I
,,Naja, dann hab ich ihm jedenfalls eine geklebt und bin abgedampft." Ich kicherte. Wenn Maddy etwas erzählte, war die gute Laune beinahe vorprogrammiert. Gerade hatte sie mir davon berichtet, wie sie mit Alex, ihrem Freund Schluss gemacht hat.
,,Was glaubst du, wie er reagiert, wenn ihr euch heute trefft?" Fragte ich neugierig.
,,Keine Ahnung, ist mir aber auch egal." Maddy zuckte mit den Schultern. ,,Ich meine, er hat mich betrogen. Der kann mich mal an die Füße fassen."
,,Naja." Wendete ich ein. ,,Du hast auch nicht gerade eine blütenweiße Weste."
,,Ach komm schon!" Meine Freundin boxte mich gegen die Schulter. ,,Ein bisschen Spaß im Leben muss sein!"
Ich rieb mir die getroffene Stelle. ,,Mann, hast du gestern mit dem Boxchampion höchstpersönlich trainiert?"
Maddy machte Thaiboxen seit sie fünf Jahre alt war. Dementsprechend konnte sie ziemlich austeilen und ihre Fäuste recht gut einsetzen.
,,Nein, leider nicht." Lachte Maddy. ,,Aber ich hätte gerne. Dann hätte ich ihn besiegen können."
Ich grinste nur und hielt Maddy die Tür zu unserem Klassenzimmer auf.
Sie hatte ein unverwüstliches Selbstbewusstsein, Nichts und Niemand konnte ihr sagen, was sie tun und lassen soll. Umso mehr wunderte es mich, dass sie mich, eine eher graue Maus, zu ihrer Freundin auserkoren hatte. Wir waren schon seit der fünften Klasse unzertrennlich. Wohnten nebeneinander, spielten zusammen Klavier, gingen in die selbe Klasse, saßen nebeneinander und machten alles zusammen. Naja, fast alles. Zum Thaiboxen könnten mich nicht mal zehn Pferde treiben, und Klettern war nichts für Maddy.
Wir setzen uns auf unsere Plätze und kramten unsere Englischsachen heraus. Unsere Lehrerin bestand aus welchem Grund auch immer darauf, dass wir immer schon alles draußen hatten, wenn sie kam.
,,Ich muss noch mal aufs Klo." Verkündete Maddy und stand wieder auf. ,,Kommst du mit?"
,,Klar." Erwiderte ich und wir Beide gingen nebeneinander aus dem Raum.
Die Toiletten waren im dritten Stock, weil die im ersten Geschoss wegen eines Umbaus nicht benutzt werden durften. Maddy riss die Tür zum Vorraum auf, schubste zwei Fünftklässlerinnen aus dem Weg und verschwand in der erstbesten Kabine. Ich lehnte mich an die Wand gegenüber von der Tür ihrer Kabine.
,,Sag mal..." beginne ich mit erhobener Stimme, ,,Was machst du eigentlich, wenn Alex gleich mit der Nächsten rummacht? Ich meine, das würde dann heißen, dass du ihm egal bist."
,,Mein Gott Faye!" Maddy seufzte in der Kabine. ,,Du brauchst echt mal 'nen Freund. Du redest ja wie meine Oma."
Wir giggelten leise vor uns hin, bis Maddy die Spülung drückte und aus der Kabine kam.
,,Los, wir müssen uns beeilen!" Rief sie mir zu und hielt mir ihre Armbanduhr vor die Nase.
Ich schob Maddy's Handgelenk auf Armeslänge von mir und entzifferte die Uhrzeit. 08:02. Scheiße!
,,Worauf warten wir noch?" Antwortete ich und joggte los. Wir hetzten durch die ausgestorbenen Gänge und polterten die Treppe hoch, um dann abrupt vor unserem Klassenraum zu bremsen. Die Tür war schon geschlossen. Ich atmete kurz durch um mein Seitenstechen in den Griff zu kriegen, klopfte vorsichtig an und wartete auf das Herein meiner Lehrerin.
,,Herein!" Ertönte es endlich von drinnen und Maddy öffnete die Tür.
,,Ach, schau an." Mrs. Miller musterte uns kritisch. ,,Faye und Maddy. Mal wieder zu spät. Wie kommt das?"
,,Wir waren noch auf der Toilette." Murmelte ich entschuldigend. ,,Kommt nicht wieder vor."
,,Das will ich hoffen. Und jetzt setzt euch!" Mrs. Miller schob ihre Brille mit dem Zeigefinger den Nasenrücken hinauf, nur, um sie dann wieder bis zu ihrer Nasenspitze rutschen zu lassen.
