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Kapitel 6 - Des Fehlers Konsequenz | 2

Es war ein Albtraum. Verängstigt irrte das sechsjährige Mädchen durch die schmalen verdreckten Gänge des Viertels. Panisch huschten ihre Augen über alles, war ihr ins Blickfeld geriet. Bei jedem noch so kleinem Geräusch zuckte sie erschrocken zusammen und erwartete das Schlimmste. Was auch immer ihre Familie sich gedacht hatte, im Labyrinth war es nicht sicher. Überall lauerten ausgemergelte und schmutzige Gestalten in Lumpen und warteten nur darauf, dass sie ihnen zu nahe kam.

Das Feuer half ihr auch nicht. Nur ein einziges Mal hatte sie es herbeirufen können. Und auch dann hatte es nichts verändert. Und nun? Nun war sie zu schwach.

Immerzu war es dunkel. Der dichte Rauch über der Stadt hatte sich nach all den Tagen immer noch nicht aufgelöst. Wohin sie auch blickte: Die Spuren der Kämpfe um Mortas Potera waren überall. Selbst hier, in diesem Loch, das sich das Labyrinth-Viertel nannte. Sie hatte Gestalten gesehen, die reglos an den Mauern lehnten, fehlende Körperteile und Blut. Unmengen von Blut. Ratten und Raben, die angefangen hatten, an den reglosen und zerstörten Körpern zu knabbern und zu picken. Immerzu Haut- und Fleischfetzen herausrissen. Sie hatte sich so oft übergeben, dass nichts mehr übrig war. Nun konnte sie nur noch würgen. Selbst, wenn sie endlich etwas zu essen finden würde, würde sie es doch nicht bei sich behalten können. Ihr Magen knurrte. Er schmerzte. Fühlte sich in ihrem Bauch an wie ein klaffendes Loch.

Doch allein der Gedanke an etwas zu essen, zwischen all den Verletzten, den Verstümmelten und den Leichen, verursachte ihr Übelkeit. Sie würde verhungern. Elendig verhungern. Noch nie zuvor hatte sie Hunger verspürt. Nicht in einem solchen Ausmaß.

Es stank bestialisch. Nach Körperausscheidungen und ekelhaft süßlich. Anfangs hatte der Gestank ihr die Sinne vernebelt. Doch nun hatte sie sich an ihn gewöhnt. Roch ihn gar nicht mehr. Aber an die Leute konnte sie sich nicht gewöhnen. Auch nicht an das Blut, mit dem die Gassen gewaschen worden waren. Einige der Soldaten hatten sich tatsächlich ins Labyrinth gewagt. Nicht weit hinein.

Und dann waren da noch die ganzen Verletzten, die sich hierher zurückgezogen hatten. Die eine Blutspur hinter sich ließen. Deren rote Handabdrücke sie an den schmutzigen Wänden sah. Deren rote Fußspuren sie erblickte.

Ardenwyn konnte nicht einmal mehr Wasser erbrechen. Sie war leer. Vollkommen leer. Und sie zitterte am ganzen Leib. Sie war kraftlos, so kraftlos. Keinen Schritt würde sie mehr wagen. Sie würde doch nur wieder zusammenbrechen. Hoffnungslos blickte das Mädchen hinauf. Sehnsüchtig erwartete sie, den Himmel zu sehen. Doch grau. Die Mauern waren einfach zu hoch. Kein Sonnenstrahl drang zu ihr hinab. Genauso gut hätte sie sich in den Kerkern des Schlosses befinden können, die ihr Vater ihr einst gezeigt hatte.

Die Kerker kamen ihr jetzt sehr viel schöner vor, als die Gassen des Labyrinths. »Vater!«, wimmerte sie leise. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauch. Ein leises Kratzen in der Stille. »Mutter!« Sie konnte nicht einmal mehr weinen. Es waren keine Tränen mehr übrig.

»Ginevra!« Kaum mehr als ein Piepsen. »Arylon! Fearis!« Irgendwer musste ihr doch helfen. Irgendwer musste doch noch da sein. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Keinen einzigen Ton brachte sie mehr zustande. Ihr Hals fühlte sich trocken und so rau wie ein Schleifstein an.

