35. Kapitel Die Schlacht der fünf Heere
Ich öffnete meine Augen und fragte mich wie Spät es ist. Instinktiv wollte ich aus dem Fenster blicken, aber dann erinnerte ich mich daran, dass ich mich in einem verdammten Berg befand und es keine Fenster gibt. Ich setze mich auf, blickte mich im Raum um und musste herzhaft gähnen. Als ich so gegen die steinerne Wand blickte kamen mir die Erinnerungen von Gestern Abend wieder in den Sinn. Zuerst hatte ich geglaubt es sei ein Traum gewesen, aber dann hatte ich die einzelne, geflochtene Strähne in meinem Haar gefunden die von einer goldenen Haarperle zusammengefasst war. Ich lächelte und blickte neben mich. Das Bett war leer.
Mein Lächeln verschwand.
Ich blickte mich noch einmal um und stand auf. Kilis Kleidung war verschwunden, höchstwahrscheinlich mit ihm. Ich sammelte meine Kleidung aus allen Ecken des Zimmers und zog mich an.
Nachdem ich mich noch einmal in dem Zimmer umgesehen hatte trat ich mit einer unguten Vorahnung auf den Flur hinaus.
Wo gehts hier raus? Gestern Abend hatte ich da bei bestem Willen nicht darauf geachtet. Blind drauf los laufen? Würde nicht viel Sinn machen, im schlimmsten Fall würde ich mich verlaufen und alles Spannende verpassen.
Egal. Ich straffte meine Schultern und machte mich widerwillig auf den Weg. Nach rechts.
Wo waren denn alle?
Wo war ich? Wenn es nur nicht so verdammt Dunkel in diesen Gängen wären.
An der Wand hingen zwar steinerne Fackelhalter, in denen aber leider nur die kalte Fackel stand. Alles war irgendwie zerstört oder mit Spinnenweben bedeckt und nur halb so prächtig wie ich es mir in seinem normalen Zustand vorstellen würde.
Es kam mir vor wie eine Ewigkeit bis ich endlich Fackelschein am Ende des Ganges sah. Ich beschleunigte meine Schritte und rannte richtig um die Ecke in der Hoffnung einen Zwerg zu treffen. Aber nichts. Nur die letze brennende Fackel die den Eingang zu einer Waffenkammer erhellte. Die Kammer selbst sah aus als wäre sie geplündert worden und dann wurde mir klar was sich abgespielt haben musste. Die Zwerge hatten sich auf den Krieg vorbereitet.
Irgendetwas stimmte nicht. Ein leichtes Flattern machte sich in meinem Magen breit und es pochte dumpf in meinem Hinterschädel. Mein Herz klopfte so wild, dass es schmerzte. Ich schlang meine Arme um meine Brust und versuchte, meine plötzlich viel zu hektischen Atemzüge wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Der Krieg hatte begonnen und sie könnten alle schon Tod sein! Und was hatte ich getan? Geschlafen. Benommenheit, so könnte man wohl am besten Beschreiben wie es mir gerade ging. Ich musste zu ihnen, musste ihnen helfen. Schauen ob Bilbo in Gefahr war. Kili.
Ich wollte schon versuchen mit meinen wackligen Beinen wegzurennen, aber ohne Waffen würde ich nicht viel ausrichten können.
Das einzige Problem, diese Waffen waren großteils Großschwerter, Äxte und Hämmer. Keine Waffe für einen Hobbit. Ich vermisse meinen Bogen.
Und meine Dolche.
Aber irgendetwas brauchbares würde sich schon finden, wenn ich nur etwas tiefer grabe.
Uglaublich was hier für ein Schrott herum...
Ich traute meinen Augen nicht. Als ob es hier wirklich einen Bogen gab. Eine kleine Hoffnug machte sich in mir breit als ich die verschnörkelten Schnitzereien betrachte und mir danach den Köcher um die Schulter schnallte, auf dem das anscheinend mit Gold versetzte Muster des Bogens weitergeführt wurde. Probehalber zog ich einen der Pfeile heraus, der mit roten Federn ausstaffiert ist und dessen Spitze vergoldet war und legte ihn in den Bogen ein. Ich spannte die Sehne und es fühlte sich ungewohnt an. Der Pfeil, Bogen, einfach alles.
