8. Festessen und Neuanfänge
Als es bereits dunkel vor den Fenstern wurde, verließ Fidea den Ravenclawturm und lief in Richtung der großen Halle. Die Gänge der Schule waren geradezu rappel-voll mit lärmenden Schülern, die sich aufgeregt mit ihren wiedergefundenen Freunden über ihre vergangenen Sommerferien unterhielten.
Das goldgelockte Mädchen ließ sich einfach von der lautstark schwatzenden Menge in die, wie immer beeindruckende Halle mitziehen. Die magische Decke offenbarte den Blick auf einen glasklaren mit silbernen Sternen besprenkelten Nachthimmel und die im Raum herumschwebenden Kerzen, tauchten die mächtige Halle in ein warmes, behaglichen Licht. Zielsicher begab sich die Ravenclaw zu dem, in blauen und bronzenen Farben geschmückten Tisch ihres Hauses, an welchem bereits vereinzelt kleinere Schülergruppen Platz genommen hatten.
Das Mädchen setzte sich nach kurzem Überlegen ungefähr in die Mitte der Tafel, von wo aus sie den nebenstehenden grün-silbernen Slytherintisch gut beobachten konnte. Fidea ließ ihren Blick unauffällig über die Köpfe der Schüler hinweg wandern, doch den dunkelhaarigen Jungen, den sie unter ihnen auszumachen suchte, konnte sie auf Anhieb nicht erkennen. Nach und nach füllten sich die Tische mit munter schwatzenden Schülern und auch der Lehrertisch am anderen Ende des großen Raums, schien Mittler Weile fast vollständig besetzt zu sein. Wie merkwürdig es war, zwar in Hogwarts zu sein, allerdings kein einziges dieser vielen Gesichter wirklich zu kennen.
Im nächsten Moment aber, lenkte sie schon ein schwarzhaariges Mädchen ab, welches die Ravenclaw im Vorbeigehen aus Versehen angerempelt hatte und dabei selbst fast gestolpert wäre, wenn sie nicht das hellhaarige Mädchen dahinter aufgefangen hätte.
"Esperanza, du bist manchmal so ein Tollpatsch!"
Die Angesprochene kommentierte den Vorwurf ihrer Freundin nur mit einem Augenrollen.
"Wer musste denn unbedingt so viel Zeit mit den Thestralen verplempern, dass wir mal wieder fast zu spät zum Fest gekommen wären!".
Das schwarzhaarige Mädchen sah ihre Freundin aus großen dunkel-braunen Augen vorwurfsvoll an, die mit gesenktem Kopf kleinlaut beigab. Nachdem sich die mit Esperanza angesprochene Ravenclaw von ihrer Freundin abgewandt hatte, blickte sie Fidea entschuldigend an.
"Tut mir schrecklich leid, dass ich dich angerempelt habe, es war wirklich keine Absicht". Ihre Augen huschten über die leeren Plätze neben dem Mädchen.
"Hättest du eventuell etwas dagegen, wenn wir uns trotz des kleinen Missgeschicks von Geradeeben neben dich setzten würden?"
Fidea lächelte das Mädchen freundlich an. "Aber nein, setzt euch. Sowas kann doch jedem einmal passieren. Mach dir keine Gedanken". Die schwarzhaarige Ravenclaw nickte dankbar und setzte sich gefolgt von ihrer Freundin neben Fidea.
Kaum hatten die beiden Platz genommen, da öffneten sich auch schon die imposanten Flügeltüren zur großen Halle und die Erstklässler traten angeführt von einer großen, grauhaarigen Frau den Raum. Unzählige Augenpaare folgten den teilweise verängstigt aussehenden Jungen und Mädchen, die vor dem aufgebauten sprechenden Hut schließlich stehen blieben.
Die große Frau, las nacheinander die sich auf ihrer Schriftrolle befindlichen Namen vor, so dass sich die Reihen der Erstklässler allmählich lichteten. Nachdem die Neuzugänge der Zaubererschule, alle einem Haus zugeteilt worden waren, erhob sich Professor Dippet in seinen prächtigen violetten Roben und begrüßte mit heißerer Stimme die Schüler zu einem neuen Jahr auf Hogwarts. Als er sich wieder setzte, erschienen sogleich die Speisen auf den Haustischen und das Gerede der jungen Hexen und Zauberer ging wieder munter weiter.
"Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt" meinte das schwarzhaarige Mädchen an Fidea gewandt.
"Ich heiße Esperanza Solas und meine etwas verträumte Freundin hier neben mir heißt Leokardia Lovegood". Esperanza zeigte auf das hellhaarige Mädchen zu ihrer Seite, welche sie aus irgendwelchen Gedanken gerissen mit verschleierten, sturmgrauen Augen fragend ansah.
Dies waren also zwei der Mädchen, die mit ihr einen Schlafsaal teilen würden.
"Freut mich, ich heiße Fidea Fountain" stellte sich die Ravenclaw schließlich den beiden anderen Mädchen mit einem Lächeln vor.
"In welchem Jahrgang bist du eigentlich, ich habe dich bisher noch nicht hier gesehen?" Esperanza musterte das Mädchen recht interessiert.
"Ehm, in der 6 Jahrgangsstufe. Ich war bisher auf Beauxbatons und absolviere meine letzten beiden Schuljahre jetzt auf Hogwarts."
"Auf Beauxbatons wirklich?" Esperanza sah Fidea strahlend an.
"Wir beide sind auch in der 6 Jahrgangsstufe, du wirst also unsere neue Klassenkameradin!" Das schwarzhaarige Mädchen quietschte vergnügt und umarmte Fidea dann stürmisch vor Freude.
"Du bist aber nicht so speziell wie unsere überkluge Vertrauensschülerin da drüben?" Esperanza besah sie etwas kritisch und nickte dann zu dem Mädchen hinüber, welches bei der Häuserauswahl am lautesten für die neuen Ravenclawschüler geklatscht hatte. "Ich denke mal nicht..." entgegnete Fidea etwas unsicher, woraufhin die beiden Mädchen lachten.
"Keine Sorge wir ziehen dich nur etwas auf". Esperanzas Blick wurde jedoch wieder etwas ernster. "Nein aber ehrlich, im Umgang mit unserer Jane-Mary solltest du etwas vorsichtig sein". Fidea nickte und besah sich das betreffende Mädchen genauer. Ihr bronzefarbenes Haar hatte die Vertrauensschülerin zu einem strengen Knoten nach hinten gebunden und unterhielt sich gerade wichtigtuerisch mit zwei Jungen die ihr gegenüber saßen. Von den Gesichtsausdrücken der beiden zu schließen, waren diese wohl gerade alles andere als begeistert mit ihrer Platzwahl.
Nun kannte sie also alle Mädchen aus Ravenclaw, die mit ihr in einem Jahrgang waren. Nach erneuten Ansprachen des Schulleiters bezüglich der üblichen Verbote und Belehrungen, die sich auch in 50 Jahren nicht großartig verändert hatten, entließ man die Schülerschaft schließlich.
Esperanza hatte sich sogleich freudig bei Fidea eingehackt und Leokardia hatte sich ihnen grüblerisch angeschlossen. Da jedoch alle Schüler auf einmal die große Halle verlassen wollten, staute es sich am Ausgang, was Esperanza entnervt aufseufzen ließ.
"Jedes Jahr ist es dasselbe, man sollte langsam meinen, dass die Leute etwas daraus lernen würden, aber nein! Lasst uns doch gleich hier bis morgen früh verweilen!".
Leokardia kicherte über das Kommentar ihrer Freundin. Fidea kam nicht umhin innerlich zu schmunzeln. Die beiden Mädchen schienen so unglaublich verschieden zu sein und doch waren sie beste Freundinnen. Esperanza war deutlich die lautere und lebendigere von beiden und Leokardia erschien ruhiger und bedächtiger zu sein. Aber offensichtlich ergänzten sie sich genau durch diese Verschiedenheit geradezu perfekt als Freundinnen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen die drei endlich an dem großen Portal an, wo Fidea zum zweiten Mal an diesem Tag aufs Übelste angerempelt wurde.
"Pass doch gefälligst auf!" meinte das schlanke Mädchen etwas gereizt und drehte sich in Richtung des Übeltäters um, auf welchen sie allerdings nur noch einen kurzen Blick erhaschen konnte, ehe er in der Menge verschwunden war. Doch dieser kurze Blick allein, hatte genügt um Fidea das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.