Maddy und ich huschten durch den Klassenraum und setzten uns an unseren Tisch und begannen, schweigend die Aufgaben zu bearbeiten, die unsere Lehrerin an die Tafel geschrieben hatte.
***
,,Kommst du mit zur Cafeteria? Ich will mir ein Brötchen kaufen." Fragte ich und streckte mich. Endlich hatten wir Pause!
,,Klar." Maddy holte einen Schokoriegel aus ihrer Tasche und hakte sich bei mir ein, zusammen verließen wir den Raum. In der Cafeteria gönnte ich mir nicht nur ein Brötchen (das binnen Sekunden in meinem Mund verschwunden war), sondern auch eine Flasche Orangensaft, die von Maddy sehnsüchtig beobachtet wurde.
Auf dem Rückweg begegnete uns Alex, der mit seinen Kumpels im Treppenhaus herumlungerte. Als er uns - besser gesagt Maddy - sah, löste er sich von der Gruppe und kam bedrohlich langsam auf uns zu.
,,Hi, Alex." Begrüßte Maddy ihn kühl. ,,Wie war dein Geschichtskurs?"
Alex baute sich vor ihr auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
,,Ganz okay." Erwiderte er ebenso kalt. ,,Und du? Musstest du sehr dolle weinen, nachdem ich gestern mit dir Schluss gemacht habe?"
Die letzten Worte sprach er extra laut, sodass der halbe Flur auf uns aufmerksam wurde. Zwei seiner Kumpels näherten sich unserer kleinen Gruppe. Es waren zwei grobschlächtige Schränke mit Namen Dennis und David, die alles und jeden vermöbelten.
,,Du hast Schluss gemacht?" Dröhnte der linke. Ich glaube es war David. ,,Krass Mann."
,,Er hat überhaupt nicht Schluss gemacht!" Empörte sich Maddy. ,,Ich war das!"
Eine Gruppe Sechstklässler blieb direkt neben uns stehen und beäugte uns interessiert.
,,Haut ab ihr Pimpfe!" Knurrte Alex die Kleinen an und diese zogen sich eingeschüchtert ein paar Meter zurück, blieben aber in Hörweite. Ich dagegen stand einfach nur dumm rum und sah von Maddy zu Alex und wieder zurück. Ich kam mir eindeutig fehl am Platz vor.
,,Was erzählst du nur wieder für eine Scheiße?!" Rief Maddy. Diesmal waren es zwei Achtklässler, die neugierig näher kamen.
,,Du willst mit mir Schluss gemacht haben?" Alex lachte und es klang sogar echt. ,,Du hast mich betrogen!"
,,Nein, du mich!" Maddy pikste Alex ihren Finger in die Brust. Sie standen sich gegenüber wie zwei Boxer kurz vor dem Anpfiff. Fehlte nur noch, dass die Beiden lauernd umeinander schlichen.
,,Was erzählst du nur wieder für eine Scheiße?" Äffte Alex seine Ex nach. Er blickte ihr tief in die Augen, um sie einzuschüchtern. Ha, die Tour zog bei Maddy nicht. Er erreichte nur, dass sie wütend wurde. So wie ich das sah, standen wir kurz vor einer Schlägerei.
,,Leute, vielleicht..." begann ich, aber Alex unterbrach mich.
,,Halt dich da raus, Schlampe!"
Das ging zu weit. Wie kam er dazu, mich zu beleidigen? Ich hatte ihm nichts getan!
,,Jetzt hör mir mal zu, ich..." weiter kam ich nicht.
,,Hast du nicht gehört? Du sollst die Fresse halten!" Brüllte einer der Schläger, wahrscheinlich Dennis.
,,Du..." stieß ich hervor und ballte wütend meine Hand um die Flasche in meiner rechten Hand.
Im Nachhinein hatte ich nicht wirklich eine Ahnung, was dann genau passierte. Das nächste was ich bemerkte, war, dass Maddy plötzlich schrie:
,,Faye, deine Hand brennt!" Und tatsächlich! Die Flasche in meiner Hand hatte Feuer gefangen, einfach so!
Mit einem spitzen Schrie warf ich die Flasche von mir und sprang zurück, die Schülermeute, die sich um uns versammelt hatte, stob auseinander. Dabei fing die Jacke eines vorbeirennenden Sechstklässlers Feuer.
,,Hilfe!" Rief dieser und sprang auf uns zu. ,,Hilfe!"