Ein glitzernder Gegenstand fing meine Aufmerksamkeit zwischen den rostigen Schwertern. Ich schob sie mit meinem Fuß beiseite und zwei wunderschön gearbeitete Dolche kamen zum Vorschein. Beide mit verschiedenen Dolchscheiden. Die eine weiß mit einem Mond darauf und die andere weiß mit einem Spiralmuster.
Ich betrachtete auch nun die Schneide und lächelte zufrieden als ich feststellte, dass sie scharf ist.
Ok, jetzt musste ich nur noch die Zwerge finden. Nur.
Ich trat auf den Flur, blieb stehen und lauschte. In dem Berg schien es still. Und es fühlte sich leer an. Ich stützte mich ein wenig bei der Wand ab und ging den Gang hinunter in, hoffentlich, Richtung Haupttor.
Ich sah Licht. Goldenes Tageslicht.
Dort schienen alle dreizehn Zwerge unversehrt versammelt, und Bilbo.
Ein Stein fiel mir vom Herzen.
Thorins Gebrüll drang an meine Ohren und das Herz, jetzt ohne Stein, rutschte mir in die Hose.
,,Werft den Verräter über den Wall!" Stille. Kein Zwerg traute sich etwas zu unternehmen. Thorin packte Kili am Ärmel und zog ihn zu sich. ,,Los!" Kili befreite sich aus dem Griff seines Onkels. Ich beschleunigte meine Schritte und begann zu rennen als Thorin Bilbo am Kragen packte.
Ich zog mit einer schwungvollen Armbewegug einen Pfeil aus dem Köcher und spannte den Bogen, zielte auf Thorins Brust.
,, Wenn du meinen Bruder anfasst, bringe ich dich um."
Kurz stockte ich, aber ich wusste ja, dass Thorin sein Leben viel Wert war.
Meine Arme wurden schwer. Alle Blicke lagen auf mir und ich wollte mir nicht das kleinste Zittern erlauben. Keine Schwäche zeigen.
Thorin ließ von meinem Bruder ab. Ich senkte den Bogen und schien das erste Mal seit Ewigkeiten wieder zu atmen.
Ich rannte auf die Gruppe zu und warf Bilbo einen vielsagenden Blick zu. Was hatte er angestellt um Thorin so rasend zu bekommen?
Ich drehte mich um und schellte mich innerlich dafür so mit Thorin geredet zu haben. Wie so oft, hatte ich nicht nachgedacht.
Er blickte mich mit diesem irren schimmer in den Augen an, als könnte er es nicht fassen was ich gerade eben gesagt hatte.
,,Was denkst du eigentlich was du bist!" Er trat auf mich zu, aber ich blieb stehen und wappnete mich für alles was kommen mochte.
Er hielt inne. In seinem Gesicht konnte ich eine undefinierbare Regung ausmachen. Er hob seinen Arm auf Gesichthöhe und ich zuckte zusammen. Nichts passierte.
Er hatte eine Haarsträhne ergriffen, eine geflochtene Strähne. Er rieb die goldene Perle zwischen seinen Fingern.
Ich blickte ihm ins Gesicht. Kalter Angstschweiß rann mir über den Rücken und die Stirn hinunter.
Seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer wutverzerrten Grimasse.
Ich schloss die Augen und schon spürte ich den plötzlichen Schmerz. Die Ohrfeige hatte eine solche Wucht, dass ich gegen die raue Bergwand gepfeffert wurde. Ein kollektives Aufkeuchen war zu hören.
Es fiepte in meinem Ohr und auch ich konnte mir einen kurzen spitzen Aufschrei nicht verkneifen. Ich schmeckte den kupfernen Geschmack von Blut.
Ich stützte mich an der Wand ab und hielt mir den schmerzenden Kiefer, als Thorin mich am Hals packte und gegen die Wand drückte.
Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich japste kläglich nach Luft als dicke Tränen meine Wangen hinunterrollten.
,,Genauso wertlos wie ihr Bruder, kleine Schlampe! Meinen Neffen den Kopf verdrehen! Das einzige was sie kann!"
Ich schloss meine Augen, versuchte mich auf meine Atmung zu konzentrieren, während meine Lunge zu schmerzen begann und Schwindel mich packte. Ich versuchte mit letzter Kraft seine Finger auseinander zu biegen aber meine Bewegungen wurden träger.
