11. Kapitel
Kaitlyn stolperte vor mir her über den sandigen Boden. Ich hatte ihr die Hände auf dem Rücken mit dem nächstbesten Seil was ich gefunden hatte zusammengebunden, damit sie aufhörte mir mit ihren Fingernägeln durch das Gesicht zu kratzen. Irgendwie erinnerte sie mich an eine bockige Katze, der man ihr Lieblingsspielzeug weggenommen hatte. Chefchen lief in meiner Nähe, er hatte nichts weiter zu dieser Aktion gesagt, dass wir zu Fuß zu unserem Stützpunkt zurück liefen. Aber ich hatte das Gefühl, das hinter dieser Aktion mehr steckte als ich momentan dachte.
Kaitlyn stolperte über ihre eigenen Füße und ich riss sie an einem Arm wieder hoch, damit sie nicht Bekanntschaft mit dem Boden machte. Sie stöhnte vor Schmerz auf, weil ich ihren verletzten Arm erwischt hatte. Eine Entschuldigung rutschte mir über die Lippen, die sie jedoch nur schnaubend erwiderte. Sofort ärgerte ich mich darüber, mich überhaupt bei ihr entschuldigt zu haben, schließlich schien ihr auch absolut nichts davon leid zu tun, was sie den anderen Soldaten und mir angetan hatte.
Den Rest des Weges dirigierte ich sie schweigend vor mir her, sie wurde genauso wie ich immer schwächer. Während der Gefangenschaft hatten sie uns nur das nötigste an Essen gegeben und die Nachwirkungen davon traten langsam ein. Das Adrenalin war aus meinem Körper verschwunden, was mich während des kurzen Kampfes gegen die Rebellen auf den Beinen gehalten hatte. Ich fühlte mich völlig ausgelaugt und hätte auf der Stelle hier auf dem Boden einschlafen können. Dazu kam noch, dass die Sonne hoch oben am Himmel schien und ich anfing zu schwitzen. Je weiter wir gingen, desto schwindeliger wurde mir, aber ich versuchte mir Kaitlyn gegenüber nichts anmerken zu lassen.
Kurz bevor ich dachte, dass mich meine Beine nicht mehr weiter tragen würden, tauchte der Stützpunkt vor mir auf. Es waren nur ein paar Zelte, die wirr auf einem Haufen aufgebaut worden waren, aber für mich glich es einem Paradies. Wir befanden uns noch immer in der Wüste, das Lager der Rebellen war nicht weit entfernt, schließlich waren wir nicht sonderlich weit gelaufen. Allerdings befanden sich in dem Lager keine anderen Rebellen und auch nur eine handvoll Soldaten. Das verwirrte mich, schließlich hatte ich gesehen, wie einige Autos mit Rebellen und Soldaten drinnen losgefahren sind. Sie wollten eigentlich zum Stützpunkt, aber bis jetzt waren sie noch nicht angekommen. Während ich Kaitlyn in ein gesondertes Zelt sperrte, was von Soldaten bewacht wurde, dämmerte mir, dass dies bestimmt nicht der einzige provisorische Stützpunkt von uns Soldaten war.
"Die Duschen befinden sich da hinten", teilte Chefchen mir mit, der plötzlich hinter mir stand. Ich zuckte zusammen, da ich ihn nicht kommen gehört hatte und sah ihn dann verwirrt an.
"Du stinkst fürchterlich. Und rasieren könntest du dich auch mal wieder." Er zupfte leicht lachend an meinem Bart und ich schlug wütend seine Hand weg.
"Sehr lustig", brummte ich, kratzte mich dann aber am Kinn. Rasieren wäre wirklich keine schlechte Idee. Meine Haut hatte schon lange kein Wasser gesehen und sah auch dementsprechend aus. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, lief ich in die Richtung, die er mir gezeigt hatte. Tatsächlich gab es eine Dusche, ich fragte lieber nicht, wie sie das Wasser hierher bekamen...
Ich entkleidete mich und stellte mich unter den Strahl mit eiskaltem Wasser. Da mein Körper jedoch von der Hitze so warm war, tat diese Kälte einfach nur gut. Da ich Durst hatte, trank ich direkt etwas von diesem erfrischenden Wasser. Als ich fertig war, sah ich mich in dem kleinen Zelt um, bis ich einen Stapel Handtücher entdeckte. Ich schnappte mir das oberste und wickelte es mir um die Hüften. Dann trat ich an das Waschbecken und erschrak fürchterlich, als ich mein Spiegelbild sah. Abgesehen von dem Wildwuchs in meinem Gesicht, waren auch meine Haare auf dem Kopf um einiges zu lang, ich sah schrecklich aus und hatte Hochachtung, dass Chefchen mich überhaupt erkannt hatte. Schnell entfernte ich das Gestrüpp in meinem Gesicht und kürzte auch meine Kopfhaare direkt mit. Danach erkannte ich mich wieder und fühlte mich direkt ein bisschen wohler, auch wenn ich fand, dass ich so ganz ohne ein bisschen Bart aussah wie ein kleines Kind. Aber das würde sich in ein bis zwei Tagen wieder von alleine geben.