Sie war gerade mit keinem Geringeren als Tom Riddle höchstpersönlich zusammengestoßen und er hatte sie nicht einmal eines kurzen Blickes gewürdigt, als wäre er nicht gegen einen Menschen sondern lediglich gegen Luft geprallt.
So ein unverschämter...
Aber was sollte sie auch anderes von jemandem wie ihm erwarten? Mit einem Kopfschütteln folgte sie den beiden anderen Ravenclaws in ihren neuen Schlafsaal.
♦♦♦
Die drei Mädchen hatten sich bereits bettfertig gemacht, als die vierte Ravenclaw ihres Jahrgangs das Zimmer betrat. Mit federnden Schritten und erhobenem Kopf trat das Mädchen mit den bronzefarbenen Haaren auf Fidea zu.
Kritisch musterten sie eisblaue Augen von Kopf bis Fuß. "Du bist also die Neue?" fragte das Mädchen und achtete darauf, dass der neuen Ravenclaw bloß nicht das glänzende Vertrauensschülerabzeichen an ihrem Umhang entging. "Ehm ja" meinte Fidea etwas zögerlich. Die Vertrauensschülerin setzte einen gekünstelt freundlichen Gesichtsausdruck auf, der jedem Spitzenpolitiker alle Ehre gemacht hätte und reichte dem goldblonden Mädchen die Hand.
"Ich bin Jane-Mary Greystone. Und du wurdest bisher von deinen Eltern zu Hause unterrichtet?"
Die angesprochene Ravenclaw schüttelte den Kopf.
"Nein ich war auf Beauxbatons und bin nun zu meiner Tante nach England gezogen". Jane-Mary hob eine Augenbraue. "In Beauxbatons also. Du wirst wohl sehr bald feststellen, dass die Dinge in Hogwarts etwas anders funktionieren als in Frankreich. Sicherlich weißt du bereits, dass Hogwarts als die beste Zaubererschule in Europa gilt, du musst dich also etwas bemühen, wenn du unserem Standard und den Ansprüchen unseres Hauses genügen möchtest".
Fidea meinte sich gerade verhört zu haben. Wie konnte eine Person, die doch noch absolut nichts über sie wusste, dermaßen arrogant und unfreundlich sein. Die Ravenclaw ließ sich jedoch nichts von ihrer Abscheu dem Mädchen gegenüber anmerken und antwortete mit einem ebenso falschen Lächeln wie jenes, der Vertrauensschülerin zuvor.
"Danke für deine Sorge um mich, aber ich denke, dass ich dem Ganzen sehr wohl gewachsen sein werde".
Jane-Mary hob die Schultern "Ich wollte es nur einmal gesagt haben". Und mit diesen Worten verließ sie dann auch schon wieder den Schlafsaal, um sich in dem Vertrauensschülerbadesalon ein ausgiebiges Schaumbad zu gönnen. Fidea sah etwas entgeistert ob dieses ganzen Verhaltens zu den beiden anderen Ravenclaws hinüber, die sie entschuldigend anblickten.
"Mach dir nichts daraus, sie war schon immer äußerst speziell" meinte Esperanza. Leokardia nickte "Behelligst du sie nicht, dann lässt dich Jane-Mary in der Regel auch in Ruhe. Überhör am besten einfach ihre unschönen Kommentare. Ich schalte bei ihr auch immer auf Durchzug".
Fidea schüttelte den Kopf. Es würde wohl noch ziemlich lustig werden mit dieser Jane-Mary und sie hatte gedacht, Percy Weasley's Fanatismus könnte von Niemanden auch nur ansatzweise übertroffen werden. Wie sehr sie sich doch in diesem Punkt geirrt hatte.
So hier geht es gleich mal weiter. Viel Spaß beim Lesen :)
Erklärungen am Rande:
Leokardia = bedeutet so viel wie die Helle, die Weiße. Dieser Name soll einmal mit dem hellen Erscheinungsbild des Mädchens in Verbindung stehen. Der Name bedeutet allerdings auch Löwenherz. Demnach ist Leokardia zwar ein kleines zartes Mädchen, mit einem mutigen und löwengleichem Herzen.
Esperanza = Bei diesem Namen spielte weniger die eigentliche Bedeutung eine Rolle, als die Änlichkeit zu der Weltsprache Esperanto. Esperanza ist von freigeistiger Natur, weshalb sie auch stark an das Konzept von Toleranz glaubt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro