne ich, dass er mir Recht gibt.
„Liam, deine Eltern sollen hier verschwinden. Ich werde nicht wieder gehen. Das ist mein Haus, ebenso deins und nur weil es deinem Vater nicht passt, dass ich existiere, gibt ihm das nicht das Recht, mich aus meinem Haus zu werfen.”, Liam sieht mich an und ich spüre, dass er verletzt ist. Nicht durch meine Worte, sondern durch seinen Vater. Das er seine Beziehung nicht akzeptiert.
„Mom, Dad. Ich glaube, es ist besser, wenn--”, Veronica unterbricht ihn, als sie sich umdreht und mit der Hand wedelt. „Ich weiß, ich weiß, Spätzchen. Dein Vater und ich gehen jetzt und lassen euch eure Ruhe.”, sie sieht Liam an, wie eine liebende Mutter es nunmal tut und ein Stich durchfährt mich, der mir die Kehle zuschnürt.
„Ich komme nochmal ohne deinen Vater. Immerhin will ich meinen Schwiegersohn kennenlernen.”, dabei sieht sie zu mir. In ihrem Blick liegt keine Verachtung, sondern wirkliches Interesse und etwas wie...Wärme? Keine Ahnung.
Sie geht wieder zu Matt, der mit geballten Fäusten zu uns sieht. „Komm, Schatz. Gehen wir nach Hause und lassen die Kinder alleine. Zuhause beruhigen wir uns dann erstmal wieder.”, „Ich lasse unseren Sohn bestimmt nicht mit ihm hier alleine!”, Matt macht einen Schritt auf uns zu, als Veronica ihn am Arm mit sich zur Tür ziehen will.
Liam stellt sich sofort vor mich und spannt sich an. „Matt! Es reicht!”, dabei knurrt sie sauer und ihre Augen werden schwarz. Matt knirscht mit den Zähnen und tötet mich mit Blicken, während er sich widerwillig von seiner Frau aus dem Haus ziehen lässt.
Sobald die Tür ins Schloss fällt, ist es ruhig im Haus. Niemand sagt etwas, man hört nur unser Atmen.
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