Ich verabschiedete mich innerlich schon von allen die ich liebte. Kili. Bilbo.
Der Druck um meinen Hals verschwand und ich schnappte nach Luft als ich auf den Boden rutschte und sitzen blieb. ,,Hände weg von meiner Verlobten!" Ein furchtbar röchelnder Husten schüttelte mich. Es schmerzte höllisch.
,,Lyra, Liebling!" Ich zwang mich meine Augen zu öffnen und erblickte Kili. Er hatte Thorin auf die Seite gestoßen. Ich hob schwerfällig meine Arme und schlang sie um seinen Nacken und weinte in seine Schuter. Er kniete sich hin und hielt mich fest.
Nur kurz, trotzdem half es.
Er ließ los als sein Onkel sich an ihn wandte.
Gandalf, der neben Thranduil, Bard und der Elbenarmee stand meldete sich auch einmal zu Wort. ,, Wenn du meine Meisterdiebe nicht willst, dann gib sie zurück!"
Mein Blick glitt zu Bilbo. Er blickte zu dem Zauberer. Ich stand auf und begriff dann erst was das hieß. Nein, ich würde hier nicht weggehen.
Kili drehte sich zu mir um und bedachte mich mit einem Blick der mir bekannt vorkam. Er wollte das ich ging. Ich schüttelte meinen Kopf.
,,Nein, Nein, Nein, Kili! Ich werde nicht gehen."
Er nahm mich in die Arme und küsste meine Stirn. ,,Bitte Lyra." Er küsste die Tränen von meinen Wangen und sah mir tief in die Augen.
,,Ich habe Angst." Meine Stimme zitterte.
,,Amrâmile, es gibt nichts wovor du Angst haben musst. Ich werde dich nie gehen lassen, hörst du? Alles wird gut."
Ich nickte in Tränen und presste ein letztes Mal meine Lippen auf seine und versuchte alle meine Liebe und meine Gefühle für ihn in diesen einen Kuss zu legen. Mit dem Gedanken im Hinterkopf das es womöglich der Letzte sein könnte.
Ich löste mich von ihm und kletterte ohne mich noch einmal umzudrehen auf die Steinrüstung und dann das Seil hinunter, Bilbo hinterher, direkt in den Krieg hinein.
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Es hatte also wirklich begonnen.
Die Menschen der Seestadt, die Elben aus dem Düsterwald, die Zwerge aus den Eisenbergen und die Orks. Vier Heere, in einer Schlacht, Fünf wenn man Durins Volk dazuzählte, das wiederrum verschanzte sich im Berg.
Und zwei kleine Hobbits mitten im Getümmel.
Ich hatte mich ersteinmal etwas an die Seite gestellt und kletterte nun auf einen großen Felsblock vom ursprünglichen Tor, um mir einmal einen Überblick zu verschaffen.
Blut, Leichen, Menschen, Orks, Zwerge und auch ein mancher Elb.
Tot.
Ich zog einen Pfeil aus meinem Köcher und legte ihn ein. Ich spannte an, zielte und schoss. Der Pfeil flog an meinem eigentlichen Ziel vorbei und blieb im Dreck stecken. Kurz flammte Panik in mir auf.
Dieser Bogen war ungewohnt, ich würde noch ein paar Schüsse brauchen.
Keine Zeit zu verlieren. Ich zielte und schoss, noch einmal. Meine Zielsicherheit kam langsam, aber meine Muskeln begannen leicht zu wiederstreben. Ein Ork fiel, und der nächste folgte.
Ich wollte den nächsten Pfeil ziehen, aber ich griff ins Leere.
Nein, das konnte nicht sein. Ich hatte keine Pfeile mehr, Dreck!
Ich warf Köcher und Bogen beiseite.
Ein Ork kam auf mich zugerannt. Ich sprang von dem Felsblock, zog einen Dolch aber war nicht schnell genug. Ich wich knapp dem Schwert aus, bückte mich unter dem Schlag hindurch und rammte ihm meinen Dolch in den Rücken.
Blut spritze, der nächste Ork raste auf mich zu. Sein Brüllen war fast nicht auszuhalten.
Blitzschnell griff er an und versetzte mir einen Schlag oberhalb der Hüfte.
