Kapitel 9 - Auf unbekannten Wegen | 3
Diascur Umbrala schien ihr ihre Verwirrung anzusehen, denn er setzte erneut zum Sprechen an. »Die Herrschaft von Avaron Schwarzwasser birgt auch eine Gefahr für die Schattenlande. Was geschieht, wenn er seine Augen auf uns richtet? Wir wissen, was seine Regentschaft für die magischen Wesen in Espenjona bedeutet. Und wir wissen, was er von uns hält. Im Gegensatz zu Espenjona leben in den Schattenlanden kaum Menschen und es ist kein Geheimnis, dass Avaron die magischen Wesen verabscheut. Unser Land lebt vom Handel. Wir sind Espenjona zahlenmäßig unterlegen. Sollte Avaron sich dazu entscheiden, gegen uns zu marschieren, haben wir ihm nicht viel entgegenzusetzen.«
»Also wollt Ihr Avaron vom Thron stürzen. – Um was zu tun? Selbst den Thron zu besteigen und Espenjona an Euch zu reißen?« Ardenwyns Worte waren hart und ihre Miene düster. Schattenfürst schön und gut, hier hatte er nichts verloren. Zumindest nicht auf dem Thron, der einst Arylon gehört hatte.
Statt von ihren Worten schien Diascur von ihrer förmlichen Anrede überrascht. Doch diese Überraschung äußerte er bloß in einer kaum merklich erhobenen Augenbraue. Ardenwyn entging das trotzdem nicht.
Sie mochte zwar den größten Teil ihres Lebens im Labyrinth verbracht haben, aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie alle ihre Manieren verloren hatte. Sie wusste noch sehr genau, wie man mit anderen Adeligen zu sprechen hatte. Auch, wenn sie sich ihm nicht offenbaren würde. Sie war doch nicht lebensmüde. Diascur mochte Avaron stürzen wollen, aber er tat das nicht für ihr Land und seine Bewohner. Wen hatte er vor, auf den Thron zu setzen, wenn es ihm tatsächlich gelingen würde? Etwa Zirkon, Wisteria oder jemand anderes, der ihm folgte und für ihn arbeitete? Das wäre nichts anderes, als wenn der Umbrala Erbe selbst auf Espenjonas Thron sitzen würde.
Lodernde Wut flackerte in ihrem Inneren auf. Espenjona würde nicht unter die Kontrolle der Schattenlande fallen! Dafür würde sie höchst persönlich Sorge tragen.
»Sag mir« Diascur machte einen bedächtigen Schritt auf sie zu, woraufhin sie sich anspannte. »Was würdest du dagegen unternehmen? Meinen Informationen zufolge bist du ein Mensch, Arda Elster. Trotz deiner goldenen Augen.«
Sie hasste sich für ihre folgenden Worte: »Avaron ist auch nur ein Mensch.«
Ihr gefiel nicht, dass der Schattenprinz ihr die Wut und Abscheu ansehen konnte, die sie so sehr zu unterdrücken versuchte. Doch er schenkte ihr ein versöhnliches Lächeln.
»Keine Sorge. Ich habe nicht vor, Espenjonas Thron zu besteigen. Zuhause habe ich einen eigenen.« Er sagte das ohne jede Arroganz. »Ich werde lediglich dafür sorgen, dass Avaron nicht länger herrscht. Er ist eine zu große Bedrohung und ich möchte um jeden Preis verhindern, dass meinem Volk das gleiche geschieht, wie dem von Espenjona. Wenn es so weit ist, werde ich den Kampf um den Thron Espenjonas Bewohnern überlassen.«
Trotz seiner Versicherung, ihr Land nicht erobern zu wollen, nagten seine Worte dennoch an der Diebin. Denn sie würden Chaos bedeuten. Einen weiteren, blutigen Krieg um den Thron, denn der legitime Thronfolger war im vergangenen Krieg gestorben. Es gab niemanden, der ihn erben würde. Somit konnte jede noch so erbärmliche Gestalt Espenjonas nach der Herrschaft gieren.
Ardenwyn schluckte. War sie wirklich bereit, so weit zu gehen? Einen Tyrannen gegen den nächsten einzutauschen? Einen weiteren blutigen Krieg zu riskieren, der ihr Volk womöglich für immer spaltete? Ihr gefiel diese Aussicht nicht. Aber Avaron wollte sie auch auf keinen Fall auf dem Thron behalten.
Plötzlich reichte Diascur ihr die Hand. Irritiert starrte sie sie an. »Ich würde es sehr schätzen, wenn du dich unserer Sache anschließt.«
So groß ihr Hass auf den falschen König auch war. So sehr sie ihn stürzen sehen wollte. Sie konnte nicht riskieren, seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und dieses Vorhaben des Prinzen würde definitiv seine Aufmerksamkeit erregen. Vielleicht noch nicht jetzt, aber in absehbarer Zeit. War es das Risiko wert? Außerdem: Konnte sie diesen Leuten vertrauen?
Skeptisch musterte sie erst Zirkon und Wisteria, dann Prinz Diascur. Sie wusste zu wenig über die drei. Der Steinteufel und die Giftmischerin gehörten zu Espenjona. Ihre Absichten konnten wirklich das sein, was sie behaupteten. Doch Diascur war ein Adeliger. Und Adelige liebten Intrigen. Seinem Wort konnte sie nicht trauen. Bitter presste sie ihre Lippen fest aufeinander. Drei Leute, das dreifache Risiko, hintergangen zu werden. Noch dazu waren es drei Fremde. Und sie wusste nicht, wie viele Leute sich noch hinter Diascur und sein Vorhaben stellten. Noch mehr Unsicherheit.
»Tut mir leid, aber ich muss ablehnen«, sagte Ardenwyn und der Prinz zog seine Hand zurück. Sein Lächeln wurde träge und er seufzte tief. Wie wortlos abgesprochen positionierten sich Wisteria und Zirkon jeweils zu seiner rechten und linken. Wie seine persönliche Leibgarde. Bei diesem Anblick verfinsterte sich das Gesicht der Feuertänzerin.
»Ich muss auch um Verzeihung bitten. Ich wollte dir lediglich die Möglichkeit geben, dich uns von dir aus anzuschließen. Denn ich fürchte, ich kann dich nicht gehen lassen, wenn sich wirklich der Gegenstand in deinem Besitz befindet, den Avaron Schwarzwasser so sehr begehrt.« Anhand seiner Worte leitete Ardenwyn ab, dass er keine Ahnung davon hatte, was genau dem falschen König gestohlen worden war. Und sie hatte auch nicht vor, ihn aufzuklären. Sie musste nur eines: schleunigst fort. Ganz sicher würde sie sich ihnen nicht anschließend. Egal, ob freiwillig oder nicht. sie würde sich ganz einfach nicht fangen lassen. In den letzten Tagen hatte sie leider genügend Übung im Fliehen gehabt.
Ohne darauf zu warten, dass der Prinz oder seine beiden Leibwächter den ersten Schritt taten, wirbelte die junge Feuertänzerin herum und rannte. Hinter sich vernahm sie ein kurzes Seufzen. Doch sie blickte nicht zurück. Der Wind peitschte ihr ins Gesicht, genauso wie Zweige und Blätter wie Peitschenhiebe auf ihr Gesicht trafen. Aber sie verzog kein einziges Mal das Gesicht. Ignorierte den Schmerz.
Ohne innezuhalten preschte die Diebin durch das Unterholz, sprang über am Boden liegende Äste und entwurzelte Bäume. Hinter sich hörte sie, dass die anderen die Verfolgung bereits aufgenommen hatten. Doch Ardenwyn war schneller. Und flinker. Wendig wie ein Wiesel schoss sie zwischen den Bäumen hindurch, ohne Mühe wich sie allen Hindernissen aus, während sie Zirkon lauthals fluchen hörte.
