30. Er ist drei
Frisch geduscht kommt Liam, nur mit einem Handtuch um die Hüften, wieder zurück in mein Zimmer. Ich kann einfach nicht anders als ihn wieder anzustarren.
„Du...”, knurre ich und kann nur mit größter Selbstbeherrschung den Blick abwenden, statt mich auf ihn zu werfen. Liam knurrt ebenfalls erregt und sieht mich an, da ich nur noch meine Unterhose trage.
„Was kann ich anziehen?”, am besten ja gar nichts.
Ich werfe ihm eine meiner Boxershorts zu, welche er gekonnt auffängt. „Bin gleich wieder da.”, ich nicke nur, was er nicht mal sieht, da er ziemlich schnell aus dem Zimmer verschwindet.
Ihm fällt es noch schwerer als mir. Aber ich will jetzt nicht mit ihm schlafen. Außerdem finde ich diese ganze beiß Geschichte auch noch sehr fraglich.
„Wenn du so weiter machst, kann ich für nichts garantieren, Bale.”, ein tiefes Knurren lässt mich zur geschlossenen Tür sehen, vor welcher Liam steht, in meiner Boxershorts, welche ihm nebenbei gesagt unheimlich gut steht.
Verwirrt sehe ich ihn an. „Was mache ich denn?”, sorry das ich atme? „Deine Lippe...”, oh. Sofort höre ich auf, auf meiner Lippe zu kauen und lasse sie zwischen meinen Zähnen hervorkommen.
Liam kommt zu mir ins Bett und legt sich neben mich. Ich knipse das Licht, welches ich angeschaltet hatte, wieder aus und decke mich ebenfalls zu.
Niemand sagt etwas und die angespannte Stimmung kann man gar nicht nicht bemerken. Ich höre Liams Herzschlag, jeden Atemzug und ich weiß, dass es ihm genauso geht.
Ich drehe mich auf die Seite, meinen Rücken zu Liam und als hätte er nur darauf gewartet, rückt er daraufhin näher an mich heran und drückt mich an seine Brust, nachdem er seine Arme um meine Taille und Brust geschlungen hat.
Als meine Haut auf seine trifft und ich seine Körperwärme spüre, schließe ich genießerisch die Augen und seufze entspannt.
„Gute Nacht.”, brummt Liam in mein Ohr. Sein Atem streicht über meinen Hals und das vibrieren seines Brustkorbs spüre ich nur allzu deutlich an meinem Rücken.
„Gute Nacht.”, also ich für meinen Teil weiß, dass ich ewig brauchen werde, bis ich einschlafe. Alles Liams Schuld.
•~•
„Mmhh...”, grummelnd drehe ich mich auf die Seite, weg von...was auch immer mir da gerade ins Gesicht getatscht hat.
„Pssssst!”, mich rüttelt etwas am Arm und auch Liam bekommt nun davon mit und knurrt.
Moment.
Ich öffne die Augen, vor mir ist direkt Liams nackte Brust weshalb ich anfange zu grinsen. Seinem gleichmäßigen Atemzügen zufolge schläft er noch. „Baaaaleyyyy!”, flüstert da wieder eine Stimme drängend.
Ich drehe mich seufzend um und sehe Cole auf meinem Bett sitzen. Es ist mit Sicherheit noch früh am Morgen, denn ich sehe durch die Schlitze meiner Rolladen nur wenig Licht durchscheinen.
„Was ist?”, murmele ich und sehe Cole verschlafen an. „Kann ich bei euch bleiben?”, fragt er da kleinlaut und sieht mich bettelnd an. Und was wäre ich für ein unmensch, wenn ich ablehnen würde.
Liam hat noch immer seine Arme um meine Taille gelegt und auch eines seiner Beine liegt über mir. Ich hebe die Decke an und sofort krabbelt Cole darunter und kuschelt sich an mich.
„Ich hab was komisches geträumt.”, ich drücke Cole an mich und sehe ihn an. „Was denn?”, „Von dem Jungen im Wald letztens.”, sofort verspanne ich mich und sehe Cole geschockt an, ehe ich mich schnell wieder fange.
Der Typ aus dem Wald war ein Vampir. Das weiß Cole zwar nicht, aber es hat trotzdem nichts zu heißen, wenn er von ihm träumt.
„Was habt ihr denn in deinem Traum gemacht?”, frage ich ihn flüsternd. „Erst haben wir geredet und dann hat er mit mir Fussball gespielt! Bale, der war richtig schnell! Erst war er am Tor und dann plötzlich weg, ganz woanders! Das war so cool!”, erzählt Cole begeistert. Ich verstehe die Welt nicht mehr, wie er davon träumen kann.