Verzweifelt rollte sie sich zu einer kleinen Kugel zusammen und hoffte, niemand würde sie sehen. Sie fürchtete sich vor den Gestalten in diesem Viertel. Fürchtete sich so sehr. Die Augen, sie sah sie überall. Leere, tote Augen. Blicke ins Nichts.

Aber die Lebenden machten ihr auch Angst. Fürchterliche Angst. Der irre Glanz in ihren Augen, der Schmerz, das Leid. Die Grausamkeit. Keinem von ihnen wollte sie begegnen.

Die Lebenden waren ausgezehrte Gestalten, die sogar gegenseitig übereinander herfielen und aufeinander einstachen, bloß um die zerfetzten Kleider des anderen an sich reißen zu können. Wahnsinnige, alle von ihnen.

Zitternd und kraftlos sank Ardenwyn immer tiefer in sich zusammen. Umklammerte sich so fest sie konnte. Sie wollte, dass das alles endete. Wollte gemeinsam mit ihren Eltern in dem riesigen, gemütlichen Bett sitzen und eine Geschichte vorgelesen bekommen, während ihre Eltern beide versuchten, die Stimmen aus der Geschichte zu imitieren. Sie wollte die beiden lachen und scherzen sehen.

Doch immer wieder tauchten vor ihrem inneren Auge diese Bilder auf. Bilder, in denen sich die glänzenden Klingen von Schwertern durch ihre Körper bohrten. Entsetzte, schmerzverzerrte Gesichter. Erkenntnis. Tod. Und immer wieder Blut.

Das kleine Mädchen wimmerte. Für mehr hatte es keine Kraft.

Plötzlich vernahm sie ein Schmatzen. Kaum merklich öffnete sie ihre Augen. Erneut. Dieses Geräusch. Es war definitiv ein Schmatzen. Ardenwyn stellte sich eine herrliche Erdbeertorte vor, wie der Koch sie immer an ihrem Geburtstag gebacken hatte. Wunderbar fruchtig und süß. Speichel sammelte sich in ihrem Mund.

Hier in der Nähe gab es etwas zu essen. Und vielleicht war noch etwas für sie übrig. Sie musste es bloß in ihrem Magen behalten können. Durfte sich nicht wieder übergeben. Vielleicht gab es auch Wasser? Ein klitzekleiner Funken Hoffnung glomm in ihrem Inneren auf. Gab ihr die Kraft, die sie brauchte, um aufzustehen.

Auf zittrigen Beinen zog sie sich an der Mauer hoch. Ihre Fingernägel bohrten sich krampfhaft in die Zwischenräume. Doch sie spürte den Schmerz kaum. Sie konnte bloß an das Essen denken.

Dort, um die Ecke. Das Schmatzen wurde lauter. Die Gasse war so schmal, dass gerade mal ein sechsjährige Kind wie Ardenwyn hinein passte. Aber eigentlich war es wohl auch keine richtige Gasse. Die Gebäude hier waren unwillkürlich erbaut worden. Darum war dieser Spalt entstanden, in den sich das junge Mädchen zurückgezogen hatte, um dem Schrecken der Außenwelt zu entgehen.

Sie konnte schon die andere Gasse sehen, in der der Spalt sie ausspucken würde. Und dort würde sie endlich etwas zu essen finden! Leise keuchend zog sie sich weiter. Mit jedem Schritt verließ sie die Kraft. Mit jedem Schritt floss das Leben aus ihr heraus, als hätte sie eine undichte Stelle.

Ihre Finger umschlossen die Ecke und sie stolperte aus dem Spalt, nur um vor Entsetzen zu erstarren. Eiskalt lief es ihr den Rücken hinab. Ihr Herz setzte vor Schreck einmal aus. Vor ihr aß tatsächlich jemand.

Eine ausgemergelte Frau mit unzähligen Brandblasen am Körper. Das helle Haar war ihr auf einer Seite vollständig vom Kopf gebrannt worden. Auf ihrem Rücken schimmerten hellgrüne, durchscheinende Libellenflügel. Eine Wasserelfe.

Hätte Ardenwyn noch etwas im Magen gehabt, hätte sie sich spätestens jetzt erbrechen müssen. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihre Lungen schrien nach Luft.