Schnell fand sie ihren Rhythmus, ihre Füße trommelten in gleichmäßigen Abständen auf den Boden, ihr Atem ging regelmäßig. Gut so, sonst hätte sie nämlich vermutlich mit Seitenstechen zu kämpfen. Der Wald zog an ihr vorbei, sie nahm ihn kaum mehr wahr. Allein seine Farben – Grün- und Brauntöne in den verschiedensten Variationen – nahm sie unterbewusst zur Kenntnis. Der Abstand zu ihren Verfolgern vergrößerte sich mit jedem Meter, den sie hinter sich brachte.
Bis urplötzlich eine Felswand vor ihr aus dem Boden schoss und rasend schnell in die Höhe wuchs. Vor Entsetzen weiteten sich Ardenwyns Augen, doch sie konnte nicht mehr ausweichen, geschweige denn bremsen. Mit all ihrem Schwung krachte sie gegen die Wand aus Stein, für die bloß der Steinteufel verantwortlich sein konnte. Schmerz explodierte in ihrem Kopf, sie spürte das warme Nass an ihrer Stirn.
Mit einem entkräfteten Stöhnen sank sie zu Boden. Ihre Welt drehte sich unaufhörlich und der Schmerz in ihrem Kopf pochte unerträglich. Ihre Glieder zitterten, ihre Sicht verschwamm. Verzweifelt kämpfte die Feuertänzerin gegen die Dunkelheit an, die ihre langen Finger nach ihr ausstreckte. Nein, das konnte sie nicht zulassen! Ihre Finger krallten sich in die trockene Erde. Sie musste bei Bewusstsein bleiben!
Träge blinzelnd versuchte sie, ihre Sicht zu klären, versuchte ihre Hand zu heben und sich an der Felswand wieder auf die Beine zu ziehen. Vergeblich. Die Welt versank in einem Strudel aus schwarz, egal wie sehr sie sich dagegen wehrte. Dagegen war sie machtlos. Doch sie dachte gar nicht daran, diese Machtlosigkeit zu akzeptieren.
Die Diebin bekam nicht mehr mit, wie der Prinz und seine beiden Begleiter sie einholten und einige Meter von ihr entfernt stehen blieben und ihren Kampf stumm beobachteten.
Schmerzhaft gruben sich ihre Fingernägel in den Stein, der ihre Handfläche aufschürfte. Aber auch das registrierte sie gar nicht mehr. Ihr Kopf schlug Salti, als sie sich mit unkontrolliert zitternden Beinen aufrichtete. Der Schmerz machte sie nahezu blind. Sie durfte sich nicht gefangen nehmen lassen! Das durfte sie nicht! Wieder und wieder ertönten die lange verstummten Stimmen ihrer Eltern in ihrem Kopf, dass sie ins Labyrinth fliehen musste. Nur dort war sie sicher. Sie war die letzte Feuertänzerin. Sie musste am Leben bleiben.
Es war ein gewaltiger Kraftakt, sich auf ihren Beinen zu halten, die immerzu unter ihr nachzugeben drohten. In ihren Ohren klingelte es. Dann brach sie endgültig zusammen. Als sich ihre Augen schlossen, konnte sie rein gar nichts dagegen unternehmen.
»Die Wunde an ihrem Kopf ist harmloser, als ich zunächst dachte«, ertönte eine bekannte Stimme, die doch irgendwie seltsam verzerrt klang.
»Trotzdem wird sie eine ganze Weile mächtige Kopfschmerzen haben.« Eine andere bekannte Stimme, gefolgt von einem entrüsten Schnauben.
»Und wessen Schuld ist das?« Anschuldigend.
»Mir blieb keine andere Wahl! Hätte ich es nicht getan, wäre sie uns entwischt!« Langsam klärten sich die Stimmen und das Klingeln in ihren Ohren nahm ab. Ihr Kopf schmerzte, doch es war auszuhalten. Obwohl sie am liebsten das Gesicht vor Schmerz verzogen hätte, ließ sie es sein. Niemand durfte wissen, dass sie wieder zu Bewusstsein kam. Das war vielleicht ihre einzige Möglichkeit. Die musste sie nutzen. Vorsichtig öffnete sie ihr rechtes Auge einen Spalt breit. Licht. Es war also noch Tag. So viel Zeit konnte nicht vergangen sein. Nicht, wenn Wisteria eben erst ihre Wunde begutachtet hatte.
Langsam kehrte das Gefühl in ihren Körper zurück. Ardenwyn befand sich auf dem Boden. Aber sie konnte keine Fesseln ausmachen. Fehler.
Den Stimmen nach befand sich nur Wisteria in ihrer unmittelbaren Nähe. Doch Zirkon stellte auch aus der Ferne ein Problem dar und die Diebin kannte die Reichweite seiner Magie nicht. Sie kannte nur die Reichweite eines einzelnen Steinteufels und diese war beträchtlich gewesen. Sie hoffte, dass Honra dabei eine Ausnahme war, sonst würde Zirkon sie noch zum Stehenbleiben zwingen können, wenn sie bereits glaubte, ihnen entkommen zu sein. Allerdings hatte sein spätes Einsetzen der Steinmagie ihr gezeigt, dass er sie nur gegen sie einsetzen wollte, wenn sie drauf und dran war, ihnen zu davonzukommen. Außerdem hatte er noch immer ihr Steinmesser. Aber das würde ihr in Anwesenheit des Steinteufels gar nichts bringen, da dieser es mit Leichtigkeit unter seine Kontrolle bekommen konnte.
Dann bleib da noch der Schattenfürst. Von denen gab es nur äußerst wenige und bisher hatte sie keinen persönlich getroffen. Und Diascur hatte seine Magie in ihrer Gegenwart noch kein einziges Mal angewendet. Somit wusste sie nicht, zu was er allem in der Lage war. Er stellte ein weiteres Risiko dar.
Von Wisteria dagegen schätzte Ardenwyn die Gefahr als gering ein. Die Giftmischerin wirkte zurückhaltend. Außerdem benötigte sie für das Wirken ihrer Giftmagie Körperkontakt, wenn sie ihr Gift nicht auf einen anderen Gegenstand übertrug und nach ihr warf, zumal er dann immer noch ihre bloße Haut berühren musste.
»Hast du schon nachgesehen, was sie alles bei sich trägt?« Das war Diascur. Ardenwyn zwang sich, ihren Körper entspannt zu halten. Alles andere würde sie verraten.
»Nein, noch nicht«, antwortete Wisteria . »Aber das wollte ich jetzt machen, da ihre Kopfwunde nicht weiter schlimm ist.«
»Bitte sei vorsichtig. Wir wissen nicht, um was es sich bei dem Gegenstand des Königs handelt. Aber ich kann mir vorstellen, dass es etwas gefährliches ist«, bat der Schattenfürst.
»Ich bin vorsichtig«, versprach die Giftmischerin leise.
Oh, nein! Die Perlen würde Ardenwyn ihnen ganz sicher nicht überlassen! Nicht einmal über ihre Leiche! Lieber würde sie die Perlen von Kahn verbrennen, als dass irgendjemand anderes als sie solch mächtige Objekte in die Finger bekam! Was solch gefährliche Objekte anging, vertraute sie niemandem.
Abrupt schoss sie hoch, woraufhin Wisteria erschrocken aufschrie. Doch die Diebin ließ sich nicht die Zeit, um auf sie zu achten. Sie vernahm Zirkons Fluchen. Obwohl ihr Kopf gequält protestierte, ihre Beine noch immer leicht zittrig waren und die Welt sich aufgrund ihrer ruckartigen Bewegung wieder heftig drehte, ergriff sie erneut die Flucht.
»Ich finde es äußerst erstaunlich, wie unbeugsam sie ist«, ließ Prinz Diascur verlauten. Sie spuckte auf sein Kompliment.
Der Wald vor ihr drehte sich und kippte ständig. Ähnlich sah auch ihre Flucht aus. Immer wieder kam die Diebin aus dem Gleichgewicht, prallte beinahe mit Bäumen zusammen und fiel fast in die Büsche, die ihren Weg kreuzten. Sie kam erschreckend langsam voran. Doch immerhin kam sie voran. Sie musste die Perlen von Kahn unbedingt außerhalb der Reichweite von jedem Lebewesen bringen, das in die Versuchung kommen könnte, sie zu benutzen.
»Folgt ihr.« Ein einfacher Befehl.
Doch Ardenwyn konnte kaum auf ihre Verfolger achten. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, sich auf den Beinen zu halten und sich von Büschen und Bäumen fernzuhalten. So war es kein Wunder, als sich plötzlich eine Hand auf ihre Schulter legte. Knurrend wollte sie sie fortschlagen, doch geriet sogleich ins Taumeln.
»Sachte, sachte«, sagte Zirkon und verhinderte mit seinem Griff, dass sie zu Boden ging. »Wir wollen dir doch nichts tun. Lauf nicht weg.«
Ardenwyn sah ihn grimmig an. »Oh, ja. Ihr wollt mir nichts tun. Also war es auch keiner von euch, der mich gegen eine Steinwand rennen ließ.« Ihre Stimme war bissig.
Zirkon seufzte. »Es tut mir leid. Wirklich. Aber ich wusste nicht, wie ich dich sonst aufhalten soll.«
Das war ihr egal. Leise kam der Wunsch in ihr auf, sich Arroh anvertraut zu haben. Mit ihm an ihrer Seite wäre sie bestimmt nicht in solch einen Schlamassel geraten, wobei neben seinen Fertigkeiten als Assassine auch seine Illusionsfähigkeit von Vorteil war. Schnell schob sie diesen Gedanken beiseite. Sie brauchte niemanden.
»Ihr sollt mich gar nicht aufhalten.« Ardenwyns Stimme war bissig. In ihrem Kopf ratterte es unaufhörlich. Verzweifelt suchte sie nach einem Ausweg und weigerte sich, zuzugeben, dass sie keinen sah. Wäre sie noch fit, könnte ihr die Flucht gelingen. Schließlich hatte sie nun eine gewisse Ahnung von dem Steinteufel und wie er seine Kräfte einsetzte. Auch, wenn der Schattenfürst sie über seine Fähigkeiten und Bestrebungen im Dunkeln hielt. Aber in ihrem jetzigen Zustand – sie konnte noch nicht einmal geradeaus laufen! - erschien es ihr unmöglich.
Also brauchte sie einen anderen Plan. Nur was für einen? Sollte sie sich fürs Erste hierauf einlassen und vorspielen, sich den dreien anschließen zu wollen, sodass sie später im Schutze der Nacht davonschleichen konnte?
»Glaub mir«, meinte Zirkon und sie sah den Hauch eines Grinsens auf seinen Lippen. »Mir wäre es auch lieber, wenn wir dich einfach ziehen lassen würden. Aber da du dein Diebesgut nicht aufgeben wirst und wir auch nicht zulassen können, dass du es mit dir nimmst, ziehen wir beide den Kürzeren.«
»Bitte«, kam es nun leise von Wisteria. »Überlass uns einfach das, was du dem König gestohlen hast. Ich schwöre dir, bei allem was mir lieb ist -«
Zirkon versuchte sein Lachen in einem Hüsteln zu verstecken. Zumindest hatte er den Anstand, beschämt auszusehen. »'tschuldigung.«
Die Giftmischerin warf ihm einen Blick zu, der von Zorn und Schmerz geteilt war. Doch schnell hatte sie sich wieder unter Kontrolle und wandte sich wieder Ardenwyn zu. »Ich schwöre dir, dass ich nicht zulassen werde, dass es in die falschen Hände fällt. Mit meinen Leben werde ich darauf achten.«
Schöne Worte. Leere Worte. Was bedeuteten diese Worte für Ardenwyn? Es konnte bedeutungsloses Gerede sein, oder aber die Wahrheit. Nur konnte sie das nicht einschätzen. Vielleicht bedeutete Wisterias Schwur gar nichts. Oder alles. Aber um das einschätzen zu können, musste sie die Giftmischerin kennen. Und das tat sie nicht. Hatte auch nicht vor, etwas daran zu ändern.
»Ganz gleich, wie du dich entscheidest, Arda Elster«, erhob nun auch der Prinz der Schattenlande das Wort. »Wir sind nicht deine Feinde. Du kannst bleiben und wir schließen uns zusammen. Wir haben das gleiche Ziel. Oder aber du machst es dir selbst schwer und versuchst zu fliehen.«
»Versuchen?«, schnaubte Ardenwyn gehässig.
»Du scheinst ziemlich von dir überzeugt zu sein, dafür, dass du kaum ruhig stehen kannst«, merkte der Steinteufel wie beiläufig an. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sein leises Lächeln zu verbergen. Allein dafür hätte sie ihn nur zu gerne erwürgt. Nur leider hatte er recht. In ihrem Kopf drehte sich noch immer alles und das Gleichgewicht zu halten, war nicht so leicht, wie es normalerweise sein sollte.
Diascur ignorierte Zirkons Seitenhieb und fuhr fort, als hätte der Steinteufel kein Wort gesagt: »Du entkommst uns nicht. Ich habe in deinem Schatten gestanden, Arda Elster. Ich finde dich. Gleich, wohin dein Weg dich führt.« Seine silbernen Augen fanden ihre und ihre Blicke verhakten sich. Mit einem Mal spürte Ardenwyn die Macht, die von ihm ausging und unterdrücke ein Schaudern. Auf das hübsche, makellose Gesicht des Schattenfürsten legte sich ein wissendes Lächeln und die Diebin glaubte, einer lauernden Schlange gegenüberzustehen. »Ich bin effizienter als jeder Jagdhund.«
Stur weigerte sie sich, die Augen vor ihm zu senken. So sehr auch alles in ihr darauf pochte, den Blickkontakt endlich zu brechen. Nein, nicht sie würde es sein, die zuerst wegsah. Diascur Umbralas Lächeln wurde nur eine Spur breiter, als ahnte er bereits, was in ihr vorging. Und dafür hasste sie ihn.
»Wenn es uns zu langweilig wird dich zu jagen, sperren wir dich einfach im Stein ein«, unterbrach Zirkon diesen spannungsgeladenen Moment, in dem weder Schattenfürst noch Feuertänzerin gewillt waren, zuerst nachzugeben.
Bitter presste Ardenwyn fest ihre Zähne aufeinander. Es gab kein Entkommen. Nicht heute. Und die anderen wussten das. Nun blieb nur noch die Frage, was der Prinz damit gemeint hatte, dass er »in ihrem Schatten gestanden« hatte. Leider kannte sie sich überhaupt nicht mit den Fähigkeiten eines Schattenfürsten aus und nun verfluchte sie sich dafür, nicht vorher bereits nachgeforscht zu haben. Aber wie hätte sie auch ahnen können, dass sie einem von ihnen eines Tages gegenüberstehen würde?
»Nun sag es schon!«, drängte der Steinteufel sie triumphierend. Sie wusste genau, was er von ihr verlangte. Er wollte den angenehmen Weg gehen. Sie sollte ihm die Perlen geben und verschwinden. Ein kleiner Teil in ihr war auch gewillt, nachzugeben und die Last der magischen Perlen abzulegen und jemand anderem aufzubürden. Ardenwyn wollte einfach nur ihr mickriges Leben weiterführen und nichts mit all dem zu tun haben. Nur war sie bereits mitten drin. Und immer wieder musste sie daran denken, was geschehen könnte, wenn sie die Kontrolle über Kahns Perlen aufgab.
»Ihr wollt mein Diebesgut?« Ihre Stimme enthielt keinerlei Wärme. »Dann müsst ihr euch wohl oder übel mit meiner Gesellschaft zufrieden geben.«
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