Hat der Vampir Cole vielleicht bevor wir gekommen sind gezeigt, was er ist oder was er kann? Hat er es nur erzählt? Cole muss doch irgendwas wissen, sonst würde er es doch nicht plötzlich träumen. Ich meine, klar, träume können total unlogisch sein, aber wie groß ist bitte die Wahrscheinlichkeit, dass Cole von einem Vampir träumt, den er nur einmal getroffen hat, ohne zu wissen was er ist, und dann trotzdem von dessen Fähigkeit träumt?
Ich muss morgen unbedingt mit Liam darüber reden, am besten rufe ich auch Andrew mal an. Vielleicht reagiere ich aber auch einfach über wobei, mein Gefühl sagt mir, dass da mehr dahinter steckt.
„Dann war es doch ein schöner Traum, oder?”, Cole nickt wild. „Hat er dir auch gesagt wie er heißt?”, vielleicht kennt Andrew ihn ja, wenn man auf Coles Traum etwas geben kann.
„Jack!”, ich nicke Cole zu. „Cool, versuch aber noch etwas zu schlafen, okay?”, Cole nickt und schließt dann sofort die Augen.
Ich grübele noch Ewigkeiten darüber, was das zu bedeuten hat, ehe ich auch wieder einschlafe.
•~•
„Nein.”, „Doch.”, „Nein.”, „Doch!”, „Nein!”, „Dohoch!”, „Neien!”, ein äußerst genervtes Schnauben von Liam. „Und wenn ich es doch sage, DOCH!”, „Und ich sage dir NEIN!”, meckert Cole zurück und ich überlege ob ich einfach beide vom Bett schubse, oder sie doch gleich aus dem Zimmer werfe.
„Immer zwei mal mehr!”, Liam holt Luft um etwa zu erwiedern, pustet diese dann aber auch gleich wieder genervt aus. „Dann leck mich doch...der is drei Jahre alt verdammt...”, grummelt er leise. „Was?”, „Nichts.”, „Gegen zwei mal mehr kommst du auch eh nicht an.”, stellt Cole arrogant fest und steht auf.
Er kommt auf mich zu und setzt sich neben mich hin. „Also?”, fragt Cole dann ungeduldig. „Was, jetzt?”, „Natürlich jetzt!”, „Ich glaube nicht das--”, „Glauben ist Glückssache!”, unterbricht Cole ihn und würfelt die zwei Sprüche 'Denken ist Glückssache' und 'Glauben ist nicht Wissen' einfach zusammen.
Zum Glück liege ich auf dem Bauch und zwischen den Kissen, da sehen sie es nicht, dass ich mir auf die Lippen beiße um nicht laut zu lachen.
„Glauben ist Glückssache!”, äfft Liam ihn mit piepsiger Stimme nach und steht vom Bett auf.
„Es heißt 'Glauben ist nicht Wissen' und 'Denken ist Glückssache' du Klugscheißer.”, Cole schnaubt. „Bei dir ist Denken hier wirklich die Glückssache.”, und da halte ich es nicht mehr aus und fange laut an zu lachen.
Cole erschreckt sich zu Tode und beide sehen mich verwundert an. Ich drehe mich auf den Bauch und setze mich hin. Mir kommen vor lachen schon die Tränen und es dauert, bis ich mich beruhigen kann.
„Was war denn bitte euer Problem? Und wieso lässt du dich von einem dreijährigem mobben?”, ich fange wieder an zu lachen und sehe Liam an.
Der verschränkt beleidigt die Arme vor der Brust und sieht mich an. „Dein kleiner Teufel von Bruder wollte das ich ihm nachher zum Frühstückstisch trage und hat mich so lange genervt, bis ich gesagt habe, dass er das nur bekommt, wenn er drei Runden 'Ching, Chang, Chong' gegen mich gewinnt.”, verwirrt sehe ich Cole an. „Du kennst das Spiel doch gar nicht?”, Cole nickt. „WAS?! Wie du kennst das nicht?!”, Liam sieht ihn mit offenem Mund an.
„Ich hab geguckt was du machst und hab's nachgemacht.”, Cole zuckt mit den Schultern. Liam sieht mich fassungslos an und zeigt mit dem Finger auf Cole. „Er hat alle drei Runden hintereinander gewonnen und kennt nicht mal die Regeln!”, das wiederrum bringt mich wieder zum lachen.
„Mein Gott, Liam, bist du 'ne Flasche!”, ich lasse mich lachend nach hinten ins Bett fallen. „Na warte...”, höre ich ihn noch leise grummeln, da liegt er auch schon auf mir, zieht Cole am Fuß näher und fängt an uns zu kitzeln.
•~•
„Trag mich!”, „Ist das dein Ernst?”, Liam dreht sich aufgebracht zu mir. „Ist das sein Ernst?”, „Du musst! Ich hab gewonnen!”, Liam sieht mich an und wartet wohl darauf, dass ich das ganze beende. Tja.