Ich stöhnte vor Schmerz und stürzte auf den verdreckten Boden.
Ich würde sterben, hier und jetzt, so weit hatte ich es geschafft.
Ich blickte auf und sah den Ork über mir stehen. Bedauern machte sich in mir breit, ich hatte immer gedacht ich würde friedlich sterben.
Er blickte auf mich herunter und Speichel und Blut tropften aus seinem Mund.
Ein spitzer Schrei schallte über das Schlachtfeld und der Ork war für einen kurzen Moment abgelenkt.
Ich presste den Rücken auf den Boden und kickte mit aller Kraft nach oben.
Ich traf, wusste aber nicht was. Die Kreatur fauchte vor Schmerz und ließ ihre Waffe fallen. Ich sprang auf und rannte.
Meine Lunge brannte. Mein Kopf schmerzte und das Kampfgetümmel verschwamm vor meinen Augen.
Was tat ich hier überhaupt? Mein Leben wegwerfen, für was? Ich stellte mich auf und warf einen Blick zum Berg. Für die Menschen die ich Liebe. Die Zwerge die immer auf mich gezählt haben und auch jetzt noch auf mich zählen können. Kili.
Kili
Ein Schrei tönte von dem Schlachtfeld zu ihnen herein. Er blickte auf. Er machte sich Sorgen, das könnte sie gewesen sein.
Und er war hier und saß nur nutzlos herum.
Zwei kleine Hobbits hatten mehr Mut als 13 Zwerge zusammen.
Die Wut und Verzweiflung waren fast unerträglich und brannten in seinem Herzen. Er trat fest gegen einen Stein der ihm im Weg lag und schrie seine Wut in die Welt hinaus. Vielleicht hatte er sich auch eine Zehe gebrochen, vielleicht zwei, es kümmerte ihn nicht.
Es kümmerte ihn nicht, dass die Zwerge ihn alle anstarrten.
Sie könnte schon Tod sein.
Nein, so durfte er nicht denken.
Sie war so stark, so unglaublich stark und so schwer unterzukriegen.
Er setzte sich neben seinen Bruder auf den Boden.
Lyra, seine große Liebe, seine Verlobte.
Fili klopfte ihn auf die Schulter. Ihm war echt zu heulen zumute. Er wusste das das nicht ging, dass er stark sein musste, er war immerhin ein Prinz.
Ihr Gesicht war Tränenüberströmt als er sie bat zu gehen. Er hatte fest geglaubt das es das beste für sie wäre, dann tauchten die Orks auf.
Er hatte Angst gehabt, wegen seinem Onkel. Er hätte sie fast umgebracht, und es wäre seine Schuld gewesen.
Schritte hallten und der Prinz blickte auf, nur um seinen Onkel vor sich zu sehen. Diese unbändige Wut kam zurück.
,,Ich werde mich nicht länger hinter diesen Mauern verstecken, während andere für uns in die Schlacht ziehen. Zwei Hobbits, hatten den Mut der dir fehlt!" Er wollte nicht schreien, aber konnte seine Stimme nicht unter Kontrolle hallten.
,,Das liegt nicht in meinem Blut, Thorin."
Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals als sein Onkel sich ihm näherte.
,,Wahrlich nicht, wir sind Söhne Durins. Und Durins Volk flieht vor keinem Kampf."
Ihm fiel ein Stein vom Herzen und musste Lächeln.
Er würde ihr Prinz in schimmernder Rüstung sein, der zu ihrer Rettung kam. Ihm gefiel diese Vorstellung.
Jetzt wandte er sich an die gesamte Gemeinschaft. ,, Ich habe kein Recht dies von euch zu verlangen. Doch wollt ihr mir folgen? Ein letztes Mal."
Kili ergriff sein Schwert und war fest dazu entschlossen seine Verlobte zu retten und machte sich somit auf dem Weg zum Tor.
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Endspurt Leute, das war das Vorletzte Kapitel, deswegen auch etwas länger (rund 2300 Wörter)
Ganz ehrlich, ich will gar nicht aufhören diese Geschichte zu schreiben, es macht einfach zu viel Laune. *_*
Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen bedanken, die mich bis hierher begleitet haben.
Lg, Eure melancholische LotusBlume5
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