Die Wasserelfe kauerte beinahe wie ein Tier über einer am Boden liegenden Gestalt. Sie regte sich nicht mehr, schrie nicht, weinte nicht. Immer und immer wieder biss die Elfe in den zerfetzten Arm der Leiche, riss Fleisch heraus und kaute. Schluckte.

Blind vor Entsetzten stolperte das Kind zurück in den Spalt und taumelte so schnell es konnte zurück. Sie wollte bloß weg. Bloß weg von hier. Sie musste so viel Platz wie möglich zwischen sich und die Wasserelfe bringen! Die Bilder ließen sie einfach nicht los. Krallten sich an sie, zwangen sich vor ihre Augen. Eine Flucht war unmöglich.

Schmerzhaft schrammte sie an der rauen Mauer entlang, riss sich die Kleidung und die Haut auf. Es tat schrecklich weh, doch das Mädchen hielt nicht inne. Alles in ihr brannte auf die Flucht. Alles andere war unwichtig. Sie geriet ins Straucheln. Stürzte. Kroch weiter.

Auf keinen Fall durfte sie hier bleiben! Egal, was ihre Eltern und Ginevra ihr gesagt hatten; Im Labyrinth war sie nicht sicher! Sie musste hier raus! Nach Hause. Musste nach Hause. In ihr Zimmer, in ihr Bett. Bald wäre der Albtraum vorbei. Nur Geduld.

Kraftlos kam sie auf der anderen Seite des Spalts in eine Gasse gekrochen. Lebende lehnten an den Mauern, ließen ihre trüben Augen über sie wandern. Entschieden, dass sie es nicht wert war. Rührten sich nicht, sondern warteten auf den Tod.

Mühselig zwang sie sich wieder auf die Beine. Ihre Knie brannten, sie zuckte zusammen und presste die Zähne fest aufeinander. Sie musste es aushalten. Sie musste hier raus. Durfte sich nicht aufhalten lassen. Erschreckend langsam setzte sie einen Schritt vor den anderen. Kam dennoch nicht voran.

Gemurmel. Schniefen. Husten. Kratzige Stimmen. Rauch hatte sich in ihren Lungen festgesetzt. Schmutzige Gesichter. Verzweifelt ausgestreckte Hände. Flehen. Schreie. Tritte.

Ardenwynsah ihn nicht kommen. Den Mann mit dem fehlenden Auge. Er riss sie um wie ein Bulle. Jedes bisschen Luft wurde aus ihren Lungen gepresst, als sie mit dem Rücken voran gegen eine Wand donnerte. Für einen kurzen Augenblick wurde ihr schwarz vor Augen. Und dann erblickte sie ihn.

Groß, dreckig, zerfetzt. In seinem verbliebenen Auge blitzte der Wahnsinn. Er humpelte, zog sein linkes Bein nach. Dennoch hatte er genug Kraft übrig gehabt, um sie gegen die Wand zu rammen.

Ein Messer blitzte auf. »Gib mir Essen!«, knurrte der Mann. »Gib mir Geld!« Er kam immer näher. Ihr Atem ging viel zu schnell. Ihr Herz raste, wollte ihr aus der Brust springen. Sie zitterte unaufhörlich. Ob aus Angst oder Kraftlosigkeit, sie wusste es nicht. Sie wollte nach ihrem Vater schreien. Aber bekam keinen Ton heraus.

Seine dreckige Hand packte sie am Kragen ihres einst feinen Kleides. Doch nun war es zerrissen und von Asche, Dreck und Blut ließ sich seine ursprüngliche Farbe nicht mehr bestimmen. Er schüttelte sie. Ihr Blick flackerte. Er suchte nach Taschen und fand keine. Knurrend warf er sie gegen die gegenüberliegende Wand. Sie spürte den Schmerz kaum. Immerzu setzte ihr Kopf aus. Es wurde schwarz. Dann wieder hell. Und wieder schwarz. Sie spürte die Tritte nicht. Bekam nicht mit, wie der Mann wütend von ihr abließ und in den unzähligen Gängen verschwand. Tränen verfingen sich in ihren Wimpern.

Ardenwyn wurde zurückgelassen. Als sei sie ein Hund, den man nicht haben wollte. Nein, sie war weit weniger als ein Hund.

Irgendwann ergriff sie die vollkommene Dunkelheit und sie schlief.

Als sie wieder erwachte, schmerzte ihr gesamter Körper. Sie konnte sich kaum bewegen, kaum atmen. Mittlerweile war es Nacht, was bedeutete, dass im Labyrinth vollkommene Schwärze vorherrschte. Der Rauch über der Stadt ließ nicht den kleinsten Strahl des Mondes zu ihr hinab.

Aber sie musste. Sie musste weiter. Sie durfte nicht bleiben. Auf keinen Fall. Wimmernd setzte sie sich langsam auf. Alles tat ihr weh. Furchtbar weh. Am liebsten wollte sie aufgeben. Aufgeben und einschlafen. Bis alles vorbei war. Doch sie zwang sich weiter. Sie musste nicht laufen. Sie konnte auch kriechen. Hauptsache, sie kam weg von hier. Ihr Magen schrie nach Nahrung. Ihre Kehle kreischte nach Flüssigkeit.

Ihr Körper zitterte unkontrolliert. Während sie weiterkroch, knickte ihr rechter Arm unter ihrem Gewicht weg. Sie schrie auf. Weiter, immer weiter. Der Schmerz war egal, der Hunger und der Durst waren egal. Weiter.

Zwei weitere Gänge hatte sie hinter sich gelassen. Zwei Gänge, bis ihr Körper in sich zusammenfiel. Flach atmend schaffte sie es, sich auf ihren Rücken zu drehen. Grau und Schwarz. Vermutlich würde sie nie wieder etwas anderes sehen, als diese dunklen Mauern. Nie wieder. Plötzlich stockte sie. Blinzelte.

Bildete sie sich das ein? Hoch oben, auf den Dächern der Häuser – da, genau über ihr – hockte eine Gestalt. Nicht so groß, dass es sich um einen Erwachsenen handeln könnte, aber größer als sie. Und so hoch oben, dass das Mondlicht sie erfasste.

Es war ein Junge. Gekleidet in schwarz, mit Haar so weiß wie das Licht. Auch seine Haut wirkte in dem Licht schneeweiß, doch sie könnte schwören, dass sie eigentlich hellgrau war. Mehr konnte sie aus der Entfernung nicht erkennen. Flink und blitzschnell schwang der Junge sich vom Dach, kletterte geschickt hinab.

Ardenwyn machte keine Anstalten zu fliehen. Sie konnte nicht mehr. Konnte keinen Finger rühren. Es war erstaunlich, dass sie es geschafft hatte, mehrere Wochen lang hier zu überleben. Aber alles hatte ein Ende. Das hatte sie mittlerweile verstanden. Nur zu gut.

Vorsichtig und aufmerksam näherte sich ihr der Junge. Jetzt, da kein Licht mehr auf ihn schien, konnte sie kaum noch etwas erkennen. Seine Schritte waren beinahe überhaupt nicht zu hören. Doch sie spürte seine Nähe. Konnte genau sagen, dass er vor ihr stand, sie beobachtete.

Eine Stimme erklang. Die eines Kindes. Eines Jungen. »Brauchst du Hilfe?« Eine Hand wurde ihr entgegengestreckt. Hilfe. Sie brauchte Hilfe. Unbedingt. Ihr war egal, wer er war.

Mit aller letzter Kraft zwang sie ihre Hand, sich in seine Richtung zu heben. Doch sie brauchte sich gar nicht weiter anzustrengen. Er überwand die letzten Zentimeter und ergriff ihre Hand.

Sein Name war Honra. Und sie würde sich für immer an diese schicksalhafte Begegnung erinnern. Als die Erinnerungen an ihre Eltern, ihre Familie, zu erlöschen begannen, brannte sich diese Begegnung auf ewig in ihr Gedächtnis.

Wehmütig seufzte Ardenwyn. Das alles war so unglaublich lange her. Vor sieben Jahren hatte sie ihn das letzte Mal gesehen. Seither war er verschwunden. Sie konnte nur ahnen, was geschehen war. Vermutlich war ihm bei einem seiner Aufträge etwas zugestoßen. Das war gar nicht mal so unwahrscheinlich. Dennoch: Honra hatte etwas Besseres verdient. Obwohl er im Labyrinth geboren worden war, war er eine gute, unverdorbene, freundliche Seele gewesen. Sie vermisste ihn. 

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