„Du hast verloren, Liam und niemand mag schlechte Verlierer.”, unschuldig sehe ich ihn an und hebe beim schulternzucken die Arme.
Cole grinst daraufhin siegessicher und hebt die Arme. Liam sieht mich vernichtend an und hebt Cole dann hoch.
Ich folge den beiden grinsend runter in die Küche, Liam setzt Cole auf einem der Stühle ab und hilft mir dann den Tisch zu decken.
Zumindest dachte ich, dass er das vorhat. In Wahrheit steht er nur neben mir an die Schubladen angelehnt und gafft mich an, wie ich alles zusammensuche.
„Ich weiß ich bin heiß, aber tu mir doch den gefallen und hilf mit.”, grinsend sehe ich ihn an. Liams Augen werden schwarz und er kommt auf mich zu.
Er stellt sich direkt vor mich und drückt mich nach hinten gegen die Kücheninsel. Seine Arme platziert er links und rechts neben mir und kommt mir mit seinem Kopf immer näher, bis sein Mund neben meinem Ohr ist.
„Du spielst mit dem Feuer, Bale.”, raunt er dunkel. Dann schiebt er sein Gesicht direkt vor meins und sieht mich noch einmal mit diesen unglaublich schwaren Augen an, ehe sie wieder normal werden und Liam von mir ablässt.
„Ich spiele gerne, Liam.”, grinsend sehe ich, wie er stehen bleibt und seinen Kopf wieder zu mir dreht. Bevor er allerdings etwas sagen oder machen kann, quengelt Cole, dass er hunger hat.
„Hier, du sollst helfen, habe ich gesagt.”, ich drücke Liam ein paar Sachen in die Hand, die auf den Tisch sollen, schnappe mir selbst was und trage alles rüber.
•~•
„Liam?”, angesprochener sieht mich fragend an. „Cole hat mir heute nacht von seinem Traum erzählt und irgendwie war der komisch.”, Liam runzelt die Stirn.
„Inwiefern komisch?”, besorgt sieht er mich an und wirft auch Cole, der im Garten, spielt einen besorgten Blick zu.
„Naja, als ich Cole mal bei Jessys Eltern im Rudel gelassen habe, ist er im Wald gewesen und hat sich verlaufen. Wir haben ihn gesucht und als wir ihn endlich gefunden haben, war da dieser Typ bei ihm. Ich wusste zu der Zeit noch nichts von alldem, aber Jessy hat mir später erzählt, dass der Typ ein Vampir gewesen ist.”, Liam spannt sich an und ein tiefes knurren kommt aus seiner Brust.
„Als er uns bemerkt hat, ist er abgehauen, er hat Cole auch nicht verletzt. Aber jetzt hat Cole mir erzählt, er hat von ihm geträumt und da hat der Typ mit ihm Fußball gespielt. Dabei hat er dann seine Schnelligkeit benutzt und Cole sagte er würde Jack heißen. Er hat mir damals nicht erzählt, dass der Typ so schnell ist, also kann er es doch nur durch diesen Traum wissen, aber das ist doch völlig unlogisch, oder?”, ich stütze meinen Kopf auf meinen Händen ab und fahre mir durch die Haare.
Liam überlegt und antwortet nicht direkt. „Ich...ich hab da so eine Vermutung, aber du solltest vorher wirklich mit deinem Vater sprechen.”, ich runzele die Stirn und nehme meine Hände wieder von meinem Kopf.
„Wenn du was weißt, dann sag' es!”, es geht hier um meinen kleinen Bruder, der von einem Vampir träumt! „Nein, rede vorher mit deinem Vater. Ich will nicht irgendwelche Vermutungen anstellen, von denen ich mir nicht sicher bin, ob es auch wirklich stimmt. Oder ob sie überhaupt möglich sind.”, ich unterdrücke ein aggressives Knurren und sehe Liam sauer an.
Ich stehe auf und hole mein Handy vom Küchentisch, wo ich es liegen gelassen habe, als wir uns nach dem Frühstück umgezogen haben.
Ich bin schon in meinen Kontakten, als mir auffällt, dass ich Andrews Nummer nicht habe. Genervt schmeiße ich mein Handy also fluchend auf die Couch, wo es in einem Wurmloch zwischen den Kissen verschwindet.
„Ich hab seine Nummer nicht.”, ich drehe mich wieder zu Liam um. „Ich renne schnell hin, bleib du hier, ich bringe ihn mit.”, bevor Liam antworten kann, bin ich einfach schon losgerannt und mache mich auf den Weg zu meinem Vater.
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„Closer” von „The Chainsmokers ft. Halsey”
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