Ich wollte die Hand ausstrecken um ihn zu mir zu ziehen, aber stattdessen schoss eine Stichflamme oder so aus meinen Fingerspitzen und setzte auch noch die Hose des Jungen in Brand.
Alle schrieen wild durcheinander und rempelten sich gegenseitig an, während sie versuchten, soweit wie möglich von dem panisch kreischenden Schüler wegzukommen. Ich starrte entsetzt auf meine Hände. Was zur Hölle hatte ich da gerade gemacht? Hatte ich überhaupt etwas gemacht?
,,Tu doch einer was!" Rief Maddy fordernd und wich etwas zurück. Alex streckte geistesgegenwärtig einen Arm aus, packte den Sechstklässler am Ärmel und riss ihm seine Jacke vom Leib, um sie dann auf den Boden zu schmeißen und die Flammen auszutreten. Währenddessen warfen sich Dennis und David auf die Beine des Jungen und brachten so die wild züngelnden Flammen die an seiner Hose loderten, zum Ersticken. Endlich waren die Flammen gelöscht und eine gespannte Stille trat ein, nur unterbrochen vom Wimmern des Jungen, der noch immer auf dem Boden lag, die Arme und seinen Kopf geschlungen. Ich stand da wie vom Blitz getroffen, unfähig, mich zu bewegen, geschweige denn, etwas zu sagen. Leider ging es den Anderen nicht so.
,,Was hast du gemacht?" Fragte Maddy mich entgeistert.
Wenn ich das nur wüsste! Dachte ich, sagte aber nichts.
,,Faye!" Maddy schnipste mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herum. ,,Was hast du gerade gemacht?!"
Endlich löste sich die Starre von mir.
,,Er..." stammelte ich und deutete auf Alex. ,,Ich... Also... Es... Äh..."
,,Du hast ihn angezündet!" Rief Alex perplex und starrte mich an wie ein seltenes Fossil dass eben zu ihm gesprochen hatte.
,,Ich... Nein!" Brachte ich heraus.
In diesem Moment bog unser Rektor, Mr. Fisher, um die Ecke und guckte uns alle streng an.
,,Was ist hier los?" Wollte er wissen. Wenn ich das wüsste, wäre ich um einiges schlauer!
,,Der Junge hat gebrannt!" Versuchte Dennis zu erklären.
Erst jetzt bemerkte unser Schulleiter den am Boden liegenden Sechstklässler.
,,Wie heißt du?" Erkundigte er sich.
,,Jamie." Schniefte der kleine Junge. ,,Au!"
,,Bist du verletzt?" Fragte Mr. Fisher den Schüler. Als Antwort kam nur ein Wimmern.
,,Dennis!" Befahl unser Rektor. ,,Du gehst zum Lehrerzimmer und lässt einen Krankenwagen rufen. Jetzt!" Das ließ sich Dennis nicht zweimal sagen, er joggte los und war im Nu verschwunden.
,,So, wer von euch hat... äh, Jamie angezündet?" Mr. Fisher's Blick wanderte die Reihe unserer Gesichter auf und ab.
,,Es war Faye." Meinte Alex sofort und kassierte dafür einen Tritt gegen das Schienenbein von Maddy.
,,Faye?" Der Blick des Schulleiters wanderte zu mir. ,,Was hast du mir zu sagen?"
,,Ich..." stotterte ich, noch immer unfähig, ganze Sätze zu sagen. ,,Es... "
,,Es war ein Versehen." Würgte ich schließlich hervor.
Mr. Fisher sah nicht so aus, als würde ihn das irgendwie beeindrucken.
,,Ab in mein Büro!" Zischte er bedrohlich und ging los, ich trottete mit hängendem Kopf hinter ihm her.
_____
(1605)
So, dat war's!
Bis denne.
Ach ja, Widmung geht an fantastic_stories_ , weil Baum.
Nein, weil ich sie mag. Lest unbedingt ihre Bücher.
🖤MissWriter13
P.S.: Das hier ist ein Nachtrag, das Kapitel war da schon lange fertig. Mir ist heute (teilweise) das passiert, was Faye passiert ist. Also, ich war auf dem Weg zur Bahn, da kam ein Junge auf mich zu. Und wie es so ist, ging ich nach rechts und er nach links (von ihm aus gesehen). Und dann ich nach links und er zu (seinem) rechts. Dann bin ich einfach stehengeblieben. Er geht also an mir vorbei und ruft mir so hinterher: ,,Schlampe!"
Da kam ich mir ein bisschen verarscht vor. Der Typ sieht aus wie so'n Spargeltarzan und nennt mich Schlampe?! Ha!
Das wars.
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