Irgendwelche Anziehsachen fand ich nicht, weswegen ich das Zelt nur mit dem Handtuch bekleidet wieder verließ. Von Rechts ertönte ein anerkennendes Pfeifen und ich blieb stehen.
"Von den Toten auferstanden", kommentierte Chefchen und lotste mich zu einem Zelt, in dem die Vorräte gelagert wurden. Ich bückte mich, um mir ein T-shirt aus einem Haufen Klamotten zu fischen, als er hinter mir die Luft anhielt. Ich drehte den Kopf in seine Richtung und bemerkte, dass er meinen Rücken musterte. Schnell nahm ich mir das erstbeste weiße T-shirt was ich fand und zog es mir an.
"Sie scheinen gute Arbeit geleistet zu haben."
"Grmpf." Ich wollte darüber nicht reden, die Narben auf meinem Rücken würden nie wieder verschwinden, ich würde sie mein ganzes Leben auf mir herum tragen. Sie würden mich immer an die Schmerzen, die ich während des Auspeitschens hatte und auch an Alan erinnern, dem das gleiche durch meine Sturheit widerfahren war.
"Soll ich dir noch einen Dudelsack holen?", informierte sich Chefchen interessiert, der anscheinend darauf zu warten schien, dass ich endlich fertig wurde und nicht nur dämlich in der Gegend herum stand. Ich blinzelte ihn verwirrt an und er zeigte auf mein Handtuch.
"Die Schotten tragen doch immer ihre Kilts. Und Dudelsack spielen sie auch. Du siehst gerade aus wie einer..."
"Ach halt doch die Klappe!", fauchte ich ihn grinsend an und zog mir eine sandfarbene Hose aus dem Haufen heraus. Ich warf das Handtuch achtlos auf den Boden und schlüpfte in die Hose, die mir knapp über die Knie reichte. Dann zog ich mir noch Schuhe an und Chefchen klatschte in die Hände, da ich endlich fertig war. Ich verdrehte die Augen und folgte ihm durch diesen etwas chaotischen Stützpunkt. Die Zelte waren völlig ohne Sinn und Verstand aufgebaut, es musste wohl schnell gehen.
"Lagebesprechung." Chefchen betrat ein etwas größeres Zelt und ich folgte ihm. Was blieb mir auch anderes übrig?
In dem Zelt waren andere Soldaten versammelt, die meisten hatte ich schon mal gesehen, konnte mich aber spontan nicht an ihre Namen erinnern. Erleichtert ließ ich mich auf den erstbesten Stuhl fallen den ich fand. Seufzend streckte ich meine Beine aus. Als ich wieder hoch sah, waren alle anwesenden Augenpaare auf mich gerichtet. Verwirrt sah ich die anderen an und sah dann schnell an mir herunter, ob ich auch wirklich alles angezogen hatte. Da dies der Fall war, verstand ich nicht, wieso mich alle anstarrten.
"Noch nie gesehen, wie sich jemand auf einen Stuhl setzt?", fragte ich trocken und einige fingen an zu schmunzeln.
"Nicht mit so viel Eleganz, nein", antwortete einer und wir lachten. Es tat gut, ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal gelacht hatte. Seit Monaten fühlte ich mich das erste mal sicher. Ich war nicht an der Front, ich musste nicht kämpfen. Ich war auch nicht mehr gefangen, sondern endlich wieder frei und von Menschen umgeben, die mich kannten und die ich in gewisser Weise auch kannte. Zumindest verband uns unser Job, der wahrscheinlich auch für unseren Zusammenhalt sorgte, der eigentlich immer vorhanden war.
Entspannt lehnte ich mich zurück, während Chefchen sich so hinstellte, dass er von allen anwesenden gesehen werden konnte.
"Also, da es uns nun endlich gelungen ist, in das Lager der Rebellen einzudringen und auch die Soldaten zu befreien, können wir jetzt detaillierter weiter planen. Die anderen Soldaten sind mit ihren Gefangenen auf dem Weg zum Schloss des Königs, wo die Rebellen anschließend verhört werden. Wir haben die Anführerin der Rebellen extra von den anderen getrennt, um sie auch getrennt verhören zu können. Wir werden nicht lange hier bleiben, höchstens ein oder zwei Tage, dann werden auch wir uns auf den Weg zum Schloss machen. Solange wir hier sind, werden wir das Lager der Rebellen weiter beobachten, dann müssen die Verletzungen der hier gefangen gehaltenen Rebellen versorgt werden, tot nützen sie uns nichts mehr. Und dann müssen noch..." Ich schaltete ab, als er weitere Aufgaben verkündete, die bis zu der Abreise noch zu erledigen waren. Im Moment wollte ich nicht an Arbeit denken, sondern mich einfach nur draußen vor dem Zelt auf einen Klappstuhl setzen, ein kaltes Bier trinken und sinnlos in die Wüste starren. Und was Essen wollte ich vorher auch noch.
Ich setzte die nächsten Stunden einen möglichst interessierten Gesichtsausdruck auf, obwohl ich nicht richtig zuhörte. Eigentlich achtete ich nur darauf, nicht viel angesprochen zu werden und wenn ja, eine möglichst neutrale Antwort zu geben, die hoffentlich noch etwas mit dem Thema zu tun hatte, welches ich als letztes aufgeschnappt hatte.
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